Sinti und Roma in Deutschland

Sinti und Roma in
Deutschland
Menschenrechtsbildung am Beispiel Antidiskriminierung und Vielfalt
Volker Kaufmann
16.11.2015
Referat von Sarah Löfflath und Charlotte Häußler
Gliederung
 Allgemeine Informationen über Sinti und Roma
 Begriffsbestimmungen
 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
 Herkunft und Geschichte
 Nationale Minderheiten & Gruppengröße
 Rechtliche Grundlagen
 Vorurteile und Diskriminierung
 Diskussion
Begriffsbestimmungen
 Sinti: Angehörige einer Gruppe, deren Vorfahren vor rund 600 Jahren in deutschsprachiges
Gebiet einwanderten
 Frau nennt sich Sintezza oder Sintizza und der Mann Sinto
 Roma: Gruppen, die seit dem 19. Jahrhundert aus ost- und südosteuropäischen Ländern nach
Deutschland gekommen sind
 Bedeutung des Begriffs „Roma“: Mensch, Mann
 Frau nennt sich Romni und der Mann Rom
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GEMEINSAMKEITEN
UNTERSCHIEDE
 Fremdbezeichnung als „anders“
 Sprache „Romanes“
 unterschiedliche Dialekte
 Familientradition und Kultur
 Herkunft
 Ankunft in Deutschland und Europa
Herkunft
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Geschichte
Vorkriegszeit:
 1935: Einführung der Nürnberger Rassengesetze
 1936: Berlin soll für die Olympischen Spiele „zigeunerfrei“ gemacht werden
 1936: Einrichtung einer „Rassenhygienischen Forschungsstelle“ im Berliner
Reichsinnenministerium
 1938: Anordnung einer Erfassung aller Sinti und Roma in Deutschland
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en%2Fkultur%2Finhalt%2Fgesellschaft%2Fbemberger-hungerstreik-
Geschichte
Während des Krieges:
 Auschwitz- Erlass von 1943:
 Deportation aller Juden, Sinti und Roma wird zur obersten Priorität
 Anordnung von „Zigeunerzähltagen“
 Zwangssterilisation als Methode des Völkermords
 Abtrennung eines Lagerabschnittes in Auschwitz-Birkenau
„Zigeunerfamilienlager“
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Geschichte
Während des Krieges:
 grauenhafte Zustände – Ende 1943: bereits 70 % aller Insassen umgekommen
 Medizinische Experimente
 Folter & Gewalt
 Hunger
 Infektionen und Krankheiten
 Insgesamt wurden mindestens 500.000 Sinti und Roma während des Nationalssozialismus
ermordet!
Geschichte
während/ nach dem Krieg:
 Entzug des Stimmrechts
 Ausschluss aus Schulen
 Leben in sogenannten „Zigeunerlagern“, z.T. polizeiliche Aufsicht
 Entwürdigende Maßnahmen:
 Melde- und Kennzeichnungspflicht
 Enteignung jeglichen Besitzes
Ausgeh- und Berufsverbote, Zwangsarbeit
Geschichte
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Nationale Minderheit
In Deutschland leben vier anerkannte nationale Minderheiten:
 die Dänen
 die friesische Volksgruppe
 das sorbische Volk
 die deutschen Sinti und Roma
Als eine Nationale Minderheit anerkannt werden jene Gruppen der Bevölkerung, die folgenden
Kriterien entsprechen:
 ihre Angehörigen sind deutsche Staatsangehörige,
 sie unterscheiden sich vom Mehrheitsvolk durch eine eigene Sprache, Kultur und Geschichte
(eigene Identität),
 sie wollen diese Identität bewahren,
 sie sind traditionell (also in der Regel seit Jahrhunderten) in Deutschland heimisch,
 sie leben innerhalb Deutschlands in angestammten Siedlungsgebieten.
Gruppengröße
 Zahlenangaben über nationale Minderheiten in Deutschland beruhen meist nur auf
Schätzungen
 weltweit gibt es etwa 10-13 Millionen aus den Volksgruppen aller Roma
 die wahrscheinlich größte Minderheit in Europa
 ca. 4,5 Millionen Roma leben in Osteuropa, also Tschechien, Ungarn, Mazedonien, Kosovo,
Albanien, Serbien usw.
 in Deutschland leben ca. 120.000 Sinti und Roma
Rechtliche Grundlagen
Zum Schutz nationaler Minderheiten existieren insbesondere folgende Rechtsvorschriften und
Abkommen:
 Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz von nationalen Minderheiten
 Europäische Charta der Regional- und Minderheitssprachen
 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU)
Artikel 3 GG:
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse,
seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen
oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand
darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
1) Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten

trat 1998 in Deutschland in Kraft

beinhaltet völkerrechtlich verbindliche Grundsätze zugunsten nationaler Minderheiten

verpflichtet die Vertragsstaaten zum Schutz und zur Förderung dieser Minderheiten in allen Bereichen des wirtschaftlichen,
sozialen, politischen und kulturellen Lebens
2)
Europäische Charta der Regional- und Minderheitssprachen_

trat 1999 in Deutschland in Kraft

traditionell gesprochene Minderheiten- und Regionalsprachen gelten als bedrohter Aspekt des europäischen Kulturerbes (z.B.
das „Romanes“ der Sinti und Roma)

sollen daher geschützt und gefördert werden
3) Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern
Dieses Gesetz regelt die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer
Mitgliedsstaaten der EU und deren Familienangehörigen.
Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger & Familienangehörige haben das Recht auf Einreise und
Aufenthalt
Freizügigkeitsberechtigte sind EU-Bürger, die sich… :
 … als Arbeitnehmer,
 … zur Arbeitssuche,
 … zur Berufsausbildung aufhalten wollen.
2014: Volle Freizügigkeit für Rumänen und Bulgaren
◦ benötigen keine Arbeitserlaubnis mehr, um nach Deutschland zu kommen und hier arbeiten zu dürfen!
Vorurteile und Diskriminierung
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VORURTEIL
AUFKLÄRUNG
 „heimatlose Nomaden“
der größte Teil der Sinti und Roma im
deutschsprachigen Raum ist im Laufe des 20.
Jahrhunderts sesshaft geworden, auch die
Roma in Osteuropa sind seit den siebziger
Jahren sesshaft
 „spezielle“ Tradition und Lebensweise, die sie
grundsätzlich von der Mehrheitsgesellschaft
abhebt
innerhalb der Sinti und Roma gibt es ein
ebenso großes Spektrum an Lebensstilen wie
in der Mehrheitsgesellschaft
 bewusste Abgrenzung von der
Mehrheitsgesellschaft
 in der Vergangenheit konnten Sinti und Roma
oft nicht auf die Hilfe der
Mehrheitsgesellschaft bauen, daher ist ihnen
Solidarität und Zusammenhalt in der Gruppe
umso wichtiger
Der Begriff „Zigeuner“
 führt mutmaßlich auf die, aus dem Griechischen stammende, Fremdbezeichnung für
Bevölkerungsgruppen zurück,
denen in Stereotypen ausgeprägte, von der Mehrheitsbevölkerung abweichende Eigenschaften
zugeordnet werden
 wird im deutschen Sprachgebrauch bereits seit dem frühen 15. Jahrhundert verwendet
 das Wort „Zigeuner“ wird häufig als Schimpfwort benutzt
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Wie entstanden die Vorurteile gegen Sinti und Roma?
 durch Zuschreibung zu Stereotypen werden Angehörige der Minderheit in eine soziale und
wirtschaftliche Lage gezwungen
 dies geschieht, indem z.B. Lokalbehörden Sinti und Roma, in der Annahme ihrer
Unintegrierbarkeit, aus Städten vertrieben und sie nur auf abgelegten Stellplätzen duldeten
 dadurch entstand für die Umgebung der Eindruck, dass sich diese Menschengruppe nicht für
ein Zugehen auf andere und ihre Umwelt interessiere
Entstehung von falschen Bildern der Minderheit Sinti und Roma, viele Menschen berufen sich auf
diese, wenn sie ihre Vorurteile bekräftigen möchten
Soziale Wahrnehmung wirkt als sich scheinbar selbst erfüllende Prophezeiung
Diskriminierung der Sinti und Roma
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Auswirkungen der Diskriminierung
 Benachteiligung und Ausgrenzung im Zivilrecht
 Benachteiligung im Arbeitsrecht
 Benachteiligung im Gesundheitsbereich
 Benachteiligung beim Zugang zu (Aus-) Bildung
 Benachteiligung bei Beschäftigung und Wohnraum
Sinti und Roma wird oftmals mit Unwissenheit und Gleichgültigkeit oder sogar mit offener
Ablehnung begegnet.
Diskussion
Welche Anforderungen ergeben sich, eurer Meinung nach,
an:
SozialarbeiterInnen
PolitikerInnen
Gesellschaft?
Literaturverzeichnis
AZIMI-BOEDECKER, Hildegard, 2013. „Vom Ende der Toleranz oder: Lustig ist das Zigeunerleben, aber bitte anderswo!“ [Online-Quelle]. Dortmund: Internationales Bildungs- und Begegnungswerk
e.V. [Zugriff am 05.11.2015]. Verfügbar unter: http://www.ibb-d.de/fileadmin/user_upload/pdf-2013/pdf-2013-Roma-Tagung/IBB_Einfuehrung_Sinti_und_Roma.pdf
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http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/DE/Minderheiten_Minderheitensprachen.pdf?__blob=publicationFile
Bundesministerium des Innern, 2014. Freizügigkeit: EU-Bürger [Online-Quelle]. Berlin: BMI [Zugriff am: 05.11.2015]. Verfügbar unter: http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/MigrationIntegration/Aufenthaltsrecht/Freizuegigkeit_EU-Buerger/freizuegigkeit_eu-buerger_node.html
Bundesministerium des Innern, 2014. Nationales und internationales Minderheitenrecht [Online-Quelle]. Berlin: BMI [Zugriff am: 05.11.2015]. Verfügbar unter:
http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Gesellschaft-Verfassung/Nationale-Minderheiten/Nationales-internationales-Minderheitenrecht/nationales-internationalesminderheitenrecht_node.html
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LISZT, Peter, 2012. Migration nach Europa [Online-Quelle]. Oberwart: Volkshochschule der Burgenländischen Roma [Zugriff am 03.11.2015]. Verfügbar unter: http://www.burgenlandroma.at/index.php/geschichte/migration-nach-europa
MARTEN-GOTTHOLD, Dörte, 1998. Der Schutz der Sinti und Roma in der Bundesrepublik Deutschland als ethnische Minderheit gemäß Art. 3 Abs. 3 GG. Frankfurt am Main: Peter Lang.
MENGERSEN, Oliver von, 2015. Sinti und Roma: Eine deutsche Minderheit zwischen Diskriminierung und Emanzipation. Bonn/München: Bundeszentrale für politische Bildung
STASCHEIT, Ulrich, 2014. Gesetze für Sozialberufe: Die Gesetzessammlung für Studium und Praxis. Frankfurt am Main: Fachhochschulverlag
WIDMANN, Peter und Brigitte MIHOK, [o.J.]. Sinti und Roma als Feindbilder. [Online-Quelle]. Zugriff am 05.11.2015. Verfügbar unter:
http://www.eurotopics.net/de/home/presseschau/archiv/magazin/gesellschaft-verteilerseite/roma_in_europa_2007_09/feindbilder_mihok_widmann_roma/
Videos:
„Was wissen sie über Sinti und Roma? – Strassenumfrage“. Verfügbar unter:
https://www.youtube.com/watch?v=W3sbCbroWdk
„Wir haben doch nichts getan" - Der Völkermord an Roma und Sinti“. Verfügbar unter:
https://www.youtube.com/watch?v=qYLlVNxMhPw
„Ausgegrenzt - Das Leben der Sinti u. Roma in Deutschland“. Verfügbar unter:
https://www.youtube.com/watch?v=Bdb5zTOiG80
Vielen Dank für eure
Aufmerksamkeit!
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