Blechbieger oder Grid Master?

AUTOMOTIVE
Blechbieger
oder Grid Master?
Die Automobilindustrie an
der Weggabelung in ein ­
hochdigitalisiertes Zeitalter
Trendanalyse 2015
Blechbieger oder Grid Master? 2
ZUR TRENDANALYSE
VORWORT
Diese Trendanalyse ist das Ergebnis eines
einjährigen intensiven Austauschs von
Gedanken und Ideen in inspirierenden
Workshops und Interviews mit führenden
Experten der internationalen Automobil­
industrie sowie Akteuren aus angrenzenden
Branchen.
Liebe Leserinnen und Leser,
Wir bedanken uns bei allen Beteiligten,
die anonym ihre wertvollen Ideen und
Erkenntnisse im Laufe des letzten Jahres
mit uns geteilt haben.
kaum eine Branche befindet sich nach jahrzehntelangem, geradewegs planbarem Erfolg mit einem nahezu
unveränderten Geschäftsmodell vor einem derartig
großen Paradigmenwechsel wie die Automobilbranche. Genauer gesagt, die Automobilindustrie steht vor
einem neuen multimobilen und multivernetzten Zeitalter, in dem die verschiedensten Megatrends einen
erheblichen Einfluss auf die Mobilität von morgen haben werden und in dem von allen Seiten großer Druck
auf das bestehende Geschäftsmodell ausgeübt wird.
Die alternde Gesellschaft in den Industrienationen, die zunehmende Urbanisierung und der immer stärker werdende
regulatorische Druck hin zu mehr Umweltverträglichkeit
und Nachhaltigkeit haben die Produkte traditioneller Automobilunternehmen schon heute stark verändert.
Die Zeiten, in denen ein Fahrzeug einfach nur ein Fortbewegungsmittel war, sind längst Geschichte. Eine Tatsache
wird von Automobilunternehmen jedoch heute noch größtenteils unterschätzt: In Zukunft geht es nicht mehr nur um
das Produkt Auto an sich, sondern immer mehr auch um
die wertvollen Fahrzeug- und Kundendaten, die auf innovative Weise verknüpft völlig neue und beliebig skalierbare
Umsatzströme generieren können – denn das voll vernetzte
Auto ist eine gigantische Datengenerierungsmaschine.
Technologiefirmen aus dem Silicon Valley machen mit ihrer
Innovationsgeschwindigkeit schon jetzt in allen Lebens­
bereichen – auch im und um das Auto – vor, was technisch
und digital möglich ist. Traditionelle Automobilunter­nehmen
müssen sich daher besser heute als morgen damit
beschäftigen, wie ihr zukünftiges Geschäftsmodell aus­
sehen sollte und wie sie das sogenannte Clock-Speed-­
Dilemma, welches die unterschiedlichen Innovations­
geschwindigkeiten im produzierenden Gewerbe und von
Technologiefirmen beschreibt, bewältigen. Denn nur wenn
sie es schaffen, sich an den Takt der digitalisierten Welt
anzupassen, werden sie mit den in Zukunft nicht mehr
branchenfremden Kontra­henten mithalten oder sie sogar
überflügeln können.
Der Kunde von heute ist voll vernetzt und bereits mit den
unterschiedlichsten mobilen Technologien (zum Beispiel
Smartphones, Tablets, Smartwatches) ausgestattet. Er
steht noch viel mehr im Mittelpunkt als in der Vergangenheit
und wird seine Kauf- und Nutzungsentscheidungen noch
stärker an dem ihm angebotenen Gesamtpaket orientieren.
Es stellt sich die Frage, wie ein Automobilhersteller seinen
Kunden in Zukunft dafür begeistern kann, auf Produktfea­
tures, Softwarelösungen und Dienstleistungsangebote
zurückzugreifen, die aus eigener Hand kommen. Gelingt
dies nicht, sind auch alle wertvollen Umsatzströme, die den
gesamten Lebenszyklus des Kunden betreffen, für Automobilunternehmen nahezu unerreichbar.
© 2015 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen
Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
Automobilunternehmen befinden sich daher an einer entscheidenden Weggabelung:
Werden sie „nur“ der Blechbieger sein, der innovativen
Akteuren das Spielfeld im Wettkampf um die Daten an der
Kundenschnittstelle überlässt? Und werden sie somit zum
Zulieferer von Fahrzeugen – mobilen Datenräumen – für
die digitale Konkurrenz aus dem Silicon Valley?
Oder können sie zu Grid Mastern avancieren, indem sie ihr
Geschäftsmodell, neben dem Bau von hervorragenden
Fahrzeugen, auch verstärkt darauf ausrichten, den Kunden
von morgens bis abends in seinem gesamten Lebens­
zyklus mit individuellen fahrzeugabhängigen und -unabhängigen Produktfeatures und Dienstleistungen zu begleiten?
Es stehen uns definitiv spannende Jahre bevor. Ich wünsche Ihnen daher viel Spaß bei der Lektüre und freue mich
auf spannende Diskussionen!
Dieter Becker
Head of Automotive,
KPMG in Deutschland
© 2015 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen
Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
3 Blechbieger oder Grid Master?
KERNTHESEN IM ÜBERBLICK
Vernetzung ist
der Wegbereiter neuer
Geschäftsmodelle
1.
Die allgegenwärtige Vernetzung ist der
Wegbereiter neuer Geschäftsmodelle und
ermöglicht in Zukunft allen Unternehmen
eine direkte Kundenbeziehung mit nahezu
jedem und überall – auch im Auto. Heutige
Hersteller müssen sich von ihrer produktund hardwaregetriebenen Vergangenheit
lösen und sich zu kunden- und dienstleis­
tungsorientierten Grid Mastern entwickeln.
Nur diejenigen Automobilhersteller, die es
schaffen, den Kunden über seinen gesamten
Lebenszyklus hinweg mit individuellen fahr­
zeugabhängigen und -unabhängigen Pro­
dukten und Dienstleistungen zu begleiten,
werden die Kundenschnittstelle gegenüber
Dritten verteidigen können.
Die Tage der
klassischen Kauf­entscheidung sind gezählt
In Zeiten der allgegenwärtigen Vernetzung
sind die Tage der klassischen Kaufentschei­
dung und der vorhersagbaren Customer
Journey mit einem starken Produkt- und
Technologiefokus gezählt: Im zukünftigen
Geschäftsmodell des OEM (Original Equip­
ment Manufacturer) muss sich das Leben
des Kunden widerspiegeln, der in Echtzeit,
situationsbedingt und anwendungs­
spe­
zifisch nach der Optimierung seiner Zeit,
Kosten und Lebensqualität strebt.
3.
2.
Das Internet of
Things alleine ist nicht
der Königsweg
Nicht das Internet of Things alleine, welches
auf produkt- und funktionsbezogenen Daten
technischer Geräte basiert, wird der Schlüs­
sel zum Erfolg zukünftiger Geschäftsmodel­
le sein, sondern das Internet of Behavior.
In der Zukunft wird das Auto nur ein weite­
res „Hardware Device“ in einem Gesamtsys­
tem vernetzter mobiler und immo­biler Daten­
räume sein. Das Internet of Behavior, das auf
den Daten des Internet of Things basiert und
dieses mit verhaltensbezogenen Daten der
Konsumenten kombiniert, wird hingegen
beliebig skalierbare, nachhaltige Umsatz­
­
ströme generieren können.
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Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
Blechbieger oder Grid Master? 4
4.
Releasefähigkeit als
Schlüssel zum Erfolg des
vernetzten Autos
Daten sind der
Treibstoff zukünftiger
Geschäftsmodelle
Der Produktentwicklungszyklus eines all­
gegenwärtig vernetzten Fahrzeugs erfor­
dert Releasefähigkeit: Die Integration von
dienstleistungsorientierten Überfunktio­
nalitäten wird nur gelingen, wenn Herstel­
ler bestimmte Teile ihres Entwicklungspro­
zesses releasefähig gestalten. Flexible und
abgekoppelte Forschungs- und Entwick­
lungsprozesse (F&E) und Freeze-­Perioden
zwischen fahrzeugabhängigen und -unab­
hängigen Hard- und Software-­
Features
sind daher unentbehrlich und der Schlüs­
sel für eine schnelle Reaktion auf zukünf­
tige Kunden­erwartungen.
Die intelligente Verknüpfung von fahrzeugund kundenbezogenen Daten ist der Treib­
stoff zukünftiger Geschäftsmodelle, denn
das Auto ist im Zusammenspiel mit dem
Menschen und der Umwelt eine giganti­
sche Datengenerierungsmaschine. Aber:
Der Kunde von morgen wird sich des Wertes
seiner Daten immer mehr bewusst werden
und nicht bereit sein, diese ohne jeglichen
Anreiz oder jegliche Gegenleistung Dritten
zu überlassen.
OEM-eigene
Konnektivitätslösungen
sind ein Premium-Feature
5.
Nicht alle heutigen Automobilhersteller
werden in der Lage sein, sich zu kundenund dienstleistungsorientierten Grid Mas­
tern zu entwickeln. Premium-Hersteller
haben aufgrund der Vertrauensfunktion
ihrer starken Marken einen Vorsprung im
Rennen um Fahrzeug- und Kundendaten.
Hersteller aus dem Volumen- und Niedrig­
preissegment werden hingegen die
Schnitt­s telle zum Kunden neuen Kon­kur­
renten aus der Informations- und
Kommuni­
kationstechnologie (IKT) über­
lassen müssen.
6.
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5 Blechbieger oder Grid Master?
Blechbieger oder Grid Master? 6
DIE TAGE DER KLASSISCHEN KAUFENTSCHEIDUNG MIT EINEM
STARKEN PRODUKT- UND TECHNOLOGIEFOKUS SIND GEZÄHLT
se
Lebensqualität
tbe
fizi
Klassische
Kaufentscheidung
Kauf und Besitz
von Produkten
se
Zeit
f nis
Kosten
dür
dür
EchtzeitKaufentscheidung
tbe
De
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De
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Wa
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dür
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Quelle: KPMG, Automotive Institute, 2015
chs
Stellen Sie sich vor: ein Mittdreißiger, verheiratet, erfolgreich im Beruf, wohnhaft in der modernen urbanen Umgebung einer Großstadt. Schon das morgendliche Wecken er­
ledigt ein Smartphone, im Idealfall sogar nicht zeitabhängig,
sondern indem es die verschiedenen Schlafphasen über
ein Fitnessband registriert. Der erste Handgriff: raus aus
dem Flugmodus, rein in die vernetzte Welt. Das Radio
spielt automatisch die Playlist, die zu seiner Stimmung
passt. Wenn der Song nicht gefällt – die Skip-Taste ist auf
seiner Smartwatch am Handgelenk. Die wichtigsten Nachrichtenseiten muss er nicht annavigieren, er bekommt sie,
erlernt aus seinem Such- und Kommunikationsverhalten,
direkt als kleine Pop-ups auf jedes digitale Endgerät, das in
seiner Wohnung bereitliegt. Seine täglichen Begleiter optimieren alles, was ihm Kosten spart, seine Zeit effizient gestaltet und seine Lebensqualität erhöht. Basierend auf seinen Kalendereinträgen vibriert seine Smartwatch und
macht ihn darauf aufmerksam, dass er sich in fünf Minuten
auf den Weg machen muss, um per Auto noch pünktlich
seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Sein eigenes Auto hat er
jedoch nach einer detaillierten Berechnung seiner Total
Cost of Ownership (TCO) schon lange verkauft. Gut, dass
sein digitaler Helfer weiß, dass sich in seiner direkten Umgebung Fahrzeuge diverser Car-Sharing-Dienste befinden.
Die Einflussfaktoren einer
Echtzeit-Kaufentscheidung
Wa
Die Tage der klassischen Kaufentscheidung und der
vorhersagbaren Customer Journey mit einem starken
Produkt- und Technologiefokus sind in Zeiten allgegenwärtiger Vernetzung gezählt: Im zukünftigen Geschäftsmodell des OEM muss sich das Leben des Kunden deutlich stärker widerspiegeln, welcher in
Echtzeit, situationsbedingt und anwendungsspezifisch nach der Optimierung seiner Zeit, Kosten und
Lebensqualität strebt.
EchtzeitKaufentscheidung
Trend zum „Nutzen“ anstatt „Besitzen“:
Digitale Features und vernetzte Dienstleistungen
werden immer wichtiger
Basierend auf den aktuellen Verkehrsdaten schlägt er ihm
aber den Weg per U-Bahn vor. Der Termin ist wichtig, Zeit
spielt daher eine große Rolle. Auf Grundlage seiner spezifischen Alltagssituation wählt er also das passende Verkehrsmittel aus, um von A nach B zu kommen. In der
U-Bahn hat er zudem noch Zeit zu shoppen, sein Helfer hat
ihn nämlich gleichzeitig noch per Pop-up daran erinnert,
dass heute seine Lieblingsschuhmarke über ein Online-Outlet-Portal zu haben ist. Noch vor wenigen Jahren
wäre dieser Mittdreißiger der perfekte Kunde für ein Automobilunternehmen gewesen. Aber an welcher Stelle kann
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Nutzung von Produkten
und Dienstleistungen
ein Automobilhersteller mit seinem traditionellen Geschäftsmodell in der beschriebenen Alltagssituation des
Kunden nachhaltig Umsatz generieren? Womöglich – und
das stimmt bedenklich – nur noch an sehr wenigen Punkten.
Alles Zukunftsmusik, der sich die Automobilindustrie heute
noch nicht zu stellen braucht?
Wohl kaum, denn diese beschriebene Alltagssituation
hätte nämlich schon gestern genauso ablaufen können.
7 Blechbieger oder Grid Master?
EIN TAG IM LEBEN EINES VOLLSTÄNDIG VERNETZTEN KUNDEN
IST GEPRÄGT VON EINER STÄNDIGEN OPTIMIERUNG SEINER ZEIT,
KOSTEN UND LEBENSQUALITÄT – IN ECHTZEIT
Ein Tag im Leben eines vollständig vernetzten Kunden
Quelle: KPMG, Automotive Institute, 2015
1) Anwendung
2) Markt
3) Kunde
Im zukünftigen Geschäftsmodell eines OEM müssen sich Bedürfnisse und Präferenzen widerspiegeln, die sich anwendungsbedingt (Arbeitsweg, Freizeit etc.), marktbedingt
(reifer oder sich entwickelnder Markt) und nach Kundengruppe (Geschäftsmann, Familienmutter etc.) stark unterscheiden können. Der individuelle Kunde wird dabei im
Mittelpunkt stehen und das Gesamtpaket des OEM muss danach ausgerichtet sein, ihn an jedem Markenkontaktpunkt mit individualisierten Produkten/Services bedienen zu können.
Effiziente Zeitnutzung
1) Weg zur Arbeit
2) Emerging Market
3) Geschäftsmann
Intelligentes
Familienmanagement
(24h)
Frühstück für unterwegs
von der automatisierten
Küche
1) Einkaufen
2) Reifer Markt
3) Familienmutter
1) Freizeit
2) Emerging Market
3) Student
1) Reise
2) Reifer Markt
3) Rentner
Individuelle
Bedürfnisse &
Präferenzen
Routeninformation und
Verkehrsmanagement
ZIEL
Du betrittst dein Ziel
Kaffee für unterwegs (Arbeit/Schule/Museum)
WEG ZUM ZIEL
Du rufst dein
autonomes Fahrzeug,
das dich abholt
ZU HAUSE/
AUFSTEHEN
Dein Smart Device
sagt dir, wann und
wie du den Tag beginnst
Duschwand zeigt dir
Neuigkeiten an
Gesundheits-Check
Bargeldloses Bezahlen
und Vorbestellen
Bereits vereinbarter
Arzttermin
Soziale Kontakte
und Entertainment
Fahrerloses Parken
Smarte Arbeitsinfrastruktur
(z.B. Siri Office)
Der vernetzte Kunde berücksichtigt in
Echtzeit den Zielkonflikt zwischen Zeit,
Kosten und Lebensqualität, basierend
auf seinen speziellen situativen und
anwendungsbedingten Bedürfnissen.
Die Liste potenzieller Markenkontaktpunkte
ist unerschöpflich. Einige existieren heute
womöglich noch nicht einmal.
Arbeitsplatz
der Zukunft
Virtuelles Lernen
Öffentliche
mobile Kapsel
ZU HAUSE/
SCHLAFEN
Kulturprogramm
PremiumFahrzeug
Optimierung des
gesunden Schlafes
Essensempfehlungen
basierend auf Präferenzen
LUNCH
Mittagessen angepasst an
Gesundheit und Fitness
Dein Smart Device
sagt dir, wo du
Mittag isst
Interaktion mit
Smart Devices
anderer Kontakte
in der Umgebung
Wäschelieferung
AKTIVITÄTEN/
FREIZEIT
Dein Smart Device
steuert dein autonomes
Fahrzeug
Automatisierte Küche
bereitet das Abendessen vor
Tischreservierung
Smartes Haushaltsmanagement
ABENDESSEN
Dein Smart Device unterstützt
dich bei der Zubereitung des
Abendessens
Personalisiertes
Fitnessprogramm
„Lebensmittellieferung
on demand“
Empfehlungen für die Essensbestellung
basierend auf Präferenzen
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Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
PRIVATE/
SOZIALE ZEIT
Clubs und Bars
Dein Smart Device
organisiert dein
Wohlergehen
Kinderbetreuung
Automatisierter
Notruf
Immobiler Datenraum
Mobiler Datenraum
Blechbieger oder Grid Master? 8
DIE VERNETZUNG IST WEGBEREITER NEUER GESCHÄFTSMODELLE,
ERMÖGLICHT ABER AUCH DRITTEN EINE DIREKTE KUNDENBEZIEHUNG
RUND UM MOBILITÄT
Die allgegenwärtige Vernetzung ist zwar der Wegbereiter neuer Geschäftsmodelle für Automobilunternehmen, aber eben nicht nur für diese. Vernetzung
ermöglicht in Zukunft allen Unternehmen eine direkte
Kundenbeziehung im Auto und rund um Mobilität.
Das beste Beispiel hierfür ist der Taxidienst Uber, der sich
mittlerweile in vielen Ländern großer Beliebtheit erfreut.
Grundlage des Geschäftsmodells des Chauffeur-Dienstes
ist die direkte Kundenbeziehung über eine Smart­
phoneApp. Mithilfe der App hat Uber die Zusammenführung einer
ehemals dezentralen Dienstleistung vorangetrieben, die
zumeist von vielen unorganisierten Einzelunternehmen
separat angeboten wurde.
gen, die über das reine Fahrzeug hinausgehen, werden im
heutigen Geschäftsmodell lediglich über konzerneigene
Finanzdienstleister generiert.
Sofern Automobilhersteller aus den wertvollen Fahrzeugund Kundendaten, die im Auto generiert werden, selbst Kapital schlagen wollen, wird es zukünftig nicht mehr ausreichen,
nur ein guter Manager des Upstreams, dem produkt- und
technologiegetriebenen Teil der Wertschöpfungskette (vgl.
Abbildung S. 9) zu sein. Das zukünftige Geschäftsmodell
Etwas vereinfacht ausgedrückt: Das heute vorherrschende
Geschäftsmodell der Automobilhersteller im Downstream
basiert auf dem Verkauf von Fahrzeugen mit margenträchtigen Sonderausstattungen. Die Kundenbeziehung managen
im häufigsten Fall relativ dezentral organisierte stationäre
Händlerbetriebe. Der Umsatz beim Neufahrzeugverkauf
ist einmalig und zeitpunktbezogen und die Kaufentscheidung stark produkt- und technologiefokussiert. Über den
Lebenszyklus des Fahrzeugs hinweg wird hauptsächlich
durch After-Sales-Services ein rein fahrzeugbezogener
Zusatzumsatz generiert. Zusatzumsätze mit Dienstleistun-
Das heißt, ein Automobilhersteller, der sich als Grid Master
etablieren möchte, muss die verschiedensten Downstream-­
Kanäle derart zusammenführen („uberisieren“), dass er seinen Kunden in allen Lebensbereichen mit dem richtigen
Produkt oder der richtigen Dienstleistung individuell bedienen kann. Tut er dies nicht, wird die Rolle des Grid Masters
mittelfristig schlichtweg ein anderer einnehmen.
Der Wandel der Kundenbeziehung im Geschäftsmodell eines Automobilherstellers
Quelle: KPMG, Automotive Institute, 2015
Downstream im heutigen Geschäftsmodell der Automobilhersteller
Die „Uberisierung“ der Kundenschnittstelle
Fest steht, der Kunde von morgen wird im Downstream, das
heißt an der Kundenschnittstelle, nur einen zentralen Partner
akzeptieren, der ihm Lösungen bieten kann, die situations­­
be­dingt, anwendungsspezifisch und in Echtzeit den Ansprüchen an seine Kosten, Zeit und Lebensqualität genügen.
wird in diesem Falle deutlich kunden- und dienstleistungsorientierter gestaltet sein müssen.
Heute
OEM
Importeur
Handel
Kunde
Produkt- und
technologiegetrieben
Einmalig: Verkauf von Fahrzeugen mit margenträchtigen Sonderausstattungen
wie Navigationssystemen (inklusive OEM-eigener Konnektivitätslösungen für Dienstleistungen)
Downstream im „uberisierten“ kunden- und dienstleistungsorientierten Geschäftsmodell
Direkte Kundenbeziehung
Zukunft
Grid
Master
Kunde
Konsumentenorientiert
und servicegetrieben
Ermöglicht durch Digitalisierung
Über den gesamten Lebenszyklus: Verkauf von fahrzeugabhängigen und
-unabhängigen digitalen Produktfeatures und vernetzten Dienstleistungen im Fahrzeug
© 2015 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen
Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
9 Blechbieger oder Grid Master?
GRID MASTER WIRD DER OEM SEIN KÖNNEN, DER NEBEN DEM
UPSTREAM AUCH ALLE ELEMENTE DES DOWNSTREAMS IN EINEM
ZENTRALEN GESCHÄFTSMODELL STEUERT
Zusammenfassend gesagt, befinden sich Automobilunternehmen daher in den kommenden Jahren an
einer entscheidenden Weggabelung:
Die automobile Wertschöpfungskette neu definiert
Quelle: KPMG, Automotive Institute, 2015
Upstream
»Entscheiden sie sich dazu, „nur“ der Blechbieger zu sein,
der innovativen Playern aus dem Silicon Valley das Spielfeld im Wettkampf um die Daten an der Kundenschnittstelle überlässt?
Produkt- und
technologiegetrieben
IKT
z.B.
Sensoren
…
Zulieferer
z.B. alternative
Antriebe
Zulieferer
z.B. Batterietechnologie
IKT
z.B. Hardwarekomponenten
IKT
z.B. Betriebssysteme
…
OEM
als Blechbieger
Zulieferer
(Tier 1)
Versicherungen
Warum auch der Blechbieger etwas Positives ist:
Das Produkt Auto an sich ist und bleibt zweifelsohne eines
der komplexesten Industrieprodukte der Welt. In den vergangenen Jahrzehnten haben Automobilunternehmen auf
eindrucksvolle Art und Weise bewiesen, dass sie den
Upstream, trotz stetig zunehmender Komplexität und neu
zu integrierender Elemente, als zentrale Schnittstelle erfolgreich steuern können. Gleiches gilt zu weiten Teilen
auch für die traditionellen Elemente des Downstreams
(Handel, After-Sales, Service).
Blechbieger im positiven Sinne heißt deshalb, dass Automobilunternehmen auch in Zukunft ihre produkt- und technologiebezogenen Kernkompetenzen als Wettbewerbsvorteil nutzen können. Dies gilt vor allem für OEMs mit weniger
starken Marken und geringerem Kundenbindungspotenzial.
Zulieferer
(Tier n)
Mobilitätsdienstleistungen
OEM oder
Third Party als
Grid Master
Kunde
Financial
Services
Handel
…
IKT
z.B. Apps,
Dienste
After-Sales,
Service
Service
Konsumentenorientiert und
servicegetrieben
»Oder werden sie sich dazu entscheiden, selbst zu Grid
Mastern zu avancieren, indem sie ihr Geschäftsmodell,
neben dem Bau von hervorragenden Fahrzeugen, auch
verstärkt darauf ausrichten, den Kunden von morgens bis
abends in seinem gesamten Lebenszyklus mit individuellen fahrzeugabhängigen und -unabhängigen Produktfeatures und Dienstleistungen zu begleiten?
IKT
z.B.
Halbleiter
Downstream
Neue Elemente
Traditionelle Elemente
Für diese wird es in Zukunft durchaus erfolgversprechend
sein, sich als Zulieferer von hervorragenden Fahrzeugen –
mobilen Datenräumen – für Tech-Firmen aus dem Silicon
Valley zu etablieren. Denn die genannten Tech-Firmen
werden auch langfristig kein Interesse am kapitalintensiven
und risikobehafteten Prozess der Automobilproduktion und
dem Vertrieb des Produktes Auto haben.
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Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
Was den Grid Master erfolgreich macht:
Voraussetzung für die Entwicklung von Automobilherstellern zu Grid Mastern ist daher die intelligente Verknüpfung
der traditionellen und neuen Elemente des Up- und des
Downstreams. Nur die Automobilhersteller, die es schaffen, sich in Zukunft für den Kunden auch zum bevorzugten
„Daten-Hub“ zu entwickeln, werden an der Kundenschnittstelle gegenüber branchenfremden Dritten (Third Parties)
als Grid Master bestehen können.
Blechbieger oder Grid Master? 10
DAS INTERNET OF THINGS ALLEINE WIRD NICHT REICHEN,
UM MIT DEN NEUEN KONKURRENTEN AUS DEM SILICON VALLEY
AN DER KUNDENSCHNITTSTELLE MITHALTEN ZU KÖNNEN
Beobachtet man die erfolgreichsten Geschäftsmodelle
der jüngsten Vergangenheit, liegt folgende Vermutung nahe: Anders als zurzeit noch häufig suggeriert
wird, ist nicht das Internet of Things alleine der Schlüssel zum Erfolg zukünftiger automobiler Geschäftsmodelle, sondern das Internet of Behavior. Konsequenterweise könnte sich das Auto, das sich nur im Internet
of Things bewegt, in der Zukunft nur zu einem weiteren kommodisierten „Hardware Device“ im Gesamt­
system vernetzter mobiler und immobiler Daten­räume
entwickeln. Verhaltensbezogene Fahrzeug- und Kundendaten aus dem Internet of Behavior hingegen
werden beliebig skalierbare, nachhaltige Umsatz­
­
ströme generieren können – die Frage, die sich in
­Bezug auf das Auto heute noch stellt, ist nur, für wen?
Automobilhersteller bewegen sich mit ihren Aktivitäten
rund um die Vernetzung von Fahrzeugen heute noch hauptsächlich im unteren linken Quadranten der auf Seite 11 abgebildeten Connectivity Matrix. Die angebotenen Features
haben einen starken Fahrzeugbezug und optimieren hauptsächlich Sicherheits- und Effizienzfunktionen des Fahrzeugs. Sie lassen sich folglich auch im Rahmen des heutigen Geschäftsmodells gut entwickeln und vermarkten. Die
Nachhaltigkeit der daraus resultierenden Umsatzströme ist
jedoch als moderat einzuschätzen. Sicherheits- und effi­
zienzbezogene Funktionen, die auf dem Internet of Things
beruhen, könnten schon bald zur Commodity, das heißt
austauschbar werden und demnach vom Kunden nicht mit
dem nötigen Preis-­Premium nachgefragt werden. „Um die
Ecke gedacht“, könnten vermutlich sogar Umsatzströme
aus dem tradi­tionellen Geschäftsmodell von Fahrzeugherstellern kanni­
balisiert werden. So führen intelligente
Fahrerassistenz­systeme, bis hin zum autonomen Fahren, in
der Endkonsequenz zu weniger Verschleiß an Fahrzeugteilen und damit zu geringeren Serviceintervallen sowie fallenden Umsätzen mit margenträchtigen Originalersatzteilen
über den gesamten Fahrzeuglebenszyklus.
Als lukrativer hingegen sind Aktivitäten im unteren rechten
Quadranten der Matrix im Rahmen der vorausschauenden
Produktanalysen (Predictive Product Analytics) zu be­
werten. Beispielsweise ließen sich durch intelligente
Car-2-OEM-Kommunikation Produktentwicklungskosten
optimieren. Das vernetzte Fahrzeug könnte jede Heckklappenöffnung und -schließung während des gesamten Fahrzeuglebenszyklus tracken und an den OEM zurückmelden.
Die Konsequenz könnte eine deutliche Reduktion der Entwicklungs- und Produktionskosten für eine Heckklappe
sein, die für zum Beispiel 20.000 Öffnungen und Schließungen konzipiert wurde, in der Realität jedoch durchschnittlich nur 5.000-mal über den gesamten Produkt­
lebenszyklus geöffnet wird.
© 2015 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen
Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
Um insbesondere im Downstream mit Konkurrenten aus
dem Silicon Valley auf lange Frist mithalten zu können oder
diese gar zu überflügeln, müsste ein Fahrzeug-OEM sein
Geschäftsmodell zusätzlich auch in Richtung fahrzeugunabhängiger und kundenverhaltensorientierter Dienstleistungen weiterentwickeln. Denn nur, wenn der OEM auch über
verhaltensbezogene Daten des Kunden verfügt, kann er
diesen über den gesamten Kundenlebenszyklus individuell,
in allen Lebenslagen und an allen Markenkontaktpunkten
bedürfnis­gerecht bedienen. Denn das sind Kunden aus der
Welt außerhalb des Autos gewohnt und werden das gleiche Service-Level dementsprechend auch innerhalb des
Fahrzeugs nachfragen. Dies gilt natürlich erst recht, wenn
das autonome Fahren wertvolle Zeit auf dem Weg von A
nach B zu effektiver Arbeits-, Kommunikations- oder Konsumzeit macht.
Die Kernkompetenzen für Produktfeatures und Dienstleistungen für eine derart gestaltete Mobilität liegen aber zum
momentanen Zeitpunkt noch weit entfernt vom heutigen
Geschäftsmodell des Fahrzeugherstellers.
11 Blechbieger oder Grid Master?
HAUPTSÄCHLICH VERHALTENSBEZOGENE DATEN DES
INTERNET OF BEHAVIOR WERDEN BELIEBIG SKALIERBARE,
NACHHALTIGE UMSATZSTRÖME GENERIEREN
Zu guter Letzt spielen natürlich auch soziales Netzwerken
und Kommunikation eine Rolle im Leben des vernetzten
Kunden (Quadrant links oben). Auf der Umsatzseite hat
Facebook
News
Verhaltensbasiertes Cross-Selling
Social Networking &
Kommunikation
VoIP
d
Twitter
Predictive
Customer Analytics
ck
ba
Lo
Standortbasiertes Cross-Selling
Internet of Behavior
Niedrig
(Fahrzeugunabhängig)
Kritischer Pfad zur „Uberisierung“
= Kundenverhalten- und serviceorientiertes Geschäftsmodell
Car-2-Infrastructure
Sicherheit &
Effizienzfunktionen
Predictive
Product Analytics
Car-2-OEM
Car-2-Car
Hoch
(Fahrzeugabhängig)
Stau
Moderat
Produktentwicklung
Gefahr
Bedeutung/Tragweite für Erfolg und Umsatz
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Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
Restwertkalkulation
in Echtzeit
Internet of Things
Durch die Gestaltung solcher Dienste können wertvolle
Fahrzeug- und Kundendaten, auf innovative Weise verknüpft, völlig neue Umsatzströme generieren, die weit über
den reinen Verkauf und die Wartung eines Fahrzeugs hinausgehen. Des Weiteren sind diese virtuellen Dienste nahezu beliebig skalierbar und gehen mit vergleichsweise
geringen Investitionskosten und geringer Kapitalbindung
einher. Genau das macht sie jedoch für branchenfremde
Dritte gerade so attraktiv.
Quelle: KPMG's Global Automotive Executive Survey 2015
op
»Verhaltensbasiertes Cross-Selling: Einen Schritt weiter
gedacht, könnten durch das Wissen über bestimmte tageszeit- oder wochenzeitabhängige Verhaltensweisen
von Fahrzeugnutzern Anreizsysteme geschaffen werden, die durch die geschickte Kombination von Fahrzeugund Kundendaten individuell zugeschnittene Dienstleistungen ermöglichen.
Connectivity Matrix
F ee
»
Standortbasiertes Cross-Selling: Mithilfe der geschickten Nutzung von standortbasierten Informationen und
der richtigen Kombination von Kooperationspartnern
könnten beispielsweise interessante Anreizsysteme für
Kunden geschaffen werden, damit diese ihre Fahrt von
A nach B mit weiteren Erledigungen verknüpfen können.
dieser Teilbereich weder bei IKT-Unternehmen noch bei
Autofirmen große Auswirkungen. Die aus den diversen sozialen Medien zu erhaltenden direkten Kundenfeedbacks
können aber selbstverständlich zur stetigen Optimierung
von Produkten, Produktfeatures und Dienstleistungen beitragen (vgl. S. 12).
Autowelt
IKT-Welt
Nähe zum Geschäftsmodell
eines Fahrzeugherstellers
Im oberen rechten Quadranten der Connectivity Matrix,
dem Bereich der vorausschauenden Produktanalysen (Predictive Customer Analytics), schlummern mit zunehmender Vernetzung die größten Umsatzpotenziale für zukünftige Geschäftsmodelle rund um die Mobilität.
Sehr hoch
WIE HERSTELLER IHREN KUNDEN SCHON
HEUTE BESSER KENNENLERNEN KÖNNEN
EXPERTENMEINUNG VON JOHN LEECH
Um den Kunden und sein Verhalten besser verstehen
zu können, machen auch Automobilhersteller zunehmend Gebrauch von Data-Analytics-Tools, die es ermöglichen, ein 360-Grad-Bild des Kunden zu gewinnen
und seine Meinung zu Produkten und Dienstleistungen besser zu verstehen. Nur so können insbesondere
die Vertriebs- und Marketingabteilungen Live-Kommunikation und Marketingkampagnen anpassen,
schnell auf negative Medienresonanz reagieren und
ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot zielgruppenspezifisch zuschneiden.
Die Herausforderung der kommenden Jahre wird sein, aus
diesen gewonnenen und größtenteils noch unstrukturierten Daten einen tatsächlichen Mehrwert zu schaffen, was
einer Verbindung mit den im Unternehmen bereits vorhandenen strukturierten Daten bedarf.
Das hat nicht nur den Vorteil, dass Gewährleistungsfragen
frühzeitig identifiziert werden können und unsachgemäßes
oder betrügerisches Verhalten von Angestellten oder Handelspartnern schneller und einfacher erkannt werden kann.
Vielmehr könnte es OEMs auch die Möglichkeit bieten, die
Öffentlichkeit mehr in den Designprozess von Produkten
oder Dienstleistungen miteinzubeziehen. Dafür eignet sich
beispielsweise Bottlenose, welches anhand von vorgegebenen Begriffen das digitale Fernsehen, Radio, Webseiten
und Social-Media-Kanäle analysiert, um daraus qualitatives
Feedback in Echtzeit zu gewinnen und Land­karten mit Volumen- und Stimmungsangaben erstellen zu können. Die
intelligente Verknüpfung dieser Daten mit anderweitigen
Unternehmensdaten ermöglicht den Einblick in die Wünsche der Konsumenten, woraus wiederum weitreichende
Geschäftsvorteile erzielt werden können. In der Praxis
konnten solche Tools bereits mehrfach erfolgreich eingesetzt werden: Bei einem Automobilhersteller konnte die
Zeit, die üblicherweise für die Ursachenklärung von Gewährleistungsfragen benötigt wird, im Durchschnitt um 80
Prozent reduziert werden. Bei einem anderen konnten die
Auslöser für die negative Kritik zu einer TV-Kampagne innerhalb von nur acht Minuten nach der Erstausstrahlung
gefunden und analysiert werden.
All dies lässt keinerlei Zweifel offen: Für ausführliche Kundenanalysen ist die Verwendung von Data-Analytics-Tools
unumgänglich, da sie es dem OEM über alle Geschäftsbereiche hinweg ermöglichen, den Kunden und sein Verhalten
besser kennenzulernen und zu verstehen.
John Leech
Business Intelligence for Stream Data
#car
CFM
eBay
Endless Extreme
Holley
Corvette
#Cars
#auto
GM Chevy Corvette
GM
#gmc
Chevrolet GM OEM
Buick
#autojobs
Tool
Bottlenose analysiert täglich 72 Milliarden Datensätze
Markenstrategie
Competitive
Intelligence
Krisenbewältigung
Psychografie
Market
Research
Nationale
Sicherheit
Consumer
Insights
Produktinnovation
Optimierung von
Werbung und Content
Head of Automotive,
KPMG in Großbritanien
#news
Quelle: Bottlenose (www.bottlenose.com)
© 2015 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen
Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
Blechbieger oder Grid Master? 12
WIE CAPTIVES DAS NEUE GESCHÄFTSMODELL
DES OEM UNTERSTÜTZEN WERDEN
EXPERTENMEINUNG VON ULRICH BERGMANN UND SANDRA SPECKBACHER
„Captives“ (konzerneigene Finanzierungsgesellschaften) sind längst nicht mehr nur Finanzierungspartner
ihrer Kunden und einfache Absatzmotoren für ihre
OEMs. Sie sind ein unverzichtbarer Begleiter. Aufgrund ihres Dienstleistungsfokus sind sie ihren OEMs
sogar heute schon weit voraus. Mit ihrer Kundennähe
sind sie nicht nur in der Lage, Produkte von Automobilherstellern im Up- und Downstream sinnvoll zu
ergänzen, sondern sie auch für ein kundenorientiertes
Geschäftsmodell in reine Dienstleistungen zu transformieren.
Der Ansatzpunkt für Captives hat sich in den vergangenen
Jahren verschoben und deutlich erweitert. Bestand ihre
Rolle einst darin, Finanzdienstleistungsprodukte am Point
of Sale (PoS) beim Händler anzubieten, rückt mehr und
mehr die direkte Kundenbeziehung über den gesamten Lebenszyklus in den Fokus. Immer wichtiger wird dabei sein,
wie gut OEMs und Captives ihre Kunden heute und in 10,
15 oder 20 Jahren tatsächlich kennen werden. Nur wirklich
eng miteinander verzahnte OEMs und Captives haben einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber branchenfremden
Dritten. Um in Zukunft gemeinsam erfolgreich zu sein,
müssen sie ihr Alleinstellungsmerkmal des „One-StopShops“ mit hochdigitalisierten, schnellen Prozessen sowie
Kundenwissen nutzen und letztendlich in einem gemeinsamen kundenorientierten Geschäftsmodell kapitalisieren.
Das effektive Management von Kundendaten, einschließlich Big Data, ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor, der zu
neuen Dienstleistungen und maßgeschneiderten Produkten führen kann sowie neue Kundengruppen erschließbar
macht. Schon heute generieren und verwalten Captives
viele Kundendaten über ihre Vertriebs- und Kommunikationskanäle. Die Bereitstellung von Online-Plattformen und
-Dienstleistungen unterstützt dabei die Informationsgewinnung und gewinnt zusammen mit der Optimierung des
One-Stop-Shoppings von automobilen Finanzdienstleistungsprodukten an Bedeutung. Maßgeschneiderte Finanzdienstleistungsprodukte führen zum Beispiel zum Kauf
oder zum Leasing höherwertig ausgestatteter Fahrzeuge
oder teurerer Modelle. Des Weiteren können OEMs und
Captives durch eine enge Zusammenarbeit von unterschiedlichen Fahrzeugvermietungsmodellen profitieren –
einschließlich neuer mittelfristiger Vermietungen, Corpo­
rate Car Sharing und Flottengeschäft sowie multimodaler
Transportlösungen, das heißt der Nutzung unterschiedlicher Fahrzeuge oder Marken in einer oder mehreren Phasen einer Reise. All dies hat selbst in gesättigten Märkten
und einem sich verändernden Marktumfeld, das von kürzeren Produktlebenszyklen, intensivem weltweitem Wettbewerb und zunehmender Nachfrage nach Mobilitätsdienstleistungen geprägt ist, eine stabilisierende Wirkung auf
OEMs.
Sandra Speckbacher
Director, Financial Services,
KPMG in Deutschland
Im Zuge bevorstehender Geschäftsmodellveränderungen
sind finanzielle Stabilität und Unabhängigkeit für Automobil­
unternehmen ebenso von entscheidender Bedeutung. Die
von Captives gehaltenen Banklizenzen können sich hierbei
besonders auszahlen, da sie eine günstige Refinanzierung
ermöglichen und Investitionsvorhaben erleichtern können.
Im Krisenfall ermöglicht eine (EU-)Banklizenz auch Zugriff
auf Finanzmittel der Europäischen Zentralbank. Je nach Geschäftsverlauf und finanzieller Performance können Captives damit zu einer Verbesserung der externen Ratings ihrer
OEMs beitragen – mit einhergehendem positivem Einfluss
auf deren Aktionäre. Darüber hinaus ist der Zugang zu
New-Economy-Unternehmungen über Risikokapital oder
die Zusammenarbeit mit Start-ups und FinTech-Unter­
nehmen ein wichtiger Faktor, da neue Technologien helfen
werden, die eingebaute Hardware zu ergänzen und auf­
zuwerten, um die Einführung neuer digitaler Services über
Apps, beispielsweise das kontaktlose Bezahlen, zu erleichtern.
Ulrich Bergmann
Partner, Financial Services,
KPMG in Deutschland
© 2015 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen
Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
13 Blechbieger oder Grid Master?
WIE WICHTIG SIND DATEN AUS SICHT VON AUTOFIRMEN
FÜR DAS ZUKÜNFTIGE GESCHÄFTSMODELL UND WIE FIT
FÜHLEN SIE SICH IM UMGANG MIT DATEN HEUTE?
EXPERTENMEINUNG VON MORITZ PAWELKE
Moritz Pawelke
Manager, Sector
Executive for Automotive,
KPMG in Deutschland
Die intelligente Visualsierung und Verknüpfung von
Massendaten (NextGen Analytics) ist ohne Zweifel
der wichtigste Grundstein für den Aufbau innovativer
Geschäftsmodelle. Das bestätigen auch die befragten
Autoexperten unserer Umfrage „Mit Daten Werte
schaffen“.
Dabei scheinen sich die meisten der Wertigkeit von Daten
schon längst bewusst zu sein. Bei konkreten Strategien
für die Umsetzung geraten die Automobilunternehmen
mit nur 18 Prozent Zustimmung hingegen deutlich ins
Hinter­treffen. In Zukunft wird es für Automobilhersteller
jedoch entscheidend sein, fahrzeug- und umfeldbezogene
Upstream-Daten (generiert vom Auto) und kundenbezogene
Downstream-Daten (generiert von den Insassen) intelligent
miteinander zu verknüpfen (vgl. S. 16 f.).
Das Selbstverständnis und die Kultur von Autofirmen werden sich daher grundlegend anpassen müssen. Für lange
Zeit war technische Ingenieurskunst („technical engineering“) alleine der Garant für Erfolg. Ein genauso wichtiger
Bestandteil der zukünftigen Unternehmenskultur muss aus
meiner Sicht auch das Informational Engineering, das heißt
die systematische Nutzung neuester Business-Analy­ticsTools und -Methoden werden, um den Herausforderungen
des vernetzten Zeitalters gerecht zu werden.
Mit Daten Werte schaffen 2015 | Fokus Automotive
Quelle: Studie „Mit Daten Werte schaffen“, KPMG & Bitkom Research, 2015
Hat Ihr Unternehmen bereits eine Strategie für die
Umsetzung konkreter Big-Data-Maßnahmen erarbeitet?
Wie wichtig sind die folgenden Ziele bei der
Nutzung von Datenanalysen in Ihrem Unternehmen?
Schnellere
Entscheidungsfindung
46 %
Optimierung der
Organisation und Prozesse
17 %
56 %
37 %
25 %
19 %
Automotive
Banken
29 %
71 %
Chemie und Pharma
30 %
70 %
Energie
Aufbau innovativer
Geschäftsmodelle
21 %
53 %
26 %
43 %
Bessere Prognosen
über zukünftige Trends
44 %
33 %
24 %
Gesundheitswesen
4% 4%
16 %
34 %
8% 2%
Verbesserung bei Kundenkontakt/-ansprache
58 %
33 %
Informationstechnologie
Maschinen- und Anlagenbau
Medien
Transport und Logistik
Eher nicht wichtig
Eher wichtig
Teils/teils
Überhaupt nicht wichtig
56 %
44 %
64 %
36 %
70 %
30 %
83 %
17 %
25 %
Telekommunikation 14 %
Versicherungen
Sehr wichtig
81 %
19 %
Handel
Bessere Entscheidungsmöglichkeiten
82 %
18 %
75 %
86 %
77 %
23 %
55 %
45 %
Ja
Nein
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Blechbieger oder Grid Master? 14
DATENSICHERHEIT ALS WETTBEWERBSVORTEIL
UND ZUKÜNFTIGE KERNKOMPETENZ
EXPERTENMEINUNG VON UWE BERND-STRIEBECK
Die Datenexplosion in unserem mehr und mehr vernetzten Zeitalter führt dazu, dass jedes mittelständische bis große Unternehmen eine immer größere und
komplexere Menge an Daten sammelt, mit anderen
teilt, sie verarbeitet und analysiert. Das bereitet nicht
nur den Weg für innovative Geschäftsmodelle, sondern bringt auch unzählige Herausforderungen und
Risiken mit sich. Zahlreiche Ereignisse in den letzten
Jahren haben dabei die Relevanz von Cyber Security
nicht nur verstärkt, sondern auch gezeigt, wie wichtig
es ist, Cyber Security bereits von Anfang an als festen
Bestandteil in die Unternehmensstrategie aufzunehmen.
In der Automobilindustrie stellen sich Fragen rund um Cyber Security meist während der Entwicklung und Ausstattung neuer Fahrzeuge. Damit gehen insbesondere Entscheidungen einher, welche im Fahrzeug generierten
Daten erfasst und insbesondere wem diese zur Verfügung
gestellt werden dürfen. Hierbei muss grundlegend zwischen Fahrzeug- und Konsumentendaten unterschieden
werden.
Die überwiegend durch Sensoren und Technik generierten
Fahrzeugdaten, wie Geschwindigkeit, Benzinverbrauch
oder Bremsabnutzung sind grundlegend für die Sicherheit
im Fahrzeug verantwortlich. Jegliche Unsicherheiten könnten schwerwiegende Folgen haben, was sich bemerkbar
machen kann, wenn zum Beispiel der Befehl zu bremsen
vom Fahrzeug fehlgedeutet wird. Das zeigt, dass Fahrzeugdaten zu jeder Zeit zu hundert Prozent verfügbar, vollständig und zuletzt auch vertraulich sein müssen. Um dabei
eine Weitergabe an Dritte zu beschränken, ist die Einführung strengerer Datenschutzrichtlinien unumgänglich.
Während die zunehmende Anzahl in das Fahrzeug integrierter digitaler Produkte und Dienstleistungen dem Fahrer
eine effiziente Nutzung seiner Fahrzeit ermöglicht, bekommt der Fahrzeughersteller hingegen den Zugang zu
wertvollen Konsumentendaten. Aus diesen lassen sich
Fahrverhalten, Musikstil, Navigationsprofile des Fahrers
und vieles mehr ableiten. Doch der Automobilhersteller
ist dabei nicht als Einziger an diesen Informationen interessiert – unzählige Wettbewerber möchten genau diese
wertvollen Konsumentendaten für sich nutzen. Denn dadurch könnten beispielsweise Versicherungen ihre Beiträge
dem individuellen Fahrverhalten anpassen und Shopping-Anbieter dem Fahrer personalisierte und ortspezifische Angebote machen.
Für all das ist jedoch Voraussetzung, dass Kunden lang­
fristig bereit sind, ihre Daten überhaupt zur Verfügung zu
stellen, was sie voraussichtlich jedoch nur tun werden,
wenn die Sicherheit der Daten durchgehend gewährleistet
ist. Damit ist Datensicherheit weitaus mehr als nur ein
zusätzliches Add-on. Es handelt sich vielmehr um einen
essenziellen Grundbaustein für das zukünftige automobile
Geschäftsmodell.
Uwe Bernd-Striebeck
Partner, Consulting,
KPMG in Deutschland
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15 Blechbieger oder Grid Master?
Blechbieger oder Grid Master? 16
DIE INTELLIGENTE VERKNÜPFUNG VON FAHRZEUG-, UMFELDUND KUNDENBEZOGENEN DATEN IST DER TREIBSTOFF ZUKÜNFTIGER
AUTOMOBILER GESCHÄFTSMODELLE
Wie bereits zuvor auf den Seiten 10 und 11 erwähnt,
sind Fahrzeugdaten nicht der alleinige Schlüssel zum
Erfolg zukünftiger Geschäftsmodelle für Automobilunternehmen. Das Auto wird erst im Zusammenspiel
mit den darin reisenden Insassen, deren Verhalten
und sozialem Umfeld sowie der physischen Umgebung des Fahrzeugs zu einer gigantischen Datengenerierungsmaschine. Zunächst gilt es hierbei zwischen
Upstream- und Downstream-Daten zu unterscheiden
und die Frage zu klären, wem die Daten am Ende gehören werden.
Upstream-Daten haben ihren Ursprung im Auto und werden direkt vom Auto oder durch dessen Fortbewegung und
Interaktion mit anderen Fahrzeugen (Car-2-Car) und der Infrastruktur (Car-2-Infrastructure) durch eine Vielzahl verschiedener Sensoren, bildgebender Verfahren (zum Beispiel Videokameras) oder digitaler Netzwerktechnologien
generiert.
Downstream-Daten
sind
hingegen
hauptsächlich
fahrzeug­
unabhängige Daten, die einerseits im Fahrzeug
von dessen Insassen während der Fahrt generiert werden.
Andererseits finden jedoch auch Informationen aus der Alltagswelt des Kunden Eingang in das Fahrzeug. Ersteres
könnten zum Beispiel detaillierte Informationen über den
Alltag des Fahrers und der weiteren Insassen sein (zum
Beispiel Navigationsziele, Kalendereinträge, Kommunikationsaktivitäten). Letzteres könnten zum Beispiel der Musikgeschmack, Filmvorlieben oder Online-Shopping-Präferenzen sein.
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Wer hat das „Datenmonopol“ für den Up- und
Downstream?
Wer die Datenspur des Autos und seiner Insassen letzt­
endlich in sinnvolle Geschäftsmodelle ummünzen darf, sollte bereits heute die am meisten diskutierte Frage sein. Gehören die Daten, die im und um das Fahrzeug während der
Fahrt generiert werden, einzig und allein dem Kunden, der
das Auto fährt? Dem Automobilhersteller, der es produziert? Oder branchenfremden Dritten, die über Apps und
virtuelle Dienstleistungen im Fahrzeug ebenso eifrig ver­
suchen, ihre Ansprüche anzumelden?
Allein der Kunde entscheidet, wer seine Datenspur
nutzen darf
In den allermeisten Fällen ist sich der Kunde zum heutigen
Zeitpunkt der Wertigkeit seiner Daten noch nicht bewusst.
Ganz im Gegensatz zu findigen Tech-Firmen. Mit zunehmender Vernetzung und dem Erwachsenwerden von technologieaffinen „Digital Natives“ ist anzunehmen, dass es in
Zukunft immer weniger Konsumenten gibt, die bereit sein
werden, ihre Daten ohne jeglichen Anreiz oder jegliche
Gegenleistung Dritten zu überlassen.
17 Blechbieger oder Grid Master?
Das Fahrzeug und seine Datenspur
Downstream-Daten: Kundenverhalten inner- und außerhalb des Fahrzeugs
Quelle: KPMG, Automotive Institute, 2015
Zukunft
Gesundheitscheck
…
Kontakte &
Anrufe
…
Der Kunde hat ein Eigeninteresse daran,
seine Daten zur Verfügung zu stellen.
Zum Beispiel aus Sicherheitsgründen
und da er Kenntnis über die Wertigkeit
seiner persönlichen Daten hat.
0110010010
1010010010
10101001010
101110010110
101010101011
11110010011
Routenverpflegung
…
Pulsmesser
E-Mail
…
Parkplatzmgmt.
Müdigkeitsscanner
GeoInformationen
Unfallmgmt. &
E-Call
Rundumbild
…
EchtzeitWartungsinfo
Benzinverbrauch
Abnutzung
von Reifen
…
Fahrzeugdiebstahl
Reparaturempfehlungen
Fahrverhalten
Stau- &
Verkehrsmgmt.
Witterung
Finanzen
Urlaubsziele
Navigation,
Adressen
Kalender
Reiseinfo/
Zielort
Bezahldienste
Individuelle
Nachrichten
…
…
Der Kunde ist sich der Wertigkeit
seiner Daten noch nicht bewusst.
Heute
Haushaltsmgmt.
SocialMediaAktivitäten
Musik &
Filme
…
Virtuelles
Lernen
OnlineShopping
…
…
Fahrbahnbeschaffenheit
…
Upstream-Daten: Fahrzeug- und Umfeldinformationen
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…
Blechbieger oder Grid Master? 18
VORAUSSETZUNG FÜR DAS DATENBASIERTE GRID MASTERGESCHÄFTSMODELL SIND EINE STARKE MARKE UND EIN HOHES
KUNDENBINDUNGSPOTENZIAL
Nichtsdestotrotz wird die Offenheit der Kunden, ihre Daten
Dritten zugänglich zu machen, auch in Zukunft von kulturellen Aspekten und den verschiedenen Kundengruppen abhängen. So ist davon auszugehen, dass Kunden in europäischen Märkten, insbesondere in Deutschland, ein anderes
Verhältnis zu ihren Daten pflegen werden als weniger datensensible Kunden aus Ländern wie den USA oder China.
Gleiches gilt für den Besitzer eines Premium- oder Luxusfahrzeugs, der aufgrund seines Wohlstandes und gemäß
seinem gesellschaftlichen Status möglicherweise ein anderes Verhältnis zur Preisgabe seiner persönlichen Daten
pflegt bzw. pflegen kann als der Besitzer eines Fahrzeugs
aus dem Niedrigpreis- oder Volumensegment.
im eigenen Land, die sonst auch gerne als Nachteil angesehen werden, ein zusätzliches Plus gegenüber anderen
Wettbewerbern darstellen.
Premium-Hersteller haben demnach einen klaren
Wettbewerbsvorteil
Unsere Marktprognose (vgl. S. 19) zum Vernetzungsgrad
von Neufahrzeugen im Jahr 2022 zeigt, dass das Markt­
potenzial für herstellereigene Konnektivitätslösungen, das
heißt das Grid Master-­Modell, dann weniger als 40 Prozent
des weltweiten Neuwagenmarktes ausmachen könnte.
Dabei ist lediglich mit reifegradbedingten und regional höheren Marktanteilen in Nordamerika, Westeuropa sowie
Japan und Korea zu rechnen. 52 Prozent der Neuwagen
werden unseren Schätzungen nach hingegen über vollständige oder teil­weise inte­grierte Lösungen von Drittanbietern
verfügen (Blechbieger-Geschäftsmodell).
Das zunehmende Bewusstsein des Kunden über die
Wertigkeit der eigenen Daten kann vor allem für Premium-­
Hersteller der „Enabler“ für das datenbasierte Grid Master-­
Geschäftsmodell werden, denn es ermöglicht diesen,
aufgrund der Vertrauensfunktion ihrer starken Marken,
einen Vorsprung im Rennen um Fahrzeug- und Kundendaten.
Im Konkurrenzkampf mit branchenfremden Dritten wird der
Wettbewerbsvorteil renommierter Autofirmen darin bestehen, dass ihre Kunden ihnen beim Management ihrer persönlichen Daten mehr Vertrauen entgegenbringen könnten
als Internet- und Technologiefirmen. Frei nach dem Motto:
„Wer schon lange Zeit durch aktive und passive Sicherheits- und Fahrerassistenzsysteme mein Leben rettet, dem
vertraue ich auch beim Thema Datensicherheit.“ Insbesondere für Premium-Hersteller aus Deutschland könnten die
besonders strikten Auflagen beim Thema Datensicherheit
Hersteller aus dem Volumen- und Niedrigpreissegment
werden dieser Logik folgend hingegen die Schnittstelle
zum Kunden neuen Konkurrenten aus der Informationsund Kommunikationstechnologie überlassen und sich auf
ein produkt- und technologiefokussiertes Geschäftsmodell
konzentrieren müssen.
Was die bevorstehenden Veränderungen in Zahlen
bedeuten könnten
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19 Blechbieger oder Grid Master?
Prognose zum Vernetzungsgrad von Fahrzeugen im Jahr 2022
Quelle: KPMG, Automotive Institute, 2015; LMC Automotive, 2015
16,0 %
52,5 %
Nordamerika
4,5 %
1,8 % 1,6 %
0,2 % 0,7 %
46,8 %
Westeuropa
46,7 %
49,8 %
36,7 %
Osteuropa
4,7 %
42,7 %
31,0 %
34,6 %
5,7 %
China
22,0 %
14,3 %
14,8 %
Rest
der Welt
15,5 %
29,9 %
3,0 %
Bitte beachten: Rundungsbedingt ergibt die
Summe der Prozentzahlen nicht zwingend 100%.
22,8 %
60,3 %
Japan/
Korea
29,6 %
19,5 %
34,0 %
15,8 %
52,8 %
Indien &
ASEAN
2,6 %
Südamerika
35,3 %
51,6 %
Weltweites
Marktpotenzial
2022
Grid Master-Geschäftsmodell:
38 %
Blechbieger-Geschäftsmodell:
62 %
38 %
38 %
Vollständig integrierte
OEM-eigene Konnektivitätslösung
Vollständig integrierte
Third-Party-Konnektivitätslösung
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14 %
Teilweise
integrierte Third-PartyKonnektivitätslösung
10 %
Keine
integrierte
Konnektivitätslösung
Blechbieger oder Grid Master? 20
WIE KÖNNTE EIN KUNDENVERHALTENS- UND DIENSTLEISTUNGS­
ORIENTIERTES GESCHÄFTSMODELL FÜR EIN AUTOMOBILUNTERNEHMEN
DER ZUKUNFT AUSSEHEN?
Um zu dem zuvor skizzierten Grid Master zu avancieren, werden sich Automobilunternehmen mittel- bis
langfristig zu vertrauensvollen virtuellen Datenmarktplätzen entwickeln müssen, bei denen alle interessierten Unternehmen anklopfen, um fahrzeug- und
kundenbezogene Daten zu erhalten.
Erste Voraussetzung für ein solches Szenario wäre, dass
der Kunde nach der Devise „Mein Auto, meine Daten …“
mit dem entscheidenden Zusatz „… und ich vertraue darauf, dass diese bei meinem bevorzugten Automobilhersteller am allerbesten aufgehoben sind“ seine Zustimmung
gibt.
Aus heutiger Sicht wird die größte Herausforderung darin
liegen, den Kunden durch ein intelligentes, aber vor allem
möglichst einfach zu nutzendes Anreizsystem davon zu
überzeugen, seine Datenspur exklusiv über den OEM als
zentralen Partner zu lenken, anstatt sie mehr oder minder
gegenleistungsfrei beliebigen Dritten zu überlassen. Ohne
Zweifel wird es hierbei kulturelle und reifegradbedingte
Marktunterschiede geben, an deren Realität das Anreizsystem spezifisch ausgerichtet werden muss (vgl. S. 18 f.).
Die Etablierung eines solchen Anreizsystems wird Automobilunternehmen nur gelingen, wenn sie in den kommenden
Jahren neben einer starken Marke und einem hohen
Kundenbindungspotenzial auch für die folgenden zwei
wichtigen Kernkompetenzen die Grundvoraussetzungen
schaffen:
Zum einen werden sie durch Informational Engineering die
diversen Up- und Downstream-Datenströme aus dem
Fahrzeug derart intelligent verknüpfen müssen, dass die
daraus für den Kunden entstehenden Vorteile ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber branchenfremden Dritten darstellen können (vgl. S. 14).
fung von Datenströmen neue kundenverhaltens- und
standortbasierte Umsatzströme für sich eröffnen kann –
und das außerhalb des Fahrzeugs.
Zum anderen werden sie das Thema Datensicherheit als
zukünftige Kernkompetenz in den Fokus stellen müssen,
um sich gegenüber branchenfremden Dritten mit einem
datenbasierten Geschäftsmodell als bevorzugter Grid
Master an der Kundenschnittstelle zu etablieren (vgl. S. 15).
Kundenwert und -qualität werden zum
Erfolgskriterium
Sind diese Grundvoraussetzungen erfüllt, wäre somit in Zukunft folgendes visionäres Geschäftsmodell denkbar: Ein
Automobilhersteller könnte sowohl mit seinen Kunden
(B2C) als auch mit marken- und kundenspezifisch ausgewählten Kooperationspartnern (B2B) Vertragsverhältnisse
eingehen, die es ermöglichen, sowohl Mobilität als auch
fahrzeugunabhängige Angebote und Dienstleistungen in
Form eines Bonus- und Anreizsystems als zentraler Partner
(Grid Master) anzubieten (vgl. S. 23).
Vorbote dieses Zukunftsmodells sind heute schon durch
Car-Sharing-Anbieter praktizierte Beispiele. So werden
standortbasiert in Kooperation mit Supermärkten in deutschen Großstädten Car-Sharing-Kunden darauf aufmerksam gemacht, wenn sie sich im Radius eines Partnersupermarktes befinden. Mit der Aussicht auf kostenfreies Parken
und Sofortrabatte auf den Einkauf werden sie dazu angereizt, auf ihrem Weg von A nach B auch gleich noch weitere
Konsumbedürfnisse zeit- und kosteneffizient zu erledigen.
Dies ist nur ein sehr simples, beliebig skalierbares Beispiel
für eine klassische Win-win-Situation für den Einzelhandel
und das Automobilunternehmen. Der Einzelhändler erhält
hochqualitative Kundenkontakte, während das Automobilunternehmen durch die intelligente Nutzung und Verknüp-
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Dreh- und Angelpunkt in diesem neuen Geschäftsmodell
ist daher der Kundenwert, der sich aus den gewonnenen
fahrzeug-, kunden- und umfeldbezogenen Datenströmen
ergibt. Aufgrund seiner Position ist vor allem der OEM
durch die intelligente Kombination von Up- und Down­
stream-Daten auf einzigartige Weise in der Lage, daraus
hochqualitative Leads zu generieren.
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Blechbieger oder Grid Master? 22
VISIONÄRES GRID MASTER-GESCHÄFTSMODELL
AUTO FAHREN, ABER DIE RECHNUNG BEZAHLT EIN ANDERER?
Für potenzielle Kooperationspartner ist die Rechnung einfach und effektiv: Der beispielsweise durch den Premiumoder Luxusautohersteller generierte Lead wird mit sehr
hoher Wahrscheinlichkeit auch derjenige sein, der in einer
Luxusboutique, im Bio-Supermarkt oder Sterne-Restaurant
seine Konsumbedürfnisse erfüllt. Frei nach dem Motto:
„Wer ein teures Auto fährt, ist vermutlich auch an anderen
Luxusartikeln oder exklusiven Dienstleistungsangeboten
interessiert.“
Um das Anreizsystem in der Dreiecksbeziehung zwischen
dem Kunden, dem OEM als Grid Master und seinen jeweiligen Kooperationspartnern zu komplettieren, fehlt aber
noch ein schlagkräftiges Argument für den Kunden.
Warum könnte ein Kunde ausgerechnet den OEM
als Grid Master gegenüber branchenfremden Dritten
bevorzugen?
Ein entscheidender Faktor ist aus Sicht des Kunden zweifelsohne die Attraktivität des Gesamtportfolios an potenziellen, im Idealfall exklusiven, Kooperationspartnern, die
seinen individuellen Bedürfnissen am besten entsprechen.
Ein attraktives Portfolio alleine könnten jedoch auch Dritte
bieten. Das noch schlagkräftigere Argument in dem skizzierten Modell ist daher die Aussicht auf eine stetige
Reduktion der Total Cost of Ownership (TCO), im Falle des
Fahrzeugbesitzes, bzw. die Reduktion der Total Cost of
Usage (TCU), der Nutzungskosten im Falle des Leasings
oder Car-Sharings, durch den Konsum bei den ausgewählten Kooperationspartnern.
Auto fahren, aber die Rechnung bezahlt ein anderer
Zusammengefasst entstünde bei erfüllten Voraussetzungen dementsprechend eine funktionierende Dreiecksbeziehung. Der OEM würde in seiner Funktion als Grid Master
seinem Kunden im Rahmen eines B2C-Vertrags zunächst
ein Auto oder eine beliebig ausgestaltete Mobilitätslösung
zur Verfügung stellen. Im Gegenzug dazu stellt der Kunde
dem Grid Master aus eigenem Antrieb exklusiv seine fahrzeug-, kunden- und umfeldbezogenen Daten zur Ver­fügung.
Diese wiederum nutzt dieser mithilfe von Kooperationspartnern dazu, attraktive personalisierte Zusatzangebote
oder Dienstleistungen anzubieten, die auf dem Internet of
Behavior beruhen (vgl. S. 11).
Das Interesse der Kooperationspartner basiert auf den qualitativ hochwertigen Leads, für die sie auch bereit sind, dem
OEM einen Teil der erwirtschafteten Umsätze über einen
B2B-Partnervertrag zurückzuvergüten, um damit indirekt
die Kosten für das Fahrzeug oder die Mobilität des Kunden
zu übernehmen.
Der Grid Master wiederum würde für den Kunden ein Fahrzeug- und ein Bonuskonto verwalten, welches den Kunden
dazu anreizt, nach dem einfachen Prinzip „Bonus durch
Konsum bei exklusiven Partnern“ den Preis für seine persönliche Mobilität möglichst gering zu halten.
Schöne neue Autowelt? Die nächsten Jahre werden es zeigen.
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23 Blechbieger oder Grid Master?
Ein visionäres Geschäftsmodell
Quelle: KPMG, Automotive Institute, 2015
OEM als
Grid Master
BONUS- UND
INCENTIVE-SYSTEM
OEMWerkstatt
Daten
OEM
generiert
Leads
B2C-Vertrag:
Kunde erhält Auto/
Mobilität und reduziert
TCO/TCU durch Konsum
KUNDE
In Echtzeit, situations- und
anwendungsspezifisch
Der Kunde besitzt zwei
Konten beim OEM
B2B-Vertrag basierend auf
dem Kundenwert in EUR von:
» Lead
» Opportunity
» Abschluss
EUR
B2B-Vertrag
Kooperationspartner
(beispielhaft)
Lebensmittelgeschäft
Restaurant
Reisebüro
Media- und Entertainmentgeschäft
Bekleidungsgeschäft
Luxusuhrengeschäft
Tankstelle
Entwicklung von Anreizmechanismen:
» kunden- und marktspezifisch
» situations- und anwendungsbedingt
B2C-Vertrag: Kick-back als
Gutschrift für den Endkunden:
» Anreiz, die persönlichen Daten über den
OEM zu lenken, da so der Preis für Mobilität
gering gehalten werden kann
Fahrzeugkonto:
TCO/TCU
in EUR
Bonuskonto:
Geldwert
in Punkten
Januar
Dezember
© 2015 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen
Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
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Eigenes Auto/Leasing-Vertrag/
Car-Sharing-Modell
Blechbieger oder Grid Master? 24
ERFOLG FÜR AUTOMOBILUNTERNEHMEN
EXPERTENMEINUNG VON DIETER BECKER
Nichts wird mehr so sein, wie es einmal war. Auch der
Produktentwicklungsprozess eines allgegenwärtig
vernetzten Fahrzeugs wird sich grundlegend verändern müssen: Die Integration von dienstleistungsorientierten Überfunktionalitäten, die den Kunden über
den gesamten Lebenszyklus begleiten können, wird
nur gelingen, wenn Hersteller bestimmte Teile ihres
Entwicklungsprozesses releasefähig, das heißt modular und updatebar, gestalten. Flexible und abgekoppelte F&E-Prozesse und Freeze-Perioden zwischen
fahrzeug­
abhängigen und -unabhängigen Hard- und
Software-Features sind daher unentbehrlich und der
Schlüssel für eine schnelle Reaktion auf zukünftige
Kundenerwartungen.
Fest steht: Der alleinige Einbau von Kernfunktionalitäten,
beispielsweise von fest verbauten, margenträchtigen Sonderausstattungen wie Navigationssystemen, die einzig und
allein auf Sicherheits- und Effizienzfunktionen des Internet
of Things beruhen, wird nicht ausreichen. Um in Zukunft
nachhaltige Umsätze an der Kundenschnittstelle zu erzielen, sind Überfunktionalitäten, die es dem Fahrer und allen
weiteren Insassen ermöglichen, die Fahrzeit von A nach B
effizient zu nutzen, eine absolute Notwendigkeit.
Releasefähigkeit wird im Detail bedeuten, dass der zukünftige Entwicklungsprozess eines vernetzten Fahrzeugs einer
Dreiteilung unterliegen muss. Zunächst wird es einen separaten Entwicklungsprozess für die traditionelle Fahrzeughardware (Body, Chassis, Design etc.) geben müssen, der
sich von der zeitlichen Ausdehnung und auch organisatorisch am wenigsten vom heutigen Produktentwicklungsprozess unterscheiden wird.
Abgekoppelt davon und mit kürzeren Freeze-Perioden wird
der Entwicklungsprozess zur Integration von IKT-Hardware
am Human-Machine-Interface (Netzwerktechnologien,
Displays etc.) sein müssen. Kernstück in diesem Prozess
ist der modulare und flexibel austauschbare sowie ergänzbare Aufbau aller verwendeten Komponenten. Als
entscheidender Unterschied zum Modulgedanken im traditionellen Fahrzeugbau, der nur dem Zweck der Kosten­
optimierung für den Hersteller dient, muss der Modul­
gedanke für IKT-Hardware einzig und allein auf die
Optimierung der Kundenbedürfnisse abzielen.
Gelingt dieser Paradigmenwechsel, so bin ich der festen
Überzeugung, dass die Automobilunternehmen der
Zukunft nicht nur Anbieter von exzellenten Produkten und
Technologien, sondern auch der ideale Begleiter für ihre
Kunden über den gesamten Lebenszyklus hinweg sein
können.
Wiederum abgekoppelt von den vorherigen Schritten wird
der Prozess zur Entwicklung von Software-Features für
Überfunktionalitäten sein müssen. Updatebarkeit darf in
einer vernetzten Welt nicht mehr die einmalige und un­
regelmäßige Aktualisierung im Automobilhandelsbetrieb
während des Service bedeuten. Erste Bemühungen der
Auto­industrie mit OTA-Updatelösungen (OTA = Over the
Air) gehen hierbei schon in die richtige Richtung, denn Updates müssen stetig und sofort bei Bedarf auch im Fahrzeug ankommen, sonst wird man den Kunden an der so
wichtigen Schnittstelle im Auto an branchenfremde Dritte
verlieren.
Zusammenfassend gesagt, bedeutet dies für die Automobil­
unternehmen, wie wir sie heute kennen, zweifelsohne
einen Mind-Shift. Festgefahrene Gremienverfahren und
Freeze-­
Perioden müssen hinterfragt werden. Auch früh­
zeitig festgezurrte Lastenhefte (oft schon Jahre vor dem
eigentlichen Produktionsstart) müssen gemäß der genannten Drei­teilung aufgespalten werden, um in Zukunft in einer
vernetzten Welt, in der sich Kundenbedürfnisse in Echtzeit
ändern werden, erfolgreich zu sein.
Dieter Becker
Head of Automotive,
KPMG in Deutschland
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RELEASEFÄHIGKEIT ALS SCHLÜSSEL ZUM
25 Blechbieger oder Grid Master?
Überfunktionalitäten, die Werte im Fahrzeug schaffen
Quelle: KPMG, Automotive Institute, 2015
Steigerung der Bedeutung der Releasefähigkeit im Fahrzeug
KERNFUNKTIONALITÄTEN
(fest im Fahrzeug integrierte Funktionalitäten)
Beispiel
ÜBERFUNKTIONALITÄTEN
(Funktionalitäten, die es ermöglichen, die Fahrtzeit effizient zu nutzen)
Überfunktionale Anzeigenoberfläche
(Schnittstelle der einzelnen Module managen)
Infotainment
4 Gruppen von Hauptfunktionen
» Unterhaltung (Radio, Audio-CD,
DVD, Audio, Video und TV)
» Kommunikation (Telefon und Adressbuch)
» Navigation (Verkehrsführung und
Verkehrsinformation)
» Einstellungen (Fahrzeug, MMI und
Klimaanlage)
Fahrzeug
» Fahrbahnbeschaffenheit
» Temperatur
» Wartung und
Reparatur
Reise
» Stau- und Routenmanagement
» Hotelanbieter
» Online-Check-in
Health Care
» Gesundheits-Check
» Pulsmesser
Proprietäres System
Heute
Internet
of Things
Office & Info
» Mail
» Kalender
» Videotelefonie
» Wissen
…
Die Liste potenzieller
Überfunktionalitäten ist
unerschöpflich. Einige
existieren heute womöglich noch nicht einmal.
Sender der Daten
Fahrzeug
» Der alleinige Einbau von Kernfunktionalitäten
reicht nicht aus, um auch in Zukunft nennenswerte Umsätze zu erzielen.
» Kernfunktionalitäten beinhalten fest im
Fahrzeug integrierte Funktionalitäten, die
den Kunden aber nicht über seinen gesamten
Lebenszyklus begleiten.
Energy/Home
» Fernsteuerung der
Hausautomatisierung
Billing-System
» Bezahlsysteme
» Einkaufshistorie
» Bezahlung an
Tankstellen
(„Pool“ an Informationen, u. a. für
Fahrerprofile)
Kunde/Fahrer
» Kunde kann individuelle Pakete über ein modulares Baukastensystem hinzufügen.
» Durch den individuellen Service auch in anderen Lebensbereichen kann die Customer Experience
über den gesamten Lebenszyklus hinweg verbessert werden.
Empfänger der Daten
» Hersteller
» Mappingdienste
» Verkehrsämter etc.
» Banken/Anbieter/Betreiber von Bezahlsystemen
» Reiseanbieter etc.
» Automobilhersteller
» Versicherungen/Ärzte
Internet
of Behavior
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Zukunft
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