PowerPoint-Präsentation - Dr. Ingendahl, Rust und Steinkuhl

Arbeitsrecht im Betrieb
Dr. jur. Joachim Ingendahl
4. Vorlesung
Sommersemester 2015
Stand 01.06.2015
1
Arbeitsrecht im Betrieb
Abkürzungen Allgemein
AG
AGB
AN
a.o.
ArbG
AvE
BA
BAG
BG
BMAS
BR
event.
ff
G
Gf
gg.
grds.
i.d.R.
IG
LAG
MA
MTV
o.
s.
Std.
TV
UVV
VO
•
•
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•
•
•
•
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•
•
•
•
•
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•
•
•
2
Arbeitgeber
Allgemeine Geschäftsbedingungen
Arbeitnehmer
außerordentlich/-e
Arbeitsgericht
Allgemeinverbindlicherklärung
Bundesanstalt für Arbeit
Bundesarbeitsgericht
Berufsgenossenschaft
Bundesministerium Arbeit und Soziales
Betriebsrat
eventuell
fortfolgende
Gesetz
Geschäftsführer
gegen
grundsätzlich
in der Regel
Industriegewerkschaft
Landesarbeitsgericht
Mitarbeiter
Manteltarifvertrag
oder
siehe
Stunde
Tarifvertrag
Unfallverhütungsvorschriften (BG)
Verordnung
0
Arbeitsrecht im Betrieb
Abkürzung
AGG
AEntG
ArbMedVV
ArbSchG
ArSiG
ArbZG
BGB
BBiG
BDSG
BEEG
BetrVG
BUrlG
EntgFG
GewO
GG
GmbHG
HGB
InsO
JSchG
KSchG
MuSchG
NachwG
SGB
SGG
TVG
TzBfG
•
•
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•
•
•
•
•
•
•
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•
•
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•
•
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•
•
•
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•
•
3
Gesetz
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
Arbeitnehmerentsendegesetz
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge
Arbeitsschutzgesetz
Arbeitssicherheitsgesetz
Arbeitszeitgesetz
Bürgerliches Gesetzbuch
Berufsbildungsgesetz
Bundesdatenschutzgesetz
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
Betriebsverfassungsgesetz
Bundesurlaubsgesetz
Entgeltfortzahlungsgesetz
Gewerbeordnung
Grundgesetz
Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz
Handelsgesetzbuch
Insolvenzordnung
Jugendschutzgesetz
Kündigungsschutzgesetz
Mutterschutzgesetz
Nachweisgesetz
Sozialgesetzbuch
Sozialgerichtsgesetz
Tarifvertragsgesetz
Teilzeit- und Befristungsgesetz
0
Arbeitsrecht im Betrieb
0
Arbeits- & Organisationspsychologe
Ihr beruflicher Einsatz erfolgt in Personalabteilungen. Aus organisatorischen und Kostengründen
müssen Personalverantwortliche das arbeitsrechtliche Tagesgeschäft überwiegend ohne fachanwaltliche Begleitung bewältigen. Nur wenn Sie die
beteiligen Akteure, ihre Aufgaben & Rechte, die
wesentlichen Rechtsvorschriften und einschlägige
Rechtsprechung kennen & anwenden, können Sie
den sozialen Frieden schonen, indem Sie
1.
kompetent reagieren sowie
2.
rechtssichere Entscheidungen treffen,
die Ihre Mitarbeiter nachvollziehen und
ggf. einer Überprüfung durch die
Arbeitsgerichte standhalten.
4
Arbeitsrecht im Betrieb
0
Vor-& Nachbereitung Vorlesung
• Power – Point auf Kanzlei-Homepage:
– Datei gesamt & am Vorabend Kapitel aktuell
– Vorlesungsmitschrift auf Facebook „Arbeitsrecht Online“
– für Vorbereitung (empfohlen) & Nacharbeit (erforderlich)
• Arbeitsmittel:
– Wichtige Arbeitsgesetze, 21. Auflage 2014/2015 mit
• Hinweisreitern, nur auf Gesetze, beschriftet
• ausschließlich handschriftlichen Anmerkungen im Buch
zugelassenes Hilfsmittel in Abschlussklausur
– Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 15. Auflage 2014, in
Bibliothek
• Arbeitsgemeinschaften:
– 3 – 5 Teilnehmer
– 2 – 3 Stunden, einmal wöchentlich
5
Arbeitsrecht im Betrieb
0
Beteiligte im Arbeitsrecht
1.
2.
3.
4.
1.
2.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
5.
6.
6
Arbeitsvertrag:
Arbeitgeber
Arbeitnehmer
Direktionsrecht
Existenzielle Abhängigkeit
Sozialversicherungen, Behörden:
Bundesanstalt für Arbeit + Arbeitsämter
Krankenkassen & Pflegekassen
Deutsche Rentenversicherung mit Prüfdienst
Berufsgenossenschaft: Arbeitsunfälle und -sicherheit
Finanzämter
Abführung Lohnsteuer
Zoll
Bekämpfung Schwarzarbeit
Gesetzgeber: Arbeitsrechtliche Gesetze
Gewerkschaften: Arbeitsbedingungen,
insbes. Löhne durch Tarifverträge
Betriebsrat: Mitbestimmung AN zum Wohl des Betriebs
Arbeitsgericht: Anwendung GG, Gesetze, TV
Arbeitsrecht im Betrieb
Vorlesung Thema
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
0
Grundrechte & Staatsgewalten im Arbeitsrecht
BGB Allg.T, Verträge, juristische Pers., absolute Rechte
Dienst- und Arbeitsverträge im Zivil- & SozialversR
Sozialversicherungen & Sozialgesetzbücher SGB
Allgemeiner Kündigungsschutz & -klage
Gewerkschaften & Tarifverträge, AN-Überlassung
Betriebsrat: Beteiligungsrechte, Betriebsvereinbarung
Direktionsrecht Arbeitgeber & Arbeitsgesetze
Arbeitsverträge: Gestaltungen und ihre Grenzen
Recruting & Diskriminierungsverbote des AGG
Arbeitsschutz & -sicherheit
Kranke Mitarbeiter & Gesundheitsförderung
Wiederholung & Vertiefung: Kündigungsschutz
WuV: Rechtsträger & Rechte
1. Probeklausur
WuV: Rechtsmittel & -wege
2. Probeklausur
7
Arbeitsrecht im Betrieb
Grundrechte &
Staatsgewalten
im Arbeitsrecht
8
1
Arbeitsrecht im Betrieb
1
Bundes- Republik Deutschland
• Republik: Staatsform = Keine Monarchie
• Bundesstaat: 16 Länder, NRW, Bayern, HH usw.
Demokratie: Die Staatsgewalt (kratie =
Herrschaft) geht vom Volke (= Demos-) aus
• Wahlen: Direkt & unmittelbar, Mehrheitsprinzip,
jede Stimme zählt grds. gleich
• Urteile: „Im Namen des Volkes“
Verfassung: Grundgesetz
• Verfassungsgeber:
Das Volk
• Erlass: Verfassungsgebende Versammlung
9
Arbeitsrecht im Betrieb
1
Organe des Bundes:
• Bundestag
Wird vom Volk gewählt
• Bundeskanzler
vom Bundestag gewählt
• Bundesregierung Bundeskanzler ernennt die Minister
= Kabinett
• Bundesrat
Vertretung der Bundes-Länder
• Bundespräsident Von Bundesversammlung gewählt
Gesetzgebungsverfahren:
• Bundesregierung bringt Gesetzesvorlagen ein
• Bundestag
beschließt mit Abstimmungsmehrheit
der Regierungsparteien
• Bundesrat
muss teilweise zustimmen
• Bundespräsident unterzeichnet,eigenes Prüfungsrecht
10
Arbeitsrecht im Betrieb
1
Gewaltenteilung im Grundgesetz
• Art. 70 ff
• Art. 83 ff
• Art. 92 ff
Gesetzgebung
Legislative
Verwaltung
Exekutive
Gerichte
Judikative
- Bundestag, -rat, -präsident
- Länderparlamente
- Art. 80 Rechtsverordnung
- Bundesministerien
- Länderverwaltungen
= Öffentliches Recht
- Gerichtsbarkeiten
- Rechtszüge
http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/index.html
11
Arbeitsrecht im Betrieb
1
Zusammenwirken der Gewalten
• Gesetze: Rahmen und Strukturen des
Zusammenlebens in der Gesellschaft
– Verbindlich für alle
– Nicht systematisch, sondern Spiegel des politischen
Willens in seiner historischen Entwicklung
– Durchsetzung durch Verwaltung & Gerichte
• Verwaltung: Gesetzesvollzug
– Wahrnehmung der Aufgaben, z.B. Steuern einnehmen
– Repressiv:
Verteidigung gegen Verstöße
• Gerichte:
– Auf Klage: Anwendung der Gesetze, auch Aufsicht
– Bundesverfassungsgericht: Kein „rechtsfreier Raum“
Sonderstatus als
Hüter der Verfassung
12
Arbeitsrecht im Betrieb
1
Öffentliches Recht
• Strafrecht
Strafgesetzbuch
• Rechtsverhältnisse staatlicher Stellen zum
untergeordneten Bürger
– Öffentliches Recht
– Sozialrecht
– Steuerrecht
Arbeitsschutzrecht ArbZG, ASiG
Sozialgesetzbücher u.a.
Abgabenordnung, EStG u.a.
Privatrecht
• Rechtsverhältnisse zwischen Bürgern
Bürgerliches Gesetzbuch
• Sonderprivatrecht:
– Gesellschaftsrecht
– Handelsrecht
– Arbeitsrecht
13
Handelsgesetzbuch
der Arbeitsverhältnisse
Arbeitsrecht im Betrieb
1
Verwaltungen des
• Bundes
– Bundesministerien, z.B. für Arbeit und Soziales
– Bundeseigene Verwaltung, z.B. Zoll
• Landes: Polizei, Finanzämter, Regierungspräsidium
• Kommunale: Städte, Kreise & Gemeinden
Verwaltungsaufbau:
• Historisch gewachsen über alle drei Ebenen
• Grds. auf kommunaler Ebene, z.B.
Gewerbeämter und - aufsicht
• Land NRW: Rechtsaufsicht
14
Arbeitsrecht im Betrieb 1
Rechtsstaat
• Rechtliches Gehör für Gegners vor
– Verwaltungsakt / Bescheid
– gerichtlicher Entscheidung
Rechtsweggarantie – Art. 19 IV GG:
• Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz
gegen öffentliche Gewalt
• Unabhängig von finanziellen Mitteln:
Prozesskostenhilfe
• Verbot überlanger Verfahrensdauern
• Eilrechtsschutz
• Grunds. aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen Verwaltungsakt
15
Arbeitsrecht im Betrieb 1
Rechtsschutz in Gerichtsbarkeiten
Zivilgerichte:
•
•
•
•
Klagen unter Privaten
Amtsgerichte incl. Familien-, Insolvenzgerichte
Landgerichte incl. Kammern für Handelssachen
Oberlandesgerichte
Bundesgerichtshof auch Strafgerichtsbarkeit
• Arbeitsgerichte
aus Arbeitsverhältnissen
Weitere Gerichtsbarkeiten:
•
•
•
•
16
Verwaltungsgericht mit Ober-, BundesSozialgericht
mit Landes-, BundesFinanzgericht
und Bundesfinanzhof
Bundesverfassungsgericht und Verfassungsgerichtshöfe der Länder: Stehen über Gesetzgeber
Arbeitsrecht im Betrieb 1
Rechtszüge
Zivilgerichtsbarkeit
Amtsgericht
Einschl. Familiengericht
Handelsregister
Insolvenzgericht
Landgericht
Strafkammern
Berufung
Revision
Landgericht
Strafkammern
Schöffengericht
OberlandesG
BGH
Arbeitsgerichte
LandesarbeitsG BAG
Sozialgericht
Finanzgericht
Verwaltungsgericht
LandesSozG
17
BSozG
BFH
Oberverwaltungs- BVerwG
Arbeitsrecht im Betrieb
Arbeitsrecht
1S
• Sonderrecht der unselbständigen = abhängig
beschäftigten Arbeitnehmer
• Arbeitsgesetze: Einseitig zwingend zugunsten der
Arbeitnehmer = Arbeitnehmerschutz
• Arbeitsgerichte:
– Selbständiger Zweig der Zivilgerichtsbarkeit
– Zuständig für Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen
• Sozialversicherungen: Zwangs- Mitgliedschaft
knüpft an bestehendes Arbeitsverhältnis:
– Gesamt- Sozialversicherungs– Beiträge zu Renten, Arbeitslosen-, Kranken-& Pflegeversicherung
– Streitigkeiten vor Sozialgerichte
18
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Staatsgewalten im Arbeitsrecht
• Gesetzgeber übt Zurückhaltung,
Ausfüllung durch Kollektivarbeitsrecht:
– Tarifverträge, Tarifvertragsgesetz:
• Vereinbarung Gewerkschaft – Arbeitgeber, § 2
• Allgemeinverbindlichkeit, §§ 4 Abs. 5, 7
AEntG: Für alle Arbeitnehmer der Branche
– Betriebsvereinbarungen, BetriebsVG
• zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber
• Gerichte:
Bundesarbeitsgericht füllt
Gesetzeslücken
• Verwaltung: - Arbeitssicherheit
- Sozialversicherungen SGB
19
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Ausstrahlung Grundrechte auf
Arbeitsverhältnis: Verpflichtung AG
• Glaubens- und Gewissensfreiheit, Art. 4:
• Kopftuch am Arbeitsplatz: Einstellung, Kündigung?
• Mahlzeiten ohne Schweinefleisch in Kantine
• Frei Meinungsäußerung, Art. 5:
• Sachliche Kritik am AG zulässig, nicht Schmähkritik
• Familie, Art. 6: - „Zölibatsklausel“ in AV unwirksam
• Kein Fragerecht nach Familienplanung
• Keine Pflicht zur Mitteilung einer Schwangerschaft
• Berufsfreiheit, Art. 12:
• Berufswahl und Ausübung
• Verwertung des Wissens nach Arbeitsvertragsende
20
Arbeitsrecht im Betrieb
Grundgesetz:
1S
Grundrechte:
Schutz Bürger vor Staat Ausstrahlung auf Arbeitgeber
• Art. 2
•
•
•
•
•
•
Freie Entfaltung, Schutz der körperlichen
Integrität: - Weder Eingriff noch Untersuchung
- Verbot: Verdeckt Mithören & Beweisverwertung
- Schutz von Personalakte & Krankendaten der AN
Art. 3 Gleichheit, insbes. Männer + Frauen
Arbeitsrechtliche Gleichbehandlung & AGG
Art. 5 Freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit
Art. 9 Vereinigungsfreiheit:
Abs. 3 Gewerkschaften und Streikrecht
Art. 12 Berufsfreiheit, freie Arbeitsplatzwahl
Art. 14 Eigentum
Art. 19 Gesetzesvorbehalt: Einschränkung von Grundrechten nur durch ein Gesetz
21
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Arbeitnehmerdatenschutz:
• Recht des Arbeitnehmers auf „informationelle
Selbstbestimmung“aus
• Schutz allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 II 3 GG
• § 75 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz
• Personalakten: Arbeitgeber
– hat beschränktes Recht, Informationen über AN zu
erheben, verarbeiten und zu nutzen: Nur soweit
• rechtmäßig erworben
• zur Begründung, Durchführung o. Beendigung des
Arbeitsverhältnisses erforderlich, § 32 BDSG.
– muss sorgfältig verwahren & vertraulich behandeln,
– darf keine Detailinformationen zur Gesundheit des AN
erheben; was AG mit Einwilligung erfährt, darf kein
regulärer Teil der Personalakte sein, sondern muss
besonders gesichert werden.
22
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Grundrechte und Arbeitsrecht:
• Art. 3 GG: Gleichheitsgrundsatz
• Abs. 1: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Abs. 2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Abs. 3: Niemand darf wegen seines Geschlechts,
seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache,
seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner
religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
• Ungleichbehandlung nur aus sachlichem Grund
• Arbeitsrechtliche Gleichbehandlung, z.B. equal pay
• Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz:
Diskriminierungsverbot, § 1 AGG
• § 75 BetrVG: Behandlung der Mitarbeiter
23
Arbeitsrecht im Betrieb
24
1S
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Koalitionsvertrag „Große Koalition“
Gesetzgebung Arbeitsrecht bis 2017
• Allg. gesetzlicher Mindestlohn zum 01.01.2015: 8,50 €/Std.
• Allgemeinverbindlich- Erklärung nach Tarifvertragsgesetz:
Besonderes öffentlichen Interesseses genügt.
Tarifgebundene AG müssen nicht mehr mindestens 50 %
aller AN beschäftigen.
• Arbeitnehmerüberlassung: „Überlassung von AN vorübergehend“ im AÜG wird auf eine Höchstdauer von 18
Monaten konkretisiert. Abweichungen nur in Tarifverträgen.
• Scheinselbständigkeit, Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen: Rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zulasten von AN verhindern. Die Kontroll- + Prüftätigkeit bei Schwarzarbeit konzentrieren + effektiver .
• Teilzeitrecht: AN, die sich z. B. wegen Kindererziehung o.
Pflege von Angehörigen zu einer Teilzeitbeschäftigung
entschieden haben, können zur früheren Arbeitszeit
zurückkehren.
25
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Arbeitsgesetzgebung aktuell
• Mindestlohngesetz MiLoG: 01.01.2015 8,50 €/Std.
– Anwendungsbereich: Alle Arbeitsverhältnisse
– Ausnahmen: Ausbildung, Praktikanten, Jugendliche
– Pflicht: Aufzeichnung der Arbeitszeiten, § 17
• Allgemeinverbindlicherklärung, § 5 TVG:
Tarifgebundene AG müssen nicht mehr mindestens 50 %
aller AN beschäftigen, besonderes öffentliches Interesse
genügt.
• Tarifeinheitsgesetz, Entwurf BMAS 04.11.2014:
– Große Koalition mit DGB gegen Streikmacht der
Spartengewerkschaften (aktuell insbes. Lokführer,
Flugkapitäne)
• Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen,
Gesetzentwurf Bundesrat: Umgehung des Arbeitsrechts
durch Scheinverträge zulasten von AN verhindern.
26
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Europäische Gemeinschaft „EU“
• Grundgesetz:
•
•
Staatsziel,
Art. 23: Vereinigtes Europa
Hoheitsrechte , Art. 24: Auf zwischenstaatliche Einrichtungen
•
•
Wahl durch alle EU- Bürger
Rechtsetzungen durch:
• Europäisches Parlament:
–
–
Rechtsverordnungen: Unmittelbare Bindung
Richtlinien: Auftrag an nationale Gesetzgeber zur Umsetzung
• Europäische Kommission:
– Executive – wie Regierung
– Alleiniges Initiativrecht im Gesetzgebungsverfahren
• Europäischer Gerichtshof EuGH, Luxemburg: Anrufung nur
durch nationale Obergerichte
• Arbeitnehmer- Freizügigkeit: Jeder Unionsbürger kann in
jedem Mitgliedsstaat eine Beschäftigung aufnehmen
und ausüben: Willkommens- und Integrationskultur
27
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Arbeitsrecht Europäische Union
• Arbeitnehmerfreizügigkeit: Mobilität
• Gleichbehandlung, Diskriminierungsverbot:
– EU Länder, Männer/Frauen, Alter, Behinderung u.a
– Unmittelbar & mittelbar
• Mindest- Arbeitsbedingungen:
– Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, z.B. 20 Tage Urlaub
– Befristete Beschäftigungsverträge
– Entsendung von Arbeitnehmern
• Sicherheit & Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz: Verbesserungen Arbeitsunfälle + Berufskrankheiten
28
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Arbeitsrecht Europäische Union
• EU-Politik darauf ausgerichtet
– hohe Beschäftigungsraten und starken
Sozialschutz zu erreichen,
– die Lebens- + Arbeitsbedingungen zu verbessern,
– den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten
• Ziele:
– Sozialen Fortschritt zu fördern und
– Lebens- + Beschäftigungsbedingungen zu
verbessern
29
Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Europäischer Gerichtshof Luxemburg
• Zuständig: Für Auslegung nationalen Rechts
nach übergeordnetem Europäischen Recht
• Vorabentscheidungsersuchen: Hat ein Gericht
Zweifel hinsichtlich Auslegung oder Gültigkeit einer
nationalen Rechtsnorm, kann es den EuGH anrufen.
• Zu Urlaubsansprüchen gegen BAG :
– 20.01.2009: Bei langfristiger Erkrankung verfällt
Urlaub nicht am Jahresende (Schultz – Hoff)
– 12.06.2015: Urlaubsansprüche sind auch nach
dem Tod des AN – an die Erben – abzugelten
BAG 12.03.2013 - 9 AZR 532/11
30
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Rechtsbeziehungen
Privater
• Bürgerliches Gesetzbuch BGB
• Handelsgesetzbuch HBG
31
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Rechtsbeziehungen Privater
• Subjekte: Inhaber von Rechten
– Natürliche Personen
– Personengesellschaften: GbR, OHG, KG
– Juristische Personen: GmbH, Aktiengesellschaft
• Objekte: Gegenstand von Rechten
– Absolute Rechte: Abwehransprüche gegen jedermann
• Körper & Gesundheit, Eigentum, Besitz, Urheberrechte
– Relative Rechte: Ansprüche (nur) gegen Vertragspartner
• Verträge: Begründen Ansprüche
– Vertragsfreiheit: Abschluss- und Gestaltungsfreiheit
– Durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen
– Vertragstypen mit standardisierten Regelungen
32
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Träger von Rechten, Arbeitgeber
• Natürliche Person
– Rechtsfähigkeit mit Geburt
– eingetragener Kaufmann e.K.
• Juristische Personen
§ 1 BGB
§ 2 HGB
Vertretung durch
– Eingetragener Verein, § 21 BGB Vorstand
– Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH
+ Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Geschäftsführer
– Aktiengesellschaft AktienG
Vorstand
– Stiftungen, Genossenschaft
Vorstand
Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Handelsregister
• Gewerkschaften: Rechtsfähigkeit aus Art.9 II GG
Ohne Eintragung in ein staatliches Register
33
Arbeitsrecht im Betrieb
2G
Personengesellschaften
Vertretung durch
• Gesellschaft bürgerlichen Rechts, § 705 BGB
• Gemeinsamer Zweck: beliebig
alle Gesellschafter zusammen
• Handelsgesellschaften:
• Offene Handelsgesellschaft OHG § 105 HGB
Gemeinsamer Zweck: Betrieb eines Handelsgewerbes
jeden Gesellschafter allein
• Kommanditgesellschaft
KG
§ 161 HGB
den Komplementär
• Sonderform: GmbH & Co KG
den Geschäftsführer der GmbH
34
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Absolute Rechte = Geschützt
gegen jeden
1. Besitz, § 854 BGB =
Tatsächliche Gewalt über eine Sache
2. Eigentum = Umfassende Herrschaft
§ 929 Übertragung durch Einigung + Übergabe
§ 985 Herausgabeanspruch gegen den Besitzer,
z.B. Arbeitsmittel + Geschäftsunterlagen
nach Ende des Arbeitsverhältnisses
§ 1004 Unterlassungsanspruch gegen Störer
• z.B. Streikaufruf des Betriebsrats über Intranet
3. Leben und Gesundheit, § 823 BGB
35
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Immaterielle absolute Rechte:
• Urheberrechte: Jedes Werk der Kunst
– Bücher, Film, Fotografie, Musik, Baukunst, usw.
– Grds. auch im „world wide web“
Durch Eintragung beim Deutschen Patentamt
• Patent: PatentG & ArbeitnehmererfindungsG
– Neu & Erfindungshöhe: Beträchtlicher Fortschritt
– Nutzungsrecht durch Lizenzvertrag
• Gebrauchsmuster GebrauchsmusterG
– Geringere Anforderungen an Fortschritt
• Marke: MarkenG Wort- oder Bildmarke
• Eingetragenes Design DesignG
36
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Relative Rechte: Ansprüche
A
B
§ 433 BGB
Verkäufer
Käufer
Kaufpreis
Gegenstand
37
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Vertragstypen des BGB
§ 433 Kaufvertrag
§ 516 Schenkung
§ 491 Darlehen
Gegenstand gegen Kaufpreis
Übertragung unentgeltlich
Rückgabe vertretbarer Sachen
Arbeitgeberdarlehen
§ 535 Miete, Pacht, Leihe
Rückgabe derselben Sache
§ 576 Werkmietwohnungen
§ 611 Dienstvertrag Dienste gegen Vergütung
Grundform des Arbeitsvertrages
§ 631
§ 662
§ 765
§ 779
38
Werkvertrag
Werk= Erfolg gegen Werklohn
Auftrag, Geschäftsbesorgung
Bürgschaft
Einstehen für fremde Schuld
Vergleich
Ungewissheit +
gegenseitiges Entgegenkommen
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Vertragsschluss durch zwei
übereinstimmende Willenserklärungen :
§ 145 Angebot muss unter Anwesenden
sofort angenommen werden
§ 147 Annahme: Akzeptieren ohne Änderung
Auslegung:
1. Willenserklärungen, § 133: Nach Empfängerhorizont
2. Verträge, § 157 : - Wortlaut nach Treu und Glauben
- mit Rücksicht auf die Verkehrssitte
Abstraktionsprinzip: Zu unterscheiden sind
1. schuldrechtlich: Verpflichtungsgeschäft
2. dinglich:
Verfügung = Eigentumsübertragung
39
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Willenserklärungen Wirksamkeit
§ 104 Geschäftsfähigkeit
- ab 18 Jahre
- außer dauernder Geschäftsunfähigkeit
§ 106 Beschränkte Geschäftsfähigkeit 7–17 Jahre
Vertragsschluss wirksam nur mit
§ 107 Einwilligung
oder
§ 108 Genehmigung der gesetzlichen Vertreter
§ 113 Ermächtigung zu Arbeitsverhältnissen:
Für Rechtsgeschäfte zur Eingehung /Aufhebung
unbeschränkt geschäftsfähig
Berufsausbildung: Siehe §§ 10, 11 BBiG
Jugendarbeitsschutzgesetz: Zulässig erst ab 15. Lebensjahr
40
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Willenserklärungen & Verträge:
Grundsatz Formfreiheit–Ausnahmen:
§ 126 Schriftform Urkunde mit Namensunterschrift
a) § 623 Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch
- Kündigung -Aufhebungsvertrag
b)Tarifvertrag,
§ 1 Abs. 2 TVG
c) Betriebsvereinbarung, § 77 Abs. 2 BetrVG
§ 127 Vereinbarte Form, in Arbeitsvertrag:
a) Schriftform für Änderung
b) Doppelte Schriftform: Auch für Verzicht
auf Schriftformerfordernis
§ 128 Notariell: Übertragung Grundstücke, GmbH - Anteile
§125 Folge bei Formmangel: Nichtigkeit
41
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Kündigungserklärung, schriftlich:
• Auslegung, § 133 BGB:
– Nicht notwendig Wort „Kündigung“, jedoch
– Wille zur Beendigung des Vertrages erkennbar
• Wirksamwerden mit Zugang, § 130 BGB:
– Unter Abwesenden: Empfänger hat normalerweise
die Möglichkeit zur Kenntnisnahme:
• Einwurf in Briefkasten: Vormittags bis 12:00 Uhr
• Übliche Zeit der Postzustellung
BAG 22.3.2012– 2 AZR 224/11
– Nachweis:
• Deutsche Post:
• Bote
= Zeuge
42
Einschreiben / mit Rückschein
Einwurf in Briefkasten oder
persönliche Übergabe
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Verträge: Unwirksamkeitsgründe
§ 134 Gesetzliches Verbot:
- Einseitiges Verbotsgesetz, BGH 2013: Handwerkervertrag
Verstoß SchwarzarbeiterG: Vorsätzlicher Verstoß Unternehmer,
den Besteller kennt und bewusst zu eigenem Vorteil ausnutzt
- Arbeitsrecht: Auch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung
§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft: Wucher
- Auffälliges Missverhältnis Leistung + Gegenleistung
-- grds. doppelter Marktpreis, z.B. Zinsen 12% statt 6 %
-- Lohn: Weniger als 2/3 des tariflichen / üblichen Entgeltes
- Zwangslage, Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen
oder erhebliche Willensschwäche
- Ausbeutung der Schwächung, indiziert durch Missverhältnis
BAG 22.04.2009 - 5 AZR436/08
43
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Anfechtung Willenserklärungen wegen
§119 BGB Irrtums über
Abs. 1
Abs. 2
§ 121
Abgabe oder Inhalt der Erklärung:
auch Aufhebungsvertrag, Kündigung
Eine verkehrswesentliche Eigenschaft,
- Schwerbehinderung:
Nein
- Approbation des angestellten Arztes: Ja
Anfechtungsfrist: unverzüglich =
» Ohne schuldhaftes Zögern“
§123 BGB Täuschung, falsche Angaben in Bewerbung
oder Drohung mit empfindlichen Übel
§ 124
§ 142
44
Anfechtungsfrist: 1 Jahr
Wirkung: Unwirksam von Anfang an
Arbeitsrecht im Betrieb
2
(Stell-) Vertretung, §§ 164 ff BGB
§ 164 Abgabe einer
Prüfungsschema:
eigenen Willenserklärungen
für einen anderen
mit Vertretungsmacht
Wirkung unmittelbar für den Vertretenen
§ 174 Kündigung (einseitiges Rechtsgeschäft)
durch Vertreter: Unwirksam, wenn
- Erklärender keine Vollmacht vorgelegt
- Empfänger „unverzüglich“ zurückweist
(§ 121 „unverzüglich“ = ohne schuldhaftes
Zögern BAG: Binnen 1 Woche)
45
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Vollmacht
• Rechtsgeschäftlich:
– formfrei, zu Beweiszwecken: schriftlich
– Duldungs- und Anscheinsvollmacht
• Gesetzliche:
–
–
–
–
Geschäftsführer für GmbH, § 35 GmbHG
Vorstand für Verein und Aktiengesellschaft
Komplementär für KG, §§ 125, 164 HGB
Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes
• Gesetzlich normiert:
– Prokura, § 49 HGB – Anmeldung Handelsregister
– Handlungsvollmacht, § 54 HGB
– Ladenangestellter, § 56 HGB
46
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Treu und Glauben, § 242 BGB
• Neben vertragliche Leistungspflichten bestehen
– Mitwirkungs-, Schutz- + Aufklärungspflichten
• Unzulässige Rechtsausübung:
Kleiner Kündigungsschutz - außerhalb KSchG
– Versprechen, offensichtlich willkürlich oder zur Unzeit
– in ehrverletzender Form oder
– Diskriminierend, insbes. Verstoß gegen AGG, trotz § 2 IV
• Verwirkung von Ansprüchen:
– Erheblicher Zeitablauf, nicht bei kurzer Verjährung
– Umstandsmoment = Vertrauenstatbestand aus Verhalten
• Rechtsmissbrauch: Bei
– Sachgrundbefristungen
– Arbeitnehmerüberlassung
– Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang, § 613 a VI BGB
47
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Leistungsstörungen: Verzug
Leistungsverzug:
z.B. AG mit Lohnzahlung
§ 286 Abs. 1 Fällige Forderung und Mahnung
oder
Abs. 2 Fälligkeit kalendermäßig bestimmt
Folge: Schadensersatz + § 288 Zinsen
Annahmeverzug:
des Arbeitgebers
§ 294 Grundsätzlich: Arbeitnehmer muss seine Arbeit
so wie geschuldet tatsächlich anbieten
§ 242 Ein Angebot ist entbehrlich, wenn Arbeitgeber
sich auf das fehlende Angebot nicht berufen
kann, z.B. nach Hausverbot, Kündigung usw.
Folge § 615 BGB: Verzugslohn ohne Arbeit geschuldet
48
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Annahmeverzug des AG:
§ 294 BGB Tatbestands- Voraussetzungen:
- AN - Angebot der Arbeitsleistung:
- Wie geschuldet: Am rechten Ort + Zeit
- Entbehrlich, wenn AG bereits abgelehnt hat,
insbes. a.o. Kündigung, Freistellung
- Leistungswille und –fähigkeit des AN
- Nichtannahme durch AG
§ 615 BGB + Betriebsrisiko:
– Keine Nachleistungspflicht
– Anrechnung
• ersparter Aufwendungen
• anderweitiger Verdienst, auch böswillig unterlassen
49
Arbeitsrecht im Betrieb
Einreden:
• Verjährung,
2
Berücksichtigung nur, wenn
vom Schuldner erhoben:
§§ 194, 199 I, 214
– Jedes relative Recht,
z.B. Lohnanspruch
– Frist: Jahresende + 3 Jahre, aus 2013 am 31.12.2016
• Zurückbehaltungsrecht, § 273 BGB:
– Schuldner hat selbst einen fälligen Anspruch
– gegen den Gläubiger
– aus dem selben rechtlichen Verhältnis
Folge: Schuldner kann eigene Leistung verweigern
Arbeitsverweigerung Arbeitnehmer, § 273 BGB:
- Nur, wenn Lohnrückstand erheblich, und zwar
- sowohl nach Höhe als auch nach Dauer
50
Arbeitsrecht im Betrieb
2
Einwendungen:
Untergang von Ansprüchen durch
• § 362
• § 387
• § 397
Erfüllung, insbes. Zahlung
Aufrechnung mit Gegenforderung
Erlass bzw. Verzicht
– z.B. Ausgleichsquittung , Klageverzicht
– bei Beendigung des Arbeitsvertrages
• Insolvenz:
Restschuldbefreiung
• Arbeitsrecht: Verfallklausel = Anspruch
schriftlich geltend machen, Frist für
– Tarifvertrag:
Grds. 2 Monaten
– Arbeitsvertrag: BAG mindestens 3 Monate
51
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Geschuldete Arbeitszeit
Frau AT ist seit 2006 bei der I GmbH als Angestellte
beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag erhält AT „für
die Erfüllung ihrer Aufgaben“ ein Jahresgehalt von
95.000 € brutto, sowie eine vom Unternehmenserfolg abhängige Tantieme. Mit Schreiben vom
10.11.2010 forderte I dazu auf, täglich mindestens
7,6 Stunden zu arbeiten und eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten. Im Dezember 2010
arbeitet AT insgesamt 19,8 Stunden, vom 1. bis 19.
Januar 2011 insgesamt 5,51 Stunden.
AT meint, das Maß ihrer Arbeitsleistung sei die
geschuldete Arbeitsleistung. Sie erhebt Klage zum
Arbeitsgericht auf Feststellung, dass sie nicht zur
Ableistung von 38 Stunden wöchentlich verpflichtet
ist. Mit Erfolg?
BAG 15.05.2013 – 10 AZR 325/12
52
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Geschuldeten Arbeitszeit bei
Fehlen ausdrücklicher Vereinbarung
Der Arbeitsvertrag enthält keine nähere Bezifferung des Umfangs der Arbeitszeit.
Dann ist anzunehmen, dass die Parteien die
betriebsübliche Arbeitszeit vereinbaren wollen.
Dies entspricht dem Vertragswillen verständiger
und redlicher Vertragspartner. Ein Vollzeitarbeitnehmer muss mangels anderer Anhaltspunkte
davon ausgehen, dass er in gleichem Umfange
wie andere Vollzeitarbeitnehmer zur Arbeit
verpflichtet ist, §§ 133, 157 BGB.
Ergebnis: AT ist verpflichtet, die übliche Arbeitszeit
für Vollzeitarbeitskräfte einzuhalten.
53
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Sprachunkundiger Arbeitnehmer
P ist Portugiese mit Wohnsitz in Portugal und der deutschen Sprache nicht mächtig. Nach auf portugiesisch
geführten Verhandlungen stellte ihn Spedition H 2009
als Kraftfahrer im internationalen Transport für monatlich 900 € brutto ein. Beide Parteien unterzeichneten
einen Arbeitsvertrag in deutscher Sprache, der in § 12
beiderseitige Ausschlussfristen enthält: 3 Monate zur
schriftlichen Geltendmachung, bei Ablehnung/ Nichterklärung 2 Monate zur gerichtlichen Geltendmachung. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.3.2011
macht P mit Schreiben vom 13.4.2011 das Entgelt für
Dezember 2010 geltend und reicht am 12.05.2011
Klage ein. Mit Erfolg? BAG 19.03.2014 – 5 AZR 252/12
54
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Sprachunkundiger Arbeitnehmer
1. Vertragsschluss:
1. Arbeitsvertragsangebot & Zugang, § 130 Abs. 1
BGB: Auslegung objektiver Inhalt
2. Annahme durch P, auch wenn nicht verstanden
3. Ausschlussfrist § 12
2. Wirksamkeit:
1. Allgemeine Geschäftsbedingung, § 305 Abs. 2
2. Eingeschränkte Kontrolle im Arbeitsrecht, § 10
Abs. 4 S. 2
3. Überraschende Klausel § 305 c Abs. 1: Die Vereinbarung von Verfallklauseln entspricht einer
weitverbreiteten Übung im Arbeitsleben,
Mindestfrist Arbeitsvertrag BAG: 3 Monate.
55
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Verzicht auf Kündigungsschutzkage
A ist seit 2006 bei der InduService GmbH (über 10 MA)
als Bauwerker beschäftigt. Nach einem Arbeitsunfall
am 30.09.2009 mit langer Erkrankung und Rehabili tation kündigt die GmbH am 26.04.2011 das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2011. A unterzeichnet unter der
Überschrift „Arbeitspapiere“ eine Ausgleichsquittung
über den Empfang von Arbeitspapieren und – ganz
am Ende - einen Verzicht auf Kündigungsschutzklage.
A erhebt gleichwohl Kündigungsschutzklage und
bestreitet, die Ausgleichsquittung unterzeichnet zu
haben.
Kann die Klage Erfolg haben?
BAG 25.09.2014 – 2 AZR 788/13
56
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Verzicht Kündigungsschutzklage
1. Verzicht ist Vertrag
2. Allgemeine Geschäftsbedingung, § 305 BGB:
1. Begriff, Abs. 1 BGB: Für mehrere Verwendungen
vorformuliert
2. Einbeziehung, Abs. 2: Hinweis und Möglichkeit
zur Kenntnisnahme
3. Wirksamkeit:
1. Transparenz, § 305 c Abs. 1: Klausel versteckt =
überraschend
2. Keine Gegenleistung an Arbeitnehmer, § 10
Abs. 4 S. 2
57
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Anspruch auf Tantieme
Herr J war bis zum 30.6.2011 für die Firma A als
„Leiter IT“ tätig. Sein Arbeitsvertrag vom 22.12.
1995 enthält folgende Vergütungsvereinbarung:
„J erhält ein Bruttogehalt von 120.000 DM p.a.,
das in 12 monatlichen Teilbeträgen ausgezahlt
wird. Bei erfolgreicher Zusammenarbeit im 1. Jahr
zahlt A zusätzlich eine Tantieme von 10.0000 DM.“
A zahlte jährlich eine Tantieme, in den Jahren
2004 bis 2006 erhielt J jeweils 34.103 €.
J verlangt für die Jahre 2007 bis 2010 Tantiemen in
gleicher Höhe. Zurecht? BAG 17.04.2013 - 10 AZR 251/12
58
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Annahmeverzug
S nimmt als Sicherheitsmitarbeiter am Flughafen AirFurt
Sicherungsaufgaben nach dem Luftsicherheitsgesetz
als Beliehener der Luftsicherheitsbehörde wahr. Nachdem eine Kollegin S beschuldigt hatte, er habe gegen
Geldzahlung die Mitnahme von Flüssigkeiten im Flugzeug erlaubt, wies die Polizei Airfurt AG an, S vorläufig
nicht mehr zu beschäftigen. AG suspendiert S und
zahlt an ihn auch nach Arbeitskraftangebot keine
Vergütung. Als sich die gegen S erhobenen Vorwürfe
als haltlos erweisen, hebt die Polizei das Einsatzverbot
auf.
S beansprucht für den Ausfall Verzugslohn. Mit Erfolg?
LAG Berlin – Brandenburg 29.10.2014 – 17 SA 285/14
59
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Annahmeverzug
Die AirFurt AG zur Zahlung einer Annahmeverzugsvergütung ververpflichtet. Die unternehmerische Tätigkeit
der AirFurt AG bringt es mit sich, dass ihre Sicherheitsmitarbeiter einer behördlichen Aufsicht unterliegen. Es
gehöre daher zum unternehmerischen Risiko, dass die
Polizei einen Mitarbeiter auf seine Zuverlässigkeit
überprüfen will und seinen Einsatz bis zu den Abschluss
untersagt. Dies gilt jedenfalls wenn der Arbeitnehmer
nichts zu dem Anlass der Untersuchung beigetragen
hat und sich die behördliche Anordnung auch nicht
an ihn richtet. Untersagt die Behörde dem Arbeitnehmer die Tätigkeit, entfällt der Vergütungsanspruch.
60
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Anspruch auf Tantieme
1. Schriftlicher Arbeitsvertrag: Nur für 1. Jahr
2. Betriebliche Übung:
a) Wiederholte, mindestens 3- malige Zahlung ohne
Freiwilligkeitsvorbehalt
b) Enthält kollektives Element: Bezieht sich auf eine
Vielzahl oder zumindest eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle
Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen
gestalten.
3. Ergebnis: Zurückverweisung zur Aufklärung:
a) Individueller Tantiemeanspruch kann durch eine
schlüssige/konkludente Abrede entstanden sein,
b) über deren Höhe der Arbeitgeber nach billigem
Ermessen zu entscheiden hat, § 315 BGB
61
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Schwangere Schwangerschaftsvertretung
Frau F schließt mit der S – AG einen auf 2 Jahre befristeten Arbeitsvertrag als Schwangerschaftsvertretung. Einen Monat nach Beschäftigungsbeginn setzt
F die S- AG in Kenntnis, dass sie schwanger ist und in
wenigen Monaten ein Kind gebären wird.
Die S-AG ficht den Arbeitsvertrag wegen arglistiger
Täuschung an. F sei ihre Schwangerschaft bei
Abschluss des Arbeitsvertrages bekannt gewesen.
Sie hätte niemals eine Schwangere als Schwangerschaftsvertretung eingestellt.
Besteht das Arbeitsverhältnis fort?
LAG Köln 11.10.2012 - 6 Sa 641/12
62
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Schwangere Schwangerschaftsvertretung
1. Kündigung: Keine Zustimmung, § 9 I MuSchuG
2. Anfechtung wg. verschwiegener Schwangerschaft
1. Verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2 BGB
2. Täuschung mit Arglist, § 123 BGB:
1.
2.
3.
Verschwiegen: Schweigerecht o. Offenbarungspflicht?
Frage S-AG: Recht zu lügen? Auf unzulässige Frage!
Rechtliche Wertung des Grundgesetz und AGG:
Schwangere Frauen würden durch eine Offenbarungspflicht wegen ihres Geschlechtes diskriminiert.
BAG 06.02.2003 - 2 AZR 621/01
Ergebnis: Kein Anfechtungsgrund,
das Arbeitsverhältnis besteht fort.
63
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Insich- (Vertrag-)Geschäft
G ist Geschäftsführer der Hochbau GmbH. Anlässlich
der Auslieferung seines neuen Dienstwagens möchte
er seinen bisherigen Dienstwagen für seinen Sohn
erwerben, der demnächst 18 Jahre alt wird und
bereits seinen Führerschein macht. Als er den schriftlichen Kaufvertrag aufsetzt, kommen ihm Bedenken.
Abwandlung:
G ist verwitwet. Die Hochbau GmbH soll mit seinem
Sohn einen Ausbildungsvertrag abschließen.
64
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Insich- (Vertrag-)Geschäft
Ein Vertrag kommt zustande, wenn sich Verkäufer und
Käufer über Gegenstand und Preis einig werden.
Die GmbH wird von ihrem Geschäftsführer vertreten.
Fraglich ist, ob der Geschäftsführer die GmbH auch
bei einem Vertrag mit sich selbst vertreten kann.
§ 181 BGB: Satzung und Eintragung ins Handelsregister
• Abwandlung:
Fraglich ist, ob der Geschäftsführer bei einem
Vertragsschluss gleichzeitig die GmbH und seinen
Sohn vertreten kann.
65
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
• Unterzeichnung der Kündigung weder
– durch offenkundig Bevollmächtigten des
Arbeitgebers
( insbes.
Geschäftsführer, Leiter Personalabteilung)
– noch Vorlage einer Vollmacht
• Folgen, § 174 BGB:
– Empfänger kann Kündigung binnen einer
Woche zurückweisen.
– Kündigung ist dann unwirksam, keine
Heilung oder Genehmigung
• Neue Kündigung erforderlich,
• die Arbeitsverhältnis erst später beendet.
• Solange ist Arbeitgeber in Annahmeverzug
66
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Kündigung durch Vertreter
Wer muss einer von ihm unterschriebenen Kündigung
seine schriftliche Vollmacht beifügen?
1. Abteilungsleiter Rechnungswesen GmbH
Ja
2. Filialleiter einer Einzelhandelskette
Ja
3. Kaufmännischer Leiter einer GmbH & Co KG Nein
4. Personalleiter einer GmbH
Nein
5. Prokurist?
ppa. § 54 HGB
Nein
6. Geschäftsführer einer GmbH? Organ, bei
nein
bei mehreren grds. Gesamtvertretung, dann alle
7. Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts?
Grds. alle Gesellschafter
67
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Personalleiter & Gesamtprokurist
Die Kündigung wird vom Personalleiter allein
unterzeichnet. Der Personalleiter ist Prokurist,
aber nur zusammen mit einem Geschäftsführer oder anderen Prokuristen zusammen
unterschriftsberechtigt.
Vertretungsmacht sowohl als
1. Prokurist, § 49 HGB: Zusätzliche Unterschrift
fehlt
2. Personalleiter: Kündigungsberechtigung
unabhängig von zusätzlich erteilter Prokura
BAG 25.09.2014 – 2 AZR 567/13
68
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Kündigung unter einer Bedingung:
• „Wir kündigen fristgerecht zum 28.02.2015, falls Sie nicht
bereit sind, ab dem 09.12.2013 zu folgenden anderen
Bedingungen weiterzuarbeiten…..“
• Kündigung bedingungsfeindlich: Bei Gestaltungsrecht kann
Erklärungsempfänger keine Ungewissheit / Schwebezustand
zugemutet werden. Die bedingte Kündigung ist unwirksam.
• Unbedenklich sind nur:
– Rechtsbedingungen,
• "außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.“
Die außerordentliche wird unbedingt, die ordentliche
Kündigung unter der Bedingung ausgesprochen, dass
die außerordentliche unwirksam ist.
– Potestativ- Bedingung: Hängt vom Willen des Erklärungsempfängers ab /versetzen ihn nicht in eine ungewisse Lage
• z.B. Änderungskündigung bei gleichzeitigem Angebot
der Fortsetzung des Vertrages zu geänderten Bedingungen, die Erklärungsempfänger annehmen kann
69
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Anfechtung: Eigenkündigung
+ Aufhebungsvertrag
1. § 119 Abs. 1 BGB:
a) Erklärungsirrtum: Abgabe einer Erklärung
b) Inhaltsirrtum, z.B. bloße Entschuldigung gemeint
2. § 123 BGB: Drohung AG mit fristloser Kündigung
ist nur dann ein empfindliches Übel, wenn verständiger
Arbeitgeber a.o. Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung
ziehen durfte
BAG 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06
3. Unbeachtlich:
a) Irrtümer über Rechtsfolgen, z.B. steuer- und sozialversicherungsrechtliche, z.B. Sperrzeit
b) Unkenntnis Sonderkündigungsschutz
70
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Verwirkte Schwerbehinderung
Die G- AG beschäftigt seit dem 29.08.1989 Frau A in
ihrem Betriebsteil in K bei der Herstellung von Gummidichtungen für die Automobilindustrie.
Mit Schreiben vom 29.11.2006 kündigte die G-AG A
zum 30.6.2007, weil sie die Produktion K schließt und
teilweise nach Ungarn verlagert. A erhebt 15.12.2006
Kündigungsschutzklage. Den Gütetermin 23.1.2008
nimmt A selbst wahr. Dann beauftragt sie Rechtsanwalt R, der mit fristgerechtem Schriftsatz vom 2.03.2008
geltend macht, A sei gem. Bescheid des Versorgungsamtes vom 31.9.1988 zu 50 % schwerbehindert. Im
Kammertermin 4.5.2008 macht die G-AG geltend, ihr
sei die Schwerbehinderung erst durch den Schriftsatz
vom 02.03.2008 bekannt geworden.
Hat A mit ihrer Klage Erfolg?
BAG 09.06.2011 – 2 AZR 703/09 und 23.02.2010 – 2 AZR 659/08
71
Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Verwirkte Schwerbehinderung
1. Kündigungsschutz Schwerbehinderte, § 85 SGB
IX: Kündigung nur mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle = Landschaftsverband Rheinland
: Lag nicht vor.
2. Berufen auf Schwerbehinderung: Grundsätzlich
unabhängig von Kenntnis des Arbeitgebers.
3. Verwirkung: Kennt der AG bei Ausspruch der
Kündigung die Schwerbehinderung nicht, muss
der Arbeitnehmer ihn binnen 3 Wochen
informieren. Danach kann AN sich auf den
Kündigungsschutz nicht mehr berufen.
72
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Dienstverträge &
Arbeitsverhältnisse
73
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Dienst- und Arbeitsvertrag
• (Freier) Dienstvertrag , §§ 611 ff BGB
• Dienste jeder Art gegen vereinbarte Vergütung
• Grund- und Auffangtatbestand auch für den
• Arbeitsvertrag: Arbeitnehmerbegriff
– Durch privatrechtlichen Vertrag
– Arbeit als Eingliederung in Betrieb des AG &
Weisungsgebundenheit, § 106 GewO
– Soziale Abhängigkeit: Lebensunterhalt des AN
Konflikte zwischen Vertragsfreiheit + zwingendem
Arbeitsrecht =Arbeitnehmerschutz durch Gesetze
74
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Arbeitsverhältnis Zivilrecht,
Grundlage §§ 611 ff BGB:
Arbeitsverträge:
• Vertragsfreiheit: Angebot + Annahme
• Schlüssig: Zuweisung Arbeitsplatz= Eingliederung
• Formfrei:
Nachweisgesetz:
– AG muss vorunterzeichneten Entwurf vorlegen
– Wirkung: Deklaratorisch, Gegenbeweis möglich
Einfühlungsarbeitsverhältnis:
- Bloßes Beobachten der Arbeit, Ausprobieren
- Ohne Eingliederung in Arbeitsabläufe
- Maximal 3 - 5 Tage
75
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Dienst- und Arbeitsvertrag
• Vergütung, § 612 BGB:
• Ob:
Gilt als stillschweigend vereinbart =
Fiktion, wenn Vergütung üblich
• Höhe: Übliche Vergütung, insbes. Tarifvertrag
• Weihnachtsgeld: Prämie für zukünftige Betriebstreue?
• Vereinbarter Lohn:
• Grds. brutto geschuldet
• Nettolohnvereinbarung:
– Nur bei ausdrücklicher Vereinbarung der Parteien
– Nicht aus § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV
BAG 21.09.2011 - 5 AZR 629/10
• Tantieme nach Ertragslage & individueller Leistung:
– Leistungsbestimmung durch Arbeitgeber, § 315 BGB
76
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Vorleistungspflicht Arbeitnehmer
• Vergütung nach Leistung der Dienste, § 614:
• Ohne Arbeit grds. kein Lohn
• Fälligkeit am Monatsende
• Annahmeverzug des Arbeitgebers, § 615 :
• Tatsächliches Arbeitsangebot des AN, § 294:
– Zur rechten Zeit am rechten (Arbeits-) Ort
– Arbeitsleistung angeboten
– Auch bei regelmäßiger Arbeitszeit erforderlich
BAG 18.04.2012 – 5 AZR 248/11
• Ausnahmsweise genügt wörtliches Angebot:
– Ablehnungserklärung / Kündigung des AG
– Mitwirkungshandlung AG erforderlich,
Unzumutbarkeit für AN
77
Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“
Ausnahmen:
BGB
• Annahmeverzug des Arbeitgebers
• Kündigung oder Freistellung durch AG =
§§ 293, 295, 615
als Verzicht auf Arbeitsangebot des AN
§ 297
• Zurückbehaltungsrecht
§ 273
• Lohnanspruch Arbeitnehmer: Nach Höhe + Zeit erheblich
• Kein AG- Schutz gegen Belästigung
§ 14 AGG
• Entgeltfortzahlung,
EntgFG
• an gesetzlichen Feiertagen
§2
• bei Krankheit mit (Teil-) Arbeitsunfähigkeit § 3
• Urlaub:
• 4 Wochen, bei 6- Tage- Woche 24 Tage, § 3 BUrlG
• 5 Tage
Schwerbehindertenurlaub,
§ 125 SGB IX
• Arbeitsvertragliche o. tarifliche Regelung: Häufig 30 Tage
78
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Maßregelungsverbot, § 612 a:
• Arbeitnehmer
• übt seine Rechte zulässig aus
– Auslegung: Nicht nur aus Arbeitsvertrag
• Benachteiligende Maßnahme, z.B.
– Kündigung, Abmahnung
– Beschäftigung mit sinnlosen Arbeiten
• des Arbeitgebers = AG – Funktion: Auch
Entleiher bei Arbeitnehmerüberlassung
• Rechtsfolge: Maßnahme unwirksam
79
Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Betriebsübergang, § 613 a BGB
• Durch Rechtsgeschäft: Verkauf, Erbgang
• Übergang von Betriebsmitteln:
• Produktionsbetrieb: Sächliche Betriebsmittel
• Handel + Dienstleistung = Betriebsmittelarm:
Übernahme der identitätsprägenden Sachkunde
• Nicht bloße Funktions- Nachfolge
• Übernahme und wesentliche Beibehaltung
des Wertschöpfungszusammenhangs:
•
•
•
•
80
Arbeitnehmer
Kunden – + Lieferantenbeziehungen
Telefon- Nummer, e-mail-Adresse
Betriebliche Tätigkeiten: Ähnlich + nicht unterbrochen
Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Rechtsfolgen § 613 a:
• Erwerber tritt in Arbeitsverhältnisse ein
• Veräußerer oder Erwerber: Unterrichtung
der Arbeitnehmer, Abs. 5
– in Textform, § 126 b über
– Umstände des Übergangs + Auswirkungen auf
Arbeitsplatz, gem. Z. 1- 4 , wenn
– unzureichend: Widerspruchsfrist beginnt nicht
bis zur zeitlichen Grenze der Verwirkung
• Widerspruchsrecht Arbeitnehmer, Abs. 6:
– Frist: 1 Monat
– Folge: Arbeitsverhältnis bleibt beim Veräußerer,
+ Veräußerer kündigt betriebsbedingt
81
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Weitere Rechtsfolgen § 613 a
• Kündigungsverbot, Abs. 4 S. 1: Wenn
Betriebsübergang für Kündigung ursächlich
• Kollektiv- Vereinbarungen gelten weiter:
– Tarifvertragsnormen + Betriebsvereinbarungen
mit Rechten + Pflichten Arbeitsvertragsparteien
– gelten als Inhalt des Arbeitsvertrages weiter +
– dürfen ein Jahr nicht zu Lasten der Arbeitnehmer geändert werden
Übergang der Anteile an GmbH / AG =
share deal:
Berührt Arbeitsverhältnis nicht
82
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Anwendungsfälle, § 613 a
• Unternehmensübernahme durch „Asset Deal“:
Übergang des Eigentums am wesentlichen
Betriebsvermögen auf neuen Rechtsträger
• Outsourcing, „outside recource using“:
– Ausgliederung von Aufgaben, die nicht zum
Kerngeschäft gehören
– Beispiele: Reinigungsdienst oder Kantinen
• Nicht: Bloßer Funktionsübergang ohne
– Wesentliche Teile der Belegschaft oder
– Identitätsprägende Betriebsmittel
• Bewachungsdienstleister: Betriebsmittelgeprägt,
wenn Gebrauch der Betriebsmittel durch
Auftraggeber vorgeschrieben ist BAG 23.05.2013 – 8
AZR 207/12
83
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Übertragung von Abteilungen
• § 613 a BGB: Betrieb oder Betriebsteil
• Betriebsteil: Identifizierbare wirtschaftliche und
organisatorische Teileinheiten eines Betriebes,
BAG 13. Oktober 2011 – 8 AZR 455/10
• beim früheren Betriebsinhaber,
• die beim Erwerber im Wesentlichen fortbesteht
• Betriebsteil muss auch beim neuen Inhaber
Mächtigkeit haben
• Übertragung in Stufen / Tranchen:
– Wesentlicher Teile der Belegschaft oder
– Übergang identitätsprägender Betriebsmittel
84
Arbeitsrecht im Betrieb
Vorübergehende
3
Verhinderung § 616
• AN ist für verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit
an der Dienstleistung gehindert: max. 5 Tage
• Durch in seiner Person liegenden Grund:
–
–
–
–
Subjektive, persönliche Leistungshindernisse
Arztgang, der während Arbeitszeit erforderlich ist
Familiäre Ereignisse (Hochzeit, Geburt, Begräbnis)
Pflege erkrankter naher Angehöriger, insbes. Kinder
• Ohne Verschulden
• Anrechnung anderer Bezüge
• Vertraglich abdingbar
85
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Arbeitgeber: Rechtsstellung
• Pflichten bzw. Obliegenheiten:
– Einrichtung des funktionsfähigen Arbeitsplatzes
– Zuweisung der Arbeit
• Fürsorgepflichten:
– Schutzmaßnahmen, § 618 BGB, unabdingbar, § 619
» Räume
Heizung, Hygiene ArbeitsstättenVO
» Gerätschaften Arbeitsschutz
Unfallverhütung UVV
– Nebenleistungs- und Schutzpflichten, § 242 BGB:
» Leben und Gesundheit der AN
» Eigentum und Vermögen des AN
» Schikane- und Mobbingverbot
• Weisungsrecht, § 106 GewO:
– Bestimmung von
– Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung
– nach billigem Ermessen
86
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Schadensersatz in Verträgen
§ 280 bei Pflichtverletzung
- Ersatz des kausalen Schadens
- Abs. 1 S. 2: Außer, wenn nicht zu vertreten
§ 276 Schuldner muss vertreten:
- Vorsatz: Wissen und Wollen oder
Inkaufnehmen des Erfolges
- Fahrlässigkeit, Abs. 2: Außerachtlassung
der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt
- Garantie oder Risikoübernahme
§ 278 Schuldner verantwortlich für seine
- gesetzlichen Vertreter (GmbH für Gf)
- Erfüllungsgehilfen = AG für Arbeitnehmer
87
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Haftung Arbeitnehmer: Privilegiert
§§ 280, 276, 619 a BGB:
• Früher: Schadensgeneigte Arbeit
• Schadensteilung mit Arbeitgeber nach Grad
des Verschuldens
– Leichte Fahrlässigkeit
: Arbeitgeber allein
– Mittlere Fahrlässigkeit
: Schadensteilung
– Grobe Fahrlässigkeit
: Arbeitnehmer allein
+ Vorsatz
• Mitverschulden des Arbeitgebers, § 254 BGB
• bei Teilnahme am Straßenverkehr: AN haftet
nur für Selbstbeteiligung in Kaskoversicherung
88
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Ersatzpflicht ohne Vertrag, § 823
• Verletzung
: Von Körper, Gesundheit,
Eigentum, Gewerbebetrieb usw.
• Rechtswidrig:
Keine Rechtfertigung, insbes. durch
Notwehr, Einwilligung, Streik
• Verschulden: Vorsatz oder Fahrlässigkeit
im Hinblick auf Handeln + Schaden
Psychische Erkrankung: Noch steuerungsfähig?
Folge: Schädiger schuldet Schadensersatz
•
• Haftung für Verrichtungsgehilfen, § 831 BGB:
– Deliktisch für den zur Verrichtung Bestellten,
– nicht wenn sorgfältig ausgewählt & überwacht
89
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Beendigung Arbeitsvertrag
Nur schriftlich, § 623 BGB:
• Kündigung (ordentlich /außerordentliche)
• Einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag
Stillschweigende Verlängerung, § 625
• Dienstverhältnis nach Beendigung fortgesetzt
mit Wissen des Arbeitgebers
• kein unverzüglicher Widerspruch
• Auslaufen Befristung: Arbeitsvertrag unbefristet
90
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Fristen ordentliche Kündigung, § 622
Abs. 1 4 Wochen zum 15. oder Ende
des Kalendermonats
Abs. 2 Verlängerung für Arbeitgeber S. 1
nach Dauer des Arbeitsverhältnisses:
- 2 Jahre: 1 Monat zum Monatsende
- 5 Jahre: 2 Monate zum Monatsende
……
- 20Jahre: 7 Monate zum Monatsende
S. 2 „Nichtberücksichtigung vor 25. Lebensj.“:
Wegen Verstoß gg. Europarecht unanwendbar!
91
Arbeitsrecht im Betrieb 3
Fristen ordentliche Kündigung, § 622
Abs. 3 In vereinbarter Probezeit: 2 Wochen
Abs. 4 Kürzere Fristen nur in Tarifvertrag
Abs. 5 Arbeitsvertragliche Verkürzungen:
- Einstellung zur vorübergehenden Aushilfe bis 3 Monate: Mindestfrist 1 Tag
- In Kleinbetrieben bis 20 AN:
Mindestfrist auch für AG nur 4 Wochen
Außerordentliche Kündigung aus wichtigem
Grund, § 626 Abs. 1 BGB: Sofortige Beendigung,
wenn Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar.
Eine Kündigung "zum nächsten möglichen Termin" ist
nicht zu unbestimmt.
BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11
92
Arbeitsrecht im Betrieb
93
3S
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Fall: Verzugslohn während Pausen
• Ruhepausen, § 4 ArbZG:
• Anfang + Ende der Unterbrechung müssen
• zu Beginn der Arbeit / Pause feststehen
• Arbeitgeber: Weder Zuweisung noch Annahme von
Arbeit
• Arbeitnehmer: Kann keine Arbeit erbringen
• Anordnung der Pause durch AG:
• Weisungsrecht nach billigem Ermessen,§ 106 GewO
• Mitbestimmung Betriebsrat, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG
• Annahmeverzug des Arbeitgebers nur bei
– tatsächlichem Arbeitsangebot während der Pause
– zumindest wörtliches Angebot: AN muss zumindest
gegen Pause protestieren
BAG 25.02.2015 – 1 AZR 642/13 + 1 AZR 706/13
94
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Fall: Pflichtteil von Stiefmutter
Der 72-jährige Vater stellt am 03.05.2011
seine 48-jährige Tochter T in seiner GmbH
mit bislang 9 Mitarbeitern als Bürokauffrau
ein. Weitere Geschäftsführerin ist seine 2.
Ehefrau. Am 05.01.2012 verstirbt der Vater
plötzlich und unerwartet. Er hat die 2. Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt. Als T ihren
Pflichtteilsanspruch, § 2303 BGB, durch
Rechtsanwalt erhebt, kündigt Geschäftsführerin mit Schreiben vom 10.02.2012
ordentlich zum 15.03.2012.
Hat die Kündigungsschutzklage der Tochter
vor dem Arbeitsgericht Aussicht auf Erfolg?
95
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Lösung: Pflichtteil von Stiefmutter
1. Kündigungsschutzgesetz: Nicht anwendbar, da
nicht mehr als 10 Mitarbeiter, § 23 I 3 KSchG.
2. Die Kündigung könnte nach § 612 a BGB unwirksam
sein:
a) Fraglich, ob auch die Geltendmachung von
Rechten, die mit dem Arbeitsverhältnis nichts zu
tun haben (hier Pflichtteilsrecht), erfasst werden:
so AK 5. Aufl. 2012.
b) Die Kündigung ist eine Benachteiligung.
c) Die Kausalität der Geltendmachung des Pflichtteilsrechtes für die Kündigung ist im Prozess vor
dem Arbeitsgericht ggf. schwer nachweisbar.
96
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Siemens (S)- BenQ
• Siemens verkauft seine Mobiltelefon- Produktion an
taiwanesischen Weltmarktführer für Scanner BenQ :
– 06.06.2005 Vorvertrag mit BenQ Corporation, Taiwan
– 29.08.2005 Unterrichtungsschreiben S an Mitarbeiter: Übertragung
– 30.08.2005 an BenQ Mobile GmbH & Co. OHG: Gesellschaftsvertrag
- Gesellschafter: Zwei GmbHs, Stammkapital je 25.000 €
- kein Hinweis auf Ausscheiden Siemens aus Altersversorgung
– 16.09.2005 Eintragung ins Handelsregister
– 20.09.2005 Kaufvertrag: S überträgt 2.000 Patente+ zahlt 350 Mio. € zum
Ausgleich übernommener Schulden incl. Pensionszusagen
– 30.09.2005 Übertragung des wirtschaftlichen Teilbetriebs
• Insolvenz BenQ :
– 30.09.2006: Eigenantrag
• Mitarbeiter:
01.01.2007: Eröffnung
– 13.03.2007 Formschreiben : Widerspruch gg. Übergang Arbeitsverhältnisse
– klagen
gegen Siemens auf Fortbestehen ihrer Arbeitsverträge
BAG 23.07.2009 - 8 AZR 538/08
97
Arbeitsrecht im Betrieb
Siemens
Arbeitsvertrag
3S
§ 433
BenQ
Widerspruchsrecht
Arbeitnehmer
98
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
BAG zu Siemens - BenQ:
• Belehrung unzureichend
• Identität der Betriebserwerberin
• Grund für Übergang: Schuldrechtlicher Vertrag
• Rechtliche Folgen AN: Beschränkung Betriebsrenten
auf Erwerber
• Fortgeltung Tarifverträge + Betriebsvereinbarungen:
als Arbeitsvertrag oder weiterhin kollektivrechtlich
• Widerspruchsrecht:
– Kollektive Ausübung, Beratung IG Metall
– Nicht verwirkt:
• Zeitmoment: AN hat längere Zeit nicht geltend gemacht, ggf.
bereits nach 5-6 Monaten, BAG 17.10.2013 – 8 AZR 974/12
• Umstandsmoment: Und den Eindruck erweckt, er wolle sein
Recht nicht mehr geltend machen
• Ergebnis: Widerspruch wirkt auf Betriebsübergang zurück
99
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Fall: Schadensersatz wegen Trunkenheit
A ist verheiratet, keine Kinder. Seit dem 02.04.2007 ist A
bei der Spedition S GmbH als Fahrer mit einem Bruttomonatslohn von 2.726 € beschäftigt. Mit Schreiben
vom 27.04.2007 hat S GmbH den A hingewiesen, dass
am Arbeitsplatz ein absolutes Alkoholverbot herrsche.
Am 28.06.2008 kam A gegen 3:20 Uhr mit dem LKW bei
trockener Fahrbahn von Autobahn ab, fuhr auf Grass,
schleuderte in Richtung Mittelleitplanke und prallte
wieder zurück. Der LKW stürzte um und verlor Ladung.
Um 5:15 Uhr wurde eine Blutalkoholkonzentration von
0,94 Promille festgestellt. A wurde wegen fahrlässiger
Trunkenheit im Straßenverkehr zu 35 Tagessätzen
verurteilt.
S GmbH verlangt von A den Ersatz ihres Schadens von
17.522,25 €. Zurecht?
BAG 15.11.2012 – 8 AZR 705/11
100
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Lösung: Schadensersatz wg. Trunkenheit
• Schadensteilung nach Grad des
Verschuldens
– Grobe Fahrlässigkeit : AN grds. alleine
• Haftungserleichterungen, § 254:
• Straßenverkehr: Nur Selbstbeteiligung in
Kaskoversicherung (hier Ausschluss)
• Verdienst in deutlichem Missverhältnis
zum Schadensrisiko: Keine starre Haftungsobergrenze, z.B. 3- facher Monatslohn
101
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Fall: Schmerzensgeld vom Azubi
Der 19- jährige A ist Auszubildender in einem KFZ Handel mit Werkstatt und Lager. Am Morgen des
24.02.2011 wuchtet er Reifen aus, während der
17- jährige B mehrere Meter entfernt in der Nähe
der Aufzugtüre steht. Ohne Vorwarnung wirft A
mit von B abgewandter Körperhaltung ein ca. 10
g schweres Wuchtgewicht hinter sich. Dieses trifft
B am linken Auge, am Augenlied und an der
linken Schläfe. Im Frühjahr 2012 wird B eine Kunstlinse eingesetzt, Seheinschränkungen aufgrund
der Hornhautnarbe verbleiben. Die BG zahlt eine
monatliche Rente von 204,40 €. B verklagt A
beim Arbeitsgericht auf ein angemessenes
Schmerzensgeld.
Mit Erfolg?
BAG 19.03.2015 - 8 AZR 67/14
102
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Lösung: Schmerzensgeld vom Azubi
1. Schadensersatzanspruch:
a) Haftungsgrundlage: § 823 Abs. 1 BGB
b) Verschulden:
Fahrlässigkeit
c) Schmerzensgeld, § 253 Abs. 2 BGB
2. Haftungsprivileg als
a) Arbeitnehmer, § 619 a: Nur gegen Arbeitgeber
Auszubildender:
Nein
b) Kollege des Verletzten:
(1 Haftungsausschluss, §§ 105 I, 106 I SGB VII:
Alle Ansprüche, auch Schmerzensgeld
(2 Nur bei betrieblicher Veranlassung: Verneint
3. Schmerzensgeld ausgeurteilt: 25.000 €
103
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Fall: Heimliche Video - Observation
S ist seit Mai 2011 als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig. Ab dem 27.11.2011 war sie zunächst mit
einer Bronchialerkrankung arbeitsunfähig. Für die
Zeit bis zum 28.02.2012 legte sie 6 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, erst 4 eines Facharztes
für Allgemeinmedizin, dann ab 31.01. 2012 zwei
einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer bezweifelt den telefonisch mitgeteilten
Bandscheibenvorfall und beauftragt einen Detektiv
mit der Observation. Der Observationsbericht
enthält 11 Bilder von S vor ihrem Haus, mit Hund
und in einem Waschsalon, neun davon aus
Videosequenzen.
S klagt
vor dem Arbeitsgericht auf ein angemessenes
Schmerzensgeld in Höhe von 3 Gehältern =
10.500 €. Mit Erfolg? BAG 19.02.2015 - 8 AZR 1007/13
104
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Lösung: Heimliche Video- Observation
Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegen Bild- und
Videoaufnahmen:
1. Geschützt durch Art 2 Abs. 1 GG
2. Rechtfertigung des Arbeitgebers:
Kein objektiv begründeter
Verdacht eines Betruges, sondern
hoher Indizwert der Arztatteste
3. Angemessenes Schmerzensgeld
1.000 €.
105
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
German Wings 24.03.2015: Juristisch
• Indizien - Beweise? Andere Ursache möglich?
– Verriegelung der Cockpittüre
– Reiseflughöhe, keine technischen Probleme
– Flugmanöver manuell: Sinkflug beschleunigt
– Absturzort in den französischen Hochalpen
– Äußerung gegenüber Freundin/Affäre + Internet
• Copilot A: Vorsätzliche Tötung
• § 211 StGB: Anvertrauter, argloser Passagiere
• § 823 BGB: Schadensersatz Hinterbliebene & Bergung
• German Wings GmbH: Schadensersatz
• Hinterbliebene der Passagiere, §§ 276, 278 BGB
• Bergungskosten, §§ 823, 831 BGB
• Fahrlässige Tötung,§ 230 StGB: Sicherheitsverstoß?
106
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
German Wings 24.3.2015: Psychologisch
• Depressionen:
– Grunderkrankung & Schübe: Lauftherapie
– Persönlichkeits- Veränderungen: Egomanie,
Kontrollsucht, empfundene Opferrolle
• Aktuelle Auslöser:
– Augenerkrankung
– Trennung der langjährigen Freundin
• Sensations- Selbstmord?
• Drehbuchmäßig durchgeplant
• Auf maximale Wirkung = Schaden ausgelegt
107
Arbeitsrecht im Betrieb
3S
German Wings 24.3.2015: Arbeitsrecht
• Ohne äußeres Motiv: Geplanter Massenmord
durch Schutzbeauftragten im Dienst
• Arbeitsschutzgesetz, § 5:
– Prävention: Planung sicherer Arbeitsabläufe
– Schutz gegen kriminelle Energie und SelbstmordAttentäter: Unmöglich
• Spezielle Regelungen „Flugkapitäne“:
– Flugzulassung durch Luftfahrtbundesamt
– Periodischer Arzt- Check durch Arbeitgeber LH
• Wirksamer Schutz möglich?
• Aufgabe und Verantwortung Arbeits- Psychologen
• Diskriminierung aller Depressionskranken?
108
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitsverhältnisse im
Arbeitsrecht und
Sozialversicherungsrecht
109
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Sozialgesetzbücher SGB
• SGB I
• SGB II
Allgemeiner Teil
Grundsicherung für Arbeitssuchende: Arbeitslosengeld II – Harz IV
• SGB IV Gemeinsame Vorschriften
– Meldung Sozialversicherung, § 28 a: Zur KK
– (Gesamt-) Sozialversicherungsbeiträge, § 28d
• SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung
• SGB IX Schwerbehindertenrecht
• SGB XII Sozialhilfe
110
Arbeitsrecht im Betrieb
4G
In allen Arbeitsverhältnissen: Gesamt-
Sozialversicherungsbeiträge zur
• Arbeitslosenversicherung:
SGB III
• Bundesanstalt für Arbeit
• Rentenversicherung:
SGB VI
– Träger: Deutsche Rentenversicherung
– Prüft beim Arbeitgeber alle 3/4 Jahre Abführung
der Gesamtsozialversicherungsbeiträge
– Sozialversicherungsausweis, § 18 h SGB IV
• Krankenversicherung:
SGB V
– Freie Krankenkassenwahl
• Pflegeversicherung – Pflegekassen
111
SGB XI
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitnehmer- Schutz:
• Zivilrecht:
– Arbeitsgesetze, grds. zu Gunsten AN abdingbar
– Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten
• Sozialversicherungsrecht:
– Daseinsvorsorge durch Mitgliedschaft in
»
»
»
»
Arbeitslosenversicherung
Krankenversicherung
Rentenversicherung
Pflegeversicherung
SGB III
SGB V
SGB VI
SGB XI
Arbeitslohn
Krankheit
Altersarmut
Pflegefall
– Gesamtsozialversicherungsbeiträge
» Je zur Hälfte zu Lasten AG und AN
• Steuerrecht: Lohnsteuer
– AN schuldet, AG behält ein + führt an Finanzamt ab
112
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitnehmerbegriff des BAG:
• Aufgrund privatrechtlichen Vertrages: Nicht
– Öffentlich- rechtlich: Beamte, Richter, Soldaten
– Ehrenamtliche, 1-Euro–Jobs, stufenweise
Wiedereingliederung, §74 SGB V
• In persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt
• Verpflichtung zu fremdbestimmter Arbeit:
Weisungsgebundenheit, § 106 GewO hinsichtl.
– Inhalt und Durchführung
– Zeit und Dauer
– Ort
der Tätigkeit
• Gesamtwürdigung
– des wirklichen, objektiven Geschäftsinhaltes
– der tatsächlichen, praktischen Durchführung
– unabhängig von Bezeichnung & Vereinbarung
113
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Sozialversicherungspflicht:
• § 7 Abs. 1 SGB IV Alle Sozialversicherungen:
Beschäftigung ist die
• nichtselbständige Arbeit insbes. in einem
Arbeitsverhältnis
• Gesamtabwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände
• Fallgruppenbildung – Typisierung
BayLSG 28.05.2013 – L 5 R 863/12
• § 2 Abs. 1 Z. 9 SGB VI Rentenversicherung:
• Keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer +
• auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen
Arbeitgeber tätig
114
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitslosengeld II- Harz IV
• Grundsicherung für Arbeitssuchende, SGB II:
Gleichstellung der Arbeitssuchenden mit
Sozialhilfeempfängern
• Träger:
• Kommunen = Kreisfreie Städte & Kreise:
– Unterkunft, Wohnung
– Kinderbetreuung
• Bundesanstalt für Arbeit:
– Sicherung des Lebensunterhaltes
– Arbeitsmarktbezogen: Eingliederung in Arbeit
– Sozialversicherung
115
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitslosengeld II „Harz IV“
Bedarfsorientiert: Wie Sozialhilfe
Niedrigere Sätze & strengere Regeln:
• Unterhalt in Bedarfsgemeinschaften:
– In Ehe- und Lebensgemeinschaften wird
– Einkommen des Partners berücksichtigt
• Schonvermögen, keine Verwertung:
– Selbstgenutztes Einfamilienhaus oder
Eigentumswohnung:
Ca. 100 qm
– Sparvermögen:
Bis 5.000 €
– Pkw:
Nein
116
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitsförderungsrecht SGB III
•
•
•
•
•
•
Träger: Bundesanstalt für Arbeit
Finanzierung der Arbeitslosenversicherung
Arbeitsvermittlung, § 35
Eingliederung, Berufsvorbereitung usw. , § 44 ff
Kurzarbeitergeld, §§ 95 ff, 104: Bis 12 Monate
Arbeitslosengeld I, §§ 136 ff
• Mit Beiträgen Renten-, Kranken- & Pflegeversicherung
• Insolvenzgeld, §§ 165 ff:
– Deckt 3 Monate Lohn- Rückstand
– Finanzierung: Umlage Arbeitgeber, § 358
117
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitsförderungsrecht SGB III
• Eingliederung, § 44
• Förderung der Berufswahl und -ausbildung:
• Berufsorientierung + -einstiegsbegleitung, § 48
• Berufsvorbereitung, § 51 ff
• Berufsausbildungsbeihilfe, § 56
• Berufsausbildung, § 73
• Berufliche Weiterbildung, § 81
• Abs. 4: Bildungsgutschein
• Behinderte Menschen:
• Teilhabe am Arbeitsleben, §§ 112 ff
• Gründungszuschuss, § 93: Arbeitnehmer beendet
Arbeitslosigkeit und macht sich selbständig
118
Arbeitsrecht im Betrieb
4G
Arbeitslosengeld I
• Bewilligungs- Voraussetzungen, § 137:
– Arbeitslosigkeit o. berufliche Weiterbildung, § 139
– Meldung als arbeitssuchend + verfügbar, § 141
– In letzten 2 Jahren mind. 12 Monate beschäftigt, §142
• Dauer, § 147: 6 - 24 Monate
• Höhe,§ 149: 67 bzw. 60 % vom Nettoentgelt
• Sperrzeit, § 159: Ruhen des Anspruches wegen
– Versicherungswidrigen Verhaltens
• Arbeitsablehnung ohne wichtigen Grund
• Verletzung von Mitwirkungs- und Meldepflichten
• Verschuldeter Verlust des Arbeitsplatzes
– Dauer, Abs. 3 : grds. 12 ggf. 6 / 3 Wochen
Durchführungsanweisung der Bundesanstalt für Arbeit
119
Arbeitsrecht im Betrieb
4
ALG I: Sperrzeit, § 159 SGB III
• Verschuldeter Verlust d. Arbeitsplatzes:
• AG-Kündigung wg. vertragswidrigem Verhalten
• Arbeitsaufgabe, insbes. AN - Kündigung
Aufhebungsvertrag
• Aufhebungsvertrag unschädlich:
– Bei drohender betriebsbedingten Kündigung
– AN erhält Abfindung im Rahmen § 1 a KSchG
– Keine offenkundige Rechtswidrigkeit der
beabsichtigten Kündigung
Bundessozialgericht vom 02.05.2012 – B 11 AL 6 /11 R
• Arbeitslosengeld II/ Harz IV: Nur Kürzung
120
Arbeitsrecht im Betrieb
4G
Keine Sperrzeit bei ALG I, wenn
• Arbeit nicht versicherungspflichtig, z.B. Aushilfe
• Vergleich im Kündigungsschutzprozess:
Beendigung betriebsbedingt
Bundessozialgericht 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R
• Abwicklungsvereinbarung: Bloße Regelung der
Folgen einer (wirksamen) Kündigung
• Wichtiger Grund für Aufhebungsvertrag:
– Arbeitgeber hätte betriebsbedingt gekündigt +
zahlt eine Abfindung von 0,25 – 0,5 bruttoMonatsentgelten je Beschäftigungsjahr.
– AN hat Anschlussbeschäftigung
– Arbeit macht AN krank
– Insolvenz des Arbeitgebers
Durchführungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit:
121
Arbeitsrecht im Betrieb 4
Kurzarbeit, § 95 ff SGB III
• Einführung nur bei Vereinbarung in Arbeitsoder Tarifvertrag
• Erheblicher Arbeitsausfall, § 96:
– Wirtschaftliche Gründe oder
unabwendbares Ereignis
– Vorübergehend
– Nicht vermeidbar
– Mindestens 1/3 d. AN mehr als 10 % d. Lohnes
•
•
•
•
122
Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig
Anzeige Arbeitsausfall an örtl. Arbeitsamt, § 99
Dauer: Maximal 12 Monate
Berechnungs-, Auszahlungs-, Aufzeichnungs- und
Anzeigepflichten, § 320
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Krankenversicherung SGB V
• Träger: Krankenversicherungen, freie KK- Wahl, § 173
• Krankheit, § 44 = § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz:
Arbeitsunfähigkeits- Richtlinien, §§ 92 I Nr. 7, 81 III Nr. 2:
Vom Arzt objektiv vorzunehmende Gesundheitsbewertung:
Zuletzt ausgeübte Tätigkeit kann aufgrund der Erkrankung
- nicht mehr oder
- nur unter Gefahr der Verschlimmerung ausgeübt werden
• Behandlung der Krankheiten, § 27; Freie Arztwahl, § 76
• Krankengeld, §§ 44:
– 70 % des letzten brutto- Entgeltes, § 47
– Für längstens 78 Wochen innerhalb von 3 Jahren
– Auch während „stufenweiser Wiedereingliederung“, § 74
• Medizinischer Dienst, §275: Gutachterliche Stellungnahme
– Abs. 1 a bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
– Arzt übermittelt ergänzende Auskünfte, § 7 AU-Richtlinie
123
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Stufenweise Wiedereingliederung,
74 SGB V
• Unterfall begrenzten Arbeitsunfähigkeit: Keine
Arbeitsfähigkeit für den geschuldeten Zeitraum
• Ärztliche Empfehlung: Zeitlich gestufte
Wiedereingliederung medizinisch sinnvoll
• Krankenkasse: Anordnung und Krankengeld
• Grds. keine Mitwirkungspflicht AG/Anspruch AN
• nur Schwerbehinderte/Gleichgestellte, § 81 IV Z.1 SGB IX
• Arbeit zum Zwecke der Rehabilitation, nicht zur
Erfüllung der vertraglichen Arbeitspflicht
– Kein Lohnanspruch, Urlaubsgewährung usw.
124
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Rentenversicherung SGB VI
• Träger: Deutsche Rentenversicherung
• Versicherungspflichtig:
• Beschäftigte, § 1,
– auch Z. 9: Nur ein Auftraggeber, keine AN
• Selbständig Tätige, § 2
• Rehabilitation:
• Medizinisch, § 15: grds. max. 3 Wochen
• Beruflich, § 16: Verweis auf SGB IX
• Wiedereingliederung in das Erwerbsleben
+ Sicherung Erwerbsfähigkeit, § 31
125
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Rentenversicherung SGB VI:
• Altersrente, §§ 35 - 40:
• Regelaltersgrenze: 67/ 65 Jahre
• Wartezeit: 35 / 45 / 25 Jahre
• Ist kein Kündigungsgrund, § 41
• Hinterbliebenenrente:
– Witwen, § 46
– (Halb-) Waisen, § 48
• Erwerbsminderungsrente, § 43:
• Unfähig 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein
• Ohne Berücksichtigung der Lage am
Arbeitsmarkt
126
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Unfallversicherung SGB VII
• Träger: Berufsgenossenschaft
• Beitragspflicht: Arbeitgeber allein
• Versicherungsfall:
• Arbeitsunfall, § 8: Ereignis zeitlich begrenzt
• Berufskrankheit, § 9:
– Erleidet Versicherter durch versicherte Tätigkeit
– Von Bundesregierung durch RechtsVO bestimmt
(nur physische, nicht psychisch, z.B. burn out)
• Verletztengeld, § 45 (statt Krankengeld)
auch an geringfügig Beschäftigte
• Unfallrente, § 56 Abs. 1: Minderung der
Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 %
127
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Privilegierte Haftung im
Arbeitsverhältnis, SGB VII
Grund: Berufsgenossenschaft ist gesetzliche
Unfallversicherung mit
alleiniger Beitragspflicht des Arbeitgebers
umfassenden Leistungen für Arbeitnehmer
ohne Schmerzensgeld
• bei Personenschäden von Arbeitsnehmern:
– Arbeitsunfälle
– Berufskrankheiten
• Haften nur bei Vorsatz
– der Unternehmer, § 104
– die Arbeitnehmer untereinander, § 105
128
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Behinderte Menschen, SGB IX
• Beschäftigungspflicht Arbeitgeber, § 71 I:
• Ab 20 Arbeitsplätzen
• Auf mindestens 5 % Schwerbehinderte
• Ausgleichsabgabe, § 77:
• Selbst errechnen + mit Anzeige abführen, § 80 II
• Ansprüche Schwerbehinderte:
• Zusatzurlaub: 5 Tage, § 125 I
– Nicht für Gleichgestellte, § 68 III
• Anspruch auf angemessene Beschäftigung mit
Verwertung ihrer Fähigkeiten + Kenntnisse,
Arbeitsplatz mit technischen Hilfen, § 81 IV
• Schwerbehindertenvertretung, §§ 94 ff
129
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Feststellung der
Behinderung, § 69 SGB IX:
• Auf Antrag an das Versorgungsamt
• Feststellung auf Basis eines ärztlichen
Gutachtens durch Bescheid:
• Körperliche o. geistige Beeinträchtigungen
• des Grades der Behinderung, GdB
• In 10er –Schritten von 20 bis 100
• Entspricht Minderung der Erwerbstätigkeit,
MdE
130
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Kündigungsschutz, § 85 SGB IX
• Körperliche Voraussetzungen:
• Schwerbehinderung:
Mindestens 50 % GdB
– Nachweis, § 90 (2a), auch nachträglich
– Offenkundigkeit genügt, BAG 1985, 7 AZR 373/83
• oder Gleichstellung, § 68 III:
– Mindestens 30 % GdB und
– Antrag an Bundesanstalt Arbeitsamt
• Erst nach Wartefrist 6 Monate, § 90 I 1
• Nicht bei auslaufender Befristung
131
Arbeitsrecht im Betrieb
4
Kündigungsschutz SGB IX
• Zustimmungserfordernis, § 85
• Antrag an Landschaftsverband Rheinland (LVR)
• Feststellungen durch örtliche Fürsorgestelle: Städte
und Kreise
• Entscheidung durch LVR
• Entscheidung Integrationsamt LVR, § 87:
• Freies, aber pflichtgebundenes Ermessen, § 88:
Fürsorgegesetz zum Erhalt des Arbeitsplatzes
• Einschränkung des Ermessens, § 89:
– Abs. 1: „Muss“ bei Betriebsaufgabe
– „Soll“ bei wesentlicher Betriebseinschränkung +
– Abs. 2: Sicherung eines anderen Arbeitsplatzes
132
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Schlüssiger Vortrag: Arbeitsverhältnis
Auch im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages ist es rechtlich zulässig und nicht unüblich, dass Weisungen zu befolgen
sind. Auch Selbstständige können in ihrer Handlungsfreiheit
begrenzt sein.
Ein Vortrag zum Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist deshalb
nur dann schlüssig, wenn konkret mit Einzelheiten vorgetragen
wird, wer zur Erteilung von bindenden Weisungen befugt war,
warum bindende Weisungen erteilt werden konnten, welche
Weisungen tatsächlich erfolgt und befolgt worden sind. Ein
„Sachvortrag" zum Arbeitnehmerstatus, der nur Wertungen
enthält („musste", „abhängig", „feste" Arbeitszeiten,
„Weisungen" und Ähnliches), ohne die dazu berechtigende
Faktenbasis anzugeben, ist nicht hinreichend substantiiert.
LAG Düsseldorf 18.12.2014 - 15 Ta 582/14
133
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Was ist „Phantom- Lohn“?
Wenn der Arbeitgeber einen
- gesetzlichen Mindestlohn oder
- allgemeinverbindlichen Tariflohn
unterschreitet,
wird der Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge der
geschuldete Lohn zugrunde gelegt,
und zwar unabhängig von den
Zahlungen an den Arbeitnehmer.
134
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Scheinselbständigkeit, § 7 I SGB IV
• Abgrenzung - abhängiger Beschäftigung
von
•
- selbständiger Tätigkeit
Vertragsverhältnis der Parteien:
– Weisungsfrei nach Ort und Zeit
– Nicht eingegliedert in Betriebsorganisation
– Keine persönliche Abhängigkeit, Unternehmerrisiko
– Maßgeblich: Wie tatsächlich vollzogen wurde
» Aus der Durchführung als gewollt ergibt
» Ausübung von Weisungsrechten
BSG v. 25.01.2006 – B 12 KR 30/04 R ; 29.08.2012 – B 12 KR 14/10 R
• Risiko des Arbeitgebers:
SGB IV
– Sozialversicherungsbeiträge für 4 Jahre, § 25
– Rückgriff auf AN: Nur 3 Monate, §§ 28d, 28g
135
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Statusfeststellung AN/ Gewerbe
• Auf Antrag AG/AN, § 7 a SGB IV: Statusfeststellung durch Bescheid des Rentenversicherungsträgers
gleichwertig neben LSG NRW 2.7.2013 - L1 KR 572/11
Betriebsprüfung durch Krankenkasse als
Einzugsstelle, § 28 h Abs. 2 SGB IV:
– Entscheidung über Versicherungspflicht und
Beitragshöhe
• Beide Verfahren:
– Amtsermittlung
– Gesamtwürdigung aller Umstände
– Bescheid, Widerspruch, Klage zum SG
136
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Fall: Nicht hauptamtliche Lehrkraft in JVA
A wurde zum 29. 6. 1998 unbefristet als „nicht hauptamtliche
Lehrkraft” für die Unterrichtstätigkeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) eingestellt. Er hatte 13 Wochenstunden á
45 Minuten Aufbauunterricht zu erteilen und zusätzlich bei
Bedarf in den Ferien zu unterrichten. A ist in den Stundenplan
eingebunden. Er wird je Stunde bezahlt. Zwei andere Klassen
erhalten Unterricht durch beamtete Justizlehrer. Wenn dort
Schwierigkeiten auftreten, werden die Gefangenen der
Gruppe des Kl. zugewiesen. A hat keine Lehramtsbefähigung.
Die Anstaltsleitung schätzt seinen Umgang mit seiner Gruppe
als „geschickt” ein.
A meint er sei Arbeitnehmer und klagt auf die Feststellung
eines Beschäftigungsverhältnisses. Mit Recht?
BAG v. 15.02.2012 – 10 AZR 301/10
137
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Lösung: Lehrkraft in JVA
• Gesamtwürdigung
– des wirklichen, objektiven Geschäftsinhaltes und
– der tatsächlichen, praktischen Durchführung
– unabhängig von Bezeichnung und Vereinbarung
• Schriftlicher Vertrag: Verpflichtung zu
– Aufbauunterricht durchschnittlich 13
Wochenstunden zu 45 Minuten
– gemäß Lehrplan, bei Bedarf in den Ferien
• Weisungsgebundenheit der Tätigkeit hinsichtl.
– Inhalt und Durchführung
– Zeit und Dauer
– Ort
BAG v. 15.02.2012 – 10 AZR 301/10
138
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Fall: Freiberuflicher OP- Pfleger
P durchlief eine berufsbegleitende Ausbildung zum Krankenpfleger und dann zum examinierten Krankenpfleger. Er arbeitete
danach als Krankenpfleger, Fachkrankenpfleger sowie als Praxisanleiter in verschiedenen Kliniken.
Seit 02.04.2009 ist er aufgrund von „Rahmenverträgen über freie
Mitarbeit“ in mehreren Kliniken als OP-Pfleger selbständig. Die
Bundesanstalt für Arbeit verhängte vom 01.04. bis 23.06.2009
eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe und bewilligte ihm vom
24.06.2009 bis 23.09.2010 einen Gründungszuschuss. Das
Finanzamt veranlagte ihn als Unternehmer. P beschäftigt seine
Ehefrau für 425 € sozialversicherungspflichtig .
P beantragt bei der Deutschen Rentenversicherung, gem. § 7 a
SGB IV festzustellen, dass die OP- Pfleger- Tätigkeit als nicht
versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu
qualifizieren sei. Zurecht?
BSG 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R; BayLSG 28.5.2013 – L 5 R 863/12
139
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Lösung: Freiberuflicher OP- Pfleger
• Für Selbständigkeit:
–
–
–
–
- Gewerbeanmeldung, Steuererklärung
Eigene höchste Qualifikation, Büro, Ehefrau Aushilfe
Anlagevermögen: OP- Schuhe, Büroausstattung
Kundenstamm, Akquise, Entscheidung Auftragsannahme
Unternehmerrisiko, Gründungszuschuss Gewerbe von BA
• Für abhängige Beschäftigung:
– Tätigkeit eingegliedert in Betriebsorganisation +
abläufe: Fremdbestimmte Arbeitsfolge im OP- Team
– Kein eigenständiger, abgrenzbarer Leistungsbereich,
Arbeitsergebnis o. Abrechenbarkeit
– Keine Haftung gegenüber Patienten
– Bezahlung: Festes Stunden- / Tageshonorar
-
• Rechtsklarheit + -sicherheit:
– Typus eines abhängig beschäftigter OP- Pfleger
– Kein Grund für Abweichung
BSG 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R; BayLSG 28.5.2013 – L 5 R 863/12
140
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Ansprüche gegen Berufsgenossenschaft
wegen Erkrankung durch Mobbing?
• Arbeitsunfall, § 8? Kein plötzliches Ereignis:
Schädigendes Ereignis nicht zeitliche begrenzt
• Berufskrankheit, § 9 SGB VII:
– Abs. 1: Weder Mobbing noch andere
psychische Erkrankungen in BerufskrankheitenVerordnung oder Anlagen aufgelistet
– Abs. 3: Bei keiner Berufsgruppe besteht ein
besonders erhöhtes Risiko:
Es gibt keine Erkenntnisse, dass eine Berufsgruppe bei ihrer
Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt ist. Mobbing kommt in allen
Berufsgruppen vor und auch im privaten Umfeld, z.B. unter
Nachbarn und Bekannten.
Hessisches Landessozialgericht 23.10.2012 – L 3 U 199/11
141
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Fall: Gerüstabsturz
Die Gerüstbau GmbH erledigt alle Gerüstarbeiten
auf den Solvay- Werken. Am 11.03.2013 rüstet sie ein
Bürogebäude ein, das von 2 auf 3 Etagen aufgestockt werden soll. Am 11.04.2013 erhöhen ihr
Vorarbeiter V mit dem Gerüstbauer B und Helfer H
das Gerüst um eine Etage. Am 12.04.2013 beginnt
die Zimmerfirma Z GmbH mit dem Aufsetzen des
neuen Dachstuhls. Um 7:15 Uhr bricht ihr Geselle G
durch ein Gerüstbohle, stürzt 4,50 m ab und verletzt
sich schwer.
Der Geschäftsführer der Gerüstbaufirma B beruft
sich gegenüber G und Z GmbH darauf, das Gerüst
sein noch nicht freigegeben gewesen. Weder seine
GmbH noch seine Mitarbeiter müssten haften. Hat
er Recht?
142
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Lösung: Gerüstabsturz
Ansprüche aus Verletzungen bei
Arbeitsunfall, § 8:
• Ausgeschlossen gegen
• eigenen Arbeitgeber (Unternehmen), § 104 und
• Kollegen = im Betrieb tätigen Personen, § 105
• Hier Zimmerer gegen Gerüstbau GmbH:
• Allgemeine Grundsätze, §§ 823 ff BGB
• Ggf. Haftpflichtversicherung
• Streitige Freigabe: Erheblich für
• Rückgriff BG gegen Gerüstbau GmbH
• Strafrechtliche Verantwortung, insbes. Vorarbeiter V?
143
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Zustimmungsverfahren
• Zuständig: Hauptfürsorgestelle
• Entscheidung: Landschaftsverband Rheinland LVR
• Feststellungen örtliche Fürsorgestelle: Städte+ Kreise
• Antragserfordernis:
• Nach 6 Monaten Arbeitsverhältnis, § 90
• jede Kündigung ordentlich , § 85
außerordentlich, § 91
• Grundsatz: Mündliche Verhandlung
• Entscheidungs- Fristen:
• Ordentliche Kündigung:
Soll in 4 Wochen
• Außerordentliche Kündigung: Binnen 2 Wochen
144
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Zustimmungsverfahren:
• Entscheidung Integrationsamt:
• Ermessen: Abwägung Interessen AG Behinderter
Kündigung nicht aus Gründen der Behinderung
• Sollvorschrift Zustimmung, § 89 Abs. 1 S. 2:
bei wesentlicher Betriebseinschränkung
• Fristen für Ausspruch der Kündigung:
• Ordentlich: Innerhalb eines Monats, § 88 III
• Außerordentlich: Unverzüglich, auch nach 2
Wochen, § 91 V
145
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Rechtsmittel, § 69 SGB IX
• Bescheid des Versorgungsamtes über Grad
der Schädigungsfolgen (GdS)
• nach versorgungsmedizinischen Grundsätzen
• Widerspruch
• Widerspruchsbescheid
• Klage zum Sozialgericht:
• Nur sachgerechte Ausübung des Ermessens:
– Aufhebung, wenn Ermessenfehler
– Stattgabe nur , wenn Ermessensreduktion auf Null
• Auf Antrag des Behinderten: Bestimmter Arzt als
Gutachter, § 109 SGG
146
www.ingendahl-rust.de
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Verfahren nach SGB IX
• Integrationsvereinbarung, § 83:
• Antrag: Schwerbehindertenvertretung o. Betriebsrat
• Inhalt: Regelungen zur Eingliederung
• Präventionsbemühungen, § 84 I:
• Für Schwerbehinderte Einschaltung Integrationsamt bei
• Schwierigkeiten personen-,verhaltens-, betriebsbedingt
• Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II:
• Unabhängig von Schwerbehinderung
• Arbeitsunfähigkeit länger als 6 Wochen/Jahr
• Obligation mit Ziel: Verminderung Arbeitsunfähigkeit
durch leidensgerechte Beschäftigung
• Bei Mitwirkung: Arbeitnehmer teilt Erkrankung mit und
entbindet Ärzte ggf. von Schweigepflicht
147
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Rehabilitation gem. SGB
• Medizinisch: Bestrebung o. ihr Erfolg, einen
Menschen wieder in seinen vormals existierenden körperlichen Zustand zu versetzen
• Krankenversicherung:
§ 40 SGB V
• Rentenversicherung:
§ 15 SGB VI
Leistungen gem.
• Schwerbehinderte
• Berufsgenossenschaft
§§ 26 – 31 SGB IX
§ 1 SGB VII
• Arbeitsförderung: Nur berufliche Rehabilitation,
z.B. Leistungen zur Förderung der Teilhabe am
Arbeitsleben an Behinderte § 113 SGB III
148
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
SchwarzarbeitsbekämpfungsG
Legaldefinition, § 1 Abs. 1 SchwarzArbG:
•
•
•
•
•
Als
Arbeitgeber
Arbeitnehmer
Sozialhilfe
Gewerbeinhaber
Handwerker
Nichterfüllung der
Meldung Sozialversicherung
steuerliche Pflichten
Mitteilungspflichten
Anzeige § 14 GewO
Eintragung Handwerksrolle
Schutz des Systems der Pflichtmitgliedschaft
aller Arbeitnehmer in Sozialversicherungen:
• § 266 a StGB Abführung Arbeitnehmeranteile
Steuerhinterziehung, insbes. der Lohnsteuer
149
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Geringfügige entlohnte
Beschäftigung, § 8 Abs. 1 SGB IV
• Geringfügig entlohnt: Entgelt bis 450 €/Monat
• Alle laufenden + einmaligen Einnahmen
– Sonderzahlungen: Umrechnung und Addition
– Geschuldete Beiträge zu Sozialversicherungen
• Ohne vom Arbeitgeber übernommener
– Pauschalsteuer , § 40 a I und II EStG
– Pauschalbeiträge Kranken- + Rentenversicherung
• Kurzfristig nach Eigenart: Längstens
3 Monate oder 70 volle Arbeitstage
• Mehrere Beschäftigungen: Zusammenrechnen
• Gleitzone, § 20 II SGB IV: Entgelt 450,01 bis 800 €
150
Arbeitsrecht im Betrieb
5
Allgemeiner
Kündigungsschutz
&
Kündigungsschutzklage
151
Arbeitsrecht im Betrieb
5G
Kündigung fristlos, § 626:
– Wichtiger Grund:
• Wegen Verlust des erforderlichen Vertrauens
Fortsetzung AV bis zum Ende der
Kündigungsfrist unzumutbar, Abs. 1
• Abmahnung genügt nicht
– Ausschlussfrist: Innerhalb 2 Wochen ab
Kenntnis der Gründe, Abs. 2
Fallgruppen wichtiger Grund:
- Vertrauensbereich: Straftat mit Dienstbezug,
die erforderliches Vertrauen zerstört
- Leistungsbereich: Nur beharrliche
Verweigerung
152
Arbeitsrecht im Betrieb
5G
Außerordentliche Kündigung:
Wirksamkeitsprüfung zweistufig, BAG:
• Sachverhalt „an sich d.h. typischerweise“
als Grund für a.o. Kündigung geeignet
• Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls und Abwägung der beiderseitigen Interessen:
- Arbeitgeber:
Störung Vertrauensverhältnis & Beendigungsinteresse
– Arbeitnehmer: Dauer Betriebszugehörigkeit,
beanstandungsfreie Führung
153
Arbeitsrecht im Betrieb
5
Wichtiger Grund: Fallgruppen
• Straftaten im Arbeitsverhältnis:
•
•
Tätlichkeiten (Körperverletzung, Nötigung,)
Grobe Beleidigungen & bewusst unwahre
Tatsachenbehauptungen, auch via Facebook
Abgrenzung: Sachliche Kritik, auch an Vorgesetzten
• Arbeitsverweigerung: Erheblich und beharrlich
•
•
•
unentschuldigtes Fehlen
Verweigerung von Überstunden
eigenmächtiger Urlaubsantritt
•
•
Fortgesetzt & vorsätzlich
Offensichtlich nicht genehmigungsfähig
•
•
Während Arbeitsvertrag, § 60 HGB
Nachvertraglich: Nur mit Karenzentschädigung, §§ 74 ff HGB
• Nebentätigkeit: Nur wenn
• Wettbewerb:
154
Arbeitsrecht im Betrieb
5
Straftatbestände:
• Diebstahl, § 242 StGB:
• Eigentum (eines Dritten) des AG
• Zueignungshandlung des AN
• Wegnahme: Gewahrsamsbruch
• Unterschlagung, § 246: Wie Diebstahl, jedoch
• berechtigter Besitz des AN
• Betrug, § 263 StGB: z.B. Arbeitszeit – und Spesen
• Täuschung des Arbeitgebers
• zu Vermögensverfügung
• dadurch Vermögensschaden
• Untreue, § 266 StGB:
• Verfügungsbefugnis (z.B. Vollmacht, § 164 BGB)
• Missbrauch
155
Arbeitsrecht im Betrieb
5
Straftatbestände:
• Urkundenfälschung, § 267 StGB:
• Täuschung über die Person des Ausstellers
• Nicht bei Vollmacht = vergeistigter Urkundenbegriff
• Bestechlichkeit / Bestechung im geschäftlichen
verkehr, § 299 StGB, Schmiergeldverbot:
• Angenommen oder gezahlt
• Verfügungsbefugnis + Käuflichkeitsabrede
• Verrat von Geschäftsgeheimnissen, § 17 UWG
• Fahren ohne Fahrerlaubnis, § 20 StVG:
• Fahrer, Fahrzeughalter bei Zulassen
• Vorsatz oder Fahrlässigkeit
156
Arbeitsrecht im Betrieb
5
Alkohol am Steuer:
• Ab 0,5 Promille: Ordnungswidrigkeit, § 24 a StVG
• Geldbuße
• Fahrverbot 1 – 3 Monate
• Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB:
• Führung eines Kraftfahrzeuges
• Unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
• Fahruntauglichkeit:
– Absolute : ab 1,1 Promille
– Relative: mindestens 0,3 Promille +Ausfallerscheinung
• Strafe:
– 30 Tagessätze
– Führerscheinentzug, Sperrfrist Wiedererteilung 1Jahr:
ggf. Auswirkungen auf Arbeitsvertrag, z.B. „Fahrer“
157
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Kündigungsschutzgesetz KSchG
1. Arbeitgeber: Betrieb mit in der Regel
mehr als 10 Arbeitnehmern, § 23 Abs.1 S. 3
a) Betrieb: Organisatorische Einheit mit einheitlicher
Leitung in personellen + sozialen Angelegenheiten
b) AN bis 20 Std./ Woche: mit 0,5
bis 30
mit 0,75
mehr als 30 Std./ Woche: mit 1
c) ohne Geschäftsführer,
§ 14 I und
Auszubildenden,
d) Leiharbeitnehmer: Wenn Einsatz auf "in der Regel
vorhandenem Personalbedarf beruht“
BAG 24.01.2013 - 2 AZR 140/12
2. AN nach 6 Monaten Wartefrist, § 1 Abs. 1
158
Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Soziale Rechtfertigung durch
• Personenbedingte Gründe: Es fehlen die
– erforderliche Ausbildung oder körperliche
Fähigkeiten
– zur Erbringung der vertraglich geschuldeten
Leistung / Arbeit
• Verhaltensbedingte Gründe: Vertragsverstoß
– Leistungsbereich: Erst nach einschlägiger
Abmahnung in 2 Jahren
– Vertrauensbereich: Abwägung ähnlich a.o.K.
• Dringende betriebliche Gründe:
– Wegfall des Arbeitsplatzes
– Sozialauswahl
159
Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Personenbedingte Gründe:
• Arbeitnehmer ist aufgrund mangelnder
– Eignung und/oder
– persönlicher Fähigkeiten
zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen
Verpflichtungen nicht in der Lage.
• Erwartung erheblicher Beeinträchtigung
betrieblicher oder wirtschaftlicher
Interessen des Arbeitgebers
• Umfassende Interessenabwägung zu
Lasten des Arbeitnehmers
160
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Personenbedingte Gründe:
• Alkohol- + Drogensucht
– Krankheitsstadium & Therapiebereitschaft
hindern Schuldvorwurf
– negative Gesundheitsprognose,
• Fehlende Bereitschaft des Arbeitnehmers:
– Zum Erlernen der deutschen Sprache
– Fortbildung, insbes. von QS verlangt
– Umsetzung von Neuerungen am Arbeitsplatz
• Kraftfahrern: Entziehung Fahrerlaubnis
• U- Haft, Verbüßen einer langen Freiheitsstrafe
• Druck Kollegen: Erst nach schützendem
Entgegenwirken des AG
161
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Krankheitsbedingte Kündigung
• Negative Gesundheitsprognose:
– Bekannte Diagnosen & Arztatteste
– Unbekannte Ursache: Indizien aus bisherigen Fehlzeiten
– Häufige Kurzerkrankungen, sofern nicht ausgeheilt
»
»
Innerhalb der letzten 2- 3 Jahre
Fehlzeiten mehr als 6 Wochen jährlich
»
»
AN seit 2 – 3 Jahren arbeitsunfähig
Ende der Erkrankung nicht absehbar
»
»
aktuelle Therapie mit offenem Ausgang
arbeitsmedizinisches Gutachten
– Lang dauernde Arbeitsunfähigkeit:
– Durch konkrete Umstände widerleglich, z.B.
• Erwartung erheblicher Belastungen für AG
• Umfassende Interessenabwägung zu Lasten des AN
• Keine Beschäftigungsmöglichkeit auf freiem,
leidensgerechten Arbeitsplatz: BEM § 84 II SGB IX
162
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Erwartung erheblicher
Belastungen für Arbeitgeber
• Häufige Kurzerkrankungen:
• Betriebsablaufstörungen: Erheblich, wenn
– trotz Überbrückungsmaßnahmen ("Springer")
– schwere Störungen Produktionsprozess nicht vermeidbar
• Wirtschaftlicher Belastungen,
– insbes. durch Lohnfortzahlungskosten
• Langzeiterkrankungen:
• Auswirkungen des Leistungsausfalls: Wie vor
• Überbrückungsmaßnahmen entspr. den betrieblichen
Verhältnissen + der Position des Erkrankten, ggf.
berfristete Einstellung einer Aushilfskraft bis zu zwei
Jahren in Betracht, BAG NZA 1999, S. 978
163
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Minderleistungen
• Sofern Verhalten steuerbar:
Grund verhaltensbedingt
– Problem: Messbarkeit der Leistung
– Toleranzgrenze 50 – 100 %
• Eingeschränkte Leistungsfähigkeit:
– Personen- bzw. krankheitsbedingt
– Ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
164
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Verhaltensbedingte Kündigung
• 1. Verletzung erheblicher vertraglicher Pflichten:
– Schuldhaft: Vorsätzlich o. fahrlässig
– Darlegungs- + Beweislast: Arbeitgeber, dann abgestuft
– Grund nicht durch Abmahnung verbraucht
• 2. Negative Prognose & Verhältnismäßigkeit:
– Störungsfreie Vertragserfüllung künftig nicht zu erwarten
– Vertrauensbereich: Vorsätzliche Straftat mit Dienstbezug
– Leistungsbereich: Erst nach einschlägiger Abmahnung
BAG 11.07.2013 – 2 AZR 994/12
• 3. Abwägung von
– Beendigungsinteresse des Arbeitgebers gegen
– Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers
Bei Verstoß gg. Arbeitsvertrag: Sperrzeit, § 159 SGB III
165
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Verstöße gegen Arbeitsvertrag
• Arbeitsverweigerung: Nur erheblich + beharrlich
– zulässiger Über- und Mehrarbeit
– unentschuldigtes Fehlen
– eigenmächtiger Urlaubsantritt
• Beleidigungen eines Vorgesetzten, auch in Social
Media, z.B. auf Facebook
• Betriebsfrieden stören, Denunzieren von Kollegen
• Dauernde Unpünktlichkeit
• Internetnutzung (Virengefahr, ausschweifend)
• Krankmeldung nicht unverzüglich, § 5 EFZG
nahtlos bei auch bei Krankengeld
• Genesungswidriges Verhalten bei Arbeitsunfähigkeit
• Wettbewerb während Arbeitsvertrag, § 60 HGB
166
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Abmahnung:
• Verhältnismäßigkeit: Geringer als Kündigung
• Voraussetzung für Sozialwirksamkeit Kündigung:
• Verhaltensbedingte Kündigung insbes. Leistungsbereich
• gleichartiger Verstoß innerhalb 2 Jahren
– bereits 1., viele Abmahnungen schwächen Warnfunktion
– Abmahnung verbraucht Kündigungsrecht
• Entbehrlich: Schwere Pflichtverletzung Vertrauensbereich
• Anwendungsbereiche:
– Steuer- + abstellbares Verhalten: „Kann, aber will nicht“
– Nicht erforderlich: Vorwerfbares/ schuldhaftes Verhalten
– Vertrauensverhältnis wiederherstellbar
• Vorweggenommene Abmahnung: Arbeitgeber hat
– durch Arbeitsvertrag o. Aushang zu erkennen gegeben,
– dass er Fehlverhalten nicht hinnehmen wird.
167
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Abmahnung:
• Funktionen:
• Hinweis: Welches Verhalten verstößt gegen AV - Pflichten
• Ermahnung zu vertragstreuem Verhalten
• Warnung: Androhung der Kündigung
• Formelle Bestandteile: Nicht formgebunden
– Angabe der Verpflichtung aus Arbeitsvertrag: Hinweis– Konkrete Schilderung des Verstoßes:
Rügefunktion
– Kündigungsandrohung:
Warnfunktion
• Anspruch auf Entfernung aus Personalakte, wenn
Abmahnung fehlerhaft: Unbestimmt oder unrichtig
• Wirkungsdauer: i.d.R. 2 Jahre Verbleib: ewige Dokumentation
• Alternativen:
Personalgespräch, Ermahnung,
Korrekturvereinbarung
BAG vom 19.07.2012 – 2 AZR 782/11
168
Arbeitsrecht im Betrieb 5
• Verdachtskündigung:
• Aus objektiven Umständen dringender Verdacht
einer schwerer Pflichtverletzung,
• der das notwendige Vertrauen zerstört.
• Arbeitnehmer ist vor Kündigung anzuhören.
• AG: Strenge Aufklärungspflicht LAG Köln 12.12.2013
• Strafanzeige gegen Arbeitgeber bei
Missständen: „Whistleblower“
• Staatsbürgerliches Recht auch in Arbeitsverhältnis, aber keine wissentlich falschen Angaben
• Erst innerbetriebliche Klärung, sofern zumutbar
• Umfassende Abwägung: Öffentliches Anliegen
gegen Arbeitgeber - Interessen
BAG 27.09.2012 – 2 AZR 646/11
169
DB 2015, 803 ff
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Dringende betriebliche Gründe
I. Beschäftigungsmöglichkeit/Weiterbeschäftigungsbedarf ist dauerhaft entfallen:
• Außerbetriebliche Gründe:
– Absatzschwierigkeiten, Umsatzrückgang mit
– unmittelbarer Auswirkung auf den Arbeitsplatz
• Unternehmerentscheidung:
Auf der Grundlage einer Disposition des Arbeitgebers
sind mehr Arbeitnehmer beschäftigt, als zur Erledigung
der anfallenden Arbeiten erforderlich ist: Überprüfung
– nicht auf sachliche Rechtfertigung / Zweckmäßigkeit
– wohl aber, ob
• Entscheidung tatsächlich getroffen + umgesetzt wurde,
• dadurch der Beschäftigungsbedarf für den
Gekündigten entfallen ist
170
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Dringende betriebliche Gründe
Organisationsentscheidung arbeitsplatznah = mit
Kündigungsentschluss identisch, Personalabbau:
z.B.
• AG muss seine Entscheidung in organisatorischer Durchführbarkeit + zeitlicher Nachhaltigkeit verdeutlichen,
• Auswirkungen unternehmerischer Vorgaben+ Planungen
• auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand schlüssiger
Prognosen konkret darstellen und
• erläutern, wie dieses vom verbliebenen Personal ohne
überobligationsmäßige Arbeit erbracht werden kann.
LAG D`dorf 21.08.2012 – 8 Sa 574/12
• Dringlichkeit: Keine Alternative zur Kündigung
• Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderem
freien Arbeitsplatz, ggf. nach zumutbarer Fortbildung
oder Umschulung BAG 29.8.2013 - 2 AZR 809/12
auch bei Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplatz
171
Arbeitsrecht im Betrieb 5
II. Sozialauswahl, § 1 Abs. 3
• Vergleichbare Arbeitnehmer:
– Betriebsbezogen, einschl. Filialen
– Horizontal: Aufgabenbereich + Ausbildung
– Austauschbarkeit bei Einarbeitung
• Nicht zu berücksichtigende Arbeitnehmer:
– In 6 -monatiger Wartefrist: Vorab kündigen!
– Ordentlich unkündbar (Gesetz, Tarifvertrag)
– Leistung unentbehrlich, § 1 Abs. 3 S. 2:
• Herausnahme Leistungsträger BAG 22.03.2012 - 2 AZR 167/11
• Ausgewogene Alters - Struktur erhalten
• Auswahlgesichtspunkte, grds. gleichrangig :
– Dauer der Betriebszugehörigkeit
– Unterhaltspflichten
– Höheres Lebensalter (AGG?) BAG 15.12.2011 - 2 AZR 42/10
172
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Druckkündigung
• Begriff: AN oder Dritte verlangen vom Arbeitgeber
unter Androhung von Nachteilen die Entlassung
eines bestimmten Arbeitnehmers, s. § 104 BetrVG.
• Sofern keine personen- o. verhaltensbedingte
Gründe: Kündigung aus betrieblichen Gründen.
• Strenge Anforderungen an Zulässigkeit:
– Arbeitgeber hat sich schützend vor Arbeitnehmer
zu stellen.
– Bei Verwirklichung der Drohung sind schwere
wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber zu
befürchten.
– Die Kündigung ist das einzige Mittel, um den
Schaden abzuwenden.
173
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Sicherung ausgewogene
Personalstruktur, § 1 III 2
• Altersstruktur:
– AG bildet Altersgruppen innerhalb der zur
Sozialauswahl anstehenden Mitarbeiter
– Anteilmäßige Kündigung aus jeder Gruppe
• Funktions- und Betriebsabläufe:
• Arbeitnehmergruppen nach
Ausbildungsstand
• Personalstruktur muss bereits so bestehen,
wie sie gesichert werden soll
174
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Abfindung für Beendigung
• Auflösung durch Urteil, § 9 Abs. 1 S. 2:
• Kündigung beendet Arbeitsverhältnis nicht
• Fortsetzung Arbeitnehmer/-geber nicht zumutbar
–
Auch Verhalten im Prozess + des Bevollmächtigten
• Verurteilung AG zu angemessener Abfindung
• Kündigung AG mit Angebot Abfindung, § 1 a:
– Pro Jahr Betriebszugehörigkeit
– ½ Brutto – Monatsgehalt
• Arbeitsgerichtliche Praxis:
– Erhöhung o. Minderung ½ Quote gem. Erfolgsaussichten
– Auflösungspoker:
• Arbeitnehmer: Annahmeverzug & Rückkehr in Arbeitsverhältnis
• Arbeitgeber: Rücknahme Kündigung
175
Arbeitsrecht im Betrieb 5
Massenentlassung, § 17 KSchG:
• Betrieb mit mehr als 20 Mitarbeitern,
Entlassung mindestens 5 Mitarbeiter/ 30 Tage
• Anzeige an Landesarbeitsamt, Abs. 1 und
• mit Stellungnahme des Betriebsrates oder
• Namensliste
• Konsultation des Betriebsrats, Abs. 2
– Auskunft, Unterrichtung, Beratung, BAG 21.03.2013 – 2
AZR60/12:
Mehr als + zusätzlich zu § 102 BetrVG
– Schriftform
• vor Kündigung, bei Versäumnis: Kündigung
unwirksam, § 134 BGB BAG 28.6.2012 - 6 AZR 780/10;
20.9.2012 – 6 AZR 155/1; 21.3.2013 – 2 AZR 60/12
176
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Kündigung des Dombaumeisters
Am 23.04.2015 verhandelt das Arbeitsgericht Köln die
fristlose Kündigung des Dombaumeisters vom 30.5.2014:
1.
Ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen, nur
außerordentlich möglich.
2. Kammersitzung: Güte gescheitert, beiderseits bereits
umfassend zu Kündigungsgründen vorgetragen.
3. Presseoffensive Dombaumeister = Kläger:
1. Über konkrete Gründe nicht informiert?? Eventuell
1. schlechter Führungsstil
2. Zerwürfnis mit Mitarbeiterschaft
2. Keine Abmahnung
3. Hintergrund des Konflikts seien (Compliance?)
1. Bemühen um Erfassung Arbeitszeiten Mitarbeiter
2. Dokumentation der Spendenverwendung bei
Amtsantritt 2012 völlig unzureichend
4. Grund Kläger: Einigungszwang für Dombauhütte
177
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Handy im OP
Dr. Arzt ist seit 2005 Chefarzt Chirurgie des Krankenhauses St. Johannes. Regelmäßig nahm er den
schnurlosen Handapparat seines Diensttelefons
und sein privates Handy mit in den Operationssaal
und legte beide Geräte auf den Ablagetisch. Das
Handy war in der Telefonliste des Krankenhauses
mit einer Kurzwahlnummer hinterlegt.
Mit Schreiben vom 26.9.2008 kündigt die St. Johannes gGmbH das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise
fristgerecht. Der Kläger habe im Operationssaal
häufig Telefonanrufe angenommen oder während
laufender Operation von einem Mitglied des OPTeams annehmen lassen.
Dr. Arzt erhebt Kündigungsschutzklage, mit Erfolg?
BAG 25.10.2012 – 2 AZR 495/11
178
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Lösung: Handy im OP
1.
Arbeitsvertragsverstoß:
1. Hygiene und Verantwortung für Patienten
2. Leitende Position und
Organisationsverantwortung
3. Dienstliche Telefonate
1. wurden geduldet ,
2. ggf. Interessenabwägung
4. Keine Rechtfertigung für private Telefonate
2. Abmahnung: Kein Anhaltspunkt, dass
1. Änderung des Verhaltens nicht bewirkt würde
2. Noch wiegen einige private Telefonate so
schwer, dass die einmalige Hinnahme objektiv
unzumutbar wäre.
3. Ergebnis: Fristlose + auch ordentliche Kündigung
unwirksam.
179
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Emmely
E arbeitet seit 1978 als Kassiererin bei R.
2007 findet der Filialleiter Leergut- Bons
über 0,82 € und 0,48 € und übergibt sie E
„Wenn der Kunde sich meldet“. Die Bons
werden von E bei einem privaten Einkauf
10 Tage später von der kassierenden
Kollegin eingelöst, obwohl sie vom Filialleiter nicht abgezeichnet waren. R kündigt
E gegen den Widerspruch des Betriebsrates wegen dringendem Tatverdacht
fristlos, hilfsweise fristgerecht.
BAG 25.10.2012 – 2 AZR 495/11
180
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Lösung: Emmely
I. Außerordentliche Kündigung, BAG:
1. Kündigungsgrund „an sich geeignet“:
a) Weisungsverstoß – auch der einlösenden
Kollegin
b) Vertrauensbereich: Unterschlagung auch
bei geringem Wert
2. Abwägung der Umstände Einzelfalles:
a) Pflichtenverstoß + Beendigungsinteresse
b) E hat Arbeitsverhältnis 30 Jahre
beanstandungsfrei geführt
II. Innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnis
181
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Sexuelle Belästigung
Bruno Deftig, geb. 1950, ist seit 1976 bei dem
Möbelfilialisten Anger als Einkäufer beschäftigt.
Am 18.10.2007 erteilte Fa. Anger eine Abmahnung, weil Deftig eine Mitarbeiterin mit einem
Schlag auf das Gesäß belästigt habe. Am 25.
und 26.06.2008 machte Deftig gegenüber einer
26-jährigen Einkaufsassistentin 4– mal Bemerkungen sexuellen Inhalts. Mit Schreiben 11.07.2008
kündigte Fa. Anger ohne Angabe von Gründen
fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 28.02.2009.
Sind die Kündigungen wirksam?
BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10
182
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Lösung: Außerordentliche Kündigung wg.
• sexueller Belästigung i.S.d. § 3 IV AGG :
– unerwünschtes sexuell bestimmtes Verhalten
– Bezweckt oder bewirkt Verletzung der Würde
– Pflicht des Arbeitgebers zum Einschreiten, § 12 III
AGG
• BAG konkretisiert den Verhältnismäßigkeitsgrund-satz:
Arbeitgeber hat die geeigneten, erforderlichen und
angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, hier zum
effektiven Schutz des weiblichen Personals vor weiteren
sexuellen Belästigungen.
• Kündigungsschreiben muss Gründe nicht angeben.
Ergebnis: A.o. Kündigung wirksam.
Anders BAG vom 09.06.2014 – 2 AZR 323/10?
183
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Verhaltensbedingt K. wegen
Manipulation von Akten
Die Manipulation von Akten durch den
Arbeitnehmer zu dem Zweck, Pflichtverstöße zu
verschleiern und eine korrekte Aufgabenerfüllung vorzutäuschen, kann auch ohne
vorangegangene Abmahnung geeignet sein, die
ordentliche Kündigung eines langjährigen
Arbeitsverhältnisses sozial zu rechtfertigen.
BAG 23.01.2014 - 2 AZR 638/13
184
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Betriebsbedingte Kündigung
• Sind Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss des
Arbeitgebers praktisch deckungsgleich, greift die sonst berechtigte
Vermutung, die Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt,
nicht unbesehen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber vielmehr
konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Möglichkeiten eines Einsatzes des
Arbeitnehmers auswirkt.
• Bei unternehmerischer Entscheidung zum Abbau einer Hierarchieebene mit Umverteilung der dem gekündigten Arbeitnehmer
zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber genau erläutern,
aufgrund welcher Maßnahmen und in welchem Umfang die Tätigkeiten
für den Arbeitnehmer zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen
seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge
anhand einer schlüssigen Prognose darstellen und angeben, wie die
anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne
überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können.
BAG 16.12.2010 -2 AZR 770/09
185
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Betriebsbedingte Kündigung
H war seit April 2007 bei der Beklagten als Hausmeister in
einer Seniorenresidenz S GmbH beschäftigt. S holte im März
2011 bei verschiedenen Drittfirmen Angebote ein. In der 24.
Kalender-woche 2011 beschloss ihr Geschäftsführer, ab dem
1.1.2012 die bisher dem Kläger übertragenen Hausmeisterdienste durch einen externen Dienstleister erledigen zu
lassen. Am 20.6.2011 hat er dies dem Personalleiter und der
Heimleiterin mitgeteilt. Mit Schreiben vom 29.6.2011
kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger
ordentlich zum 31.12.2011. Im September 2011 vergab sie die
Tätigkeit an einen der ursprünglichen drei Anbieter.
Hat die Kündigungsschutzklage des H Erfolg?
BAG 20.11.2014 -2 AZR 512/13
186
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Lösung: Betriebsbedingte Kündigung Outsourcen
•
•
•
•
•
•
•
•
187
Die Revision der Beklagten hatte im Sinne der Zurückverweisung Erfolg.
Den Kündigungsgrund habe die Beklagte schlüssig vorgetragen. Demnach habe sich die unternehmerische Entscheidung des
Arbeitgebers zum Kündigungszeitpunkt bereits greifbar und konkret abgezeichnet. Dafür reiche es aus, wenn der Arbeitgeber die
organisatorische Maßnahme endgültig und ernsthaft beschlossen hat. Für einen solchen Beschluss spreche insbesondere die
Offenbarung gegenüber Dritten vom 20.6.2011. Es sei hingegen nicht erforderlich, dass die Maßnahme bereits umgesetzt sei, oder die
Beklagte vorbereitende Handlungen, wie etwa den Vertragsschluss mit dem Drittunternehmen, ergriffen habe. Vielmehr genüge es,
dass sie berechtigterweise annehmen durfte, dass die laufende Kündigungsfrist für die Umsetzung ausreichend Zeit bietet. Die Beklagte
konnte, so der 2. Senat, aufgrund der Anfragen hinreichend sicher annehmen, dass sie rechtzeitig vor Ablauf der Kündigungsfrist einen
geeigneten Dienstleister für die Durchführungen der Tätigkeiten des Klägers finden und damit sein Arbeitsplatz wegfallen werde. Etwas
anderes könne nur dann gelten, wenn die Beklagte ihre Auswahlentscheidung von weiteren, unwägbaren Voraussetzungen abhängig
gemacht hätte, z. B. günstigeren Konditionen als angeboten.
Die unternehmerische Entscheidung unterliegt keinem Formzwang, einer Dokumentation bedarf es nicht. Auch auf eine etwaige
Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung komme es nicht an, da der Geschäftsführer in der GmbH die tatsächliche Macht hat und
daher kündigungsschutzrechtlich wirksam beschließen konnte. Der Arbeitgeber sei zudem bis zur Grenze der Willkür nicht daran
gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen, so dass es auch auf Kostenvorteile
nicht ankomme.
Zurückverwiesen wurde zur Feststellung, ob der Beklagtenvortrag zur Unternehmerentscheidung zutraf. Ferner war zu prüfen, ob es
vergleichbare sozial weniger schutzwürdige Arbeitnehmer als den Kläger gab. Trotz Nennung des Arbeitsortes im Arbeitsvertrag
kommen insoweit auch Arbeitnehmer an anderen Standorten der Beklagten in Betracht, weil der in Bezug genommene Tarifvertrag
Bestimmungen zur Versetzungsmöglichkeit enthält. Sofern kein abweichendes unternehmerisches Konzept zugrunde liege, scheitere
eine Sozialauswahl auch nicht daran, dass Hausmeister anderer Einrichtungen in Vollzeit tätig sind und der Kläger in Teilzeit. Schließlich
war zu klären, ob der Betriebsrat mündlich ordnungsgemäß angehört wurde.
Praxishinweis
Mit der Entscheidung ist jetzt klar, dass der Geschäftsführer schon vor der finalen Fremdvergabe die Unternehmerentscheidung zum
Outsourcing treffen und die darauf gestützte Kündigung aussprechen kann. Auch wenn vorliegend der Beschluss indirekt wahrscheinlich
dadurch bewiesen werden kann, dass er zeitnah verlautbart wurde, empfiehlt es sich, ihn schriftlich festzuhalten. Nichts anderes gilt für
die Betriebsratsanhörung.
Weiterhin großzügig ist der Senat bei Versetzungsmöglichkeiten: Schon die Inbezugnahme eines Tarifvertrages mit
Versetzungsmöglichkeiten hebelt die Ortsangabe im Vertrag aus, was hier im Rahmen der Sozialauswahl zu Lasten des Arbeitgebers
ausgehen kann.
Gefestigt ist mit diesem Urteil schließlich auch, dass ein Beschluss der Geschäftsführung kündigungsrechtlich wirksam ist, selbst wenn
intern die Gesellschafterversammlung zuständig gewesen wäre.
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Betriebliches EingliederungsManagement, § 84 Abs. 2 SGB IX
• AN (auch nicht behindert) ist innerhalb eines
Jahres länger als 6 Wochen krank,
• AG muss Gespräch mit AN über die Gründe
der Arbeitsunfähigkeit zur Verminderung
suchen, insbes. eine „leidensgerechte
Tätigkeit“
• Voraussetzung: Mitwirkung des AN, der seine
Krankheiten offenbart und seine Ärzte von
ihrer Schweigepflicht entbindet
188
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Klagefrist Kündigungsschutzprozess
• 3 Wochen ab Zugang, § 4 KSchG
– Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts
– Vertretung durch: Rechtsanwalt, Gewerkschaft
• Nachträgliche Zulassung, § 5 Abs. 1
– Unverschuldete Versäumnis
– Anwaltsverschulden zuzurechnen, § 278 &BAG 2012
• Versäumnis: Kündigung gilt als wirksam, § 7
(Fiktion!), auch bei
– außerordentlicher Kündigung
– Sonderkündigungsschutz, z.B. Schwerbehinderung
– Jedoch nicht „falsche“ Kündigungsfrist: Umdeutung zur richtigen Frist, wenn Kündigung als „fristgemäße“ erklärt wurde. BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12
189
-
-
-
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
• Teilkündigung Verbot: Weder
– einzelne Vertragsklauseln noch
– Entgelt o. -bestandteile
sind gesondert kündbar
• Änderungskündigung, § 2 KSchG:
– Unbedingte Kündigung des Vertrages
mit voller sozialer Rechtfertigung,
insbes. betriebs- oder personenbedingt
– Angebot eines neuen Arbeitsvertrages
• zu anderen/ schlechteren Bedingungen
• Änderung entfernt sich nicht weiter als erforderlich
vom bisherigen Vertragsinhalt
BAG 10.04.2014 – 2 AZR 812/12
– Bei anderem freien, zumutbaren Arbeitsplatz: Vorrang
vor Beendigungskündigung
190
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Optionen AN auf Änderungskündigung
Kündigung
Konsequenz
1. Annahme
Änderungsangebot
-----
2. Annahme
Annahme
Weiterbeschäftigung
zu geänderten
Bedingungen
Nach Prozessausgang:
AN auf altem oder
neuem Arbeitsplatz
3. Änderungs- Annahme
Schutzunter
Klage
Vorbehalt
4. Klage
191
Ablehnung
Beendigung ArbV
Fortsetzung oder
Beendigung
Arbeitsvertrag
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Kündigungsschutzklage Gründe:
• Waffengleichheit: Arbeitnehmerreaktion auf
einseitige Kündigung
• Arbeitsplatz trägt wirtschaftliche Existenz:
Rechtfertigungsdruck in Familie + bei Freunden
• Abfindung:
• Anspruch nur in Fällen §§ 1a, 9, 10 KSchG
• in (gerichtlichen )Vergleichen
• Sperrzeit: Wenn Kündigung durch Verstoß gegen
Arbeitsvertrag verschuldet, § 159 I Z. 1 SGB III
• Rechtliche Unsicherheit über Wirksamkeit
• Arbeitsgerichte sind Arbeitnehmerschutzgerichte:
(Be-) Urteilen „im Zweifel für den Arbeitnehmer.“
192
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Änderungskündigung Nebenbedingungen
• Ein dringendes betriebliches Änderungserfordernis
iSd. §§ 2 S.1, 1 II 1 KSchG kommt in Betracht, wenn
Nebenleistungen an Umstände anknüpfen, die nicht
notwendig während der gesamten Dauer des
Arbeitsverhältnisses vorliegen, z.B.
• Mietzuschuss, der Preisdifferenz zwischen billiger Werkwohnung und Wohnung auf freiem Markt ausgleichen soll
• Kostenlose Beförderung zum Betriebshof
• Ein Arbeitgeber, der sich auf eine wesentliche Änderung
der maßgebenden äußeren Verhältnisse beruft, stützt sich
auf Umstände, die
neben §§ 1, 2 KSchG den Wegfall der Geschäftsgrundlage
begründen,
• das Beharren auf der vereinbarten Leistung als unbillig und
unberechtigt erscheinen lassen und
• geeignet sind, eine Änderung sozial zu rechtfertigen.
BAG 20.06.2013 - 2 AZR 396/12
•
193
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Änderungskündigung & Auflösungsantrag
B ist seit dem 21.10.1985 bei der Tief- & Straßenbau GmbH
als Baumaschinenführer beschäftigt. Er erhielt zuletzt gem.
Lohngruppe 5 des Tarifvertrages monatlich 3.500 € brutto.
Mit Schreiben vom 14.12.2011 kündigte die TS GmbH das
Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.07.2012 und bot dem
Kläger gleichzeitig die Weiterbeschäftigung ab dem 01.08.
2012 zu den Bedingungen der Lohngruppe 4 an. B nahm
das Änderungsangebot mit Schreiben vom 20.12.2011
unter dem Vorbehalt an, dass die Änderungskündigung
nicht sozial oder aus anderen Gründen unwirksam ist.
B erhebt Kündigungsschutzklage und beantragt zugleich,
das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung
aufzulösen. TS GmbH bestreitet alles. Das Arbeitsgericht hat
festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen
unwirksam ist. Den Auflösungsantrag hat es abgewiesen.
Haben Berufung / Revision des B Erfolg?
BAG 24.10.2013 - 2 AZR 320/13
194
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Lösung: Änderungskündigung und
Auflösungsantrag
• Änderungskündigung ist sozial unwirksam:
– Arbeitsverhältnis bleibt in Lohngruppe 5
• Auflösungsantrag, § 9 KSchG:
– Arbeitnehmer, Abs. 1 S. 1 oder Arbeitgeber, S. 2
– ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht
zuzumuten:
– Auflösung durch das Gericht:
• Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung einer
angemessenen Abfindung
• Beendigungszeitpunkt, Abs. 3
– Keine Anwendung auf Änderungskündigung, auch nicht
analog: Bei bloßem Streit über die Bedingungen gibt es
keinen Grund, das Arbeitsverhältnis durch einen
gerichtlichen Eingriff zu beenden.
195
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Arbeit nach Kündigung
• Freistellung AN
– durch AG bis Ablauf Kündigungsfrist
– unter Anrechnung auf Urlaub + Überarbeit
• Prozessbeschäftigung
– Verhinderung von Annahmeverzug + -lohn
– durch Angebot einer Beschäftigung bis zur
rechtskräftigen Entscheidung
– Problematisch:
• Loyalität des Gekündigten: Ist verloren
• Rechtlich: Zulässigkeit der Befristung
196
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Gewerkschaften
& Tarifverträge
Arbeitnehmerüberlassung
& Scheinselbständigkeit
197
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Koalitionsfreiheit Art 9 Abs. 3 GG
Gewährleistet für jedermann
• das Recht, zur Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen
zu bilden
• Schutz der Grundrechtsträger:
– Gewerkschaften, incl. koalitionsspezifischer
Betätigung, Art. 9 III 1 GG, .
• Werberecht
• Organisation von Streiks
– Arbeitgeberverbände
• Grundrecht auf Streik
198
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Streik-& Tarifrecht
• Industrielle Entwicklung: Streiks
– sind nötig, um die Unterlegenheit des einzelnen
Arbeitnehmers abzumildern
– dienen der Verbesserung der Arbeits- und
Lebenssituation, dem sozialen Fortschritt
• Unverzichtbarkeit des Streiks gegen Ansichten:
– Gehört in Mottenkiste des Klassenkampfes
– In einer vernetzten Wirtschaft verursachen selbst
kleine Streiks immense Schäden
• BAG: Ohne Streikrecht wären
Tarifverhandlungen „kollektives Betteln“
199
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Schutzbereich der Koalition:
• Kollektive Koalitionsfreiheit:
– Bestands- Garantie
– Koalitionsspezifische Betätigungen, insbes.
• Tarifautonomie: Regelung des Arbeitslebens
vorrangig durch Tarifverträge
• Recht zum Arbeitskampf
• Information und Werbung von Mitgliedern
im Betrieb durch Gewerkschaftsmitglieder
• Individuelle Koalitionsfreiheit:
– Gründen, Beitreten, Mitglied bleiben
– Tätigkeit in gewerkschaftlichen Organen
– Ansprüche aus Tarifverträgen
200
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Deutscher Gewerkschaftsbund DGB
Vereinigung von 8 Gewerkschaften:
Gewerkschaft der Polizei GdP
IG Metall (mit Holz Kunststoff, Textil Bekleidung)
IG Bergbau, Chemie, Energie IG BCE
IG Bauen – Agrar – Umwelt
Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
Gewerkschaft Erziehung + Wissenschaft GEW
Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG
Daneben bestehen viele Einzelgewerkschaften, z.B.
die Gewerkschaft der Flugsicherung
201
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Gewerkschaften:
• Zusammenschluss von Arbeitnehmern zur
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen
- Durchsetzen höherer Löhne: Streikrecht
• Schließen mit AG-Verbänden & Arbeitgeber
Tarifverträge: Regelung Arbeitsbedingungen
für ihre Laufzeit mit Friedenspflicht
– Mantel-/ oder Rahmentarifverträge
– Entgelttarifverträge
• Streik: Suspendiert Arbeitsvertrags- Pflichten :
– Arbeitspflicht
– Lohnzahlung
• Streikkasse:
202
Finanziert den Lohnausfall
Arbeitsrecht im Betrieb 6
Anerkennung als Gewerkschaft:
•
•
•
•
•
Privatrechtliche Vereinigung
freiwillig zusammengeschlossen
demokratisch organisiert (Wahl, Urabstimmung)
Bereitschaft zu Tarifverträgen
Unabhängig von
– Gegner sowie
– Staat, Kirche und Parteien
• Hohe Anzahl der Mitglieder vermittelt Durchsetzungskraft gegen Arbeitgeber /-verband
• Verfolgt Vereinigungszweck des Art. 9 Abs. 3
GG: Wahrung und Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen
203
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Tarifverträge:
• Abschluss:
Einigung durch Angebot und Annahme
– Rechtliche Grundlage: Koalitionsfreiheit, Art. 9 II
– Gesetzlicher Rahmen: Tarifvertragsgesetz (TVG)
• Parteien:
– Arbeitgeberseite:
• AG o. Vereinigungen AG, § 2 Abs. 1 TVG
• Handwerksinnungen (§ 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO)
• Innungsverbände (§ 82 Nr. 3 HwO)
– Arbeitnehmerseite:
• Tariffähige Gewerkschaft oder
• Spitzenorganisation = Zusammenschluss von
Gewerkschaften, § 12 TVG
204
Arbeitsrecht im Betrieb 6
Tarifverträge: Inhalte
• Schuldrechtlicher Teil: Verpflichtet TVParteien:
– Durchführung
– Friedenspflicht: Verbot Arbeitskampfmaßnahmen
• Normativer Teil = Regelt Arbeitsverhältnis:
• Abschluss-, Inhalts- & Beendigungsnormen
von Arbeitsverhältnissen, z.B: Arbeitsentgelte,
Kündigungsverbote + –fristen:
– Gelten unmittelbar & zwingend, §§ 3 I, 4 I TVG
– Abweichende Abmachungen nur, wenn durch
Tarifvertrag gestattet o. zugunsten AN, § 3 III TVG
• Arbeitsbedingungen: Angelegenheiten über
individuelle Arbeitsverträge hinaus, z. B. Kurzarbeit,
Überstunden, wöchentliche Arbeitszeit, Pausen,
205
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Arbeitskampfrecht: Streik
• Instrument der Tarifautonomie: Streikziel
– in Tarifvertrag regelbar oder
– Regelung der Folgen einer Betriebsstillegung
– Friedenspflicht solange Tarifverträge gelten
• Urabstimmung + Streikaufruf Gewerkschaft:
– Suspendiert Hauptpflichten aus Arbeitsverhältnis:
• Arbeitspflicht und
• Lohnanspruch ruhen
– Arbeitsniederlegung:
• Gewerkschafts- Mitglieder: Verpflichtet
• Nichtorganisierte: Berechtigt
206
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Arbeitskampfrecht
• Betriebsrat:
– Friedenspflicht, § 74 BetrVG
– darf seine Sachmittel nicht nutzen
• Gegen- Maßnahmen des Arbeitgebers:
– Aufrechterhaltung der Produktion
• Politik der offenen Tür
–
–
–
–
207
Maßnahmen gegen Streikende
Bei Fernwirkungen: Lohnverweigerung
Stilllegung: Suspendierung der Arbeitswilligen
Aussperrung: Nur Abwehraussperrung , wenn
Solidarität der Arbeitgeber bedroht ist
Arbeitsrecht im Betrieb
Tarifvertragsgesetz:
6
• § 1 Tarifvertrag der
• § 2 Tarifvertragsparteien (Koalitionen):
– Gewerkschaften & Spitzenverbände
– Arbeitgeber & Arbeitgebervereinigungen, § 3
– Tarifgebundenheit = Legitimation Normsetzung
Vertragsparteien Mitglieder der Tarifvertragsparteien:
– Arbeitnehmer in Gewerkschaft
– Arbeitgeber in Verband, nicht „Ohne Tarifbindung“
• § 4 Wirkung des Tarifvertrages: Gesetzesgleich
– Unmittelbar: Rechte und Pflichten im Arbeitsvertrag
– Zwingend: Durch Vertrag / Einigung nicht verzichtbar
• § 5 Allgemeinverbindlichkeit
– Erklärung durch Bundesminister Arbeit und Soziales
– Auf Antrag der Tarifvertragsparteien
– sofern „in öffentlichem Interesse geboten erscheint“
208
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Wann gilt ein Tarifvertrag im
Arbeitsverhältnis?
• Allgemeinverbindlichkeitserklärung
durch Bundesministerium für Arbeit und
Soziales, § 5 TVG
• § 4 Abs. 1 TVG: Beide Arbeitsvertragsparteien sind tarifgebundenen:
• Arbeitgeber: Mitglied im Arbeitgeberverband
• Arbeitnehmer: Mitglied der Gewerkschaft
• Nachwirkung, § 4 Abs. 5: Nach Aufhebung TV
bis Neuregelung
• Bezugnahme Arbeitsvertrag:
• Gleichstellung mit Gewerkschaftsmitgliedern
209
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Bezugnahme-Klauseln:
• Arbeitsvertrag verweist auf Tarifverträge
• Arten der Bezugnahme:
– Statisch: Verweist auf den Tarifvertrag, der zum
Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags gilt
– Dynamische: Bezug auf die jeweils gültige
Fassung eines Tarifvertrags, Jeweiligkeitsklausel
• Vorteile für Arbeitgeber
– tarifgebundene: Einheitliche Regelung für alle
AN, unabhängig von Gewerkschaftszugehörigkeit mindert den Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt
– nicht tarifgebundene: Erspart betriebliche
Vergütungsordnung
210
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Allgemeinverbindlicherklärung
• Voraussetzungen, § 5 Abs. 1 TVG:
– Rechtswirksamer Tarifvertrag
– Gemeinsamer Antrag der Tarifparteien
– AvE erscheint im öffentlichen Interesse
geboten
• Überwiegende Bedeutung des TV
• Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklungen
• Wirkungen, § 5 Abs. 4 TVG:
– Ausweitung der Tarifbindung auf Außenseiter
= Einschränkung der negativen Koalitionsfreiheit
– Gesetzesgleich normativ
211
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Allgemeinverbindliche
Tarifverträge: 502 von 72.800
• Baugewerbe
– Bauhauptgewerbe: Bundesrahmentarifvertrag
– Sowie Dachdecker, Fliesenleger, Gerüstbauer,
Maler & Lackierer
– Mit Sozialkassen:
Schlechtwetter, Urlaub
• Bäcker- , Frisörhandwerk
• Hotel- und Gaststättengewerbe NRW
– Sowie Wach- und Sicherheitsgewerbe
• Öffentlicher Dienst:
212
TVöD
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Mindestlöhne durch
• MindestlohnG:
– Allgemeine Regelung 8,50 €/Std. brutto, § 1
– Zeitlohn = unabhängig von Leistung
– Unabdingbarkeit & Umgehungsverbot, § 3
• Tarifverträge:
– Allgemeinverbindlicherklärung, § 5 TVG
– Erstreckung, §§ 3 ff AEntG
• Rechtsverordnungen gem.
– § 7 und §§ 10 ff AEntG, z.B. im Pflegebereich
– § 3 a AÜG: Auf Vorschlag Tarifparteien
– § 4 Abs. 3 Mindestarbeitsbedingungengesetz
213
Arbeitsrecht im Betrieb
Branche
Mindestlöhne 2013
• Bauhauptgewerbe:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Dachdecker
Elektrohandwerk Montage
Gerüstbau, seit 1.8.2013
Maler- und Lackierer
Abfallwirtschaft:
Bergbauspezialgesellschaften
Frisörhandwerk, seit 08/2013
Gebäudereinigung:
Pflegebranche:
Wach- & Sicherheitsgewerbe:
Gastronomie: EntgeltTV
214
6
West
Ost
11,05 €/Std.
10,25 €/Std.
11,55 €/Std.
10,00 €/Std.
10,00 €/Std.
12,00 / 9,75 €/Std.
8,68 €/Std.
Nur bis 31.12.2013
8,75 / 7,75 €/Std.
7,00 –8,75 €/Std.
8,35€/Std.
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Mindestlohngesetz MiLoG
• Ausnahmen:
–
–
–
–
Praktikanten bis 3 Monate, § 22 I
Minderjährige ohne abgeschl. Berufsausbildung, Abs. 2
Berufsausbildung, Abs. 3
Langzeitarbeitslose in den ersten 6 Monaten, Abs. 4
• Anrechnung auf 8,50 €/Std.
– Zulagen, Zuschläge und Sachbezüge: ja
– Urlaubs- /Weihnachtsgeld: Sofern Zufluss bei Fälligkeit
– Trinkgelder: Nein
• Zahlung & Fälligkeit:
– Spätestens am letzten Werktag Folgemonat, § 2
– Bußgeldbewehrt, § 21 Abs. 1 Nr. 9
215
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Mindestlohngesetz MiLoG
• Aufzeichnungspflicht Arbeitszeit, § 17 :
Bestimmte anfällige Wirtschaftszweige
Bis 2.958 €/ Monat Gehalt
Täglich Beginn, Ende und Dauer, Abs. 1
Aufbewahrung für Dauer der Beschäftigung,
mindestens 2 Jahre, Abs. 2
– Zusätzlich: Arbeitszeit über 8 Std./Tag, § 16 II ArbZG
–
–
–
–
• Überwachung & Prüfungen:
– Zollverwaltung, § 14 MiLoG
– Rentenversicherungsträger, § 28 p SGB IV
216
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Vermeidung Arbeitsverhältnis
• Arbeitnehmerüberlassung: Fremde
Arbeitnehmer befristet ausleihen
• Outsourcen: Übertragung von Arbeitsschritten auf selbständige
– Dienstnehmer,
z.B. Buchhaltung
an Steuerberater
– Werkunternehmer, z.B. Rohbau
an Bauunternehmer
Abgrenzung gem. § 7 Abs. 1 SGB IV
§ 2 Abs. 1 Z. 9 SGB VI
217
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Arbeitnehmerüberlassung
Arbeitgeber
Verleiher
Arbeitnehmer
Überlassungsvertrag
Eingliederung
Entleiher
218
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Arbeitnehmerüberlassung:
• Arbeitsvertrag
– Arbeitnehmer
und
– Leiharbeitgeber = Verleiher
zwischen
• Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen
– Leiharbeitgeber
– Entleiher
und
• Eingliederungsverhältnis
– Vertragsarbeitnehmer und
– Entleiher
BAG 18.01.2012 – 7 AZR 723/10
219
zwischen
Arbeitsrecht im Betrieb
6
ArbeitnehmerüberlassungsG
• Verleiher bedarf der Genehmigung des
Landesarbeitsamtes, § 1
– Anderenfalls Arbeitsverhältnis zwischen AN +
Entleiher, § 10 I AÜG: Folgen für Lohnansprüche &
Kündigung
– Ausnahmen von Erlaubnispflicht, § 1 Abs. 3,
insbes. nur gelegentlich, Z. 2 a
• Überlassung nur „vorübergehend“, § 1 Abs. 1
S. 1: Nicht zur Deckung dauernden Bedarfs
• Entleiher - entledigt sich Arbeitnehmerschutz,
– Anspruch auf gleiche Arbeitsbedingungen +
Entgelt, § 10 IV:
„equal pay“
220
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Outsourcing
• Begriff: Ausgliederung von Teilbereiche des
Leistungsprozesses in Werk-/ Dienstverträge
• Abgrenzung:
– Werkvertrag: Unternehmer schuldet Werk = Erfolg
– Dienstvertrag: Dienstleistung
– Arbeitsvertrag: Dienstleistung mit Eingliederung
• Anerkennung, wenn tatsächlich durchgeführt:
– Eingliederung in eigene Arbeitsorganisation:
• Bestimmung Arbeitsbedingungen und - zeit
• Ausübung des Weisungsrechts
– Unternehmerisches Risiko:
• Eigenes Werkzeug und Arbeitsmittel
• Zahlung für Leistung (Aufmaß), nicht für Zeit (Stunden)
221
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Fremdpersonal in Werk-und
Dienstverträgen
• Maßgeblich nicht Vereinbarung oder Bezeichnung, sondern praktische Durchführung:
– Eingliederung in Arbeitsorganisation:
• Ausübung des Weisungsrechts und Kontrollen
• Bestimmung Arbeitsbedingungen und -zeit
– Unternehmerisches Risiko:
• Eigenes Werkzeug und Arbeitsmittel
• Zahlung für Leistung (Aufmaß), nicht für Zeit (Stunden)
• Gewährleistung
• Arbeitnehmer in Organisation des Bestellers:
– Arbeitnehmerüberlassung, § 10 AÜG
– ohne Genehmigung: Arbeitsvertrag mit Entleiher
222
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Kollektives Arbeitsrecht:
• Abgrenzung zu „Individualarbeitsrecht“
• Recht der arbeitsrechtlichen Koalitionen
– Gewerkschaften
– Arbeitgeberverbände
• Tarifvertragsrecht & Arbeitskampfrecht
(Streiks und Aussperrungen)
• Mitbestimmungsrecht in Unternehmen
und Betrieben
– Betriebsverfassungsrecht: Betriebsrat
223
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Gewerkschaften im Betrieb:
• Duales System:
– Gewerkschaften
– Betriebsverfassungsorganen, insbes. Betriebsrat
• Im Betrieb vertretenen Gewerkschaft:
– Initiativrechte:
Bildung von Betriebsräten, §§ 14 Abs. 3, 17 a
Bestellung Wahlvorstand, mit Gewerkschaftsfunktionär
Pflichtverletzung des Betriebsrats, § 23 I
Erzwingung Betriebsversammlung, § 42 Abs. 4
– Vertrauensleute: Interessenvertreter und Sprecher der
Gewerkschaftsmitglieder, beraten den Betriebsrat
– Zutrittsrecht zum Betrieb, § 2 Abs. 2, z.B. Werbezwecke
•
•
•
•
• Rechtsvertretung durch Gewerkschaftssekretäre:
– Geltendmachung Ansprüche von Mitgliedern
– & Vertretung vor dem Arbeitsgericht
224
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Streiks der Gewerkschaft der Lokführer
• Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer(GDL)
vertritt 34.000 Beschäftigte im Eisenbahnverkehr.
Traditionell ist sie Mitglied im Deutschen Beamtenbund.
• Zunächst wirkte die GDL nur für die Interessen der
Zugführer und ist für diese seit 2010 Tarifpartner der
Deutschen Bahn.
• Seit 2002 will die GDL auch die Tarife des übrigen Bahnpersonals aushandeln. Dies führt zu Konflikten mit der
zweiten großen Eisenbahner- Gewerkschaft EVG.
• Im Herbst 2014 gerieten die GDL und ihr Vorsitzender
Claus Weselsky massiv in die Kritik. Ihr wurde insbes.
mangelnde Verhandlungsbereitschaft und unverhältnismäßige Streikmaßnahmen vorgeworfen. Deutschlandweit legten die Zugführer mehrtägig ihre Arbeit nieder.
• In der aktuellen Tarifrunde will die GDL mit Bahnstreiks
fünf Prozent mehr Lohn, eine kürzere Wochenarbeitszeit
sowie eine Begrenzung der Überstunden durchsetzen.
225
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
• Tarifeinheit(bis 2010): Ein Betrieb =ein Tarifvertrag
– Bei Bindung Arbeitgeber an verschiedene Tarifverträge verdrängt der speziellere Tarifvertrag den
anderen.
– Begründung: Übergeordneten Prinzipien der
Rechtssicherheit und -klarheit + praktikable Lösung.
BAG 14.6.1989 - 4 AZR 200/89 + 5.9.1990 - 4 AZR 59/90
Soll gem. Koalitionsvertrag GROKO Gesetz werden.
• Tarifpluralität:
Betrieb wird von verschiedenen
Tarifverträgen erfasst, die Gewerkschaften für Arbeitsverhältnisse derselben Art geschlossenen haben.
– Arbeitgeber ist an beide Tarifverträge gebunden.
– Für jeden AN gilt nur ein Tarifvertrag: TV, der Inhalt,
Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen
ordnet, ist kraft Mitgliedschaft in der vertragsschließenden Gewerkschaft anzuwenden.
BAG 27.1.2010 - 4 AZR 549/08 + 23.6.2010 - 10 AS 2/10 u. 10 AS 3/1
226
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Arbeitskampf gegen Fraport AG
Die Gewerkschaft für Flugsicherung e.V. hat auf dem
Frankfurter Flughafen 200 Mitglieder in der Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und Verkehrszentrale. Februar 2012
führt sie einen Streik mit dem Ziel einer Lohnerhöhung
von bis zu 70 Prozent und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Für einzelne der Forderungen gilt noch ein
Tarifvertrag.
1. Als der Flugverkehr nahezu zum Erliegen kommt,
beantragt die Fraport AG (11.000 Beschäftigte) beim
Arbeitsgericht Frankfurt eine einstweilige Verfügung auf
Unterlassung. Mit Erfolg?
2. Nach Ende des Streiks erheben die
a) Fraport AG
b) Lufthansa AG
Millionenklagen gegen die Gewerkschaft für Flugsicherung. Mit Erfolg?
227
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Arbeitskampf Gewerkschaft für Flugsicherung
e.V. gegen die Fraport AG im Februar 2012
1. Einstweilige Verfügung: Untersagung des Streiks.
Verstoß gegen Friedenspflicht, da auch Forderungen
durchgesetzt werden sollten, zu denen noch ein Tarifvertrag galt. Einzelne Forderungen unter Friedenspflicht machen den Streik insgesamt rechtswidrig.
Arbeitsgericht Frankfurt 29.02.2012 - 9 Ga 24/12
2. Schadensersatzklagen gegen Gewerkschaft
abgewiesen:
a) Lufthansa: Nur Drittbetroffene / nicht bestreikt
b) Fraport: Streik hätte ohne die beanstandeten
Forderungen keinen anderen Verlauf genommen
(rechtmäßiges Alternativverhalten)
Hessisches Landesarbeitsgericht 05.12.2013 - Sa 592/13
228
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Tarifverträge und BGB AT
•
•
•
•
•
Zwischen Gewerkschaft + Arbeitgeber/-verband
Vertrag über Löhne oder Arbeitsbedingungen
durch Einigung, § 145 BGB: Angebot und Annahme
Vertragsbindung, § 1 TVG: Friedenspflicht
Streik:
1. Ist an sich unerlaubte Handlung, § 823 BGB
Verletzt Gewerbebetriebe als absolutes Recht
2. Rechtfertigung durch Streikrecht,
nicht wenn (eine Forderungen in) Friedenspflicht
• Rechtsfolgen:
– Unterlassungsanspruch
– Schadensersatz: Nicht sofern auch bei rechtmäßigem
Verhalten entstanden
229
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Fall: Streikaufruf im Intranet
Die K GmbH betreibt ein Krankenhaus mit 870
Beschäftigten. Nach ihrer Anordnung ist die
Nutzung des Intranets ausschließlich dienstlichen
Zwecken vorbehalten. Mitarbeiter A ist Betriebsratsvorsitzender und Mitglied von ver.di.
Für den 13. April 2011 rief ver.di zu einem Warnstreik bei K auf. Diesen Aufruf leitete A über das
Intranet an alle Arbeitnehmer weiter und rief die
Beschäftigten auf, sich an dem Streik zu beteiligen. Er signierte mit „Für die ver.di Betriebsgruppe“ und fügte seinen Namen an.
K verlangt von A, solche Aufrufe in Zukunft zu
unterlassen. Zurecht?
230
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Lösung: Streikaufruf im Intranet
I. Schutz individuelle Koalitionsfreiheit, Art. 9 Abs. 3 GG:
1.
2.
Gilt nur für Gewerkschaften,
nicht für andere Arbeitnehmervereinigungen,
insbes. nicht für Betriebsräte.
II. Betriebsräte:
1.
2.
3.
§ 2 Abs. 2 BetrVG: Wahrnehmung der Interessen
der Arbeitnehmer und des Betriebes.
§ 74 Abs. 2 S. 1 BetrVG: Arbeitskampfrechtliches
Neutralitätsgebot, aber kein Unterlassungsanspruch.
Jedoch Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers
aus § 1004 BGB (Besitzschutz)
BAG 15.10.2013 – 1 ABR 31/12
231
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Kann der Betriebsrat die Beschäftigung
von Leiharbeitnehmern verhindern?
• Verbot der „nicht vorrübergehenden“
Arbeitnehmerüberlassung, § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG
– Verstoß begründet kein Arbeitsverhältnis mit dem
Verleiher. §§ 9, 10 AÜG gilt nur für die fehlende
AÜG –Erlaubnis.
BAG 10.12. 2013 – 9 AZR 51/13
• Betriebsrat kann Zustimmung wegen Gesetzesverstoß verweigern, § 99 Abs. 2 BetrVG, § 14
Abs. 3 AÜG, wenn
– der LeihAN länger als vorübergehend bzw. ohne
zeitliche Begrenzung statt einer Stammkraft
beschäftigt werden soll. BAG 10.7.2013 – 7 ABR 91/11
– Aufgabenbezogen: Bei objektiv dauerhaft anfallender
Arbeit darf Leiharbeitnehmer nur zu deren aushilfsweiser
Wahrnehmung herangezogen werden.
232
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Equal Pay in der Leiharbeit
• Verleiher muss Leiharbeitnehmer die beim
Entleiher übliche Arbeitsbedingungen + entgelt gewähren, § 10 IV 1 AÜG
vorrangig jedoch Tarifvertrag, § 10 IV 2
• Tarifgemeinschaft Christlicher
Gewerkschaften für Zeitarbeit und
Personalserviceagenturen
• War nie tariffähig
BAG 23.05.2012 - 1 AZB 58/11
• Abgeschlossene Tarifverträge wirkungslos
• Übliches Entgelt geschuldet, § 612 Abs. 2 BGB
• Entleiherhaftung „wie selbstschuldnerischer
Bürge“ für Sozialversicherungsbeiträge, § 28 e
II 1 SGB IV
233
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Fall: Arbeits - oder Werkvertrag?
U wurde für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) seit 2005 aufgrund von 10 „Werkverträgen“
tätig. Im letzten Vertrag vom 23.3./1.4.2009 ist die
„Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für
die kreisfreie Stadt und den Landkreis Fürth“ vereinbart.
Abhängig vom Standort der Ortsakten konnte die Tätigkeit nur in den Dienststellen des BLfD erbracht werden,
einen Schlüssel besaß U nicht. U hat regelmäßig von 7:30
bis 17:00 Uhr gearbeitet, über einen PC mit persönlicher
Benutzerkennung hatte er Zugang zu den Eingabemasken. Der Termin zur Fertigstellung wurde anhand von
Erfahrungswerten kalkuliert und auf den 30.11.2009 festgelegt. Die Vergütung von 31.200 € incl. Umsatzsteuer
durfte U nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter
Gebiete in Beträgen von 5.200 € abrechnen.
U macht geltend, er stünde in einem Arbeitsverhältnis.
BAG 25.09.2013 – 10 AZR 282/12; 17.04.2013 - 10 AZR 272/12
234
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Lösung: Arbeits- oder Dienst-/Werkvertrag?
Kriterien für Arbeitsverhältnis:
• Grad der persönlichen Abhängigkeit
• Weisungsrecht: Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort
der Tätigkeit, § 106 GewO
• Äußeres Erscheinungsbild: Typischer Einsatzbereich von
Arbeitnehmern
• Eingliederung: Ausübung der Weisungsrechte und
Kontrollen durch Einsatzbetrieb
• Leistung persönlich zu erbringen
• Material / Werkzeug des Einsatzbetriebes
• Werk- bzw. Dienstleistungen nicht bestimmbar
• (Abschlags-) Zahlungen: Von Leistungserfolg
unabhängige bzw. auf Stundenbasis
• Gewährleistung vertraglich ausgeschlossen
• Lösung: Wertende Gesamtbetrachtung: Arbeitsverhältnis
235
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Fall: Diebels - Empfangsdienst
Frau Freundlich arbeitet für die Wachdienst
Niederrhein GmbH, Moers. Sie wird als einzige
Mitarbeiterin bei der Firma Diebels, Issum im
Empfangsdienst eingesetzt. Dort wurde sie von
Mitarbeitern der Wachdienst Rheinland GmbH
in ihre Aufgaben eingewiesen, auf die Diebels
auch den Pförtner, die Poststelle und die
Kantine outgesourct hat. Teilweise arbeitet sie
nach Vorgaben der kaufmännischen
Mitarbeiter der Brauerei.
Als Diebels den Empfangsdienst wieder selbst
übernimmt, kündigt Wachdienst Niederrhein
ordentlich.
236
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Lösung: Diebels - Empfangsdienst
Frau Freundlich wurde von Ihrem Arbeitsgeber
WD Niederrhein GmbH weder in ihre Beschäftigung eingewiesen, noch kontrolliert. Diese
prägenden Arbeitgeberaufgaben hat der WD
Rheinland GmbH übernommen.
Rechtsfolgen: ANÜberlassung von Frau Freundlich an den WD Rheinland. Da der WD Niederrhein keine Erlaubnis § 1 AÜG hat, sind sowohl
der Arbeitsvertrag als auch der Überlassungsvertrag zwischen den WD´s unwirksam, § 9 Z. 1.
Der Arbeitsvertrag wird zwischen Frau F und
dem Entleiher WD Rheinland fingiert, § 10 AÜG.
Dieser Arbeitsvertrag besteht ungekündigt fort!
237
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Prekäre Arbeitsverhältnisse:
Sozialversicherungsrechtliche Fallen
• Versicherungs- und Beitragspflichten
abhängig Beschäftigter: Entstehungsprinzip
• Abgrenzungen:
– Abhängige Beschäftigung zu
freier Mitarbeit
– Arbeitnehmerüberlassung zu
Werk- bzw. Dienstvertrag
• Geringfügige Beschäftigung, § 8 I SGB IV:
Überschreiten der Verdienstgrenzen
238
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Verpflichtung Vertragsfremder
• Arbeitnehmer schuldet persönlich, § 613
• Betriebsübergang, § 613 a BGB:
Übernehmer tritt in Arbeitsvertrag ein
• Arbeitnehmerüberlassung des Entleihers
• Verleiher ohne Genehmigung, § 10 AÜG:
• Haftet wie ein selbstschuldnerischer Bürge
für Gesamtsozialversicherungsbeiträge,
§ 28 e II SGB III
• Haftung des Auftraggebers, § 14 AEntG
239
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsverfassungsrecht
240
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsverfassungsrecht
• Betriebsrat: 2. Akteur im Arbeitnehmerlager
– Einbindung der Arbeitnehmer
– in die Führung des Unternehmens durch
– Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte
– auf der Ebene des Betriebes
• Aufgaben des BR, § 2 Abs. 1 BetrVG:
•
•
•
•
241
Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit AG
Beachtung geltender Tarifverträge
Ziel: Wohl von Arbeitnehmern & Betrieb
Friedenspflicht: Kein Streikrecht, § 74 II
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Arbeitnehmer, § 5 BetrVG
• Alle Arbeitnehmer + Auszubildenden, Abs. 1
• Ausgrenzungen, Abs. 2:
– Organvertreter juristischer Person,
– Personengesellschafter,
– Enge Verwandte,
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 5
• Leitende Angestellte, Abs. 3: Grds. nicht
• Berechtigung zu Einstellungen+ Entlassungen
• z.B. Prokura, §§ 48 ff HGB
• Leiharbeitnehmer
BAG 13.03.2013 – 7 ABR 69/11
• Bleiben Angehörige im Verleiherbetrieb, § 14 I AÜG
• Sind im Entleiher-Betrieb nicht wahlberechtigt
• In der Regel Beschäftigte zählen aber bei den
Schwellenwerten des Entleihers gem. § 9 mit
242
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsrat: Wahl
• Bestellung des Wahlvorstands, § 1 WO
– durch den Betriebsrat, § 16 BetrVG
– betriebsratlos, § 17 BetrVG: Durch
• Betriebsversammlung: Einladung 3 AN, Abs. 3
• Gesamt- oder Konzernbetriebsrat, Abs. 1
• Arbeitsgericht, Abs. 4
• Wahlgrundsätze: Demokratisch
• § 14: Geheim + unmittelbar
• § 20: Behinderungs- + Beeinflussungsverbot
• § 21: Amtszeit 4 Jahre, 01.03.-31.05.2010 bis 2014
243
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsrat: Wahl
• Wählerliste, § 2 Wahlordnung (WO):
• Aufstellung durch Wahlvorstand mit Mehrheit, Abs. 1
• Am Wahltag Mitarbeiter über 18 Jahre(Voll- o. Teilzeit)
des Betriebsinhabers + innerhalb betrieblichen
Organisation eingesetzt oder zur Arbeitsleistung
überlassen, § 7 BetrVG
• Auskünfte von AG, Abs. 2
• Eintragung konstituiert aktives+ passives Wahlrecht,
Abs. 3
• Auslegung im Betrieb, Abs. 4
• Einspruch binnen 2 Wochen: Nur durch AN, § 4 WO 4
• Entscheidung durch Wahlvorstand unverzüglich
• Anrufung Arbeitsgericht: Beschlussverfahren
• Wahlausschreibung, § 3 WO
244
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsverfassung BetrVG:
• Betriebsrat:
• Gewählte Mitglieder - bis Erlöschen, § 24
• Ersatzmitglieder rücken nach , § 25 I für
– endgültig ausgeschiedene Mitglieder, § 24
z.B. durch Beendigung Arbeitsverhältnis
– zeitweilig verhinderte Mitglieder
• Geschäftsführung des Betriebsrates:
– BR wählt seinen Vorsitzenden: Alleine zuständig für die
Entgegennahme aller Erklärungen des AG, § 26
– Betriebsratssitzungen, §§ 29, 30:
• Einberufung, bei Verhinderung Ladung Ersatzmitglieder
• Persönlich: Weder Telefon,- noch Videokonferenz
• Beschlussfähigkeit: Mindestens Hälfte anwesend, § 33 II
– Beschlüsse: Grds. mit einfache Mehrheit, § 33 I
245
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Tätigkeit des Betriebsrats, § 37
• Ehrenamtlich = Unentgeltlich
• Während der Arbeitszeit:
– Arbeitsbefreiung, soweit
• Betriebsratssitzung oder
• für BR- Aufgaben erforderlich: Beurteilungsspielraum
– Meldepflicht AN: Ab- + Anmeldung von Arbeit:
•
•
•
•
•
Nicht notwendig persönlich, auch mündlich
Grds. ohne Spezifizierung der beabsichtigten Tätigkeit
Mit voraussichtlicher Dauer der Abwesenheit
Nach Beendigung: Rückmeldung
Zeiterfassung bei Verlassen des Betriebs bedienen
BAG 29.06.2011, 7 ABR 135/09
– Arbeitgeber:
• Kann Dringlichkeit der Arbeit prüfen und
• bei betrieblichen Notwendigkeiten die Unabkömmlichkeit des
Mitarbeiters und eine zeitliche Verschiebung geltend machen
246
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsverfassung BetrVG:
• Kosten der BR- Tätigkeit: Trägt AG, § 40
– Räume, Sachmittel, PC mit Internet, Schulungen
– Kinderbetreuungskosten BAG 23.06.2010 – 7 ABR 103/08
• Hinzuziehung durch AN gegenüber AG: Zur
– Erläuterung des Arbeitsentgelts und Erörterung
Leistungsbeurteilungen und Möglichkeiten
beruflicher Entwicklung, § 82 II
– Einsicht in Personalakte, § 83 Abs. 1
– Beschwerderecht: An AG und an BR, § 84 I
• Betriebsversammlung, §§ 42 ff BetrVG:
– Keine Funktion nach außen, insbes.
– kein Weisungsrecht gegenüber dem Betriebsrat
247
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Mitwirkung des Betriebsrates:
• Zusammenarbeit mit AG, Friedenspflicht, § 74
– § 75 Überwachung Diskriminierungsverbot
– § 76 Bildung Einigungsstelle
– § 78 Betriebsratsmitglieder: Verbot zu
stören, benachteiligen, begünstigen
– § 80 Allgemeine Aufgaben
• Hinzuziehung eines Mitglieds des BR durch AN zu
– § 81 Unterrichtungs- & Erörterungspflicht AG
– § 82 Anhörungs- & Erörterungsrecht AN
– § 83 AN Einsicht in Personalakte
– § 79 Verschwiegenheitspflicht BR Mitglieder
248
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsvereinbarung, § 77
• Privatrechtlicher Vertrag zwischen AG und BR
• Abschluss nach Regeln des BGB AT:
– Ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsrates
Vertretung durch Vorsitzenden
Bei Verstoß gg. höherrangiges Recht: Nichtigkeit
Schriftform, § 125 BGB
Bekanntgabe: Keine Wirksamkeitsvoraussetzung,
AN kann sich aber auf Unkenntnis berufen
• Durchführung durch Arbeitgeber, Abs. 1: Pflicht
• Geltung, Abs. 5: - Unbefristet
–
–
–
–
- Kündigungsfrist 3 Monate
• In Fällen erzwingbarer Mitbestimmung, 87 Abs. 2:
Abschluss durch Einschaltung der Einigungsstelle
249
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsvereinbarungen, § 77
• Tarifverträge: Vorrang + Sperrwirkung, Abs. 3:
– BR hat Regelungsbefugnis wie Tarifpartei
– Ausnahme: Arbeitsentgelt + –bedingungen,
die durch Tarifvertrag geregelt sind oder
üblicherweise geregelt werden
• Verhältnis zum Arbeitsvertrag: Unabdingbar
= Abs. 4: Geltung
– unmittelbar: Regeln Arbeitsverhältnis
– zwingend:
• AN kann nur mit Zustimmung BR verzichten
• Disposition nur durch Betriebsparteien
250
Arbeitsrecht im Betrieb 7
Betriebsvereinbarung, Beispiele:
Arbeitszeit, z.B. Gleitzeit, Anordnung Überstunden
Arztbesuche während der Arbeitszeit, § 616 BGB
Rauch- und Alkoholverbote
Reaktionen auf Alkohol- Drogenverdacht:
– Definition Verdachtsmomente
– Alkoholtest auf Wunsch des Mitarbeiters
• Bei krankhafter Sucht /Alkoholabhängigkeit:
Mitarbeiter soll sich innerhalb von 6 Monaten
einer Rehabilitationsmaßnahme unterziehen
• Umgang mit personenbezogenen Daten der
Beschäftigten (Datensicherheit)
• Tor-, Taschen- und Schrankkontrollen
•
•
•
•
251
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Mitbestimmung Betriebsrat
• Erzwingbare Mitbestimmung, § 87
– Enumerativen Tatbestände, Abs. 1
– Beschränken Direktionsrecht: Weisungen nur mit
Zustimmung des BR wirksam, grds. auch in Eilfällen
– Initiativrecht des Betriebsrats, Abs. 2: Einigungsstelle
• Freiwillige Mitbestimmung, § 88
• Personelle Maßnahmen, § 99
– Unterrichtung bei Einstellung, Versetzung,
Umgruppierung
– Verweigerungsrecht nur in Ausnahmefällen
• Vor Kündigungen eines
– Arbeitnehmers, § 102 BetrVG:
– Betriebsrats, § 15 I 1 KSchuG :
252
Anhörung BR
Zustimmung BR
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Erzwingbare Mitbestimmung § 87 I
• Ordnung des Betriebs + Verhalten AN,
Nr. 1
• Arbeitszeit: Beginn, Ende + Verteilung,
Nr. 2
– Klassisch: Rauch- und Alkoholverbote
– Kollektiver betriebliche Ordnung mit Betriebsbußen
und Ordnungsstrafen
– Arbeitsnotwendige Maßnahmen mitbestimmungsfrei
– Gleitende o. Vertrauensarbeitszeit, Schichtsystem
• Vorübergehende Verkürzung/ Verlängerung d.
betriebsüblichen Arbeitszeit,
Nr. 3
– Kurzarbeit, Überstunden, Zusatzschichten
• Aufstellung Urlaubsgrundsätze und –plan, Nr. 5
• Einführung/Anwendung technischer Einrichtungen, z.B. Arbeitnehmerüberwachung,
Nr. 6
253
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Erzwingbare Mitbestimmung § 87 I
• Verhütung von Arbeitsunfällen + Berufskrankheiten sowie Gesundheitsschutz, Nr. 7
– Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften
– Gefährdungsbeurteilung, § 3 II ArbSchG: Aufbau einer
Arbeitsschutzorganisation BAG 18.03.2014 – 1 ARB 73/12
• Sozialeinrichtungen,
– Nicht bereits Personalverkauf
– Wenn zweckgebundenes Sondervermögen
Nr. 8:
• Betriebliche Lohngestaltung,
Nr. 10
• Akkord- und Prämiensätze,
Nr. 11
– Nicht Lohnbestandteile, insoweit Sperrwirkung TV
– Aber über- und außertarifliche Leistungen
254
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Erzwingbare Mitbestimmung
• Beispiele zu § 87 BetrVG:
– Abmahnung:
• Bloße Warnung: Keine Mitbestimmung
• Jedoch wenn Sanktion beabsichtigt
– Bereitschaftsdienst + Rufbereitschaft: Nr. 2
• Nur Ausgestaltung, nicht Einführung
• Einigungszwang, § 87 Abs. 2:
Anrufung und Spruch der Einigungsstelle
• Rechtsfolgen:
– Zustimmung beseitigt nur kollektivrechtliche Schranke, Wirksamkeit nach Arbeitsvertrag erforderlich
– Verweigerung macht Anordnung auch gegenüber
dem Arbeitnehmer unwirksam
255
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Freiwillige Mitbestimmung, § 88
durch Betriebsvereinbarungen:
• Allzuständigkeit BR für Regelung der
Arbeitsbedingungen
• Gegenstände, als Beispiele:
– Unfallverhütung
– Sozialeinrichtungen
– Vermögensbildung
– Integration & Bekämpfung von Rassismus
256
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Gestaltung der Arbeit
Humanisierung der Arbeitswelt
• § 90 Unterrichtungs- und Beratungsrechte über
Planungen
– (Um-) Bauten Betriebsstätten
– technische Anlagen
– Arbeitsverfahren und –plätze, insbesondere
Bildschirmarbeitsplätze, neue Technologien +
Qualitäts-Management-Systeme ISO 9000
• § 91 Erzwingbare Mitbestimmung bei gesicherten
arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen,
z.B. Arbeitsstättenrichtlinien, DIN, VDE, VDI
Jedoch: Keine Mitbestimmung bei Umsetzung
257
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Beteiligung in allgemeinen
personellen Angelegenheiten
• Personalplanung, § 92 Abs. 1: Informationspflicht über
Personal- Bedarfs-, Deckungs-, Entwicklungs- + Einsatzplanung
• Beschäftigungssicherung, § 92 a:
Vorschlagsrecht, Beratung
• Stellenausschreibung, § 93 : Kann BR verlangen, auch bei
Besetzung mit Leiharbeitnehmer
BAG 15.10.2013 – 1 ABR 25/12
• Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze, § 94:
Zustimmung erforderlich
• Auswahlrichtlinien, § 95: Zustimmung erforderlich
• Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer, § 104:
Initiativrecht
258
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Personelle Einzelmaßnahme § 99
• Arbeitgeber mehr als 20 Arbeitnehmern muss
• vor jeder Einstellung (=Eingliederung),
Ein-, Umgruppierung o. Versetzung
• Betriebsrat umfassend unterrichten
• Zustimmungsverweigerungsrecht BR, Abs. 2:
– Nur in enumerativen Fällen, z.B. Gesetzesverstoß
– Leiharbeitnehmer: Einsatz zur mehr als kurzfristigen
Beschäftigung
BAG 30.09.14 -1ABR 79/12
– Frist für begründeten Widerspruch: 1 Woche
• Antrag Ersetzung durch Arbeitsgericht , Abs. 4
• Geschlossene Arbeitsverträge
– sind ohne Zustimmung wirksam
– jedoch Aufhebungsanspruch des BR, § 101
259
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Vorläufige pers. Maßnahme, § 100
• Personelle Maßnahme i.S.d. § 99
– ist aus schlichen Gründen
– dringend erforderlich
• Verfahren bei Sofortvollzug: Unverzüglich
– unterrichtet Arbeitgeber den Betriebsrat
– teilt Betriebsrat ein Bestreiten dem
Arbeitgeber mit
• Aufrechterhalten bei Bestreiten: Nur wenn
Arbeitgeber innerhalb von 3 Tagen das
Arbeitsgericht anruft
260
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Anhörung Betriebsrat, § 102
1. Vor jeder Kündigung, auch außerhalb KSchuG in
- Kleinbetrieb bis 10 Mitarbeiter
- Wartezeit 6 Monate
2. Anhörung = Unterrichtung Betriebsratsvorsitzender,
§ 26 II 2
- nur bei Verhinderung: an Stellvertreter
- im Betrieb oder empfangsbereit
3. Inhalt: Richtig und vollständig über
– Sozialdaten: Personalien, Familienstand, Kinder
– Betriebszugehörigkeit und Kündigungsfrist
– Ausgeübte Tätigkeit und Verdienst
– Art der Kündigung: außerordentlich oder ordentlich
– Kündigungsgründe, subjektive Determinierung:
• Alle den Entschluss tragenden Gründe
• Soziale Rechtfertigung: Abmahnung, Sozialauswahl
• Bekannte, der Kündigung widerstreitende Umstände
261
Arbeitsrecht im Betrieb
7
4. Form: Keine, dringend empfohlen: Schriftlich
5. Anhörungsfrist, Abs. 2: Kündigung
- ordentlich
- außerordentlich
1 Woche
3 Tage
Verkürzung: Abschließende Entscheidung mitgeteilt
6. Widerspruch des Betriebsrats:
a) Recht nur in den Fällen des Abs. 3
b) schriftlich
c) Folge bei ordentlicher Kündigung:
– Weiterleitung Widerspruch an Arbeitnehmer
– Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zur
rechtskräftigen Entscheidung Arbeitsgericht
262
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Beschränkungen durch Anhörung
• Art der Kündigung: Keine Auslegung der
außerordentlichen als ordentliche Kündigung
• Rechtfertigung der Kündigung, sozial / ao:
– Nur durch die dem BR mitgeteilten Gründe:
• Grundsatz der „subjektiven Determinierung“:
• Arbeitgeber muss alle Umstände mitteilen, die
seinen Entschluss zur Kündigung bestimmt
haben, nicht aber die Interessenabwägung
– Nachschieben von Gründen:
• Nur wenn Gründe bei Kündigung vorlagen, dem
Arbeitgeber aber nicht bekannt waren
• Betriebsrat- Anhörung muss zu den weiteren
Gründen nachgeholt werden, eine neue
Kündigung ist nicht erforderlich
263
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Fehlerhafte Willensbildung BR
• Anforderungen an Beschlussfassung, § 33:
– Sitzung des Betriebsrats
• Ordnungsgemäße Ladung mit Tagesordnung
– Beschlussfähigkeit: Mehrheit der BR-mitglieder
– Persönlich anwesend:
• Keine Telefon- o. Videokonferenz / Internet
• Bei Verhinderung Vertretung durch Ersatzmitglieder
• Vertrauensschutz des Arbeitgebers in
ordnungsgemäße Willensbildung,
– Wenn er von ordnungsgemäßer Beschlussfassung ausgehen kann
– Kein Problem bei Abwarten der Anhörungsfrist
264
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Kündigungsschutz BR-Mitglieder
• Ordentliche Kündig. unzulässig, §15 KSchG
Abs. 1: Betriebsrat
Nachwirkung 1 Jahr
Wahlbewerber bis Bekanntgabe Ergeb
Abs. 3: Wahlvorstand Nachwirkung 6 Monate
Abs. 3a: Einlader zu Betriebsversammlung
bis Bekanntgabe Wahlergebnis
• Außerordentliche Kündig., §103 BetrVG:
– Nur mit Zustimmung des Betriebsrats
• Einholung: Formell wie Anhörung
• Beschränkung auf Gründe in Anhörung
– Ersetzung durch Arbeitsgericht
265
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Kündigungsschutz des Ersatzmitgliedes
1. Der besondere Kündigungsschutz gem. § 15
KSchuG, § 103 BetrVG gilt für Ersatzmitglieder
nur soweit und solange sie ein verhindertes
ordentliches Betriebsratsmitglied vertreten.
Maßgeblich ist der Zugang der Kündigung.
2. Nach Beendigung des Vertretungsfalles
besteht nur der nachwirkende Kündigungsschutz gem. § 15 Abs. 1 S. 2 KSchuG.
BAG vom 27.09.2012 - 2 AZR 955/11
3. Kündigungsschutz des Betriebsrates
während Vertretungsfall durchgehend
266
Arbeitsrecht im Betrieb
1.
7
Zusätzliche Betriebsräte:
• Gesamtbetriebsrat, §§ 47 ff:
Bei mehreren Betriebsräten
• Konzernbetriebsrat, §§ 54 ff:
Verbundene Unternehmen i. S. d. § 18 AktG
2.
Untergliederungen:
• Jugend- + Auszubildendenvertretung, §§ 60 ff
• Schwerbehindertenvertretung, §§ 93 ff SGB IX
• Wirtschaftsausschuss, §§ 106 ff:
– Bestellung + Zusammensetzung durch Betriebsrat
267
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
„Betriebs“- Begriff:
• Unabhängig von Unternehmen als Rechtsträger
• Arbeitsrechtlich (grds. allgemein):
– In einer Betriebsstätte (räumliche Nähe)
– werden Mitarbeiter sowie
– materielle & immaterielle Betriebsmittel für
arbeitstechnische Zwecke
– zusammengefasst, geordnet eingesetzt und
– von einem einheitlichen Leitungsapparat
gesteuert: Einheitliche Entscheidung in
personellen und sozialen Angelegenheiten
268
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Betriebs- Begriff:
• Betriebseinheit mehrerer Unternehmen:
• Einheitliche Leitung: Organisatorische, personelle o.
technische Koordination (z.B. Personalaustausch)
• in personellen und sozialen Angelegenheiten.
• Einheitlicher Standard im Konzern genügt nicht.
BAG v. 13.08.2008 - 7 ABR 21/07
• Bedeutung „Betrieb“ für:
• Kündigungsschutzgesetz:
• Anwendbarkeit: Mitarbeiteranzahl, § 23
• Sozialauswahl:
Einzubeziehende Mitarbeiter
• Betriebsrat, § 1 Abs. 1 BetrVG:
• Einrichtung je Betrieb mit
• mindestens 5 Arbeitnehmern
• von denen drei wählbar sind
269
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Ein Betriebsrat für alle
Die Wohlfahrtspflege Oberbayern gGmbH betreibt
Seniorenzentren, Kindergärten sowie pädagogische
und psychiatrische Einrichtungen mit 2.200 Mitarbeitern in 90 Einrichtungen. Die Hauptverwaltung
mit einer zentralen Personalrechtsabteilung ist in
München. Mit Wahlausschreibung vom 27.03.2006
rief der Wahlvorstand zur Wahl eines gemeinsamen
Betriebsrates für die Hauptverwaltung und 20 Einrichtungen mit jeweils mindestens 5 Arbeitnehmern
auf. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses
beantragt der Arbeitgeber, die Wahl für unwirksam
zu erklären, § 18 Abs. 2 BetrVG.
Wie wird das Arbeitsgericht entscheiden?
BAG, Beschluss 09.12.2009 – 7 ABR 38/08
270
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Ein Betriebsrat für alle
Betriebsratsfähige Organisationseinheiten i.S.d. § 18 Abs. 2
BetrVG sind:
1. Betriebe gem. § 1 Abs. 1: In einer Betriebsstätte verfolgen
Arbeitnehmern von einem Leitungs-apparat gesteuert mit
Betriebsmitteln fortgesetzt arbeitstechnische Zwecke.
2. Selbständige Betriebsteile, § 4 Abs. 1 S. 1: Auf den Zweck des
Hauptbetriebes ausgerichtete und dessen Organisation
eingegliederte Einheit mit einer den Einsatz der Arbeitnehmer
bestimmenden Leitung: Abgrenzbar und ein Mindestmaß
organisatorischer Selbständigkeit, insbesondere eine den
Einsatz der Arbeitnehmer steuernden Leitung (Ausübung
Weisungsrecht).
3. Auslegung: Hauptverwaltung und Einrichtungen sind jeweils
selbständige Betriebe i.S. des § 1 Abs. 1 BetrVG.
Ergebnis: In jeder Einrichtung hätte ein Betriebsrat gewählt
werden müssen.
271
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Befristeter Arbeitsvertrag mit BR
1.
Auch ein Arbeitsvertrag mit einem Betriebsratsmitglied
endet mit der Befristung.
2. Der BR hat Anspruch auf den Abschuss eines
unbefristeten Folgevertrages, wenn der Arbeitgeber
diesen wegen der Betriebsratstätigkeit ablehnt, § 78 II
BetrVG, §§ 280 I, 823 II, 249 I BGB.
3. Dies muss der Mitarbeiter darlegen und beweisen:
Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach die Entscheidung
eines Arbeitgebers, mit einem befristet beschäftigten
Betriebsratsmitglied keinen Folgevertrag zu schließen, auf
dessen Betriebsratstätigkeit beruht. Daher ist weder Raum
für eine entsprechende tatsächliche Vermutung noch für
die Grundsätze des Anscheinsbeweises.
BAG vom
25.06.2014 - 7 AZR 847/12
272
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Betriebsratsbeschluss zu
Betriebsvereinbarung
Ein wirksamer Betriebsratsbeschluss ist
Wirksamkeitsvoraussetzung für eine
Betriebsvereinbarung:
1. Der Vorsitzende vertritt den Betriebsrat nur
nach Außen und im Rahmen der Beschlüsse.
2. Der Betriebsrat kann die Betriebsvereinbarung
nachträglich durch Beschluss genehmigen.
BAG vom 09.12.2014 - 1 ABR 19/13
273
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Betriebsvereinbarung
Frau M war bis Mitte 2009 in einer Brotfabrik beschäftigt, die in 2008 von GL 1 auf GL 2 übergegangen ist.
Bei GL 1 bestand eine Betriebsvereinbarung über die
Gewährung von Bonuszahlungen. Danach entscheidet die Geschäftsleitung zu Anfang jeden Jahres, ob
sie den AN als freiwillige Leistung einen Bonus zahlt.
Am 28.01.2009 beschließt der Vorstand GL 2, für 2008
keinen Bonus auszuschütten.
Frau M klagt gegen GL 2 auf Zahlung eines angemessenen Bonus. Hilfsweise will sie Schadensersatz, da GL
2 die Entscheidung für 2008 bereits Anfang 2008 hätte
treffen und bekanntmachen müssen.
Hat die Klage Erfolgsaussichten?
BAG vom 13.12.2011 1 AZR 432/10
274
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Betriebsvereinbarung
1. Anspruch auf Bonus:
1. Die Betriebsvereinbarung ist auf GL 2 übergegangen, §
613 a BGB.
2. Sie gibt aber keinen Anspruch auf Bonus, sondern lässt
dem Arbeitgeber die freie, ungebundene Entscheidung. GL 2 hat wirksam entschieden, keinen Bonus für
2008 zu zahlen. Ergebnis: Kein Anspruch auf Bonus.
2. Anspruch auf Schadensersatz:
1. GL 2/1 hätte Anfang 2008 entscheiden müssen. Er hat
diese Verpflichtung verletzt, § 280 I BGB.
2. GL 2/1 hat die Pflichtverletzung zu vertreten, § 276 I BGB.
3. Frau M hat durch die Verzögerung aber keinen Schaden
in ihrem Vermögen erlitten, insbes. keinen Anspruch auf
Bonus.
Ergebnis: M hat keinen Anspruch auf Schadensersatz
275
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Internes Recruitment-Center
Arbeitgeberin unterhält deutschlandweit 390 Filialen.
Ihr Verkaufsgebiet ist in 15 Regionen eingeteilt, jeder
Region ist ein Recruitment- Center angegliedert. Die
Filialleiter teilen dem jeweiligen Center die zu besetzenden Stellen mit. Das zuständige Recruitment-Center
prüft alle Bewerbungen; die, die die geforderten
Kriterien erfüllen, übermitteln es der Filialleitung. Diese
trifft die Auswahlentscheidung und führt das
Anhörungsverfahren nach § 99 BetrVG durch, wobei
sie den Betriebsrat über alle bei ihr eingegangenen
Bewerbungen informiert und ihm alle ihr vorliegenden
Bewerbungsunterlagen zur Verfügung stellt.
Der Betriebsrat hält dies für unzulässig. Er verlangt, dass
ihm die Unterlagen aller Bewerber zur Verfügung
gestellt werden.
LAG Schleswig - Holstein 29.22.2012 – 5 TaBV 8/12
276
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Internes Recruitment-Center
Der Betriebsrat hat gem. § 99 I BetrVG Anspruch auf
Auskunft über alle Bewerber und Aushändigung der
Bewerbungsunterlagen.
Das interne Recruitment- Center trifft eine Vorauswahl
unter den Bewerbern + unterbreitet einen Besetzungsvorschlag, z.B. um ein bundeseinheitliches Unternehmenskonzept zu wahren. Diese „Vorauswahl“ umgeht
die Mitbestimmung des Betriebsrats + ist rechtswidrig.
Nicht erheblich ist, dass diese Verfahrensweise bei der
Fülle der Bewerbungen effizient und sinnvoll ist.
Anders, wenn AG ein externes Personalberatungsunternehmen beauftragt, die Stelle auszuschreiben +
aus den Bewerbungen Besetzungsvorschläge zu
unterbreiten: AG muss dem Betriebsrat nur Auskunft
über die Bewerber geben, die Personalberatung
vorschlägt.
277
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
LeihAN: Betriebsangehörige des
• Verleihers, § 14 I AÜG
• Betriebsrat aktives+ passives Wahlrecht, §§ 7 II , 8 BetrVG
• Kündigungsschutz: Mehr als 10 Mitarbeiter, § 23 I KSchG
• Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung
BAG 24.01.2013 - 2 AZR 140/12; 20.06.2013 – 2 AZR 271/12
• Entleihers: Leiharbeitnehmer
• Zählen mit bei der Betriebsgröße für
– Zahl Betriebsrat- Mitglieder, § 9 BetrVG
– Kündigungsschutz / Kleinbetrieb, § 23 I KSchG,
• wenn sie eingesetzt sind BAG 15.12.2011 – 2 AZR 42/10
– nicht nur vorübergehend o. als Personalreserve,
– sondern auf Dauer- Arbeitsplatz mit ständigem,
nicht schwankenden Sockelarbeitsvolumen.
278
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Leiharbeitnehmer bei Amazon
Amazon Bad Hersfeld beschäftig 65 Leiharbeitnehmer ab dem 1.3.2013. Die Beschäftigung im Hinblick auf das Ostergeschäft ist bis
zum 31.03. befristet. Dann sollen die Hälfte der
Leiharbeitnehmer in ein festes Beschäftigungsverhältnis übernommen werden. Der Betriebsrat erfährt davon und widerspricht der
a) Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und
b) ihrer Übernahme in ein Arbeitsverhältnis
und ruft das Arbeitsgericht an. Mit Erfolg?
279
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Leiharbeitnehmer bei Amazon
1.
2.
3.
4.
5.
280
AG hat BR über personelle Einzelmaßnahmen zu
unterrichten, insbes. über Einstellungen, § 99 Abs. 1
Die Arbeitsaufnahme von LeihAN ist Einstellung , da
Eingliederung in den Betrieb, siehe auch § 14 III 1 AÜG
Betriebsrat kann Zustimmung nur in den Fällen des Abs.
2 verweigern, insbes. bei Gesetzesverstoß
Mitteilung der Verweigerung binnen 1 Woche mit
Gründen, dann Fiktion Zustimmung, Abs. 3 S. 2.
Arbeitgeber kann Ersetzung der Zustimmung beim
Arbeitsgericht beantragen, Abs. 4
a) Beweislast: BR für Formalien, AG für Nichtvorliegen
b) § 100: Dringlichkeit und keine Weigerungsgründe
c) Arbeitsgerichts Bad Hersfeld, Hinweis in Güteverhandlung: Entscheidung bis zum 31.03.2013 nicht
möglich, so dass Erledigung der Hauptsache
eintreten wird.
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Anhörung Betriebsrat vor Kündigung
Der G – GmbH mit 25 Mitarbeitern möchte Arbeitnehmer A
kündigen, der 2012 abgemahnt wurde, weil er am 04.04.
2012 ohne Entschuldigung 2 Stunden verspätet zur Arbeit
erschienen ist. Der Geschäftsführer teilt dem Betriebsrat die
Personaldaten von A mit, d.h. Namen, Geburtsdatum und
Familienstand, den Arbeitsplatz im Betrieb und das Einstellungsdatum, sowie dass eine Behinderung nicht bekannt
sei. Als Grund für die geplante ordentliche Kündigung gibt
der G-GmbH „verhaltensbedingte Gründe“ an und
schildert als Anlass, dass der A am 05.07.2013 erst um 9:10
Uhr und damit eine Stunde und zehn Minuten zu spät bei
der Arbeit erschienen ist, ohne dass eine Krankmeldung
oder Entschuldigung vorgelegen hätte. Der Betriebsrat
stimmt der Kündigung zu.
G-GmbH kündigt außerordentlich, hilfsweise fristgerecht.
Sind die Kündigungen wirksam?
281
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Anhörung BR vor Kündigung
1. Außerordentliche Kündigung: Keine Anhörung des
Betriebsrates, Kündigung unwirksam, § 102 I BetrVG
2. Ordentliche Kündigung:
1. Anhörung Betriebsrat:
Formell i.O.
2. Soziale Rechtfertigung, § 1 Abs. 2 KSchuG
Verhaltensbedingt:
a) Zuspätkommen: Verstoß im Leistungsbereich
= Abmahnung erforderlich
b) Abmahnung wegen Verstoß am 04.04.2012
kann nicht berücksichtigt werden, weil in
Anhörung des Betriebsrates nicht angegeben
282
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Zustimmung Betriebsrat zur Kündigung
Das Vorstandsmitglied H der Pharma AG bespricht
am 01.06.2004 mit mehrere Betriebsratsmitglieder,
dass der angestellte Kraftfahrer K unerlaubt mit
einer Kleingaststätte selbständig ist und aus
diesem Grunde fristlos, hilfsweise fristgerecht
gekündigt werden solle.
Varianten:
1. Alle anwesenden BR Mitglieder äußern sich
zustimmend, Pharma AG kündigt K am 02.06.2004.
2. Der Betriebsrat berät über das Anhörungsschreiben vom 01.06. abschließend am 04.06. und
beschließt, nicht zu widersprechen. Pharma AG
kündigt K am 07.06.2004 fristlos, hilfsweise
fristgerecht.
BAG 03.04.2008 - 2 AZR 965/06
283
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Zustimmung BR zur Kündigung
1. Die Unterrichtung mehrerer BR-Mitglieder erfüllt nicht
die Anforderung einer BR-Anhörung, weder a)
Unterrichtung des BR-Vorsitzenden, noch
b) Beschluss in ordentlicher Betriebsratssitzung nach
Ladung an alle und Anwesenheit der Mehrheit.
Zustimmende Äußerung „mehrer“ ist - für Arbeitgeber
offensichtlich - nicht ordnungsgemäß.
Die Kündigung vom 02.06.2004 ist mangels
ordnungsgemäßer Anhörung unwirksam.
2. Kündigung vom 07.06.2004: Die Anhörungsfrist läuft
an diesem Tag erst um 24 Uhr ab. Nach abschließender Beratung des Betriebsrats am 04.06. kann
die Kündigung (vorzeitig) ausgesprochen werden.
Kündigung ist formell wirksam.
284
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Kündigung eines Betriebsrats
Spedition S GmbH: Ein Fahrer erfährt Freitagnacht,
dass er Samstag operiert werden muss. Er will die
persönlichen Sachen aus der Sattelzugmaschine
(SMZ) holen und findet diese nicht auf dem Platz.
Auf Strafanzeige S ermittelt die Polizei über das
Betriebshandy den Standort in einem Industriegelände. Dort wird der Disponent A am Sonntag
Abend festgenommen, als er die SMZ zum Platz
zurückfahren will. Der volle Tank von 750 l ist leer. A
ist seit 6 Jahren beschäftigt und Mitglied des
Betriebsrats.
Der Betriebsrat stimmt seiner fristlosen Kündigung
am Montag zu, S kündigt am Dienstag
außerordentlich.
285
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Kündigung Betriebsrats
1.
Zustimmung Betriebsrates
1. nur zu außerordentlicher Kündigung,
2. keine Auslegung als ordentliche
2. Ordnungsgemäß, wenn
a) Sitzung Betriebsrat mit
1. Ladung aller Mitglieder, für zu Kündigenden das
Ersatzmitglied
2. Anwesenheit der Mehrheit des Betriebsrates
b) Vertrauensschutz Arbeitgeber, wenn er von einer
ordnungsgemäßen Beschlussfassung ausgehen
durfte und keine hindernden Umstände wusste
3. Kündigungsschutzprozess:
a) Sachverhalt trägt objektiv ao Kündigung
b) Berücksichtigt werden nur Gründe, zu denen der
Betriebsrat angehört wurde.
286
Arbeitsrecht im Betrieb
7
Leitende Angestellte:
• Qualifizierende Merkmale, § 5 Abs. 4
– Berechtigung zu Einstellungen +Entlassungen
– z.B. Prokura, §§ 48 ff HGB
• Herausnahme aus Betriebsverfassung und
in Sprecherausschussgesetz:
– Anhörung vor Kündigung nicht § 102 BetrVG ,
– sondern Sprecherausschuss, § 31 SprAG
• Kündigungsschutzgesetz, § 14 II:
– Keine Begründung Auflösungsantrag, § 9
287
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Rückkehr zur Klöckner AG
Leonard Arbeiter ist 1999 mit Abspaltung der Klöckener International GmbH aus Klöckner Stahlhandel
ausgeschieden. Nach Verkauf an Al Bragandhi in
2004 kehrt er ohne sozialen Besitzstand zu Klöckner
Stahlhandel zurück. Im Arbeitsvertrag mit umfassenden Befugnissen wird er als „Leitender Angestellter“ bezeichnet.
An seinem 1. Arbeitstag bekommt er auf dem Weg
in die Chefetage im Aufzug Platzangst und gesteht
dem Personalchef, von Kunden „fördernde
Zuwendungen“ erhalten zu haben. Er wird nach
Hause geschickt, um seine kranke Frau zu pflegen.
Nach Anhörung des Sprecherausschusses wird er 3
Wochen später mit 2- Wochen- Frist gekündigt.
Hat die Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg?
288
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Rückkehr zur Klöckener AG
• Abspaltung + Betriebsübergang § 613 a:
Bei Rückkehr kein sozialer Besitzstand
• Kündigungsgrund:
– Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB,
Dienstbezug obwohl bei alter Arbeitgeberin
– Kein Kündigungsschutz während Probezeit 6 Monate
– Anhörung BR: Nein, wenn leitender Angestellter Anhörung
Sprecherausschuss
– BAG: Einweisung in Arbeitsbereich erforderlich, Einführung
wurde aber bereits im Aufzug abgebrochen.
• Kündigungsschutzprozess:
– Im Kammertermin:
– Neue Kündigung:
• a.o., § 626 II:
• KündigungsschutzG:
Probezeit war abgelaufen
Kein Kündigungsgrund:
2-Wochenfrist vorbei
Kein Grund, nicht verhaltensbedingt
– Vergleich: Beendigung AV gegen Abfindung 40.000 €
289
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Betriebsänderungen, § 111 BetrVG
• Betrieb mit i.d.R. mehr als 20 Arbeitnehmern
• Betriebsänderungen:
–
–
–
–
Betriebsstillegung, -einschränkung, -verlegung
Wesentlicher Personalabbau, § 17 KSchG o. 5%
Grundlegende Änderung Betriebsorganisation
Grundlegend neue Arbeitsmethoden
• Wesentliche Nachteile für die Belegschaft
• Beteiligungsrecht: AG muss BR unterrichten +
mit BR beraten
• Folge: Kündigungen betriebsbedingt,
Sozialauswahl ist schwierig
290
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Direktionsrecht &
Arbeitsrechtliche
Gesetze
291
Arbeitsrecht im Betrieb
Grundlegende
Rechte &
8
Pflichten
Arbeitgeber:
Direktionsrecht
Beschäftigung
§ 106 GewO
Arbeit zuweisen
= Eingliedern
Fürsorge
•
Arbeitnehmer:
Lohnzahlung
Loyalität
Arbeitsgesetze: Überwiegend einseitig
zwingend zugunsten des Arbeitnehmers
•
Arbeitsrecht
im Betrieb, Sommersemester 2015
292
Dr. Joachim Ingendahl
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Direktionsrecht AG, § 106 GewO
• Ort der Arbeitsleistung
– Erweiterung durch Direktionsrechtsregelungen im
Arbeitsvertrag: Montage, Versetzungsvorbehalt
• Art der zu leistenden Arbeit +
Arbeitstempo
• Zeitlicher Umfang der Arbeitspflicht:
– Anordnung Überstunden: Nur bei Vereinbarung in
Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag
Einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, §
315 BGB: Konkretisierung der vom AN geschuldeten Tätigkeit nach billigem Ermessen
293
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Lohnabrechnung, § 108 GewO
•
•
•
•
Steuerklasse / Kinder
Bruttolohn
Sozialversicherungen
Lohnsteuer
• Nettolohn:
• Urlaubstage
• Zeitkonto:
z.B. III/ 3
Sachzuwendungen, z.B. PKW
AN – Anteile
AN: Schuldner
AG: Einbehalten + Abführen
an FA, § 39 b EStG
Überweisungsbetrag
Übertragung: Auch Vorjahr
Überstunden, Minusstunden
Anspruch monatlich, jedoch nur bei Änderungen
Arbeitsrecht
im Betrieb, Sommersemester 2015
294
www.ingendahl-rust.de
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Zeugnis, §§ 630 BGB, 109 GewO
• Holschuld des Arbeitnehmers
• Zwischenzeugnis:
– Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses
– Nur bei triftigem Grund
• Einfaches Zeugnis, § 109 I 2 GewO:
– Bei Arbeitsverhältnis bis 6 Monate
– Nur Personalien, Art + Dauer Beschäftigung
• Qualifiziertes Zeugnis, § 109 I 3 GewO :
– Bewertung von Leistung und Verhalten: Wahr
– Darf AN in seinem Fortkommen nicht hindern:
Nur positive Formulierungen
Arbeitsrecht
im Betrieb, Sommersemester 2015
295
www.ingendahl-rust.de
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Arbeitnehmerdatenschutz:
• Art. 2 GG: Informationelle Selbstbestimmung
• Betriebsverfassungsgesetz:
• § 75 II:
Freie Entfaltung der Persönlichkeit
• § 87 I Nr. 1: Ordnung des Betriebs + Verhalten AN
Nr. 6: Technische Einrichtungen, wohl nur
Hardware
• Anwendungsfälle verdeckte Überwachung:
•
•
•
•
•
Sammlung von Krankheitsdaten
Einsatz von Privatdetektiven und Testkunden
Tracking: GPS – Ortung Dienstwagen & –handy
Einsicht in Telefondaten + E-Mail- Korrespondenz
Videoüberwachung / Abhören von Telefonaten
Arbeitsrecht
im Betrieb, Sommersemester 2015
296
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Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesdatenschutzgesetz BDSG
• Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen
Räume, § 6 b
• Behördenanfrage zu Mitarbeiterdaten, § 13 I a:
•
•
•
•
Muss Rechtsgrundlage nennen
Prüfung: Identität und Rechtsgrundlage
AG muss Betroffenen unterrichten + anhören
Antwort niemals am Telefon o. per E- Mail,
nur durch Datenschutzbeauftragten
• Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung personenbezogener Daten, § 32
• Für Begründung, Durchführung o. Beendigung des
Arbeitsverhältnisses erforderlich oder
• Tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten
297
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesdatenschutzgesetz BDSG
• Datenschutz am Arbeitsplatz-PC
• Pflicht zu internem Datenschutz, Passwörter
• Automatische Sperre bei Inaktivität
• Sanktionen bei unzulässiger Erhebung:
• Beweisverwertungsverbot im (Kündigungsschutz-)
Prozess vor Arbeitsgericht
• Buß- und Strafvorschriften, §§ 43, 44
298
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Berufsbildungsgesetz, BBiG
• Berufsausbildungsvertrag, § 10 Abs. 2:
– Grds. Vorschriften zum Arbeitsvertrag
– Besonderheiten aus Wesen + Zweck der Ausbildung
• Probezeit, § 20:
1 bis 4 Monate
• Ende Ausbildungsverhältnis, § 21
– Bestehen der Abschlussprüfung, Abs. 2
– Durchfallen in 2. Wiederholungsprüfung, Abs. 3
– Verlängerung insgesamt max. 1 Jahr
• Übergang in Arbeitsverhältnis :
– Übernahmeverpflichtung: nur tariflich oder
vertraglich
– Fiktion bei Weiterarbeit, § 24
299
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Kündbarkeit des
Berufsbildungsvertrages, § 22
• In Probezeit, Abs. 1:
• ohne Begründung
• mit Ein- Tages- Frist
• Nach Probezeit, Abs. 2: Enumerativ
–
–
–
–
Auszubildender: Wegen Aufgabe dieser Ausbildung
Beide: Außerordentlich mit schriftlicher Begründung
Bestehen der Abschlussprüfung, Abs. 2
Gerichtlichte Geltendmachung:
• Sofern Ausschuss nach § 111 II ArbGG eingerichtet:
Zunächst diesen anrufen, keine 3- Wochen- Frist
– Praxis: Einvernehmliche Beendigung
300
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesurlaubsgesetz, BUrlG
• Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub:
– Mindestens 4 Wochen,
– Auf Basis 6- Tage- Woche:
§§ 3 Abs. 1 , 13
24 Tage
• Voraussetzungen für Urlaubsanspruch:
– Wartezeit § 4 : Erstmals nach 6 Monaten
– Kein volles Jahr gearbeitet :
• Teilurlaub, § 5 Abs. 1: 1/ 12 je voller (Kalender-) Monat
• ab 01.07. Anspruch auf gesamten Jahrurlaub
– Auch bei Krankheit & in ruhendem Arbeitsverhältnis
BAG 07.08.2012 – 9 AZR 353/10
– Nicht bei: Kurzarbeit „Null“+ Elternzeit, § 17 I 1BEEG
• Urlaubsentgelt, § 11: Lohn ohne Arbeitsleistung
– Durchschnittlicher Arbeitsverdienst aus 13 Wochen / 3 M.
– ohne Überstunden & einmaligen Leistungen
301
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesurlaubsgesetz, BUrlG
Urlaubserteilung, § 7 :
• Auf Antrag des Arbeitnehmers, Abs. 1
– Urlaubswünsche maßgeblich,
– außer dringende betriebliche Belange
– Gewährung grds. zusammenhängend,
zumindest 12 Werktage
• Bewilligung durch Arbeitgeber, Abs. 2:
Ist grds. unwiderruflich
• Nach Kündigung: Anordnung einseitig
durch AG , üblich: „Freistellung unter
Anrechnung auf Urlaub und Mehrarbeit“
302
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesurlaubsgesetz, § 7 BUrlG
• Verfall des Urlaubs: Grds. am 31.12. des Jahres
• Übertragung ins nächste Kalenderjahr, Abs. 3
– Rechtzeitig verlangter Urlaub wurde
– aus dringenden betriebliche o. personenbedingten Gründen nicht gewährt
– Übertragungszeitraum 3 Monate: Bis 31.03.
• Verlängerung vertraglich möglich
BAG 07.08.2012 - 9 AZR 353/10; 16.10.2012 - 9 AZR 63/11
• Langfristige Erkrankung
Übertragungszeitraum:
– Gesetzlicher Mindesturlaub 15 Monate
• 24 / 20 Tage + 5 Tage Schwerbehinderte
– Tariflicher Mehrurlaub:
BAG 12.11.2013 – 9 AZR 551/12
303
Tarifliche Verfallfrist
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bildungsurlaubsgesetz NW
• Regelung länderweise unterschiedlich
• Anspruch jeder Arbeitnehmer, § 3:
– 5 Tage pro Jahr
– Zwei Jahre können zusammengefasst werden
• Antrag und Bewilligung, § 5
• Bildungsveranstaltungen, § 9:
– Allgemein zugänglich
– Täglich in der Regel 8, mindestens 6 Unterrichtstunden à 45 Minuten
304
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Entgeltfortzahlung, EFZG
• An gesetzlichen Feiertagen, § 2:
– Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, 01.05. Tag der Arbeit,
Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, 1. + 2. Weihnachtstag
• Im Krankheitsfall, § 3:
Abs. 3: Erst nach 4 Wochen, selbst bei Arbeitsunfall
Abs. 1: Bis zu 6 Wochen je Krankheit ohne Verschulden
• Fortzuzahlen, § 4: Regelmäßiges Entgelt, ohne Überstunden
• Anzeige- und Nachweispflicht, § 5:
– Arbeitsunfähigkeit mehr als 3 Kalendertagen: Vorlage der
ärztlichen Bescheinigung am 4. Arbeitstag
– AG kann – ohne besonderen Sachgrund - früher verlangen
BAG 14.11.2012 - 5 AZR 886/11
• Bei Kündigung wegen Erkrankung, § 8 I: Lohnanspruch
bleibt, jedoch längstens für 6 Wochen: Nachweis schwierig
305
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, § 3
• Krankheit: Regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der einer Heilbehandlung bedarf, § 44 SGB V:
• Auch Abhängigkeit von Alkohol, Drogen, Nikotin, sobald
AN seine Steuerungsfähigkeit verloren hat oder Diagnose.
• Nicht: Regelgerecht verlaufende Schwangerschaft,
altersbedingtes Nachlassen der Arbeitskraft, Schönheits-OP
• Kausal für Unfähigkeit zur vertraglichen Arbeit:
• Abhängig von Art + Umfang der geschuldeten
Arbeitsleistung: Arbeitsvertrag und Direktionsrecht
• Krankheit ist alleinige Ursache
• Keine Teil- Arbeitsunfähigkeit, § 266 BGB
• Jedoch keine AU, solange AG im Rahmen seines Weisungsrechts dem AN noch genug Arbeit zuweisen kann:
– Verkäufer kann nicht Heben / Maler darf nicht auf Gerüst
Schaub § 98, 17; BAG 29.01.1992 - NZA 92, 643
306
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Entgeltfortzahlung bei Krankheit
• Nachweispflicht, wenn AU länger als 3 Tage, § 5:
– Arztattest vorlegen: Starke Indiz-Wirkung
– Widerlegung AG: Ernsthafte Zweifel
• z.B. AN hat Erkrankung angekündigt
• Facebook: „Ab zum Arzt und dann Kofferpacken!“
– Bei Zweifeln des AG über Krankenkasse: Vertrauensarzt
= Medizinischer Dienst, § 275 I Nr. 3 SGB V
– Erkrankung im Ausland:
• EU- Arztattest erbringt Vollbeweis
• Übriges Ausland: Grds. gleicher Beweiswert
• Ambulanter Arztbesuch ohne Arbeitsunfähigkeit:
– Kein Lohnfortzahlungsgrund: Nur Erkrankung als Anlass
– Arbeitsverhinderung, § 616 BGB:
• Ärztliche Versorgung während der Arbeitszeit erforderlich oder
• Sprechstunden liegen in der Arbeitszeit und Termin außerhalb
der Arbeitszeit kann nicht vereinbart werden
307
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Lohnfortzahlung AG bei
• Fortsetzungserkrankung (ein LFZ Zeitraum), §
3 Abs. 1 S. 2, wenn
– Nr. 1: zwischen dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit und Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit 6 Monate liegen
– Nr. 2: seit Beginn der 1. Arbeitsunfähigkeit und der
2. infolge derselben Krankheit ist eine Frist von 12
Monaten abgelaufen
– sich beide Krankheiten zeitlich überschneiden,
Grundsatz der „Einheit des Verhinderungsfalles“
• Andere Erkrankung (neue LFZ) : Sobald Mitarbeiter zwischendurch gesund geworden
308
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Keine Entgeltfortzahlung, § 3 I:
Arbeitsunfähigkeit durch grobes Verschulden
• Unfälle:
•
•
•
•
•
Vorsätzlich: Schaden zumindest in Kauf genommen
Arbeitsunfälle ohne Schutzkleidung
Alkoholmissbrauch, bei Alkoholsucht fraglich
Schlägerei: Wenn herausgefordert
Sportunfälle: BAG nur bei „besonders gefährlicher Sportart“
• Genesungswidriges Verhalten: Entscheidung Arzt:
AN muss unterlassen, was die Genesung verzögern könnte
• Versuchter Suizid: i.d.R. psychische Ausnahmesituation
• Sterilisation, Schwangerschaftsabbruch: Fiktion § 3 Abs. 2
• Anspruch und Prozess:
• Arbeitgeber:
Darlegungs- und Beweislast
• Arbeitnehmer: Auskunfts- und Mitwirkungspflicht
309
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Mutterschutz- Gesetze
• Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter
– 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Entbindung
– Stillende Mütter, z.B. § 7
• Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG:
–
–
–
–
Berechtigte, § 1
Höhe, § 2
Bezugszeitraum, § 4: Bis 14. Lebensmonat
Anspruch auf Elternzeit, § 15: 1 bis 3 Jahre
• Auch anteilig und von beiden Elternteilen, Abs. 3
• ggf. anderweitige Erwerbstätigkeit, Abs. 4
– Kündigungsverbot, § 18: Zustimmungsvorbehalt
310
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundeselterngeld- und
Elternzeitgesetz, BEEG
• Elterngeld, § 4: Bis 14. Lebensmonat bei Teilung Eltern
– Berechtigte, § 1: Keine volle Erwerbstätigkeit
– Höhe, § 2: 67 % des Einkommens, max. 1.800 €/Monat
• Betreuungsgeld, §§ 4 a ff
• Elternzeit, § 15 Abs. 3: 1 bis 3 Jahre
– Ruhen des Arbeitsverhältnisses
– Erwerbstätigkeit, Abs. 4
• Kündigungsverbot, § 18 :
• Ab Verlangen Elternzeit, längstens 8 Wochen vor
Beginn sowie während der Elternzeit
• Auch während Probezeit
311
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter MuSchuG
• Beschäftigungsverbote für Mütter, § 3 ff:
– Werdende 6 Wochen, § 3 Abs. 2 und
– 8 Wochen nach der Entbindung, § 6 Abs. 1
• Mutterschutzlohn, § 11:
Entgelt bei Beschäftigungsverboten
• Mutterschaftsgeld,
•
Von Krankenkasse , 13 §:
13 € kalendertäglich
• Arbeitgeber- Zuschuss, § 14: Schutzfristen + Entbindungstag
• Durchführung :
– Aushang, Auskunftspflicht, Aufsichtsbehörden
• Mutterschutzverordnung MuSchV
312
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Mütter: Kündigungsschutz
• Mutterschutzgesetz, § 9:
– Während Schwangerschaft bis 4 M. nach
Geburt
– Kenntnis des AGs o. Mitteilung binnen 14 Tagen
• Zustimmung
– durch oberste Landesbehörde
– In besonderen Fällen und nur ausnahmsweise
• Klagefrist 3 Wochen, §§ 4, 7 KSchG
313
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Pflegezeitgesetz, PflegeZG:
• Ziel des Gesetze, §1
• Kurzzeitige Arbeitsverhinderung, § 2:
– Bis zu 10 Arbeitstagen, Abs. 1
– Keine Lohnfortzahlung, Abs. 3
• Pflegezeit:
– Voraussetzung: Pflege naher Angehöriger in
häuslicher Umgebung, § 3 Abs. 1
– Höchstdauer 6 Monate
• Kündigungsschutz, § 5:
– Verbot, Abs. 1
– Zustimmung Behörde im Ausnahmefall, Abs. 2
314
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Teilzeit- + Befristungsgesetz
• Verbot der Schlechterstellung von
Teilzeitarbeit, § 4:
– Anteiliges Arbeitsentgelt, z.B. bei
Jahresleistungen
– Bei Verstoß: Übliche Vergütung, § 612 II BGB
BAG 14.12.2011 – 5 AZR 457/10
• Arbeit auf Abruf, § 12:
BAG 24.9.2014 - 5 AZR 1024/12
– Arbeit entsprechend dem Arbeitsanfall
– Ohne Absprache gelten 10 Stunden pro
Woche als vereinbart: Ohne Abruf
Annahmeverzug des Arbeitgebers
315
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Teilzeit- u. Befristungsgesetz
• Verringerung der Arbeitszeit, § 8:
– AN kann Wunsch nach Verringerung mit Vorlauf 3
Monate anmelden und konkretisieren, Abs. 2
– AG muss Vorschlag mit AN erörtern, Abs. 3 und
– Arbeitszeit entsprechend festlegen, sofern nicht
wesentliche betriebliche Interessen hindern, Abs. 4
– Verringerung, wenn keine schriftliche Ablehnung,
Abs. 5
• Verlängerung der Arbeitszeit, § 9:
- AN hat Wunsch geäußert:
- AG muss AN bei der Besetzung freier
Arbeitsplätze bevorzugt berücksichtigen
316
Arbeitsrecht im Betrieb 8
Teilzeit- u. Befristungsgesetz
• Sachgründe für Befristung, § 14 Abs. 1:
Z. 1 Vorübergehender Bedarf
Z. 2 Anschluss an Ausbildung o. Studium
Z. 3 Vertretung eines anderen Arbeitnehmers
Z. 6 Gründe in Person des Arbeitnehmers, auch „Wunsch“
Z. 7 Vergütung aus Haushaltsmitteln
Z. 8 Gerichtlicher Vergleich
• Sachgrundlose Befristung, § 14 :
– Abs. 2: bis 2 Jahre
3 x Verlängerung
– Abs. 2a: Neugründungsprivileg binnen 4 Jahren
beliebig viele Verlängerungen
– Keine Vorbeschäftigung
• innerhalb der letzten 3 Jahre, BAG 6.04.2011-7 AZR 716/09
• bislang „jemals“, so weiterhin ein LAG
317
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Teilzeit- u. Befristungsgesetz
• Schriftform, § 14 IV:
– Vor Beginn des Arbeitsverhältnisses bzw.
– Verlängerung vor Auslaufen der Befristung
• Ordentliche Kündigung während Befristung:
Nur bei Vereinbarung Arbeits-/Tarifvertrag, § 15 III
• Wirkung: Arbeitsverhältnis endet mit Fristablauf
• Befristungskontrollklage, § 17:
– Innerhalb von 3 Wochen ab Auslaufen
– Überprüfung grds. nur der letzten Befristung
– Grenze: Missbrauchskontrolle
• Arbeitslosmeldung, § 141 I 2 SGB III:
Bereits 3 Monate vor dem Auslaufen
318
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Arbeitnehmerentsendegesetz
AEntG
regelt
• Mindestarbeitsbedingungen für
• grenzüberschreitend entsandte
• regelmäßig im Inland beschäftigte AN
• Tarifnormerstreckung durch:
• § 3 Allgemeinverbindliche TVe zwingend
• § 7 andere TVe durch Rechtsverordnung
• Gewerbliche Besteller einer Werk- oder
Dienstleistung haften dem Arbeitnehmer
als Bürge für den Nettolohn, § 14
319
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Arbeitspapiere des AN:
Vorlagepflicht beim Arbeitgeber zu Beginn
des Arbeitsverhältnisses:
• Sozialversicherungsausweis, § 18 h SGB IV
– Inhalt:
Rentenversicherungsnummer
Familien-, Geburts- + Vorname
– Grds. keine Pflicht zum Mitführen bei Arbeit
• Lohnsteuerkarte von Gemeinde, § 39 I 1
EStG:
ab 2012 ELStAM „Elektronische
LohnSteuerAbzugs-Merkmale“
320
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Berufsbildungsgesetz, BBiG
• Kann der Auszubildende nach
bestandener Prüfung
• zur Übernahme in ein Arbeitsverhältnis
verpflichtet werden?
Nein, insbes. § 12 BBiG
• die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis
verlangen?
Nein, nur Mitglieder von Jugendund Ausbildungsvertretungen,
§ 78 a BetrVG
321
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Bundesdatenschutzgesetz
• Mitteilung Ergebnisse BEM an Betriebsrat:
• Bei einschlägiger Betriebsvereinbarung kann BR Mitteilung der AN verlangen, die BEM § 84 II SGB IX
erfüllen.
BAG 07.02.2012 – 1 ABR 46/10
• Beweisverwertung:
• Heimlicher Schrankkontrolle ohne Einwilligung AN oder
verdeckte Videoüberwachung am Arbeitsplatz
• im Kündigungsschutzprozess:
– Daten in Beschäftigungsverhältnissen, § 32 BDSG
– Nur zur Aufdeckung von Straftaten,
Abs. 1 S. 2
- wenn konkreter Verdacht einer Straftat
- erforderlich: keine weniger einschneidende Mittel
- angemessen: Interessenabwägung
BAG 20.06.2013 – 2 AZR 546/12 + 21.06.2012 - 2 AZR 153/11
322
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Teilzeit nach Elternzeit
Frau F arbeitet seit 4 Jahren als Stuhlassistenz in
Vollzeit bei Zahnarzt Z (5 Stühle, 16 Mitarbeiter). Zum
1.07.2012 endet ihre 3-jähriger Elternzeit.
Am 20.03.2012 schreibt sie an Z: „Meine kleine
Tochter braucht mich immer noch sehr, ich möchte
für sie da sein. Ich bitte daher, meine Arbeitszeit auf
20 Stunden wöchentlich zu beschränken. Im Hinblick
auf die Öffnungszeiten der KiTa möchte ich an den
5 Werktagen von 8:00 bis 12:15 Uhr arbeiten. Ich
danke für Ihr Entgegenkommen.“
Z hat sich mit seinem Anwalt beraten, dass er auf
der Vollzeitbeschäftigung besteht. Er hofft, dass F
ihren Arbeitsplatz durch Eigenkündigung frei macht.
Welche Arbeitszeiten gelten für F?
323
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Teilzeit nach Elternzeit
Verkürzung der Arbeitszeit, § 8 TzBfG:
1. In Betrieben ab 15 Mitarbeitern, Abs. 7
2. a) Verlangen Frau F an Z mit konkreter
Verteilung der Arbeitszeit, Abs. 2
b) Arbeitgeber kann widersprechen, wenn
Organisation, Arbeitsablauf, Sicherheit wesent-lich
beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten.
c) Kein schriftlicher Widerspruch Z spätestens ein
Monat vor Beginn Verkürzung: Verkürzung gilt wie
beantragt als festgelegt (gesetzliche Fiktion)
324
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
F: Unberechtigte AG - Weisung
Frau T war 4 Jahre als Telefonverkäuferin im Vertrieb der Give-Away GmbH (GA) beschäftigt, seit
3 Jahren ist sie Gruppenleiterin von 12 Telefonakquisiteuren. Im Hinblick auf die Ausdehnung des
Vertriebsgebietes auf GB und Polen soll sie ab Juni
2015 alle 2 Monate an Wochenend- Trainees in
Südengland und Polen teilnehmen. Als sie dies aus
kulturellen Gründen verweigert, kündigt GA am
15.04. zum 30.06.2015 und bietet ab dem 1.7.2015
die Weiterbeschäftigung als Telefonverkäuferin
bei einem um 700 € verminderten Gehalt an. T
lehnt die Änderung ab. GA weist ihr ab sofort
einen Arbeitsplatz als Telefonverkäuferin zu.
Kann sich T das Arbeitsgericht anrufen? Mit welchen
Anträgen?
325
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
L: Unberechtigte AG - Weisung
• Weisungsrecht des AG, § 106 GewO:
• Arbeitsvertrag: - Gruppenleiterin
- Anderer Einsatz „bei Bedarf“
• Billiges Ermessen: Der Arbeitgeberentscheidung
kommt besonderes Gewicht zu und setzt sich durch,
wenn sie nicht willkürlich oder rechtsmissbräuchlich ist.
• BAG: AN muss auch rechtswidrigen Anordnungen des
AG zunächst Folge leisten. BAG 28.08.2013 – 10 AZR 537/12
• Rechtsschutz:
LAG Rheinland- Pfalz 20.3.2014 – 5 SaGa 13/13
• AN kann Feststellungsklage erheben.
• Einstweiliger Rechtsschutz: Gerichtliche Regelungsverfügung würde Entscheidung in der Hauptsache
vorwegnehmen: Sehr hohe Anforderungen an
Verfügungsgrund = Rechtsbeeinträchtigung des AN
326
Arbeitsrecht im Betrieb
• Urlaub:
8G
Verzicht möglich?
– Mindesturlaub, § 3 I:
§ 13 BUrlG
– Zusatzurlaub: Schwerbehinderte, § 125 SGB IX
Jugendliche,
§ 19 JArbSchG
– Mehrurlaub: Durch Tarifvertrag,
§ 4 IV TVG
durch Arbeitsvertrag
nein
nein
nein
nein
ja
• Urlaubsabgeltung finanziell, § 7 Abs. 4:
– Nur nach Beendigung des Arbeitsvertrages
– Verzicht möglich
BAG 14.05.2013 - 9 AZR 844/11
• Arbeitsunfähigkeit im Urlaub: Wird nicht
angerechnet, § 9
• Ersatzurlaub: AN hat rechtzeitig verlangt, AG verweigert
– Schadensersatzanspruch des AN: Kein Verfall, nur Verjährung
BAG 14.05.2013 – 9 AZR 760/11
– Schadensersatzpflicht AG auch ohne Urlaubsantrag
LAG Berlin-Brandenburg 12.06.2014, 21 Sa 221/14
327
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Verfall tariflichen Mehrurlaubs bei
langandauernder Erkrankung
Auf den Arbeitsvertrag (6-Tage-Woche) der F bei Karstadt findet kraft vertraglicher Verweisung der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel Anwendung. Lt. § 16
MTV beträgt der Urlaubsanspruch 36 Tage; der Urlaub ist
grds. im laufenden Jahr zu nehmen, bei zulässiger
Übertragung muss er in den ersten vier Monaten des
Folgejahres genommen werden.
F war vom März 2008 bis Mitte Mai 2009 arbeitsunfähig
krank. Während der sich daran anschließenden Wiedereingliederung beantragte F, ihr 12 Arbeitstage tariflichen
Mehrurlaub für das Jahr 2008 zu gewähren. Karstadt teilte F mit, sie solle den Urlaub im Anschluss an die Wiedereingliederungsmaßnahme ab dem 11.06.2009 nehmen.
In der Folgezeit widerrief Karstadt die Urlaubsgewährung. Steht F der Urlaub zu? BAG 12.11.2013 – 9 AZR 551/12
328
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Verfall tariflichen Mehrurlaubs
bei langandauernder Erkrankung
I. Urlaubsanspruch 2008:
1. Gem. Tarifvertrag 12 Tage Mehrurlaub über
24 Tage Mindesturlaub gem. BUrlaubG
2. Jedoch gem. Verfallklausel am 30.04.2009
untergegangen
II. Anerkenntnis Karstadt, Auslegung:
1. Mit der Urlaubsbewilligung soll ein bestehender
Urlaubsanspruch erfülltt werden.
2. Ein rechtsbegründendes Anerkenntnis ist nicht
gewollt.
(Auch falsche Angaben auf Lohnabrechnungen sind grds. kein Anerkenntnis)
III. Ergebnis: F hat keinen Urlaubsanspruch für 2008.
329
Arbeitsrecht im Betrieb 8 S
Fall: Urlaubsabgeltungsanspruch +
tarifliche Ausschlussfristen
A war seit 1984 bei der Großhandels GmbH angestellt. Der
Arbeitsvertrag enthielt weder einen Verweis noch Hinweis
auf den einschlägigen allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrag MTV. Lt. § 18 MTV sind alle finanziellen Ansprüche
bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses binnen 2 Monaten
nach dem Ausscheiden schriftlich geltend zu machen. A
war vom 6.6.2007 bis 01.08.2008 arbeitsunfähig krank. Nach
Kündigung durch G-GmbH vereinbarten die Parteien am
02.10. 2007 im Kündigungsschutzprozess durch gerichtlichen
Vergleich das Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.08.2008.
Urlaub wurde weder gewährt noch abgegolten.
Mit Schreiben vom 23.04.2009 verlangt A von der G GmbH
schriftlich, den Urlaub 2007 und 2008 abzugelten. Hat er
den Anspruch?
BAG 21.02.2012 – 9 AZR 486/10
330
Arbeitsrecht im Betrieb 8 S
Lösung: Urlaubsabgeltungsanspruch
+ tarifliche Ausschlussfristen
1.
1.
2.
2.
1.
2.
331
Anspruch auf Urlaubsabgeltung:
Grds. Gewährung Urlaub nur in Natur
Bei Beendigung Arbeitsverhältnis
Abgeltung in Geld, § 7 Abs. 4 BUrlG
Der allgemeinverbindliche MTV ist auf das
Arbeitsverhältnis anzuwenden, § 5 Abs. 4 TVG
Ansprüche auf Urlaubsabgeltung unterliegen als reine Geldansprüche den
Verfallfristen.
A hat seinen Anspruch nicht innerhalb der
Frist von 2 Monaten nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses geltend gemacht:Der
Abgeltungsanspruch ist verfallen
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Entgeltfortzahlung bei Alkoholrückfall
Der langjährig alkoholabhängiger Arbeitnehmer wurde nach
zwei stationären Therapien am 23.11.2011 mit einer Alkoholvergiftung (4,9 %o) erneut in ein Krankenhaus eingeliefert und
war anschließend über zehn Monate arbeitsunfähig erkrankt.
Er war nicht bereit, die Ursachen aufzuklären.
Die gesetzliche Krankenkasse des Arbeitnehmers hat Krankengeld geleistet. Sie nimmt den Arbeitgeber für den Zeitraum bis
zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf
Entgeltfortzahlung aus übergegangenem Recht (§ 115 SGB X)
in Anspruch.
Aus Sicht der Krankenkasse trifft den Arbeitnehmer kein Verschulden an seinem erneuten Alkoholmissbrauch. Der Arbeitgeber hält die Arbeitsunfähigkeit nach einem erneuten
Rückfall trotz mehrfachen stationären Entzugs für selbst
verschuldet.
BAG 18.03.2015 – 10 AZR 99/14
332
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Entgeltfortzahlung bei Alkoholrückfall
•
•
•
•
Arbeitsunfähigkeit verschuldet i.S.d. § 3 I 1 EFZG, wenn AN in erheblichem
Maße gegen das im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt.
Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit. Eine dadurch verursachte Arbeitsunfähigkeit indiziert nach medizinischen Erkenntnissen kein Verschulden .
Alkoholsucht geht auf mehrere Ursachen zurück, die sich wechselseitig
bedingen. Dies gilt im Grundsatz auch für einen Rückfall nach einer Therapie.
Bei einer Abstinenzrate von 40 bis 50 % kann ein Verschulden des
Arbeitnehmers an einem Rückfall aber nicht ausgeschlossen werden.
Die Darlegungs- und Beweislast für ein Verschulden des Arbeitnehmers trifft
den Arbeitgeber auch im Falle eines Rückfalls. BAG hatte bislang wegen der
schwierigen Aufklärung der Ursachen einer Alkoholabhängigkeit eine
Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers konstituiert. Bei langjähriger
Alkoholabhängigkeit geht es nun davon aus, dass den Arbeitnehmer an dem
Rückfall regelmäßig kein Verschulden trifft. Auf Beweisantrag des Arbeitgebers
muss ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt werden.
Das Gutachten wird nur selten feststellen können, dass der Rückfall allein auf
das Verschulden des Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Ein Ursachenbündel
geht zu Lasten des AG. Hier hat das sozialmedizinische Gutachten ein
Verschulden am Rückfall wegen „Suchtdruck nach langjähriger chronischer
Alkoholkrankheit“ ausgeschlossen.
333
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Befristung bei Zuvorbeschäftigung
Frau A wird mit Arbeitsvertrag vom 2.10.2007 ab
dem 01.01.2008 von Q GmbH eingestellt. Das
Arbeitsverhältnis ist bis zum 31.12.2008 sachgrundlos befristet.
Zuvor war Frau A vom 11.9.2006 bis 31.12.2007 bei
der M GmbH beschäftigt. M GmbH und Q GmbH
haben als einzige Gesellschafterin die M Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH. Die M
GmbH hatte Frau A bei der Q GmbH eingesetzt.
Eine Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung
hatte M GmbH nicht.
Steht Frau A noch nach dem 01.01.2009 bei Q
GmbH in einem Arbeitsverhältnis?
BAG 18.07.2012 - 7 AZR 451/11
334
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Befristung bei Zuvorbeschäftigung
• Sachgrundlose Befristung, § 14 II TzBefG:
– Nicht, wenn zuvor mit demselben AG ein
unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand
• Zuvor – Einsatz:
–
–
–
–
Bei Arbeitnehmerüberlassung gewerblich
Kein Konzernprivileg, § 1 III Nr. 2 AÜG
Ohne Genehmigung Landesarbeitsamt:
Arbeitsverhältnis bestand mit der Q GmbH,
§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG
• Ergebnis: Die Befristung ist aufgrund der
Zuvor- Beschäftigung unwirksam.
335
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Befristung nach Ausbildung
Frau B absolvierte bei der A- AG eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation, die sie
am 23.7.2003 erfolgreich abschloss. Im Anschluss
vereinbarte ihr Ausbilder mit ihr einen 1-jährigen
befristeten Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 1 Nr. 2
TzBfG in Verbindung mit dem geltenden
Tarifvertrag. Dieser befristete Vertrag wurde
zweimal um je ein halbes Jahr bis zum 23.7.2005
verlängert.
B klagt auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis
über den 23.7.2005 hinaus fortbesteht . Mit
Erfolg?
336
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Befristung nach Ausbildung
• Befristung mit Sachgrund, dass sich die
Beschäftigung an die Ausbildung anschließt, § 14
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG : Nur eine einzige Befristung
BAG 10.10.2007 - 7 AZR 795/06 + 7 AZR 800/06:
– Sachlicher Grund: Im Anschluss an Ausbildung, um dem AN
Übergang in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern.
– Gericht beurteilt nur letzten befristeten Vertrag: Schloss sich
• weder an Ausbildung an, sondern an befristeten Arbeitsvertrag,
• noch Zweck, einer Berufsanfängerin den Berufsstart zu erleichtern.
Ergebnis: Der Arbeitsvertrag ist unbefristet.
• Vermeidung mit sachgrundloser Befristung, § 14 Abs. 2
– Zwar Verbot der Vorbeschäftigung, Ausbildung gilt aber
nicht als Beschäftigungsverhältnis BAG 21. 9. 2011 - 7 AZR
375/10
– Befristung bis zur Dauer von 2 Jahren, in diesem Zeitrahmen
bis zu 3- Mal Verlängerung
337
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Kücük - Fall: Kettenbefristung
Die Justizangestellte Bianca Kücük
wird im Juli 1996 beim Amtsgericht Köln
als Schwangerschaftsvertretung befristet eingestellt. Weitere Befristungen
wegen Vertretungen in Elternzeiten
und Sonderurlauben schließen sich an.
Nach Auslaufen der 13. Befristung
Ende Dezember 2007 klagt Frau Kücük
gegen das Land NRW auf Entfristung
ihres Arbeitsverhältnisses.
Mit Erfolg?
BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09 + 7 AZR 783/10
338
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Kettenbefristung -Kücük
• Überprüfung BAG (nach Vorlage EuGH):
– § 14 Abs. 1, hier Z. 3 TzBfG: Zur Vertretung
eines anderen Arbeitnehmers:
– Nur die letzte Befristung
• Kein Rechtsmissbrauch, § 242 BGB:
– Missbrauchskontrolle
• Nach Unionsrecht geboten
• In Deutschland nach § 242 BGB
– Bei Gesamtdauer von 11 Jahren und 13
Befristungen ist Rechtsmissbrauch indiziert
339
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Eingruppierung
• Begriff: Zuordnung Tätigkeit AN zu Merkmalen einer Lohn- oder Vergütungsgruppe
• Anspruchsgrundlage: Lohn- oder
Vergütungsordnung insbes. in
– Tarifvertrag oder
– Betriebsvereinbarung, §§ 87 I Nr. 10, 77 IV BetrVG
• Darlegungslast:
– Anwendbarkeit Vergütungsordnung
– Einordnung nach Gesamtbild der Tätigkeitsmerkmale
• Eingruppierungs- Feststellungsklage
• Ist personelle Einzelmaßnahme, § 99 BetrVG
340
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Stufenaufstieg bei Elternzeit
Der Tarifvertrag der Deutschen Telecom knüpft den
Aufstieg in die nächste Gehaltsstufe an die „Beschäftigungszeit“. Die Klägerin hat 2 Jahre Elternzeit in
Anspruch genommen. Sie beansprucht deren
Anerkennung als „Beschäftigungszeit“. Sie macht
geltend, durch einen Ausschluss würde sie „als Frau“
diskriminiert.
• Eingruppierung:
• Auslegung: der Stufenaufstieg soll den Zuwachs an
Erfahrungswissen honorieren.
• Der Ausschluss der Elternzeit ist weder unmittelbar
noch mittelbar geschlechterdiskriminierend.
BAG 21.11.2013 – 6 AZR 89/12
341
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Personalgespräch:
• Teilnahmepflicht AN: Direktionsrecht, § 106 GewO
• Gegenstand:
• Leistung und Verhalten des AN
• Nicht: Änderung des Arbeitsvertrages
• Initiativrecht Arbeitnehmer: BetrVG
• § 82 Anhörung & Erörterung
• § 84 Beschwerderecht
• Hinzuziehung Dritter durch Arbeitnehmer:
• Betriebsrat:
Nur in enumerativen Fällen:
– § 81 IV , § 82 II 2, 83 I 2, § 84 I 2 BetrVG
• Schwerbehindertenvertretung, § 95 SGB IX:
Nein
• Vorgesetzte oder Kollegen:
Grds. nein
• Gewerkschaftssekre., Rechtsanwalt, externe Dritte:
– Nur, wenn auch auf Arbeitgeberseite
342
Arbeitsrecht im Betrieb
Personalbeurteilung:
8S
• Zeitlohn
• Fehlerquellen
•
•
•
•
•
Tendenzen zu
Mitte / Milde / Strenge
Heiligenschein- Effekt
Hierarchieeffekt
Keine Fehlerkorrektur
Schubladen:
Kategorisierung
• Prämienlohn: Grundlohn + Prämie
• Quantitativ
• Qualitative
343
Produktionsmenge (hoch)
Materialverbrauch (gering)
bessere Güte, Freundlichkeit,
Kundenzufriedenheit
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Umgang mit „Low Performern“
• Abgrenzung:
• Controlling:
Fehl- /Andersleistung
Minderleistung
– Vertraglich geschuldete Leistung
– Soll-/ Ist- Vergleich
• Wesentliche Abweichung:
– Quantitative Minderleistung
– Qualitative Minderleistung
• Arbeitsrechtliche Instrumente:
– Personalgespräch
– Entgeltkürzung (Vereinbarung, Änderungskündigung)
– Kündigung
Verhaltensbedingt: Willentlich
Personenbedingt: Fähigkeiten
344
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Personenbedingte Kündigung:
Minderleistung „Low Performer“
• Geminderte Leistungsfähigkeit:
– Nur erhebliche quantitative Unterschreitung von
mindestens 50 %
– Individuelle Normalleistung als Maßstab
– Qualitative Minderleistung (überdurchschnittliche
Fehlerquote) nicht ausreichend
– Nach Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit und zumutbaren Hilfsmaßnahmen
• Abgrenzung zu
– Arbeitsunfähigkeit: Vorübergehender Zustand
– steuerbares Verhalten: Kündigung verhaltensbedingt
345
Arbeitsrecht im Betrieb 8 S
Überwachung im System Amazon
Zusammenstellen der Lieferungen im
Warenlager: EDV – gesteuert + -überwacht
• Standort der Waren zur Orientierung, zugleich:
–
–
–
–
Wege und Normzeiten:
Soll
Leistungen des Mitarbeiters:
Ist
Abweichungen Leistung von vorausgesetzter Norm
Monitoring zum Vorgesetzten
• Durch Vorgesetzten:
–
–
–
–
346
Ansprache mit Hinweis
Leistungsgespräch: Verdeutlichung der Erwartungen
Nur Drohung mit Abmahnung + Kündigung
Ziel: Bei Leistungsmängeln Eigenkündigung, ohne
Sperrzeit nur bei Krankheit oder Vertragsverstoß AG
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Qualitätsmanagementsystem QS
• Regelung aller Arbeitsabläufe nach
Industriestandard ISO 9001:
•
•
•
•
Qualitäts- Planung:
Qualitäts- Prüfung:
Qualitäts- Steuerung:
Qualitätsförderung:
Bestimmung Soll
Ermittlung des Ist
Korrektur
Schulungen
• Direktionsrecht des Arbeitgebers:
• Alle Regelungen sind Arbeitsanweisungen i.S.d. §
106 GewO
• Verstöße sind abmahnfähig
347
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
• Zivilrechtlicher Rahmen für Arbeitsverhältnis:
• Gesetze: Komplex, unübersichtlich,
gelten unabhängig von Kenntnis
• Ziel: Kenntnis Gesetze und Gesetzessystematik
• Arbeitsunfähigkeit (auch Kapital 12):
– Definition
– Komplexe Wirkungen
• Regelungen für besonders Schutzbedürftige
• Arbeitsverträge :
• Gesetze gelten ohne Vereinbarung
• Arbeitsgesetze sind grds. nicht abdingbar:
Kapital 9 Gestaltungen Arbeitsverträge
348
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltung durch
Arbeitsverträge
349
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Normenhierarchie Arbeitsverhältnisse
• Europarecht, insbes. EU -Verordnungen
• Einzelne Arbeits- Gesetze & Richterrecht
• Tarifvertrag, §§ 3, 5 TVG:
Zwischen
Gewerkschaften & Arbeitgeber/-verband
• Betriebsvereinbarung, § 77 BetrVG
• Zwischen Betriebsrat & Arbeitgeber:
• Vorrang des Tarifvertrages, Abs. 3
• Arbeitsvertrag
• Arbeitgeber: NachweisG, stellt Vertrag als AGB
• Arbeitnehmer: Handelt einzelne Bedingungen des
Arbeitsvertrages aus, § 305 b BGB
• Direktionsrecht des Arbeitgebers, § 106 GewO
350
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Verhältnis der Rechtsquellen
zueinander
• Hierarchie- Prinzip: Die ranghöhere Norm
verdrängt die rangniedrigere
• Gesetze: Überwiegend einseitig zwingend
zugunsten der Arbeitnehmer
• Günstigkeitsprinzip zwischen Tarif- + Arbeitsvertrag sowie Tarifvertrag + Betriebsvereinbarung:
Die rangniedrigere Norm geht vor, wenn sie eine
dem Arbeitnehmer günstigere Regelung enthält
• Arbeitsverträge: Verbesserungen grds. nur
zugunsten des Arbeitnehmers möglich
351
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Nachweisgesetz, NachwG:
• Verpflichtung Arbeitgeber, § 2 Abs.1:
– Spätestens 1 Monat nach Beginn des AVes
(Abs. 1a Praktikant vor Beginn)
– muss AG einen selbst unterschrieben
– Vertragsentwurf dem AN vorlegen
– mit allen wesentlichen Bedingungen
– Rechtsfolge: Nur deklaratorisch, formlose
Vereinbarung und (Gegen-) Beweis möglich
• Nichteinhaltung Folgen:
– Arbeitgeber hat die Beweislast für alle vom AN
bestrittenen Vereinbarungen
– Wenn AN substantiiert behauptet + mit Indizien
plausibilisiert, muss AG das Gegenteil beweisen
352
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Qualifikationen AN: Berufsausbildung,
Fahrerlaubnis, Prüfungen usw.
• Geschuldete Tätigkeit,
§ 2 I Z. 5 NachwG
• Arbeitsplatzbeschreibung
• Erholungsurlaub über 4 Wochen, § 2 I Z. 8 NachwG
• Probezeit: Kündigungsfrist 2 Wochen,§ 622 II BGB
• Vertragsstrafen: Z.B. Lohn in vertragswidriger Fehlzeit
– Strenger Maßstab bei Auslegung + Angemessenheitskontrolle
BAG 23.01.2014 – 8 AZR 130/13
• Vorrübergehender Verhinderung, § 616 BGB:
Lohnfortzahlung ausschließen
• Tarifverträge: Geltungsvereinbarung, §2 I Z.10 NachwG
– Gleichstellung der Nichtmitglieder Gewerkschaften
– Jeweiligkeits- Klausel = Dynamische Verweisung
353
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Erweiterung Direktionsrecht,§ 106 GewO
• Arbeitsort:
• Arbeitszeit:
Versetzungsklausel
Überstunden anordnen
Flexibilisierung & Schichtarbeit
Kurzarbeit
• Rauch-& Alkoholverbot, z.B. Kraftfahrer, Baustellen
• Telekommunikation: Privatnutzung verbieten ?
– Telefon
– Internet
E-Mail- Korrespondenz
Virengefahr, insbes. Downloads Software
• Ärztliche Untersuchung:
– AG kann von AN Einverständnis nur bei begründetem
Anlass verlangen, z.B. Anhaltspunkten f. Drogenmissbrauch
– Einverständnis im Arbeitsvertrag möglich, wenn Interesse
des AG wegen besonderer Gefährlichkeit der Tätigkeit
• Kontrollen :
354
Videoüberwachung, § 6 b BDSG
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Kurzarbeit, § 99 SGB III: Anordnungsrecht
• Tätigkeitsnachweise:
– Führung und Vorlage AN BAG 18.04.2012 – 5 AZR 248/11
– Arbeitszeitnachweise, § 17 MiLoG: Delegieren
• Vereinbarte Arbeitszeit, § 2 I Z. 7 NachwG
• Arbeitszeitkonten:
– Überstunden – Zeitguthaben – Verrechnung mit
Minusstunden
BAG 21.03.2012 – 5 AZR 676/11
• Überstunden anordnen, nicht aus §106 GewO!
• Pauschale Überstundenabgeltung:
– Max. Umfang angeben, z.B. 5 Std./Woche
– Gesamte rechtlich zulässige Arbeitszeit geschuldet
355
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen: Boni & Co.
• Arbeitsentgelt & Fälligkeit, § 2 I Z. 7 NachwG
• Lohnzahlung spätesten zum 15. des Folgemonats
Verbot Annahme Geschenke /Vergünstigungen
Abtretungsverbot Lohnansprüche
Kostenerstattung bei Lohnpfändungen
Tantieme, Boni, Provision, Zielvereinbarung
– Stay-/Retention- Bonus
• Weihnachtsgeld:
- Entgelt oder
•
•
•
•
– Förderung Betriebstreue: Ggf. Rückforderung
356
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Private Nutzung des E-MailAccounts: Bei Untersagung AGZugriff auf private Mails zulässig
• Steuerliche Privilegierung:
Handys und Tablets an AN ohne
Erfassung einer privaten
Nutzung
357
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Arbeitsvertrag: Beendigung
• Befristung TzBefG: Auch bei Sonderkündigungsschutz
– § 14: Mit Sachgrund, Abs. 1, ohne, Abs. 2 + Abs. 3 AN bei Beginn 52. Lj.
• Altersbefristung, § 41 SGB VI:
– Anspruch auf Altersrente kein Kündigungsgrund, S. 1
– Befristungsvereinbarung, S. 2: Erreichen Regelaltersgrenze
– Verlängerung, S. 3 neu: Flexible Vereinbarungen DB 2014, S. 1490 ff
– Kündigungsfristen, Z. 9: § 622 BGB
Verkürzung auf
– Arbeitgeber bis 20 Mitarbeiter
Z. 2
4 Wochen
zum 15. o. Ende des Monats
– Vereinbarte Probezeit
Abs. 3
2 Wochen
– Aushilfe vorübergehend bis 3 Monate
Abs. 5 Z. 1 täglich
• Kündigungserschwerungen: Nur für Arbeitgeber
– Längere Kündigungsfristen
– Ausschluss betriebsbedingte o. ordentliche Kündigung
• Freistellungsrecht AG = Suspendierung Arbeitspflicht
nach Kündigung mit Anrechnung auf Urlaub & Freizeitausgleich
358
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Geheimhaltung:
Klarstellung und
• Rückgabepflichten: Verstärkung
• Wettbewerbsverbot
– Für Gewerbezweig Arbeitgeber, § 60 HGB:
Verstoß ggf. außerordentliche Kündigung
– Nachvertraglich, § 74 HGB:
• Wirksam nur bei Karrenzentschädigung, Abs. 2:
Mindestens Hälfte von Lohn & Nebenleistung
• Längstens 2 Jahre, § 74 a Abs. 1 HGB
359
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Schriftformklausel, § 127 BGB, § 3 NachwG:
– Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform
– „doppelte“: Auch ein Verzicht auf die Schriftform muss schriftlich erklärt werden
– In AGB wegen Transparenzprinzip unwirksam
BAG 20.05.2008 – 9 AZR 382/07
• Verfallklausel:
• Alle Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag verfallen,
wenn sie nicht binnen 3 Monaten
• ab Fälligkeit schriftlich geltend gemacht +
• bei Ablehnung eingeklagt wird.
• Kündigungsschutzklage wahrt auch für vom
Ausgang abhängige Vergütungsansprüche
360
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Entlohnungsformen, § 2 I Z. 6
• Zeitlohn
Leistungslöhne:
• Akkordlohn:
Stunden/ Monate
Stück- oder Zeit
• Geldakkord: Arbeitsmenge x Geldfaktor
• Zeitakkord: Arbeitsmenge x Vorgabezeit
• Prämienlohn: Grundlohn + Prämie
• Quantitativ
• Qualitative
• Anwesenheit
361
Produktionsmenge (hoch)
Materialverbrauch (gering)
bessere Güte, Freundlichkeit,
Kundenzufriedenheit
keine Krankheitszeiten
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Zielvereinbarungen:
•
•
•
•
•
Einvernehmliche Regelung:
Zusätzlich zu einer festen Vergütung
erhält der Mitarbeiter einen Bonus,
der dem Grunde und der Höhe nach
von dem Erreichen eines vereinbarten
Zieles abhängig ist.
Zielvorgabe, § 106 GewO:
• Vorgabe von Arbeitszielen
• Einseitig durch den Arbeitgeber
• Kontrolle gem. § 315 BGB
362
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Wegezeiten: Vergütung
• Abgrenzung: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte:
Nur steuerlich als Werbungskosten
• Wegezeiten: Vom Betrieb zu auswärtiger Arbeitsund Einsatzstellen
• Sind Arbeitszeit i.S.d.
– Arbeitsvertrages: Versprochene Dienste, § 611 &
– Arbeitszeitgesetzes
• Vergütung:
• kann angemessen vereinbart werden
• z.B. entfernungsabhängige Auslösung
• ggf. Unterscheidung Fahrer + Mitgenommenen
• Auslösung: Pauschalierter Aufwendungsersatz, der Fahrt-,
Übernachtungs- und Verpflegungskosten abdecken soll.
BAG 12.12.2012 – 5 AZR 355/12
363
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Nebenbeschäftigung
• Allgemeine Grenzen: Arbeitszeitrechtliche
Höchstgrenze: Mehrere
Arbeitgeber zusammenrechnen, § 2 I 1 ArbZG
– Erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft
• Entgegenstehende Wettbewerbsinteressen
• Einzel- o. kollektivvertragliche Beschränkung:
– Nebentätigkeitsverbot: Wegen Art. 12 nur bei
besonderen Gründen wirksam
– Anzeigepflicht: Wirksam
• Keine einseitige Rücknahme Genehmigung
364
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Änderungs-, Widerrufs-+ Freiwilligkeitsvorbehalte
• Nur bei Jahreszahlungen, nicht monatlicher
Fälligkeit
• Stichtagsklauseln in Bonusvereinbarungen, z.B.
13. Monatsgehalt:
– Auch Entgeltcharakter: Bindung an ungekündigtes Arbeitsverhältnis insgesamt unwirksam
BAG 13.11.2013 - 10 AZR 848/12
– Treueprämie- honoriert nur Betriebstreue- zulässig:
• Anspruch nur bei ungekündigtem Arbeitsverhältnis
BAG 18.01.2012 – 10 AZR 667/10
• Rückzahlung bei Ausscheiden bis 31.03. Folgejahr:
Nur wenn Beendigung vom AN veranlasst
365
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Vertragsbedingungen Prüfung:
• Wirksamkeitskontrolle:
– § 125 Formmangel: Arbeitsverträge
• Gesetzlich: Formfrei, § 105 GewO
• Durch Rechtsgeschäft: Schriftformklausel
• Nachweisgesetz: Nur Beweisgründe
– § 134 Gesetzliches Verbot, auch TV & BV
– § 138 Sittenwidrigkeit, insbes. Wucher
– §§ 305 – 310 BGB: Arbeitsverträge als
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
• Anwendungskontrolle:
Ausübung Bestimmungsrecht, § 315 BGB
366
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Allg. Geschäftsbedingungen
• Begriff, § 305 I BGB: Für Mehrzahl von Arbeitsverträgen vorformulierte Vertragsbedingung,
die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer stellt
• Vorrang der Individualabrede, § 305 b
• Arbeitsrecht, § 310 IV 2 (seit 2002):
• Keine Anwendung auf Kollektivregelungen,
Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen
• Arbeitsverträge: Angemessene Berücksichtigung
der arbeitsrechtlichen Besonderheiten
• Verstoß:
– Klausel ist teilbar (keine Gesamtunwirksamkeit)
oder unwirksam,
– keine geltungserhaltende Reduktion
367
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Allg. Geschäftsbedingungen
• Transparenzprinzip: Klausel
• überraschend o. unklar: Zweifel bei Auslegung
Zulasten des Verwenders, § 305 c II
• nicht klar und verständlich = unangemessene
Benachteiligung, § 307 I 2: Einziger Kontrollmaßstab
für Hauptabreden, insbes. Entgelt, § 307 III 2
• Inhaltskontrolle:
• Unangemessene Benachteiligung, § 307 I 1:
• Klauselverbote:
– mit Wertungsmöglichkeit, § 308
» Nr. 6: Zugangsfiktion unwirksam
– ohne Wertungsmöglichkeit, § 309:
» Entgegen Nr. 6 sind Vertragsstrafen möglich
368
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Wirksamkeit AGB im Arbeitsrecht
• Kontrolle insbesondere von
• Freiwilligkeitsklauseln
• Widerrufs- und Rückzahlungsklauseln bei
– Darlehen
– Weihnachtsgeld
– Fortbildungskosten
• Angemessenheit:
• Auslöser der Verpflichtung darf nicht vom
Begünstigten gestaltet werden
369
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Praktikanten: Sonderregelungen
• Nachweisgesetz:
• Vertragsentwurf Vorunterschrieben:
Eigenhändige Namensunterschrift
• Praktikantenvertrag vor Aufnahme der Tätigkeit
• Ausnahmen von Mindestlohngesetz, § 22:
– Abs. 1 Z.1: Alle Pflichtpraktika
– Abs. 1 Z. 2: Orientierung Ausbildung /Studium bis
3 Monate
– Abs. 1 Z. 3: Begleitend Berufs- oder Hochschulausbildung bis 3 Monate
– Abs. 2: Jugendliche ohne abgeschlossene
Berufsausbildung
– Abs. 3: Berufsausbildung und Ehrenamtliche
370
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Sonderzahlungen:
•
•
•
•
•
Freiwillig ohne Rechtsanspruch
Betriebliche Übung
Konkludente Zusagen
Entgeltabreden: Inhaltskontrollen
Sonderzahlungen:
– Nach billigem Ermessen, § 315 BGB
– Bezogen auf Arbeitsleistung
– Nicht leistungsbezogen
– Mischcharakter
BAG 13.12.2011 – 3 AZR 791/09; 21.08.2012 – 3 AZR 698/10
371
Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Fall: Vergütung von Überstunden
Kläger ist bei der Spedition S GmbH seit 1990 als
Kraftfahrer im Fernverkehr zu einer Bruttomonatsvergütung von 2.450 € beschäftigt. Ein schriftlicher
Arbeitsvertrag existiert nicht.
Mit Klage vom 12.03.2009 begehrt er die Bezahlung
von Überstunden November 2006 bis April 2008. Auf
der Basis einer 48– Stunden- Woche hat er 307
Stunden und 46 Minuten ermittelt.
Spedition S beantragt Klageabweisung. Die Anhörung des Klägers und des Geschäftsführers der S als
Partei ergibt, dass bei Einstellung vereinbart wurde,
dass der Kläger die Arbeitszeit schulde, die arbeitszeitrechtlich erlaubt sei.
Hat die Klage Erfolg?
BAG 18.04.2012 – 5 AZR 195/11
372
Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Lösung: Vergütung Überstunden
1. Keine Verfallklausel vereinbart,
kein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag
2. Verjährungsfrist, § 195 BGB: Jahresende + 3 Jahre
3. Wie viele Stunden sind arbeitsvertraglich
geschuldet?
1.
2.
Vertragliche Bezugnahme auf ArbeitszeitG,
speziell für Kraftfahrer, § 21 a ArbZG, Abs. 4:
Verlängerung: Bis 60 Std./Woche
- Verzicht auf kalendertägliche Betrachtungsweise
- Ausgleichszeitraum: 4 Monate / 16 Wochen
Ergebnis: Kläger hat nur die vertraglich geschuldeten
Stunden gearbeitet und keine Überstunden geleistet
BAG 18.04.2012 – 5 AZR 195/11
373
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Fall: Schweigevereinbarung
AG und AN haben im Arbeitsvertrag verein-bart:
„Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Höhe
seiner Bezüge vertraulich zu behandeln. Dies gilt
im Interesse der Betriebsfriedens auch anderen
Betriebsangehörigen gegenüber.“
Arbeitgeber AN hat dem Kollegen K offenbart,
dass AG sein Gehalt in Im Januar und Februar
2009 um insgesamt 2.995 € gekürzt und ihm
insgesamt nur 435 € ausgezahlt habe. AG hat
ihn deshalb am 11. März 2009 abgemahnt.
Arbeitnehmer erhebt Klage auf Entfernung der
Abmahnung aus seiner Personalakte. Mit Erfolg?
LAG Mecklenburg – Vorpommern - 21.10.2009 – 2 Sa 183/09
374
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Lösung: Schweigevereinbarung
• Verstoß gegen den Arbeitsvertrag: Nur bei
wirksamer Vereinbarung nach AGB- Recht
• Eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, über seine Arbeitsvergütung auch
gegenüber Arbeitskollegen Verschwiegenheit
zu bewahren, ist unwirksam, da sie den Arbeitnehmer daran hindert, Verstöße gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der
Lohngestaltung gegenüber dem Arbeitgeber
erfolgreich geltend zu machen.
• Klage erfolgreich!
375
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Darlehen: Rückzahlungsklauseln
• Darlehen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer:
• Vertrag ohne Einflussmöglichkeit des Arbeitnehmers mit vorformulierter Klausel:
– Rückzahlung automatisch mit Beendigung des
Arbeitsverhältnisses fällig
: Unwirksam
– Berechtigung des Arbeitgebers zur Kündigung
des Darlehens in allen Fällen, in denen das
Arbeitsverhältnis vor vollständiger Rückzahlung
beendet wird
: Unwirksam,
da auch Kündigungsgründe aus der Sphäre der
Arbeitgeberin erfasst werden (z.B. betriebsbedingte Kündigung).
• Keine geltungserhaltende Reduktion.
BAG 12.12.2013 – 8 AZR 829/12
376
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
AGB: Arbeitgeberdarlehen + Verfallklausel
•
1. In einem vom Arbeitgeber gestellten Darlehensvertrag ist die Klausel, dass der
nicht getilgte Restbetrag eines Arbeitgeberdarlehens fällig wird, wenn das
Arbeitsverhältnis gleich aus welchen Gründen endet, wegen unangemessener
Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 I 1 BGB unwirksam.
• 2. Der Arbeitgeber kann sich als Verwender auf die Unwirksamkeit der Fälligkeitsregelung nicht berufen. Er muss das Restdarlehens in der vereinbarten Ausschlussfrist unter Zugrundelegung der unwirksamen Gesamtfälligkeitsregelung rechtzeitig
geltend machen. Der Einwand der rechtsmissbräuchlichen Berufung auf den
Ablauf einer Ausschlussfrist greift nur solange der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer
von der Einhaltung der Anschlussfrist abgehalten wird. Endet dieser Vertrauenstatbestand vor Ablauf der Ausschlussfrist, muss der Arbeitgeber seinen Anspruch
grundsätzlich innerhalb der noch laufenden Ausschlussfrist geltend machen.
• 3. Eine der AGB-Kontrolle unterliegende Ausschlussfrist für "alle beiderseitigen
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in
Verbindung stehen", erfasst auch Ansprüche wegen Vorsatzes sowie für Schäden,
die auf der Verletzung des Lebens, Körpers oder der Gesundheit oder auf grober
Fahrlässigkeit beruhen. Diese Ausschlussfrist verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB und § 309 Nr. 7 Buchst. b) BGB, denn die Verkürzung der
Verjährungsfristen für Ansprüche auf Schadensersatz wegen grob fahrlässiger
Pflichtverletzung ist eine Haftungsbegrenzung im Sinne dieser Vorschrift.
LAG Hamm 25.11.2014 - 14 Sa 463/14
377
Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Fort- /Weiterbildungskosten:
Rückzahlungsklauseln:
• Verpflichtung nur außerhalb des Arbeitsvertrages
• Transparenz: - Zu Beginn Ausbildung, § 307 I 2 BGB
BAG 6.8.2013-9 AZR 442/12 - Höhe Kosten ohne Unklarheiten
• Zulässige Bindungsdauer: Interessenabwägung
– Dauer der Entgeltfortzahlung und Kosten AG
– Wert für AN
Richtlinie: 6 – 9 Monate Bindung pro Monat Ausbildung
• Auslöser Kündigung durch
– Arbeitgeber: Nur bei verhaltensbedingter Kündigung
– Arbeitnehmer: Unangemessen benachteiligt i.S.d. § 307
IV 1 BGB, wenn Gründe aus der des Sphäre des
Arbeitgebers nicht ausgenommen sind.
BAG 13.12.2011 – 3 AZR 791/09; 21.08.2012 – 3 AZR 698/10
378
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Fall: Rückzahlung Fortbildungskosten
Die Priegnitzer Eisenbahn betreibt Nahverkehrszüge. Auf Grundlage
des Arbeitsvertrages vom 14.07.2003 beschäftigt sie A seit dem
01.08.2003 im Service. Vom 04.10.2005 bis 10.02.2006 absolvierte A
eine von der P finanzierte Ausbildung zum Triebwagenführer. Am
31.02.2004 vereinbart P mit A und 24 anderen Mitarbeitern: Die
Ausbildung erfolgt im Interesse von A an seiner beruflichen und
fachlichen Fort- und Weiterbildung. A wird unter Fortzahlung seiner
Bezüge freigestellt. P trägt die Unterrichts- und Prüfungsgebühren,
Übernachtungs- und Reiskosten. Kündigt A selbst oder P aus
personen- oder verhaltensbedingten Gründen binnen 2 Jahren, hat
A die Kosten der Ausbildung zeitanteilig zu erstatten.
A besteht die Prüfung am 12.03.2006. Aufgrund eines Vorfalls am
13.04.2006 wird ihm der Eisenbahnfahrzeugführerschein eingezogen
und er wieder im Service eingesetzt. A kündigt zum 31.12.2006 selbst.
P klagt auf Zahlung von 7.500 € als Ausbildungskostenerstattung. Hat
die Klage Erfolg?
BAG 13.12.2011 – 3 AZR 791/09; 28.05.2013 – 3 AZR 103/12; 18.03.2014 – 9
AZR 545/12
379
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Lösung: Rückzahlung Fortbildungskosten
1. Die Vereinbarung über die Ausbildungskostenerstattung ist AGB
i.S.d. § 305 I BGB: Identische Vereinbarung mit 25
Triebwagenführern.
2. Die Vereinbarung über die Ausbildungskostenerstattung ist
unwirksam nach § 307 I 1 BGB. A wird durch die
Rückzahlungsklausel unangemessen benachteiligt:
a) Die von P gestellte Klausel belastet A ohne Ausnahme für
jeden Fall der Eigenkündigung. Sie unterscheidet nicht, ob
der Grund der Sphäre des Arbeitnehmers oder des
Arbeitgebers zuzurechnen ist.
b) Keine geltungserhaltende Reduktion mit dem Inhalt, das der
Grund der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen ist.
c) Teilung der Vertragsklausel nur, wenn der unzulässige Teil
sprachlich und inhaltlich eindeutig abtrennbar wäre.
3. Es kommt nicht darauf an, ob A von P zur Kündigung veranlasst
wurde.
380
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Dienstwagen mit privater
Nutzung
• Sachwert
ist (Brutto-)Lohn, wie
Verpflegung/ Telefon
• Versteuerung: Fahrtenbuch o. 1 % Regelung
• Sozialversicherungen: Pflichtig
• Nutzungseinschränkung:
– Privatfahrten
– Nur selbst, keine Familienangehörigen
– Keine Auslandsfahrten
381
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Dienstwagen private Nutzung
Widerrufsvorbehalt in Arbeitsvertrag o. Dienstwagenvereinbarung: BAG 21.03.2012 – 5 AZR 651/10
• Wirksamkeit als AGB: Ausreichender Anlass:
• Erkrankung: Event. mit Ende Lohnfortzahlung
• Kündigung: Bei
– Endtermin oder Freistellung
– Kündigungsschutzklage:
Nur wenn
aussichtslos
• Ausübung: Angemessenheit , § 315 BGB
• Rückgabeforderung unberechtigt:
Nutzungsausfallentschädigung als
Schadensersatz
382
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Private Nutzung betrieblicher IT
• E- Mails:
• Sicherheit Datenübertragung, Trojaner
• Sicherung Schutz Privatsphäre
– (Mit-) Lesen, z.B. Administrator
– Löschen nach Beendigung Arbeitsvertrag
• Surfen
• Herunterladen/download von Software
• Gefahr von Hackerangriffen
• Verbot gem. § 106 GewO Betriebsvereinbarung
383
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
E-Mail- Adresse mit privater Nutzung
• Während Arbeitsverhältnis:
• Kontrollrechte Arbeitgeber
– (Mit-) Lesen durch Administrator / Kollegen
– Arbeitszeit: Höchstgrenzen + Aufzeichnung
• Beweisverwertung
– Arbeitszeit- Nachweis
– Kündigungsgrund
• Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
• Korrespondenz- Archiv
– Trennung – Mitnahme - Löschen
• Speicherung auf privatem Datenträger:
PC, Laptop, Smartphone, Stick
384
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Privatnutzung IT am Arbeitsplatz
• Grundlegend: Verbot durch Arbeitgeber?
• Surfen im Internet als Kündigungsgrund:
• Pornographische Inhalte:
BAG ja
• Ausschweifende Nutzung: Erst nach Abmahnung
• E- Mails:
BAG 07.07.2005 – 2 AZR 581/04
• Übermäßige ggf. Arbeitszeitbetrug
• Mitlesen bei Kollegen, z.B. System- Administrator
• Weiterleitung geschäftliche an Kollegen, Dritte, PrivatAccount
• Einsicht in Korrespondenz - betrieblich - privat
• Herunterladen von Software:
• Trojaner – Gefahr (trotz firewall)
• Urheberrecht: Kostenlos nur für private Nutzung
385
Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Informationstechnologie = IT
• Heimarbeitsplatz: Gesamte Arbeit über das Netz
• Eintragungen in Social Media, facebook u.a.:
– Verwertung bei Recruting
– Ehrenschutz (Beleidigung + Verleumdung): Kündigung
• Private Nutzung dienstlicher PC`s & Smartphones:
– Anschlüsse: Telefon + Internet
– Zugriff AG auf private Nutzungsdaten des AN?
– Betriebsvereinbarungen, z.B. e-mail und internet
• Dienstliche Nutzung private Einrichtungen „byod“:
– bring your own device: Trend wg. Kosten & Effizienz
– Keine Einführung durch Weisung Arbeitgeber
– Betriebliche Interessen: Herausgabe, Datenschutz?
386
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Probleme privater PC`s, Smartphones
• Anforderungen § 9 BDSG sichern
• Freiwillige Arbeit: ArbeitszeitG, Aufzeichnung
• Sicherung Betrieblicher Daten, Korrespondenz:
• Datenübertragung, Kopien
• Zugriff
• Datensicherheit Unternehmen:
• Mitnahme und Kopieren interner Daten
• Löschen bei Gerätetausch + Beendigung des
Arbeitsvertrages
• Urheberrecht Software: Nur private Nutzung kostenlos
387
Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Aufhebungs-/Abwicklungsverträge
• Aufhebungsvertrag Regelungen:
– Abfindung sozialer Besitzstand =
Betriebszugehörigkeit
– Freistellung mit Anrechnung Urlaub + Mehrarbeit
– Qualifiziertes Arbeitszeugnis
– Verschwiegenheitspflicht
– Ggf. nachvertragliches Wettbewerbsverbot
– Ausgleichsquittung: Kein weiteren Ansprüche
• Vorteil Arbeitgeber: Kein Kündigungsschutz
• Arbeitnehmer droht Sperrzeit, § 159 SGB III:
– Bei
Aufhebungsvertrag
– Nicht bei Abwicklungsvereinbarung
oder Klageverzicht
388
Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Beendigung gestalten
• Kündigung Arbeitgeber:
– Freistellung, unter Anrechnung auf Urlaub
und Überstunden
– Abfindungsangebot, § 1a KSchG (selten)
• Vertrag einvernehmlich:
– Sperrzeit - Vermeidung, SGB III, zulässig:
• Klageverzicht
• Abwicklungsvereinbarung über Kündigung
– „Turboklausel“: AN erhält
• vertraglich tägliches Sonderkündigungsrecht und
• bei Ausübung Anteil an erspartem Brutto- Lohn als
Abfindung
389
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Mitarbeiter- Recruting &
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz AGG
390
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Personalmanagement:
• Personalplanung:
Unterrichtung BR § 92 I BetrVG
• Personalbedarf
– Gegenwärtig und zukünftig
– Quantitativ und qualitativ
• Personaldeckung (-beschaffung, -abbau)
• Personalentwicklung
• Personaleinsatz
• Personal- Marketing
• Personal- Recruiting: Bewerbungs- und
(Intern § 93 BetrVG)
Einstellungsverfahren
• Mitarbeiter
391
- Incentives
- Controlling: Leistungskontrolle
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Stellenausschreibungen =
Vorvertragliches Schuldverhältnis:
• Arbeitgeber: Definiert Anforderungsprofil
– Rücksichtnahme
– Aufklärung über wesentliche Umstände
• Arbeitnehmer: Offenbarungspflichten
– Qualifikation und Eignung, Berufszeugnisse
– Gesundheitszustand, § 7 ArbSchG, ArbMedVV
z.B. Kraftfahrer: Alkoholabhängigkeit
– Nicht: Schwangerschaft, Familienplanung
– Behinderung nur, wenn sie Beschäftigung ausschließt
– Vollzug einer Freiheitsstrafe
– Transsexualität: ggf. nach ausgeschriebener Stelle
392
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Bewerbung
• Vorstellungskosten: Aus Aufforderung zur
Vorstellung
• folgt Ersatzpflicht der erforderlichen
Auslagen, §§ 670, 662 BGB
• Ausschluss muss unmissverständlich zum
Ausdruck gebracht werden
• Bewerbungsunterlagen:
• Unterrichtung Betriebsrat, § 99 I BetrVG
• Anspruch auf Rückgabe
393
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Fragerecht des Arbeitgebers:
• Bei berechtigtem + schutzwürdigen Interesse:
•
•
•
•
Schulzeugnissen und Noten
Fachliche Qualifikation und berufliche Erfahrungen
Auslandsaufenthalte, Sprachkenntnisse, wenn f. Tätigkeit relevant
Eignung für die konkrete Tätigkeit, auch körperliche
• Einzelfälle:
•
•
•
•
•
•
•
•
zulässig?
Alter/ Geburtsdatum und Geburtsort
grds. ja
Alkohol- + Drogenabhängigkeit, HIV, Raucher
nein
Bisheriger Verdienst, Vermögensverhältnisse, Bonität
nein
Gewerkschafts-, Religions-, Parteizugehörigkeit
nein
Schwangerschaft, Heirats- & Familienplanung
nein
Schwerbehinderung
nein
- jedoch nach 6-monatiger Beschäftigung
ja
Vorstrafen: Nur wenn Verurteilung einschlägig zur Tätigkeit
Ansteckende Krankheiten
ja
• Verstoß: Arbeitnehmer hat das Recht zur Lüge
394
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Eignungsuntersuchungen
• Eignungstests:
• Nichtärztliche Untersuchungen
• Graphologische Gutachten
• Psychologische Tests
• Krankheiten und Gesundheitszustand:
• Fragerecht: Bei Bezug zu beruflichen Anforderung
• Ärztliche Untersuchungen bei Bezug zur Tätigkeit:
– AG definiert gesundheitliche Anforderungen
– Durch Betriebsarzt o. Arbeitsmediziner:
Schweigepflicht – muss entbunden werden
– Ggf. Pflicht: z.B. JArbSchG, BG
• Genomanalyse: Verbot, §§ 19 ff GendiagnostikG
395
Arbeitsrecht im Betrieb
10
personal recruting:
• Stellenausschreibung:
• Aufforderung zur Abgabe eines Arbeitsangebotes
• Keine unzutreffenden Angaben
• Diskriminierende Einstellungsvoraussetzungen:
Vermutung für Benachteiligung, §§ 11, 7, 1 AGG:
–
–
–
–
–
–
–
Deutscher Metallfacharbeiter
Verkäuferin: Geschlechtsneutrale Ausschreibung
Hausmeisterehepaar: Gleichgeschlechtliche Paare?
Bis 35 Jahre: Alter
Berufsanfänger, Junganwalt, Frauenkanzlei
Trainee für Young Professionals / Hochschulabsolventen
Übliche Bewerbungsunterlagen = Foto und Lebenslauf
• Auswahlprozess AGG: Verbot jeder (nachweisbaren) Diskriminierung
396
Arbeitsrecht im Betrieb 10
Allgemeines GleichbehandlungsG
• Als Kriterium für Differenzierung unzulässig =
Diskriminierung, § 1:
– Geschlecht
– Religion
– Rasse
- sexuelle Identität
- Weltanschauung
- ethnische Herkunft
– Alter
- Behinderung, 81 II SGB IX
Demographischer Wandel zwingt zu Einwanderung
• Anwendungsbereich, §§ 6-18:
– Beschäftigte & Bewerber, § 6 Abs. 1:
Arbeitsbedingungen einschl.
• Zugang zur Erwerbstätigkeit und beruflicher Aufstieg
• Entgelt, Aus- und Weiterbildung, Kündigungen
– Arbeitgeber, § 6 Abs. 2
– Ausschreibung Arbeitsplatz: Stellenanzeige, § 11
397
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Allg. Gleichbehandlungsgesetz
• Zulässige Kriterien:
•
•
•
•
Ausbildung, mehrjährige Berufserfahrung
Kenntnisse, auch Sprachen, insbes. Deutschkenntnisse
Junior Consultant
Auch: Fußballfan clubbezogen, fraglich: Ossi / Wessi
• Unzulässige Kriterien:
Sexuelle Identität:
Geschlecht
Jung, dynamisch:
Alter
Führerschein:
Behinderte mittelbar
Gesund
Behinderte
Hochschulabsolventen / Young Professionals übersetzt
junger Fachmann /-frau
– Familienplanung
Geschlecht Frau
–
–
–
–
–
ArbG D´dorf 13.3.2013 - 11 Ca 7393/11; BAG 21.6.2012 - 8 AZR188/11
398
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Formen Ungleichbehandlung
• Unmittelbare Benachteiligung, § 3 Abs. 1 AGG:
Weniger günstige Behandlung einer Person gegenüber
einer anderen in einer vergleichbaren Situation
• Mittelbare Benachteiligung, § 3 Abs. 2: Benachteiligung durch neutrale Vorschriften, Maßnahmen, Kriterien o.
Verfahren, die sich faktisch diskriminierend auswirken
• Belästigung, § 3 Abs. 3: Verletzung der Würde der
Person, insbes. durch Schaffung eines von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen
oder Beleidigungen gekennzeichneten Umfelds
• Sexuelle Belästigung, § 3 Abs. 4: Unerwünscht
• Anweisung zu diesen Verhaltensweisen, § 3 Abs. 5
399
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Allg. Gleichbehandlungsgesetz
• Mittelbare Diskriminierung, § 3 Abs. 2:
– Gruppenbildung nach nicht verbotenen Kriterien
– Eine Gruppe wird kollektiv und unmittelbar benachteiligt
– Mit Gruppe sind statistisch sind insbes. gegen
Benachteiligung Geschützte betroffen
BAG 21.06.2012 - 8 AZR 188/11
• Benachteiligungsverbot, § 7:
•
•
–
–
–
–
–
400
Arbeitgeber, Arbeitskollegen und Dritte
Formen der Benachteiligung, § 3:
Abs. 1: Unmittelbare = weniger günstige Behandlung
Abs. 2: Mittelbar durch scheinbar neutrale Regelung
Abs. 3: Belästigung
Abs. 4: sexuelle= unerwünscht + Verletzung der Würde
Abs. 5: Anweisung zu Verhalten
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Zulässige Benachteiligungen
Berufliche Anforderungen, § 8:
• Objektiv für Ausübung der Tätigkeit wesentlich
und entscheidend, nicht nur zweckmäßig:
• Verkehrsanschauung:
– Erzieher in Mädcheninternat
– Trendmoden für Jugendliche nicht durch Verkäufer
der Elterngeneration
– Damenmoden
• Kaum durch unternehmerisches Konzept:
– Frauenbuchhandlung oder –kanzlei
• Nicht durch Kunden- oder Käufererwartung:
– Weibliche Vertriebsmitarbeiterin, Kosmetik?
• Entgeltgleichheit, Abs. 2: Die Aspekte des § 1
rechtfertigen keine unterschiedliche Bezahlung
401
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Rechtfertigung Diskriminierung
• Nachteile verhindert oder ausgeglichen, § 5:
• Durch geeignete und angemessene Maßnahmen
• Verpflichtung öffentliche Arbeitgeber: Einladung
schwerbehinderte Bewerber zu Vorstellungsgespräch,
§ 82 S. 2 SGB IX
• Religion oder Weltanschauung, § 9
• Alter, § 10 S. 1 Fallgruppen Z. 1 bis 6, jeweils
– Legitimes Ziel
– Angemessenheit des Mittels: vernünftig und geeignet
– Erforderlichkeit des Mittels: geringster Eingriff
Beispiele Bundesarbeitsgericht:
- Altersgrenze für Beschäftigung
- Staffelung der Kündigungsfristen
402
18.09.2014 - 6 AZR 636/13
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Folgen Ungleichbehandlung:
• Arbeitgeber muss die erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung
ergreifen, § 12 Abs. 1
• Flankierend und Verstärkung:
• Beschwerderecht des Beschäftigten, § 13
• Leistungsverweigerungsrecht, § 14 (§ 273 BGB)
• Maßregelungsverbot, § 16 (neben § 612 a BGB)
• Schadensersatzanspruch, § 15:
– Materieller Schaden, Abs. 1
– Immaterieller Schaden, Abs. 2
– Kein (Erfüllungs-) Anspruch auf Einstellung o.
beruflichen Aufstieg, § 15 Abs. 6.
403
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Schadensersatzansprüche, § 15:
• Materieller S., Abs. 1: Außer kein Verschulden
• Entgangener Verdienst: Differenzrechnung
• Immaterieller S., Abs. 2: Verschuldensunabhängig
• bei jeder Benachteiligung, § 7, wenn nicht
– in Auswahl einbezogen
– eingestellt
• Ausnahme: Keine ernsthafte Bewerbung (§ 242)
• Angemessene Entschädigung:
– Alle Umstände einbeziehen, auch Abschreckung
– Maximal 3 Monatsgehälter, wenn bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt: Beweis AG
• Ausschlussfrist 2 Monate, Abs. 4 : Schriftliche
Geltendmachung
BAG 21.06.2012 - 8 AZR 188/11
404
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Allg. Gleichbehandlungsgesetz
• Beweislast, § 22: Abgestuft
• Mitarbeiter: Vortrag + Beweis von Indizien, die
eine Benachteiligung i.S.d. § 1 AGG vermuten
lassen, z.B. § 82 SGB IX
• Arbeitgeber: Beweis, dass kein Verstoß vorlag
• Kein Auskunftsrecht des Bewerbers,
• ob ein anderer eingestellt wurde oder
• aufgrund welcher Kriterien
• Gibt der Arbeitgeber dem abgelehnten Bewerber
keine Auskunft über seine Auswahlentscheidung,
lässt das allein noch keine Diskriminierung
vermuten.
BAG vom 25.04.2013 – 8 AZR 287/08
405
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Rechtsfolgen Ungleichbehandlungen
•
Arbeitgeber:
•
Mitarbeiter:
•
Betriebsrat + Gewerkschaft haben bei groben Verstößen eigenes Klagerecht, § 17 Abs. 2
– Bei Verstoß geeignete, erforderliche + angemessene Maßnahmen zur
Unterbindung der Benachteiligung ergreifen, z. B. Abmahnung, Versetzung,
Kündigung, § 12 Abs. 3.
– Verbot Benachteiligung wegen Berufung auf AGG- Rechte, § 16 (vgl. § 612 a
BGB).
– Beschwerderecht, § 13
– Leistungsverweigerungsrecht: Darf Leistung verweigern, soweit zu seinem
Schutz erforderlich, wenn Arbeitgeber gegen die Belästigung keine
geeigneten Maßnahmen ergreift, § 14 (vgl. 273 BGB).
– Schadensersatzanspruch, § 15 Abs. 1: Vermögensschaden (z.B. Ersatz des
entgangenen Verdienstes), außer kein Verschulden des Arbeitgebers.
– Nichtvermögensschäden verschuldensunabhängig, § 15 Abs. 2: Angemessener Ausgleich in Geld, Höhe richtet sich nach der Art, Dauer, Schwere und
Wiederholungsfall der Diskriminierung, Anlass, Beweggründe und Grad des
Verschuldens des Arbeitgebers. BAG: Entschädigung mindestens ein Monatsgehalt. AGG sieht für eine diskriminierende Nichteinstellung als Höchstbetrag 3
Monatsgehältern vor. Begrenzung entfällt, wenn Bewerber ohne die
Diskriminierung eingestellt worden wäre.
– Frist für Geltendmachung: 2 Monate, § 15 Abs. 4.
– Kein (Erfüllungs-) Anspruch auf Einstellung o. beruflichen Aufstieg, § 15 Abs. 6.
406
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Lebensalter & Personalauswahl
• Altersstrukturanalyse und AltersgruppenManagement
– Zieldefinition: Gewünschte Verteilung
– Verhinderung Überalterung: Einstellung Junge
• Neueinstellungen:
AGG
• Lebensalter als Kriterium unzulässig
• Kündigung „sozial wirksam“:
• Betriebsbedingt mit Sozialauswahl
– Lebensalter hemmend
– Nicht: Verjüngung des Mitarbeiterschaft
• Altersgruppenbildung, § 1 Abs. 3 S.2 KSchG:
– Nur Erhalt einer bestehenden Altersstruktur
– Kündigung aus allen Altersschichten proportional
407
Arbeitsrecht im Betrieb
10
• Vermeidungs-Strategie:
– Ausschreibung & Auswahlverfahren:
Ohne jede Diskriminierung
– Einstellungsentscheidung: geheim
– Ablehnungsschreiben: Ohne
Begründung & immer freundlich
• Auswirkungen AGG im Betrieb:
– Einstellungsvoraussetzungen
leistungsorientiert
– Betriebsklima vorurteilsfrei –
integrierend
408
Arbeitsrecht im Betrieb
10
AGG konforme Stellenausschreibung
• Alter:
– Keine Altersangabe (Zwischen… Nicht älter als..)
– Keine direkte Ansprache einer Zielgruppe:
» Jünger: Young Professionals, junge Dynamiker
» Älter: Erfahrene Alte Hasen, rüstige Rentner
– Selbstbeschreibung: Wir sind jung & dynamisch
• Geschlecht: Stets geschlechtsneutral
• Ethnische Herkunft und Rasse:
– Signalwort „Muttersprache“ meiden
– Sprachkenntnisse: nur soweit für Stelle
erforderlich
– Lichtbild nicht explizit anfordern
• Behinderung: Keine Hinweise
– Körperlich belastbar, geistig flexibel
409
Arbeitsrecht im Betrieb
10
personal recruting: Rechtlich
• Abwerbung: Grundsätzlich zulässig
• Wettbewerbswidrigkeit, § 3 UWG: Nur bei
Hinzutreten besonderer Umstände
• Verleiten zum Vertragsbruch: Aufforderung zur
Verletzung (noch) bestehender arbeitsvertraglicher
Verpflichtungen
• Erteilung einer unrichtigen Auskunft
• Ausnutzung von Geschäftsgeheimnissen des
Mitbewerbers
• An betriebliche e-mail- Adresse, § 7 II Nr. 3 UWG
• Telefonanrufe am Arbeitsplatz als „cold calls“, sofern
mehr als erste Kontaktaufnahme
BGH 22.11.2007 – I ZR 183/04
410
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Personalpolitik
• Auswahl geeigneter Mitarbeiter:
• Personalbedarf, Bewerbungsverfahren, Einstellung
• Gesunderhaltung der Mitarbeiter:
• Prävention:
– Arbeitsschutz & -sicherheitsgesetze: Compliance
– Betriebliches Gesundheitsmanagement BGM
• Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX:
– Nach 6 Wochen Erkrankung oder bereits früher
– Leidens- oder krankheitsgerechter Arbeitsplatz sowie
Hilfe bei allen Problemen, ggf. durch selbständige Berater
• Unfähigkeit zur geschuldeten Arbeit:
•
•
•
•
411
Anpassung Arbeitsbedingungen: Freier, leidensgerechter Arbeitsplatz
Änderungskündigung
Beratung zum Schutz durch das soziale Netz
Kündigung aus personenbedingten Gründen
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Thomas „Tom“ Neuwirth gewinnt den
Eurovision Song Contest 2014 als
„Conchita Wurst“
Was ist ihm im Einzelnen alles „Wurst“?
Die Privatperson Tom Neuwirth & die Kunstfigur Conchita Wurst
sind zwei eigenständige Persönlichkeiten mit ihren eigenen
Lebensläufen, die gemeinsam ein markantes Zeichen für Toleranz
und gegen Diskriminierung setzen.
Conchita verdankt ihre Geburt dem Umstand, dass Tom Zeit
seines Lebens mit Diskriminierung zu kämpfen hatte. Also schuf er
eine „Frau mit Bart“ als auffälliges Statement. Als Katalysator für
Diskussionen über Begriffe wie „anders“ oder „normal“.
Aussehen, Geschlecht und Herkunft sind „völlig WURST“, wenn es
um die Würde und Freiheit des Einzelnen geht. „Einzig und allein
der Mensch zählt“, sagt Neuwirth/ Conchita, „jeder soll sein
Leben so leben dürfen, wie er es für richtig hält.“
Wer ist moderner? Tom oder das AGG!
412
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Der transsexuelle Lagerarbeiter
Die Fa. Naturstein Niederrhein GmbH mit über 20
Arbeitnehmern beschäftigt in ihrem Lager seit über 5
Jahren den zuverlässigen und allseits geschätzten
Herrn Victor. Herr Victor offenbart dem Geschäftsführer, dass er „im falschen Körper lebe“. Nach einer
medizinischen Geschlechtsumwandlung werde er
zukünftig als Frau Victoria leben.
1. Der Geschäftsführer erklärt Ihnen, dass er im Lager
keine Frau einsetzen könne, u.a. gäbe es nur Männertoiletten und –umkleiden. Er bittet Sie um Vorschläge,
das Arbeitsverhältnis auf schnellstem Wege zu
beenden.
2. Nach einem halben Jahr verlangt Victoria die
Umschreibung ihres Arbeitszeugnisses auf sich als Frau.
413
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Der transsexuelle Lagerarbeiter
1. Transsexuellen Gesetz: Regelt nur Änderung Vornamen
2. Anfechtung:
1.
2.
Kein Erklärungs- oder Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 BGB
Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2 BGB:
1. Geschlechterzuordnung: Im Lager wohl ja
2. Aber: Geschlecht nach AGG kein zulässiges Kriterium
3. Kündigung, soziale Rechtfertigung, § 1 KSchG:
1.
2.
Personenbedingt: Geschlecht gem. AGG kein zulässiges Kriterium
Betriebsbedingt: Sofern im Lager reiner Männerarbeitsplatz, insbes.
sofern Gründe gem. § 8 AGG
4. Einigung mit Kriterien:
1.
2.
Psychologisches Problem des Mitarbeiters:
Muss sein Leben im anderen Geschlecht neu beginnen
Abfindung zum Ausgleich von
1.
2.
Bei Verlangen nachträglich auf Namen der Frau,
Grundsatz der Wahrheit hindert jedoch Umschreibung
5. Zeugnis:
414
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Fall: Stewardessen für Air Furt
Im Hinblick auf die andauernde Ertragskrise
gibt der neue CEO der kränkelnden Airline
aus Erfurt einen Wechsel der Personalpolitik
bekannt:
Man werde zu dem ursprünglichen Konzept
ausschließlich weiblichen Kabinenpersonals
zurückkehren und damit für die Fluggäste
attraktiver werden. Bereits aufgrund der
Berichterstattung in der Presse rechne er mit
einer Welle von Bewerbungen attraktiver
junger Frauen.
Der homosexuelle H fühlt sich angesprochen.
Welche Aussichten hat seine Bewerbung?
415
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Stewardessen für Air Furt
1. Wenn Air Furt das neue Personalkonzept realisiert, hat die Bewerbung
keinen Erfolg.
2. Hingegen Chancen gem. § 15 auf
materiellen / immateriellen Schadensersatz,
weil
1.
2.
416
in der Pressemitteilung Männer allgemein und
älteren Frauen im Besonderen benachteiligt werden,
dieser Verstoß die Rechtswidrigkeit der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren indiziert, §§ 3, 7,
11, 22 AGG
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Altersabhängige Staffelung der
Urlaubsdauer:
• In Arbeits- und Tarifverträgen
• Grds. unwirksam wegen Altersdiskriminierung
• Anpassung der Dauer „nach oben“: Für alle
BAG 20.03.2012 – 9 AZR 529/10
Rechtfertigung Ungleichbehandlung durch:
•
•
•
•
•
417
Verfolgung eines rechtmäßigen Ziels, § 3 Abs. 2
Positiven Maßnahmen ("affirmative actions"), § 5
Differenzierung wg. beruflicher Anforderungen, § 8
"Kirchenklausel„, § 9 AGG
Zulässige Differenzierung aufgrund Alters, § 10 AGG
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Mehrurlaub für ältere Arbeitnehmer
Ein Arbeitgeber gewährt seinen Mitarbeitern ab
dem 58. Lebensjahr ohne individuelle Vereinbarung
jährlich 2 zusätzliche Urlaubstage. Werden die
jüngeren Mitarbeiter diskriminiert?
1. Unmittelbare Ungleichbehandlung wegen Alters
2. Grundsätzliches Verbot, § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG
3. Rechtfertigung gem. § 10 S. 3 Nr. 1 AGG:
1.
2.
3.
Rechtfertigung durch legitimes Ziel
Mittel geeignet: Angemessen und erforderlich
Sicherung des Schutzes älterer Beschäftigter:
Bei über 50- jährigen ist ein altersbedingt
gesteigertes Erholungsbedürfnis nachvollziehbar.
BAG 21.10.2014 – 9 AZR 956/12
418
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Fall: Mindestgröße für Flugkapitäne
Wer bei der Lufthansa Pilot werden will, muss lt.
Tarifvertrag mindestens 1,65 m groß sein. Die 19-Jährige P
bewarb sich, bestand alle Tests - und flog beim
Nachmessen raus: 3,5 Zentimeter zu klein. Sie klagt auf
135.000 Euro als Schadenersatz und Entschädigung.
Frauen seien im Schnitt kleiner als Männer, also könnten
weniger Frauen die erforderliche Mindestgröße erreichen.
Die Lufthansa macht geltend, dass die Mindestgröße
erforderlich sei, um Flugzeuge sicher zu steuern.
LAG Köln: Sieht in der Mindestgröße eine mittelbare
Diskriminierung wegen des Geschlechts, weil Frauen im
Durchschnitt kleiner seien als Männer. Über die Größenregelung kommen deutlich weniger Frauen zum Zug, als
Männer. Mehr als 40 Prozent der Frauen über 20 Jahre,
aber nur vier Prozent der Männer über 20 Jahre seien
kleiner als 1,65 Meter.
419
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Entschädigungsansprüche nach AGG:
M GmbH entwickelt kundenspezifische Datenbanklösungen basierend auf dem MS SQL Server (2000/ 05)
vorwiegend für industrielle Prozessanwendungen. Am
22.06.2009 schrieb sie Stellen für „zwei freiberufliche
Mitarbeiter (bei Eignung Festanstellung möglich) als
Net Entwickler (m/w) SQL Datenbankentwickler
zwischen 25 und 35 Jahren“ aus.
Der am 27.03.1956 geborene K bewarb sich erfolglos.
Nachdem M GmbH zumindest einen Bewerber zu
einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, sah sie
letztlich von einer Einstellung ganz ab.
K erhebt am 27.10.2009 Klage beim Arbeitsgericht auf
Zahlung einer Entschädigung von 26.400 €. Hat K
einen Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG?
BAG 23.08.2012 - 8 AZR 285/11
420
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Entschädigungsanspruch § 15 Abs. 2 AGG
1. Persönlichen Anwendungsbereich des AGG:
1.
2.
Als Bewerber ist der Kläger nach § 6 I 2 „Beschäftigter“
Unerheblich insoweit, ob Bewerber :
1. objektiv geeignet ist oder
2. die Bewerbung subjektiv ernst gemeint war
(ggf. jedoch Einwand des Rechtsmissbrauchs, § 242 BGB)
2. Unmittelbare Benachteiligung i.S.d. § 3 I:
1.
Wenn K wegen eines in § 1 genannten Grundes (Alters)
einen Nachteil erfährt, bei Einstellung nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird.
2. Eine Benachteiligung wird nicht beseitigt durch
1. Nichtbesetzung der ausgeschriebenen Stelle,
2. spätere Einstellung des Benachteiligten
421
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Entschädigungsanspruch: Fortsetzung
1. obwohl er objektiv für die ausgeschriebene Stelle
geeignet war:
1.
2.
Nach Anforderungsprofil des Arbeitgebers
Im Arbeitsleben herrschende Verkehrsanschauung
2. Beweislast, § 22: Indizien für Altersbenachteiligung
3. Rechtzeitig innerhalb der 2- Monatsfrist, § 15 IV?
4. Höhe bei immateriellem Schaden: Gericht berücksichtigt Art und Schwere der Benachteiligung, ihre
Dauer und Folgen, Anlass und Beweggrund des
Handelns, Wiederholungsfall und abschreckende
Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber.
BAG 23.08.2012 - 8 AZR 285/11
422
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Altersgrenze in Betriebsvereinbarung
Der 1942 geborene A ist seit 1980 bei der B AG
beschäftigt. Nach der von beiden Parteien
unterzeichneten Einstellungsmitteilung war das
Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit
geschlossen. Eine Betriebsvereinbarung aus
dem Jahr 1976 sah die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65.
Lebensjahres vor. Dieses vollendete A im
August 2007.
A wendet sich gegen die Beendigung seines
Arbeitsverhältnisses, er sieht sich auch wegen
seines Alters benachteiligt.
BAG 05.03.2013 -1 AZR 417/12
423
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Altersgrenze Betriebsvereinbarung
1. Erreichung des Rentenalters und Beginn der
Altersrente
a) beenden Arbeitsverhältnisse nur bei
Vereinbarung im Arbeitsvertrag,
b) sind kein Kündigungsgrund, § 41 SGB VI
2.
Regelung in Betriebsvereinbarung, § 77 II :
Wahrung von Recht + Billigkeit, § 75
BetrVG, bei Anspruch auf Regelaltersrente.
3.
Keine Altersdiskriminierung
Ergebnis: Das Arbeitsverhältnis ist beendet.
424
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Tarifliche Altersgrenzen im MTV
P, geboren am 25.04.1949, ist seit vielen Jahren
Flugzeugführer bei der Lufthansa.
Gem. Nr. 5 a des Manteltarifvertrages für das
Cockpit-personal der Lufthansa endet das
Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem
das 60. Lebensjahr vollendet wird, ohne dass es
einer Kündigung bedarf.
P ist nicht damit einverstanden, dass sein
Arbeitsverhältnis am 30.04.2009 enden soll und
erhebt Klage auf Entfristung.
Mit Erfolg?
BAG 18.01.2012 - 7 AZR 112/08
425
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Tarifliche Altersgrenzen im MTV
– Für Befristung kein sachlicher Grund, § 14 I 1 TzBfG
– §§ 7 Abs. 1 i.V.m. 1 AGG: Auf Alter beruhende
Ungleichbehandlung bei der Entlassung
– Zulässigkeit wegen Alters gem. § 10 AGG:
– Wegen beruflicher Anforderungen, § 8 I
• Unterschiedliche Behandlung
– Objektiv
– Angemessen und
– durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt
• Mittel: Nur angemessen und erforderlich
• Mit 60. Geburtstag keine objektive Änderung
Ergebnis: Pensionierung mit Vollendung 60.
Lebensjahr unwirksam
Bei Ausgleich durch Frührente wirksam, § 5 AGG
426
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Entschädigungsansprüche nach AGG
Das beklagte Land hatte 2 Stellen für Lehrkräfte
in einer JVA ausgeschrieben. Der Kläger ist
Diplompädagoge und bewarb sich als zu 60 %
Schwerbehinderter. Mit Schreiben vom 29.08.,
Zugang am 02.09. lehnte das Land die
Bewerbung ab. Mit am 04.11. eingegangenen
Schreiben meldet Kläger Schadensersatz- und
Entschädigungsansprüche an, weil er nicht zu
einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.
Welche Ansprüche hat der Kläger?
BAG 15.03.2012 - 8 AZR 160/11
427
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Entschädigungsanspruch AGG
1. Entschädigungsanspruch wegen immateriellen
Schaden, § 15 Abs. 2 AGG:
1. Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“, § 6 I 2
2. Benachteiligung als Schwerbehinderter, §§ 7,
22 AGG: Rechtsverstoß, § 82 SGB IX
1.
2.
3.
3.
Als Schwerbehinderter auf Bewerbung
bei öffentlichem AG nicht eingeladen
obwohl objektiv geeignet
Höhe kann in Ermessen des Gericht gestellt werden,
keine Begrenzung auf 3 Monatsgehalt
2. Verfall, § 15 Abs. 4 AGG: Schriftlich innerhalb 2
Monaten geltend machen, bis 2.11., hier erst
am 04.11.
428
Arbeitsrecht im Betrieb 10 S
Wartezeitkündigung wg. Aidserkrankung
Medic AG stellt intravenös verabreichte Arzneimittel
zur Krebsbehandlung her. Sie stellt A als ChemischTechnischen Assistenten zur Arbeit im Reinraum ein.
Bei der Einstellungsuntersuchung wenige Tage nach
Beginn der Arbeit teilt A dem Betriebsarzt seine HIVInfektion mit, der Arzt äußerte Bedenken gegen den
Einsatz im Reinraumbereich. Nach Entbindung von
der ärztlichen Schweigepflicht teilte er Medic die
Infektion mit. Noch am selben Tag kündigte Medic
das Arbeitsverhältnis ordentlich. Wegen seiner
ansteckenden Krankheit könne sie A nach ihrem QSSystem nicht einsetzen.
Mit der Kündigungsschutzklage macht A geltend, er
sein behindert. Die Kündigung sein unwirksam, sie
diskriminiere ihn wegen seiner Behinderung. Zurecht?
BAG vom 19.12.2013 – 6 AZR 190/12
429
Arbeitsrecht im Betrieb 10 S
Wartezeitkündigung wegen Aidserkrankung:
1. Kündigungsschutzgesetz:
Nicht in
Wartezeit 6 Monate, § 1 Abs. 1 KSchG
2. Schwerbehinderung:
a) Bei symptomloser HIV – Infektion fraglich, hier 10%
b) Kündigungsschutz nach 6 Monaten, § 90 I SGB IX
3. Diskriminierung iSd. § 3 I AGG:
a) Behinderung: Beeinträchtigung an der Teilhabe an
der Gesellschaft aus körperlichen Gründen
b) Kündigung wegen „Behinderung“ ist außerhalb des
Kündigungsschutzgesetz nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs.
1, §§ 1, 3 AGG unwirksam. § 2 Abs. 4 AGG steht entgegen dem Wortlaut - nicht entgegen.
c) Rechtfertigung, sofern der Einsatz des Klägers im
Reinraum nicht durch angemessene/ zumutbare
Vorkehrungen ermöglicht werden kann.
4. Ergebnis BAG: Zurückverweisung zur Aufklärung
430
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Fall: Sprachdiskriminierung
S GmbH betreibt ein öffentliches Hallenbad. Die 55- jährige
V aus dem ehemaligen Jugoslawien mit kroatischer Muttersprache ist seit Juni 1985 zur Reinigung und seit 14 Jahren
als Vertretung an der Kasse tätig. V muss mit Kollegen,
Vorgesetzten und Kunden sprechen. Da V dies immer
schlechter gelingt, fordert S sie auf, auf eigene Kosten
einen Deutschkurs zu besuchen. V ist hierzu nur auf Kosten
der S bereit. Eine Abmahnung nimmt S zwar zurück, bittet
aber zugleich den Rechtsanwalt der V, „unabhängig von
juristischen Kategorien“ seine Mandantin zu bewegen,
„schlicht ihre Resistenz gegenüber der Sprache eines
Landes aufzugeben, in dem sie sich seit mehr als 25 Jahren
aufhält“.
V fordert von S GmbH eine Entschädigung in Höhe von
15.000 €, weil sie sich wegen ihrer Rasse sowie ihrer
Nationalität diskriminiert fühlt.
Mit Erfolg?
BAG 22.06.2011 – 8 AZR 48/10
431
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Schadensersatz gem. § 15 II
1. Unmittelbare Benachteiligung, § 3 Abs. 1:
Sprache wird nicht als Merkmal verpönt
2. Mittelbare Benachteiligung, § 3 Abs. 2:
1.
2.
Dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien o.
Verfahren beachteiligen geschützte Gruppe besonders
Nicht, wenn durch rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt
und Mittel angemessen und erforderlich, hier (+)
3. Belästigung, § 3 Abs. 3:
1.
2.
3.
Unerwünschte Verhaltensweise
Im Zusammenhang mit Grund § 1 AGG
verletzt die Würde
4. Tarif- o. Vertragsverstoß als Benachteiligungsindiz:
Nur Vorschriften, die zumindest auch den Schutz von
Arbeitnehmern wegen Merkmalen § 1 AGG bezwecken
(nicht § 84 II, aber § 81, 82 SGB IX)
432
Arbeitsrecht im Betrieb 10 S
Kündigung wg. sexueller Belästigung
K ist bei der car GmbH seit 1996 als Kfz-Mechaniker tätig. Im
Juli 2012 sprach er im Waschraum die Mitarbeiterin eines
externen Reinigungsdienstes P mit den Worten an, sie habe
einen schönen Busen, und berührte sie an der Brust. Als P
erklärte, dass sie dies nicht wünsche, ließ der Kläger sofort von
ihr ab. Am 31.07.2012 bat die car GmbH K zu einem VierAugen- Gespräch. K gestand die Tat, entschuldigte sich, er
habe sich „eine Sekunde lang vergessen“, und beteuerte,
dass eine Wiederholung seines Verhaltens ausgeschlossen sei.
Er habe den Eindruck gehabt, dass die Mitarbeiterin mit ihm
geflirtet habe.
Mit Schreiben vom selben Tag kündigte car GmbH das
Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. K entschuldigte sich
schriftlich bei P und zahlte ihr im Rahmen eines Täter-OpferAusgleichs ein Schmerzensgeld. P nahm die Entschuldigung
an und sah von einem Strafantrag ab, das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.
K hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben.
BAG vom 20.11.2014 -2 AZR 651/13
433
Arbeitsrecht im Betrieb 10 S
Kündigung wg. sexueller Belästigung
•
•
434
Außerordentliche Kündigung: Wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB fehlt. Zwar liegt
sowohl eine verbale als auch körperliche sexuelle Belästigung i.S.d. § 3 IV AGG vor:
Die Aussage des K und die Berührung der waren unerwünschtes, sexuell
bestimmtes Verhalten, das die Würde der P verletzte. Dennoch ist eine
Abmahnung ausreichend: Das künftige Verhalten von K kann durch die Androhung
von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden. K
hat sein Fehlverhalten als einmaliges „Augenblicksversagen“ eingeräumt, obwohl
er es bei der „Vier-Augen-Situation“ im Waschraum eventuell erfolgreich hätte
abstreiten können. Es ist auszuschließen, dass K sich noch einmal irrtümlich
einbildet, angeflirtet zu werden und vergleichbar reagiert. Er hatte keinen
Belästigungswillen. Entschuldigungsschreiben und Täter-Opfer-Ausgleich zeigen,
dass K über sein Verhalten ehrlich erschrocken war.
Car GmbH ist zwar verpflichtet, die geeigneten, erforderlichen und angemessenen
Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Arbeitnehmer (?) vor K zu schützen und eine
Wiederholung zu verhindern, § 12 III AGG . Andererseits muss sie zu Gunsten des
Täters alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und auch bei schwerem
Fehlverhalten die Verhältnismäßigkeit prüfen. Von Bedeutung sind vor allem eine
langjährige beanstandungsfreie Tätigkeit und die Schwere der Pflichtverletzung.
Ein reuiges Nachtatverhalten wirkt sich positiv auf die Prognose der Wiederholungsgefahr aus. Zeigt der Täter keinen Belästigungswillen und ist nicht
einschlägig abgemahnt, kann eine Kündigung unverhältnismäßig sein.
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Bewerbungskonzept „AGG- Hopper“:
Will keine Stelle, sondern Schadensersatz
1. Anzeige / Stellenausschreibung objektiv
diskriminierend
2. Bewerbung als objektiv Diskriminierter
3. Beobachtung, ob im Auswahlverfahren
vorzeitig ausgeschlossen, § 3 Abs.1
4. Verfallfrist: Anspruch binnen 2 Monaten
schriftlich geltend machen, § 15 Abs. 4
5. Nicht bei objektiver Nichteignung – unabhängig von Kenntnis BAG 14.11.2013 8 AZR 997/12
435
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitssicherheit
& Arbeitszeit
436
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Schutzgut Arbeitssicherheit:
• Freizeit, Erholung
• Vermeidung: Überlastung, burn out
• Höchstdauer der Arbeitszeit:
– täglich 8 Std., Anordnung 9, max. 10 Std., § 3
– Verlängerung nur durch Tarifvertrag, § 7 I Nr. 2a
– Besonderheiten Berufskraftfahrer: FahrpersonalG
• Nachtzeit, § 2 III: 23 - 6 Uhr + -arbeit, IV > 2 Std.
• Nachtarbeitnehmer, § 2V: 48 Tage o. Wechselschicht
• Sonn- und Feiertagsbeschäftigung, § 9:
Beschäftigungsverbot von 0 bis 24 Uhr
437
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
Arbeitszeit, § 2 I :
• Beginn bis Ende, unabhängig, ob auch gearbeitet
jedoch ohne Ruhepausen
• Arbeitsbereitschaft: Betriebsbedingte Wartezeit
innerhalb der Betriebszeiten
• Technisch erforderliche Vorbereitungshandlungen:
• Ab Werkstor/ Betreten Betriebsgebäude
• Hochfahren Computer
• Fahrtzeiten bei Dienstreisen, als Fahrer + Beifahrer
• Wasch- und Umkleidezeiten: Nur wenn AG eine
bestimmte Kleidung vorschreibt + Umkleiden im
Betrieb erfolgen muss
BAG vom 19.09.2012 – 5 AZR 678/11
438
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Ruhepausen, §4 Unterbrechungen der Arbeitszeit
BAG 13.10.2009 - 9 AZR 139/08
– Begriff: Beginn und Ende stehen im Vorhinein fest,
weder Arbeit, noch Bereithalten für Weisungen,
Dauer: mindestens 15 Minuten
– Dauer: Bis 9 Stunden Arbeitszeit: 30 Min., § 4 ArbZG
mehr als 9 Std.:
45 Min. täglich
• Ruhezeiten, § 5: Nach Arbeitsende mind. 11 Std. frei
• Aktuell: Grenze zum Privatleben verschwimmt:
• Erreichbarkeit außerhalb Arbeitszeit: Erwartung - freiwillig
• auf (dienstlichem) Handy oder per Internet: Lösen die
Verrichtung der Arbeit von Anwesenheit am Arbeitsplatz
• Bei Dokumentation: AG wohl zur Kontrolle verpflichtet
439
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Nachtzeit, § 2 III: 23 -6 Uhr ; -arbeit, IV > 2 Std.
• Nachtarbeitnehmer, § 2V: 48 Tage o.
Wechselschicht
• Nacht-(§ 2 III -V) & Schichtarbeit, § 6:
– Abs. 3: Vor Beginn + alle 3 Jahre arbeitsmedizinische
Untersuchung
– Abs. 4: Umsetzungsanspruch auf Tagarbeitsplatz
– Abs. 5: Tarifliche Ausgleichsregelung o. –tage / Zuschlag
• Sonn- & Feiertage, § 9: Beschäftigungsverbot
–
–
–
–
440
§§ 10, 14 Ausnahmen: Beschäftigung zulässig
§ 11
Ausgleich durch Ersatzruhetag
§ 12
Abweichung per Tarifvertrag
§§13,15 Genehmigung durch RechtsVO /Aufsichtsbehörde
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Überarbeit o. Überstunden:
• Überschreitung der vertraglichen
Arbeitszeit, § 16 Abs. 2 ArbZG
• Mehrarbeit:
• Geht über die gesetzlich normalerweise
zulässige Arbeitszeit von 8 Stunden hinaus
• Vertragliche Arbeitszeitformen:
• Gleitzeit, mit Anwesenheit in Kernzeiten
• Schichtarbeit: 2-, 3-, 4-, 5-, Konti-Schicht 24 Std. 7 T
• Vertrauensarbeit: Keine Kontrolle der Arbeitszeit,
nur der Arbeitsergebnisse
441
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Bereitschaftsdienst:
• Zur Verfügung stehen + sich bereit halten, um im Bedarfsfall
von sich aus volle Arbeitstätigkeit sofort aufzunehmen
• Dienst am Arbeitsort /-nähe: „Wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“, z.B. Schlafen im Bereitschaftsraum
• Ist Arbeitszeit i.S.d. Arbeitsschutzes
• Vergütungspflicht:
– Kann geringer sein, Pauschalabgeltung 15 – 25 % zulässig
– Voll, wenn Inanspruchnahme größer 50 %
• Rufbereitschaft:
•
•
•
•
442
Unvorhersehbarkeit des Arbeitsanfalles
Freie Wahl des Aufenthaltsortes
Ist Ruhezeit, bei Inanspruchnahme Arbeitszeit
Grds. vergütungspflichtig TVöD12,5 % d. üblichen Entgeltes,
ggf. auch pauschale Abgeltung
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Zur Beurteilung der Arbeit berücksichtigen:
Intensität der Belastung, insbes.
Häufigkeit der Inanspruchnahme
Dauer der Arbeitsbereitschaft
Einfluss auf den Lebensrhythmus
Regel- o. Unregelmäßigkeit von
Unterbrechungen
• Verantwortlichkeit + Folgen zu späten Eingreifens
• Störfaktoren: Geräusche oder Erschütterungen
•
•
•
•
• Beteiligungsrechte des Betriebsrates:
• Überwachung Einhaltung, § 80 I Z. 1 BetrVG
• Mitbestimmung bei Lage der Arbeitszeit,
§ 87 Abs. 1 Z. 2 + 3 BetrVG
443
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Schichtarbeits- Modelle:
• Zwei – Schichtbetrieb: Zwei nacheinander
liegende 8-Stunden-Schichten mit
Kapazitätsnutzung von 16 Stunden pro Tag
• Drei- Schichtbetrieb: Rund um die Uhr Betrieb in der Arbeitswoche
• Als Diskontinuierliche Schichtarbeit:
• Betriebszeit unter 168 Std./Woche,
• Wochenende oder nur Sonntag arbeitsfrei
• Kontinuierliche Schichtarbeit = Vier- oder
Fünf- Schichtbetrieb:
Kontinuierlicher Arbeitsbetrieb an 7 Tagen
über 24 Stunden = 168 Std. /Woche
444
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Gesetz über Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, ASiG
• Betriebsärzte, § 2
Aufgaben, § 3:
– Z. 2: Untersuchung + arbeitsmedizinische
Beurteilung der Arbeitnehmer
– Z. 3: Durchführung Arbeitsschutz + Unfallverhütung
– III: Aufgabe nicht Überprüfung Krankmeldungen
– Ärztliche Schweigepflicht:
– Für sämtliche Befunde
– auch bei Arbeitsplatzbezug+ Sicherheitsrelevanz
• Fachkräfte für Arbeitssicherheit, § 5:
– Sicherheitsingenieure, Techniker und Meister
– Angestellt oder überbetrieblicher Dienst
445
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Bestellung durch Unternehmen:
• Betriebsärzte, § 3 ASiG
• Ärztliche Schweigepflicht, § 8 I 3
• Fachkräfte für Arbeitssicherheit, § 5
• Sicherheitsingenieure, Techniker und Meister
• Beide: Pflicht zur Bestellung, §§ 2 I, 5 I,
wenn erforderlich im Hinblick auf
• Betriebsart &verbundene Unfall-/Gesundheitsgefahren
• Zahl der Arbeitnehmer und ihre Zusammensetzung
• Betriebsorganisation
• Bei Anwendung ihrer Fachkunde weisungsfrei, § 8 I
• Unmittelbar dem Betriebsleiter unterstellt, § 8 II
• Sicherheitsbeauftragter, § 22 SGB VII: Ab 20 MA
446
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsschutzgesetz:
• § 3 Verantwortung des Arbeitgebers
• § 4 Gestaltung der Arbeit: Vermeidung von
Gefahren
• § 5 Präventive Gefährdungs- Beurteilung
• § 6 Dokumentation
• § 9 Eingeschränkter Zugang zu gefährlichen
Arbeitsbereichen
• § 12 Unterweisung der Arbeitnehmer
• § 13 Für Erfüllung der Arbeitgeberpflichten
verantwortliche Personen
• § 15 Pflichten der Beschäftigten
447
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsschutzgesetz ArbSchuG
Grundpflichten des Arbeitgebers:
Arbeitsschutz und Gesundheitsfürsorge
gegen Arbeitsunfälle + Berufskrankheiten :
• Erforderliche Maßnahmen treffen, § 3
• Mit der Arbeit verbundene Gefährdungen
ermitteln, § 5:
•
•
•
•
448
Konkretisierung der Fürsorgepflichten aus § 618 BGB
Anspruchsgrundlage des Arbeitnehmers
Schlüssel für zielgerichteten Arbeitsschutz
Präventive Gefährdungsbeurteilung
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Verbesserung des Arbeitsschutzes
durch Gefährdungsbeurteilung, § 5
• Ermittlung der Gefährdungen
• Nur physisch oder auch psychische Belastungen?
Beurteilung der Gefährdungen
Festlegung konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen
Durchführung der Maßnahmen
Überprüfung: Durchführung + Wirksamkeit der
Maßnahmen
• Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung
• Dokumentation Ergebnisse & Maßnahmen, § 6
Siehe § 3 Allg. Pflichten AG , ArbMedVV
•
•
•
•
449
Arbeitsrecht im Betrieb 11
Arbeitsschutz
• Vertragliche Pflicht Arbeitnehmer, § 15:
• Arbeitsschutz- + Unfallverhütungsvorschriften
• Einsatz Schutzkleidung + Sicherheitsvorrichtungen
• Eignungs- und Vorsorgeuntersuchungen
• Arbeitsschutz Verordnungen, § 18:
• § 5 III Z. 3: Arbeitsmittelsicherheit BetrSichV 2015:
Gefährdungsbeurteilung & Schutzmaßnahmen
• § 7 : Arbeitsmedizinische Vorsorge, ArbMedVV:
– § 2 Pflicht-, Angebots- + Wunschuntersuchungen
– AN auf definierten risikobehafteten Arbeitsplätzen
– Keine unmittelbare Unterrichtung der Arbeitgeber,
sondern Beschäftigte dürfen Untersuchungen
ablehnen
450
Arbeitsrecht im Betrieb
11
BetriebssicherheitsV 01.06.2015
• Verantwortlich: Arbeitgeber
• Gefährdungen beurteilen, notwendige und
geeignete Schutzmaßnahmen ableiten
• Arbeitsmittel:
• Produktsicherheit + CE Kennzeichnung
• Betriebssicherheit: Anpassung an Betriebsverhältnisse
• Anleitung und Qualifikation der Mitarbeiter:
Betriebsanweisung und Unterweisung
• Sicherheitsmaßstab: Stand der Technik &
technische Regeln als Hilfsmittel
• Kein Bestandsschutz für alte Arbeitsmittel
• Vertrauensschutz bei Neuerwerb in EU, für eigene
Änderungen muss Arbeitgeber selbst einstehen.
Wilrich DB 2015, 981; Wiebauer, ArbRA 2015, 198 ff
451
Arbeitsrecht im Betrieb 11
Arbeitssicherheits- Normen: BGVorschriften (BGV)
• Deutsche Gesetzliche
V2, seit 1.1.2011
Unfallversicherung DGUV
• BGV A1: Grundsätze zur Prävention:
• § 1 Unfallverhütungsvorschriften (UVV) gelten für
Unternehmer & Versicherte, siehe § 15 ArbSchG
• § 7 (2) Unternehmer darf MA, die erkennbar nicht
in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für
sich/andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht
beschäftigen.
452
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsschutzgesetz ArbSchuG
Beteiligung Betriebsrat gem. BetrVG
• Mitbestimmung Arbeitsschutz: Soziale
Angelegenheiten, § 87 I Z. 7:
Beurteilung Gefährdung und Aufbau
einer Organisation zur Verhütung von
Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten sowie
Gesundheitsschutz BAG 18.03.2014 - 1 ABR 73/12
• Arbeitsschutz + Unfallverhütung, § 89:
• Betriebsrat muss sich einsetzen, Abs. 1
• Arbeitgeber muss BR hinzuziehen und unterrichten
453
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII
Träger: Berufsgenossenschaften
• Pflicht zur Verhütung arbeitsbedingter
Gesundheitsgefahren, § 14
• Unfallverhütungsvorschriften BG (UVV)
• Erlass gem. § 15 Abs. 1 SGB VII
• Jeweils spezifisch für alle Arbeitsbereiche
• Auch als Pflicht zu arbeitsmedizinische
Vorsorgeuntersuchungen, § 15 Abs. 1 vorletzter S.
• Überwachung und Beratung, § 17
• Aufsichtspersonen mit Anordnungsbefugnis, §§18,19
Arbeitgeber Sicherheitsbeauftragter, § 22:
Mehr als 20 Beschäftigten o. hoher Unfallgefahr
454
Arbeitsrecht im Betrieb 11
Eignungsuntersuchung AN
• § 18 II Nr. 4 ArbSchuG, § 2 ArbMedVV
auf Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung
• Pflicht -Untersuchungen Abs. 2
AngebotsAbs. 3
WunschAbs. 4
• Sanktionen:
1. Beschäftigungsverbot kein Lohn
2. Abmahnung, Kündigung
• Rechtsgrundlagen für Eingriff in informationelle
Selbstbestimmung AN, Art. 2 Abs. 1 GG:
• Gesetz: Erstuntersuchung, § 32 JArbSchuG
• In Tarifvertrag (§ 9 Nr. 1 Abs. 3 MTV Metall NRW: Ende AU)
• Arbeitsvertrag, ggf. aus Treuepflicht, wenn begründete
Zweifel an der Tauglichkeit des AN, den Anforderungen
des Arbeitsplatzes gesundheitlich gerecht zu werden BAG 1999
• Freie schriftliche Einwilligung des AN, § 183 BGB, § 4 a BDSG
455
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsmedizinische Vorsorge & untersuchungen
• Zweck: Früherkennung bzw. Vorbeugung
arbeitsbedingter Erkrankungen + Berufskrankheiten
• Arbeitsschutzgesetz:
• § 5 II + III: Beurteilung mit der Arbeit verbundene Gefahren
• § 7 : Feststellung gesundheitliche Eignung vor Übertragung
der Aufgaben
• Verordnungen gem. § 18 ArbSchG:
•
•
Gefahrstoffverordnung:
Belastung durch Gefahrstoffe
Biostoffverordnung:
Umgang mit biologischen
Abfallstoffen
Röntgen- + StrahlenschutzVO
Belastung ionisierende Strahlen
Gentechniksicherheitsverordnung
•
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
•
•
456
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung
• Arbeitsmedizinischen Vorsorge Verordnung (ArbMedVV)
• Untersuchungsarten nach Grad der Gefährdung:
– Pflicht- , Angebots- und Wunschvorsorge
– vor Aufnahme der Tätigkeit und Nachuntersuchungen
• durch Betriebsarzt oder Arbeitsmediziner
• Mindeststandards Empfehlungen Berufsgenossenschaft:
• G 20 Lärm
• G 25 Fahrer von Kraftfahrzeugen
• G 41 Arbeiten mit Absturzgefahr
in altersabhängigen Abständen
G 21 Kältearbeiten
G 37 Bildschirmarbeitsplätze
G 42 Infektionskrankheiten
• Betriebsarzt: Ärztliche Schweigepflicht
•
•
457
Für sämtliche Befunde und Informationen
Ergebnismitteilung an AG nur bei Einverständnis Arbeitnehmer:
– Ob gesundheitliche Bedenken vorliegen, ggf. zeitlich
befristet oder Auflagen für Tätigkeit
– Sonst: Nur Mitteilung, dass Untersuchung stattgefunden
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Mutterschutzgesetz MuSchG + -VO
Beschäftigungsverbote
• werdender Mütter:
– § 3 Abs. 1: Gefährdung gem. Arztattest
–
Abs. 2: 6 Wochen vor Geburt
– § 4 Abs. 1: Schwere körperliche Arbeiten o.
schädliche Einwirkungen
• nach Entbindung:
• § 6 Abs. 1: 8 Wochen
•
Abs. 2: Beschäftigung gem. Leistungsfähigkeit
• § 8 Mehr-, Nacht und Sonntagsarbeit
• Stillzeit, § 7
• Entgeltfortzahlung, § 11
458
Arbeitsrecht im Betrieb
11
JugendarbeitsschutzG - JArbschG
• Verbot der Kinderbeschäftigung bis 14 Jahre, § 5
– Kinderarbeitsschutzverordnung KindArbSchV
• Jugendlicher, § 2: 15 bis 17Jahre
• Arbeitszeit und Freizeit, §§ 8 ff: Max. 8 / 40 Std.
• Beschäftigungsverbote:
• Gefährliche Arbeiten, § 22
• Akkord, § 23
Unter Tage, §24
• Gestaltung der Arbeit, § 28
– Gefährdungsbeurteilung, § 28 a
– Züchtigungsverbot, § 31
• Ärztliche Untersuchungen, §§ 32 ff:
– Erstuntersuchung, § 32
459
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Arbeitsschutz
• Medizinischer: Gesunde Arbeitsumgebung
• Technischer: Sicherung Betrieb & Produktion
Beherrschung & Minimierung von Gefahren für
Arbeitnehmer- Sicherheit & Gesundheit
•
•
•
•
Arbeitssicherheitsgesetz
Arbeitsschutzgesetz
Gerätesicherheitsgesetz
Gefahrstoffverordnung u.a.
• Sozialer:
•
•
•
•
460
Arbeitszeitgesetz
Mutterschutzgesetz + -richtlinienverordnung
Jugendarbeitsschutzgesetz
Kinderarbeitsschutzgesetz und –verordnung
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Vermeidung Arbeitsunfall & Berufskrankheit
• Arbeitgeber: Verhinderung durch Organisation
– Arbeitsschutz, §§ 3 ff ArbSchuG
– Fachkraft für Arbeitssicherheit, § 5 ASiG
– Sicherheitsbeauftragte, § 22 SGB VII: Ab 20 Beschäftigte
• Berufsgenossenschaft, §§ 8 & 9 SGB VII:
– Krankenbehandlung, Rente 20% Erwerbsminderung
– Unfallverhütungsvorschriften, § 15 Abs. 1 SGB VII
– Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
• Staatliche Überwachung:
– Regierungspräsidenten: Staatlicher Arbeitsschutz
– Kommunale Gewerbeaufsicht
• Staatsanwaltschaft: Amtsermittlung wegen
– Körperverletzung oder Tötung
– Fahrlässigkeit: Mangelnde Sorgfalt
•
•
461
Verstöße gegen Gesetze, Verordnungen oder
Unzureichende Organisation
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Bewaffneter Personenschützer für Prof. Claassen
• Vertragliche Arbeit, teilweise in 2-Wochen - Blöcken
•
•
•
•
Personen- und Objektschutz qualifiziert, Chauffeur
Dienst und Schlafen im Objekt, Inanspruchnahme auch privat
rund um die Uhr
Permanente Aufmerksamkeit, auch bei Mahlzeiten
Im Freizeitblock:
–
–
Tagsüber Organisation persönliche Kontakte per Handy/E- Mail
Nachts: Permanente Ansprechbarkeit bei Alarm
• Kündigung:
•
•
•
•
Am 23.12.2012 nach 15,5 Std. Arbeit ohne Pause
Um 22:30 Uhr in Kirchzarten, Schwarzwald: Kein Vorschuss auf
Übernachtungskosten
Heimreise mit dem Zug, krank ab 25. + Meldung, Arztbesuch 27.
12.12
Kündigung 28.12.2012 fristlos, hilfsweise fristgerecht
• Welche Ansprüche hat der Personenschützer?
• Was befürchtet Prof. Claassen?
462
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Bewaffneter Personenschützer für Prof. Claassen
• Kündigungsschutzklage: Kündigung
•
•
Außerordentlich: Kein an sich geeigneter Grund
aber Sperrzeit bei Arbeitslosengeld I
Ordentlich:
Unter 10 Mitarbeitern kein Kündigungsschutz,
ggf. zur Unzeit o. Maßregelungsverbot, § 612 a
• Arbeitszeiten: Bezahlung unverjährt Jahresende+ 3
•
•
•
•
•
Dienstzeiten:
Pausen:
Nachts:
Freizeitblock:
Pro Monat
• Befürchtungen:
•
•
463
voll
keine
Dienstbereitschaft
Rufbereitschaft
bis zu 450 Std.
z.B. 25 %
z.B. 12,5 %
Bußgeld- und Strafvorschrift, bei gesundheitlicher Schädigung
Presse
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Berufsgenossenschaften
• Sachliche Zuständigkeit: Branchenspezifisch / nach
Art und Gegenstand des Unternehmens, § 122 SGB VII
• Aufgaben:
• Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung
• die Überwachung der AG-Maßnahmen zur Verhütung von
Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten
Gesundheitsgefahren
• Beratung Unternehmen + Arbeitnehmer, § 17 Abs. 1 SGB VII
• Befugnisse: Überwachung & Untersuchung
–
–
–
–
–
464
Besichtigung der Betriebsstätten zu den Betriebszeiten
Einholung der erforderlichen Auskünfte
Einsicht in geschäftliche und betriebliche Unterlagen
Untersuchen von Arbeitsverfahren & -abläufen
sowie von Arbeitsunfällen + Berufskrankheiten, § 19 I SGB VII
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: Gabelstaplerfahrer XXL
G arbeitet seit 20 Jahren als Gabelstaplerfahrer bei
der Betonsteinwerk GmbH. Er ist mit ca. 210 Kg und
BMI 64 extrem adipös und mit 30 % schwerbehindert.
Seine behandelnden Ärzte bestätigen, dass der sitzende Einsatz auf dem Gabelstapler seinen Einschränkungen bestmöglich entspricht. Nach mehrerer Erkrankungen mit übermäßigen Krankheitszeiten in 4 Jahren
hat die Geschäftsleitung ihn zum 30.7.2015 ordentlich
gekündigt. G hat Kündigungsschutzklage erhoben.
Da es nur Sitze bis 160 kg gibt, hat das Betonsteinwerk
die Befestigung des Sitzes auf der Motorhaube durch
Schweißarbeiten verstärkt. Hierdurch hat sich bereits
mehrfach die Befestigung der Motorhaube gelöst.
Am Freitag, den 29.05.2015 überlegt die Geschäftsleitung, ob sie G noch auf dem Gabelstapler einsetzen darf.
Was können Sie raten?
465
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Lösung: Gabelstaplerfahrer XXL
1. Soziale Rechtfertigung der Kündigung:
a) Krankheitsbedingt wegen häufiger Kurzerkrankungen. Problem: Alles ausgeheilt? Keine aktuellen
Erkrankungen, aber gewichtsbedingt keine Diagnose!
b) Kündigung personen- / betriebsbedingt: Es gibt für
G mit seinem hohen Gewicht keinen zugelassenen Sitz
mehr. Die Verstärkung durch eigene Schweißarbeiten
ist behelfsmäßig, insbesondere nicht sachverständig
abnehmbar, sondern überbeansprucht Befestigung
der Motorhaube, die sich bereits mehrfach gelöst hat.
Stapler genügt nicht § 5 III Z. 3 ArbSchuG und der
Gerätesicherheit gem. neuer Betriebssicherheitsverordnung seit dem 01.06.2015.
2. Kein Lohnanspruch: G kann mit Übergewicht seine
Arbeitsleistung nicht mehr vertragsgemäß anbieten,
§§ 295, 615 BGB!?
466
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: Arbeitsschutzvorschriften missachtet
B arbeitet seit 1991 bei der Abriss GmbH. 1995 setze sie
B bei der Sanierung eines Kinderheims ein, das wegen
Asbest stillgelegt worden war. Im April 1995 wies ein
beteiligter Bauunternehmer darauf hin, dass asbesthaltiger Staub freigesetzt werde, der Abriss dürfe nur
von spezialisierten Unternehmen ausgeführt werden. B
teilte dies dem Geschäftsführer der GmbH mit. Der
erwiderte, das asbesthaltige Material sei „allgemein
bekannt“ und bestand auf der Fortsetzung der Arbeiten. Im Mai 95 stellte das staatliche Gewerbeaufsichtsamt die extrem hohe Exposition von Asbestfasern fest
und verfügte die sofortige Einstellung der Bauarbeiten
und Versiegelung des Gebäudes.
Als B im Jahre 2006 an Lungenkrebs erkrankt, vermutet
er die Sanierungsarbeiten 1995 als Auslöser. Gegen
wen stehen B Schadensersatzansprüche zu?
BAG
20.6.2013, 8 AZR 471/12
467
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
L: Arbeitsschutzvorschriften missachtet
• Berufsgenossenschaft: Eintritt für
– Arbeitsunfall, § 8 SGB VII
– Berufskrankheiten, § 9 SGB VII
• Krankheit infolge versicherter Tätigkeit, Abs. 1
• Beweisproblem: Erleichterung, Abs. 3
• Arbeitgeber– Privileg, § 104 I SGB VII: Haftung nur bei
– Vorsatz zu Verletzungshandlung + –erfolg:
• Absicht:
nicht gewollt, aber ggf.
• billigend in Kauf genommen
oder
auf glücklichen Ausgang gehofft
– BAG: Arbeitgeber hofft trotz Verstoß gegen
Arbeitsschutzvorschriften, dass Arbeitsunfall oder
Berufskrankheit nicht eintreten.
468
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: Arbeitsunfall
M, geb. 8.4.1967, ist seit 10.06.2013 bei der Montage
GmbH als Helfer beschäftigt. Am 1.7.2013 trägt M mit
dünnen Handschuhen als hinterster von 3 Mann eine
3-fach- Glasscheibe 1,80 x 1,80 m, 160 kg vom LKW
zum Bauobjekt. Plötzlich schreit er und lässt los, die
Scheibe fällt und zerspringt. M erleidet eine Schnittverletzung rechts mit Durchtrennung der Daumensehne.
GmbH erfährt vertraulich aus dem Krankenhaus, dass
M alkoholisiert war (2,52 %0) und der OP deshalb um
einen Tag verschoben musste.
1. Hat M Anspruch auf
a) Lohnfortzahlung?
b) Rente?
2. Kann GmbH den M (personenbedingt) kündigen?
469
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Lösung: Arbeitsunfall
1. a) Anspruch auf Lohnfortzahlung: Erst nach 4
Wochen, § 3 III EntgFG, auch bei Arbeitsunfall
b) Rente: Bei Erwerbsminderung > 20 %, SGB VII
2. Kündigung: Personenbedingt? Kein KschG!
a) Bei geminderter Hebe- + Tragekraft der rechten
Hand: Dauerhaft arbeitsunfähig
b) Alkoholisierung: Ohne substantiierten Vortrag mit
Quellenangabe nicht beweisbar, nur dann Zeugen?
c) Organisationsverschulden M GmbH, § 5 ArbSchG:
(1 Risikoanalyse: Spezialhandschuhe, Sauggriffe,
Tragegewicht je Mitarbeiter älter 45 Jahre gem.
Gutachten max. 45 kg bei gelegentlichem Einsatz
(2 Auswirkungen: Kündigung grob sittenwidrig?
470
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: Arbeitsmedizinische Untersuchung
A, geb.1974, arbeitet seit 2000 als Busfahrer bei der
B-GmbH (über10 Beschäftigte). Seit 2001 war er
wiederholt arbeitsunfähig krank, seit dem 8.11.2007
durchgehend. Eine 2009 wegen der Erkrankungen
ausgesprochene Kündigung erklärt das Arbeitsgericht im Februar 2010 für sozial unwirksam. Ab März
2010 fordert B-GmbH 4 Mal auf, an einer betriebsärztlichen Untersuchung zur Feststellung seiner
Fahrdiensttauglichkeit teilzunehmen. A verweigert
die Mitwirkung, eine fachärztliche Begutachtung
am 11.12.09 habe keine Zweifel an seiner verkehrsmedizinische Eignung ergeben. Die Betriebsärzte
stünden „im Lager der Agin“. B-GmbH mahnt A 3
Mal ab, beim 4. Mal kündigt sie. Ist die ordentliche
Kündigung sozial wirksam? BAG 27.9.2012, 2 AZR 811/11
471
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Lösung:Arbeitsmedizinische Untersuchung
1. Kündigung wegen langfristiger Erkrankung: Bis
zu wesentlichen neuen Tatsachen steht die
Rechtskraft des 1. Urteils entgegen.
2. Kündigung verhaltensbedingt: Teilnahme als
Nebenpflicht aus Arbeitsverhältnis (Fall des BAG:
aus Tarifvertrag), sofern
a) berechtigte Zweifel an Fahrdiensttauglichkeit:
Hier ggf. aus Erkrankungen seit dem 08.11.2007
b) Ist der beauftragter Arzt fachkompetent +
unbefangen, muss das Interesse des Arbeitnehmers an freier Arztwahl zurückstehen.
BAG: Zurückverweisung zur Aufklärung a) und b).
472
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Konti-Schicht & Arbeitszeitgesetz
XY AG setzt Arbeitnehmer im 4- Schichtsystem ein:
Je 2 Tage Früh-, Spät- und Nachtschicht dann 4 Tage
Freischicht. In welchem Rahmen ist dies zulässig?
• Nacht- und Schichtarbeit nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen festlegen, § 6, Abs. 1 AZG.
• Nachtarbeitnehmer, § 2 Abs. 5: Wechselschicht o.
Arbeit in 48 Nächten/p.a.. Regelungen § 6:
• Abs. 2: Arbeitszeit max. 8 (10) Std./Tag
• Abs. 3: Anspruch auf arbeitsmedizinische
Untersuchungen
• Abs. 4: Umsetzung auf Tagesarbeitsplatz
• Abs. 5: Bezahlte Ausgleichstage oder angemessener Zuschlag (15-25%) als Wahlschuld des AG
473
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: BR verlangt Arbeitschutzausschuss
E GmbH ist ein Einzelhandelsunternehmen mit Sitz
in HH und Filialen im gesamten Bundesgebiet. Bei
ihr ist auf Unternehmensebene ein Arbeitsschutzausschuss errichtet, in den der Gesamtbetriebsrat
Mitglieder entsendet. Die Stuttgarter Filiale gilt als
selbständiger Betrieb.
Der dort bestehende Betriebsrat hält den unternehmenseinheitlichen Ausschusses für unzureichend und verlangt vom Geschäftsführer, einen
Arbeitsschutzausschuss für die Filiale zu bilden.
Als der Geschäftsführer untätig bleibt, erhebt der
BR Verpflichtungsklage beim Arbeitsgericht. Mit
Erfolg?
BAG 15.04.2014 - 1 ABR 82/12
474
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Lösung: BR verlangt Arbeitschutzausschuss
1. Öffentlich- rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers,
a) in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten einen
Arbeitsschutzausschuss zu bilden, § 11 ASiG.
b) im Einzelfall: Behördliche Anordnung, § 12 ASiG.
2. Betriebsrat:
a) Kein Initiativrecht gem. § 11 ASiG oder
b) Kein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 BetrVG:
Nur „soweit keine gesetzliche ….. Regelung“
c) Kann sich nach § 89 BetrVG an die zuständige
Arbeitsschutzbehörde wenden.
475
Arbeitsrecht im Betrieb 11 S
Pflicht-Aufzeichnung Arbeitszeit
• Öffentlichrechtlich:
• Arbeitszeitgesetz:
– Überstunden, Sonn- & Feiertagsarbeit
– Fahrpersonal
• § 19 Abs. 1 AEntG:
§ 16 Abs. 2
§ 21 a
– TV allgemeinverbindlich o. Mindestlohn RechtsVO § 7
• § 17 MinLoG: Alle Arbeitgeber
– Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit
– Aufbewahrung: 2 Jahre
• Sozialversicherungsrecht: Vorlage in Prüfungen der Deutsche
Rentenversicherung
• Zivilrechtlich: Auskunftsanspruch des Mitarbeiters
•
•
•
476
Gem. § 21a Abs. 7 Satz 3 ArbZG (für Fahrer)+ § 34 BDSG (allgemein) o.
hohe, kaum erfüllbare Ansprüche an Substantiierung Überstunden
Rechtsprechung: Aus § 242 BGB soweit Zahlungsanspruch besteht
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Gesundheitsschutz AN
• Arbeitssicherheitsgesetz: Fachkräfte & Betriebsärzte
• Arbeitsschutzgesetz: Gefährdungsprävention
• Gerätesicherheit
• Ärztliche Untersuchung Mitarbeiter
• Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 Abs.
2 SGB IX: Nach 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit alle AN
• Benennung außerbetrieblicher Ansprechpartner für
• Anonyme Hilfe bei psychischen Belastungen
• Hilfestellungen in allgemeinen Lebenslage, die zu
Problemen und Belastungen führen
• Allgemeine Maßnahmen zur Gesundheitsförderung:
Betriebliches Gesundheitsmanagement BGM
• Unternehmens- und Führungskultur
477
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Gewerblicher Güter-& Personenverkehr
• Kraftwagen über 3,5 t haben ein digitales EUKontrollgerät als „Weg- Zeit- Schreiber“
• Jeder Fahrer braucht eine persönliche
Fahrerkarte, kein vom AG zu beschaffendes
Betriebsmittel BAG 16.10.2007 – 9 AZR 170/07
• Fahrer muss gem. FahrpersonalVO
– Seine Fahrerkarte in Kontrollgerät einlegen und
– Schaltvorrichtung betätigen: Aufzeichnung
• Lenkzeiten
• Bereitschaftszeiten = Arbeitszeit
• Pausen / Ruhezeiten
• Aufsicht:
– LKW auf Straße: Bundesanstalt für Güterfernverkehr
– Betriebe: Regierungspräsident
478
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitsunfähigkeit &
Betriebliche
Gesundheitsförderung
479
Arbeitsrecht im Betrieb
12
ANschutz bei Arbeitsunfähigkeit
• Entgeltschutz:
–
–
–
–
AG Lohnfortzahlung 6 Wochen, § 3 EntgFG: Je Krankheit
Krankenkassen, SGB V: Krankengeld 78 Wochen
Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit, § 146 SGB III
Rente wg. Erwerbsminderung, § 43 SGB VI:
• Keine 6 Std. täglich erwerbsfähig
– Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 SGB VII:
• BG- Rente ab Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 %
• Kündigungsschutzgesetz:
– Personenbedingte Gründe: 3 Jahre > 6 Wochen, negative
Prognose, erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher
Interessen, fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
– Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX
• Schwerbehinderte Menschen, SGB IX :
– Beschäftigung
– Kündigungsschutz
480
§§ 81 ff
§§ 85 ff
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien
des gemeinsamen Bundesausschusses, § 92 I Nr. 7 SGB V
• Krankheitsbegriff: Einheitlich EFZG + SGB (V)
• § 1 Gegenstand: Feststellung durch Ärzte
– Arbeitsunfähigkeit + ihre voraussichtliche Dauer
– in bundesweit standardisiertem Verfahren
• § 2 Arbeitsunfähigkeit:
– Abs. 1 AN kann seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit
nicht mehr ausführen oder Tätigkeit würde
die Unfähigkeit unmittelbar hervorrufen
– Abs. 4 Arzt befragt Patienten zur Tätigkeit, ihren
Anforderungen + Belastungen
• § 4 Maßgeblich gleichermaßen: Körperlicher,
geistiger & seelischer Gesundheitszustand
481
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien
des gemeinsamen Bundesausschusses, § 92 I Nr. 7 SGB V
• § 5 Abs. 3 Bescheinigung für Entgeltfortzahlung
auf Vordruck:
• Ab erster Inanspruchnahme des Arztes, Rückwirkend bis
2 Tage nach gewissenhafter Prüfung
• für Dauer Entgeltfortzahlung
• Bei unterschiedlichen Diagnosen ist für die zweite
Arbeitsunfähigkeit eine Erstbescheinigung auszustellen
• Verdacht auf Versicherungsfall gem. § 7 SGB VII: Hinweis
• § 6 Nach Ablauf Entgeltfortzahlung: Attest des
Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit auf der
Bescheinigung für die Krankengeldzahlung
• § 7 Zusammenwirken mit Medizinischem Dienst
Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien
482
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Anzeige & Nachweis, § 5 EntgFG
• Mitteilung Erkrankung: Sofort, vor Arbeitsbeginn
auch nach Ablauf 6 Wochen Lohnfortzahlung
• Vorlage Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung:
• Entgeltfortzahlungsgesetz: Einholung erst nach 3 Tagen
vertraglich ab 1. Tag vereinbar
• Vorlage an Arbeitgeber unverzüglich
– Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig: Mit Vorlage
tatsächliche Vermutung für bescheinigte Arbeitsunfähigkeit
– Erschütterung durch AG:
• Beweis des Gegenteils erforderlich bei EU- Ausland
• Konkrete Umstände, die zu ernsthaften Zweifeln Anlass geben:
- Arbeitsunfähigkeit angekündigt, z.B. bei Urlaubsverweigerung
- Schwarzarbeit o. ganztätig auf Eigenheimbaustelle gearbeitet
- gleichartige Tätigkeit bei anderem Arbeitgeber ausgeführt
- Nichterscheinen zum medizinischen Dienst
Nicht: Am späten Abend in Bars - Diskotheken angetroffen
483
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitgeberoptionen Krankheit
• Arbeitsvertrag:
•
•
Leistungs- + Anwesenheitsprämien, § 4 a EFZG
Verkürzung 3-Tagesfrist zur Vorlage AU- Bescheinigung, § 5
• Über Krankenkasse: Einschaltung Medizinischer
Dienst, § 275 SGB V
• Krankenrückkehrgespräch: Frage AN nach Art + Grund
Erkrankung: Keine Mitwirkungs- o. Offenbarungspflicht!
• Betriebliches Eingliederungsmanagement §84 II SGB IX
• Betriebliches Gesundheits-Management (BGM)
• Offensive Betreuung des AN in allen Notlagen:
• Medizinisch, sozial und finanziell
• Ggf. extern und anonym
• Insbes. Führungskräfte durch Psychologen/ Coach
• Kündigung personenbedingt: In 3 Jahren AU > 6 W.,
neg. Prognose, betriebliche Beeinträchtigungen
484
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arten der Krankheit:
• Körperlich: Reversibel: AN heil- /rehabilitierbar?
• Orthopädische Leiden
• Organ - Erkrankung
• Suchterkrankungen, insbes. Alkoholabhängig:
• Aus 1. Rückfall nicht automatisch auf Sinnlosigkeit
schließen(Statistik: Bei Alkoholtherapie 50 %)
• Strukturiertes Verfahren mit „dosierten Druck“
• Psychische Beeinträchtigungen:
• Burn-out + Mobbing: Ist AG Teil des Problems?
• Depressionen: Chronische Persönlichkeitsstörung o.
Krise, z.B. Verlust einer nahestehenden Person
• (versuchter) Suizid, Ausdruck einer Krise: PsychKG
485
Arbeitsrecht im Betrieb 12
Krankheit & Rehabilitation
• Krankheit:
– Abweichung von Gesundheit: Positive Diagnose
– Medizin: Heilung = Wiederherstellung
• Rehabilitierung:
– „Gesund“ nicht wiederherstellbar, z.B. Amputation
– Maßnahmen, um die Auswirkungen der
Behinderung auf ein Minimum zu beschränken
– Suchttherapie: Rekuperation als Wiedergewinnung
des Zugangs zu selbstbestimmtem Handeln
– Arbeitsleben: Wiedereingliederung in berufliches Leben
486
Arbeitsrecht im Betrieb 12
Medizinische Rehabilitation
• Kosten- Träger:
– Bundesanstalt für Arbeit: Arbeitssuchende, aber
Schwerpunkt Wiedereingliederung Arbeitsmarkt
– Krankenkassen, § 40 SGB V: Nachrangig, um die
gesundheitliche Situation zu verbessern
– Deutsche Rentenversicherung: Minderung oder
erhebliche Gefährdung der Erwerbstätigkeit
– Berufsgenossenschaft, § 33 SGB VII:
Nach Arbeitsunfällen & bei Berufskrankheiten
– Versorgungsämter, §§ 26 ff SGB IX: Behinderte
oder von Behinderung bedrohte Menschen
• Voraussetzungen: Ärztliche Empfehlung
& Bewilligung Kostenträger
487
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Kündigung bei Sucht-Erkrankung
• Alkohol- und Drogensucht sind Krankheit:
– Sofern willkürlich nicht steuerbar: MA ist schwach
• Verpflichtungen Arbeitnehmer:
• Entbindung alle Ärzte von Schweigepflicht
• Krankheitseinsicht +
• Therapiewilligkeit, Grenze: Ein (?) Rückfall
• Verpflichtungen Arbeitgeber:
– Vor Kündigung:
• Verhaltensbedingte Verstöße abmahnen
• Krankheit feststellen: Gespräche +
Arbeitsmedizinische Untersuchung
– Unterstützung einer Therapie / Versuch
488
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX
• Arbeitnehmer, auch nicht schwerbehindert
• ist innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen
erkrankt: AG- Pflicht, bereits vorher sinnvoll
• Inhalt: - AG- Gespräch mit AN, BR +Beteiligten
- Entbindung aller Ärzte von Schweigepflicht
• Ziel: Ursachen der Erkrankungen beseitigen, insbes.
durch leidensgerechte Tätigkeit
• Verhältnismäßigkeit: Entwickeln milderer Mittel zur
Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung
• Überwachung durch
– Betriebsrat, § 80 I Nr. 1 BetrVG
– Schwerbehindertenvertretung, § 95 I Nr. 1
489
Arbeitsrecht im Betrieb
12
BEM: Ablauf in Stufen
• Zustimmung des Mitarbeiters: Freiwilligkeit
• Erstgespräch mit BEM-Verantwortlichen und
Schwerbehindertenvertretung: Ziel
• Feststellung der Gründe für die Erkrankungen,
• Insbesondere ob Arbeitsbedingungen Auslöser waren.
• Wege zur Feststellung der Ursachen: Mitarbeiter
• entbindet behandelnde Ärzte von ihrer Schweigepflicht
• Freiwillige Untersuchung Betriebsarzt o. Arbeitsmediziner
• Maßnahmen zur Reduzierung der Krankheitszeiten:
• Technische / organisatorische Umgestaltung Arbeitsplatz:
Ausstattung, Ablauf, Arbeitszeit, Versetzung leidensgerecht
• Einbeziehung der Sozialleistungsträger: Krankenkassen,
Rentenversicherung (ReHa- Berater), Integrationsamt/
Fürsorgestelle Schwerbehinderte
• Strenger Datenschutz: Vertraulichkeit
Archivierung außerhalb Personalakte
490
Arbeitsrecht im Betrieb
•
•
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12
BEM: I. Persönliche und betriebliche Voraussetzungen
Ein BEM hat der Arbeitgeber durchzuführen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
•Es muss sich einen Beschäftigten handeln. Die Vorschrift beschränkt sich nicht allein auf schwerbehinderte
Arbeitnehmern (§ SGB_IX § 2 SGB IX) oder Gleichgestellte (§ SGB_IX § 2 SGB_IX § 2 Absatz III SGB IX), sondern
betrifft alle Arbeitnehmer und Beamten unabhängig vom Vorliegen einer Behinderung (BAG, NZA 2008, NZA Jahr
2008 Seite 173; BAG, NJW 2011, NJW Jahr 2011 Seite 2458; BVerwG, NVwZ 2014, NVWZ Jahr 2014 Seite 1319).
•Der Beschäftigte muss im letzten „Jahr“ arbeitsunfähig gewesen sein. Jahr meint nicht das letzte Kalenderjahr,
sondern es ist vom aktuellen Beurteilungszeitpunkt 365 Tage zurückzublicken.
•Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit muss – ohne Rücksicht auf Ursachen – länger als 6 Wochen gewesen sein, wobei
nicht alle AU-Zeiten mit Attest belegt sein müssen (vgl. 5 I 2 EFZG). Der Begriff "arbeitsunfähig" in § SGB_IX § 84
SGB_IX § 84 Absatz II 1 SGB IX nimmt Bezug auf die zu § EFZG § 3 EFZG § 3 Absatz I EFZG ergangene
Begriffsbestimmung und hat keinen vom EFZG abweichenden eigenen Begriff mit anderen Merkmalen. Der Begriff
ist einer Ausgestaltung durch die Betriebsparteien nach § BETRVG § 87 BETRVG § 87 Absatz I Nr. BETRVG § 87
Nummer 7 BetrVG nicht zugänglich und ein davon abweichender Einigungsstellenspruch unwirksam (BAG, NZA
2012, NZA Jahr 2012 Seite 748). Einbezogen sind alle Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, also auch Kuren und
Rehabilitationsmaßnahmen. Dabei kann die Arbeitsunfähigkeit ununterbrochen oder in wiederholten Intervallen
aufgetreten sein. Die Vorschrift knüpft allein an die 6-Wochen-Frist an, nicht an die gesunde Rückkehr der
betroffenen Person. BEM ist also kein Krankenrückkehrgespräch.
Einem Therapeuten, der in einer Fachklinik für Suchterkrankungen tätig war, wurde wegen Alkoholsucht
personenbedingt gekündigt. Nach Ansicht des BAG war ein BEM gem. § SGB_IX § 84 SGB_IX § 84 Absatz II SGB IX
nicht durchzuführen, da der Therapeut nicht länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig war
(BAG, ArbRAktuell 2013, ARBRAKTUELL Jahr 2013 Seite 238). Entsprechendes gilt für psychische Erkrankungen
(Brose, DB 2013, DB Jahr 2013 Seite 1727).
Arbeitet der Beschäftigte in der 5-Tage-Woche, liegen die Voraussetzungen nach 30 Arbeitstagen mit
Arbeitsunfähigkeitsmeldung vor; bei einer 6-Tage-Woche sind 36 Arbeitstage mit Arbeitsunfähigkeitsmeldung
erforderlich.
Auf eine bestimmte Betriebsgröße, eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit (a.A. LAG Hamm, Urteil v.
17.12.2006 – 15 (11) 1236/06, n. v.: erst nach 6 Monaten) oder ein bestimmtes Arbeitszeitkontingent
(Wochenstundenzahl) kommt es nicht an. Eine konkrete Gefährdung des Beschäftigungsverhältnisses ist – anders
als beim Präventionsverfahren bei Schwerbehinderten und Gleichgestellten nach § SGB_IX § 84 SGB_IX § 84
Absatz I SGB IX – nicht Voraussetzung des BEM.
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Arbeitsrecht im Betrieb
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12
II. BEM-Verfahren
Sind die Voraussetzungen erfüllt, ist der Arbeitgeber zur Durchführung eines BEM verpflichtet, d. h. die Initiativlast
liegt bei ihm (BAG, NZA 2011, NZA Jahr 2011 Seite 992). Das BEM findet jedoch nur statt, wenn der über das
Verfahren ordnungsgemäß zu informierende Arbeitnehmer zustimmt, was aus Beweisgründen dokumentiert
werden sollte. Erzwingen kann der Arbeitgeber wie auch Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertretung das BEM
gegen den Willen des Arbeitnehmers nicht. Der Arbeitnehmer kann eine erteilte Zustimmung auch jederzeit
zurückziehen, also „aussteigen“.
§ SGB_IX § 84 SGB_IX § 84 Absatz II SGB IX enthält keine nähere gesetzliche Ausgestaltung des BEM. Das BEM ist
ein rechtlich regulierter „Suchprozess“, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger
Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll (BAG, NZA 2010, NZA Jahr 2010 Seite 398). Nach Auffassung des BAG gehört zu
den Mindestvoraussetzungen eines BEM, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Stellen, Ämter und Personen
beteiligt und zusammen mit ihnen eine an den Zielen des BEM orientierte Klärung ernsthaft und in fairer Weise
versucht wird. Eine bestimmte Form oder eine Verfahrensordnung, die i. Ü. eine Mitbestimmungspflicht nach §
BETRVG § 87 BETRVG § 87 Absatz I Nr. BETRVG § 87 Nummer 1 BetrVG auslösen könnte, sind nicht erforderlich
und das Gesetz lässt den Beteiligten ergebnisoffen jeden denkbaren Spielraum.
Es empfiehlt sich folgender Verfahrensablauf, womit auch die Mindestanforderungen an ein BEM erfüllt sind:
1.Vorliegen der BEM-Voraussetzungen prüfen.
2.Arbeitnehmer anschreiben (Muster vgl. BAG, ArbRAktuell 2011, ARBRAKTUELL Jahr 2011 Seite 409), über Ziele
des BEM sowie über Art und Umfang der hierfür erhobenen und notwendigen Daten aufklären und
Zustimmungserklärung einholen (BAG, NZA 2011, NZA Jahr 2011 Seite 992).
3.Informationsgespräch anbieten/führen (Arbeitnehmer, Personalabteilung., ggfs. Betriebsrat).
4.Eingliederungsgespräch mit den Beteiligten führen und dokumentieren. Das BEM verlangt vom Arbeitgeber
nicht, bestimmte Vorschläge zu unterbreiten (BAG, NZA 2010, NZA Jahr 2010 Seite 639). Vielmehr hat es jeder am
BEM Beteiligte – auch der Arbeitnehmer – selbst in der Hand, alle ihm sinnvoll erscheinenden Gesichtspunkte und
Lösungsmöglichkeiten in das Gespräch einzubringen.
5.Eingliederungsplan/Maßnahmen umsetzen, kontrollieren, dokumentieren. Dabei kann die Personalern geläufige
SMART-Formel zur Anwendung kommen. Ziele sollen danach stets sein: Spezifisch, Messbar, Akzeptabel,
Realistisch und Terminiert.
6.Abschlussgespräch führen (Beteiligte s.3.).
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Arbeitsrecht im Betrieb
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III. BEM-Beteiligte:
•Der Arbeitgeber, der die Initiative zum BEM zu ergreifen hat (BAG, NZA 2011, NZA Jahr 2011 Seite
992), meist vertreten durch die Personalabteilung und die zuständige Führungskraft,
•der Arbeitnehmer, der nach Aufklärung bzw. Information sein Einverständnis gegeben hat,
•der Betriebsrat (§ SGB_IX § 93 SGB IX). § SGB_IX § 84 SGB_IX § 84 Absatz II SGB IX sieht die
Klärung mit den zuständigen Interessenvertretungen „unter Beteiligung des Arbeitnehmers“ vor.
Ein BEM ist aber auch dann durchzuführen, wenn es gar keinen Betriebsrat gibt (BAG, NZA 2011,
NZA Jahr 2011 Seite 39).
•Bei schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmern die Schwerbehindertenvertretung
und
•soweit erforderlich der Betriebsarzt (vgl. § ARBSICHG § 3 ARBSICHG § 3 Absatz I 2 Nrn. ARBSICHG
§ 3 Nummer 1 f, ARBSICHG § 3 Nummer 2 ASiG).
Arbeitgeber sind grds. nicht verpflichtet, zu Gesprächen im Rahmen des betrieblichen
Eingliederungsmanagements (BEM) einen Rechtsbeistand des Arbeitnehmers hinzuzuziehen. Das
gilt auch, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt geschwächt ist oder auf Seiten des
Arbeitgebers mehrere Personen am Gespräch beteiligt sind. Es gibt insoweit keinen Anspruch auf
"Waffengleichheit" (LAG Rheinland-Pfalz, BeckRS 2015, BECKRS Jahr 65551).
Kommen Leistungen zur Teilhabe (§§ SGB_IX § 33, SGB_IX § 34 SGB IX) oder begleitende Hilfen im
Arbeitsleben in Betracht (z.B. Kostenübernahme für technische Arbeitshilfen,
Eingliederungszuschüsse, Kostenerstattung für Probebeschäftigungen), können Arbeitsagentur,
Rentenversicherungsträger, Integrationsamt, Integrationsfachdienste oder die Krankenkasse
hinzugezogen werden. Ggfs. kommt auch eine Förderung des Arbeitgebers durch Prämien und Boni
als Ermessensleistungen in Betracht (§ SGB_IX § 84 SGB_IX § 84 Absatz IV SGB IX).
Praxistipp: Regelmäßig bietet sich die Kontaktaufnahme und Einschaltung des Integrationsamts
bzw. Integrationsfachdienstes an. In vielen Fällen bietet sich auch die Beteiligung der Fachkraft für
Arbeitssicherheit bzw. Fachleute der zuständigen Berufsgenossenschaft neben dem Betriebsarzt an,
insbesondere, wenn es um die technische Ausstattung des Arbeitsplatzes geht.
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IV. BEM-Inhalte
Im Rahmen des BEM sollen Möglichkeiten geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen
Leistungen oder Hilfen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Das Gesetz enthält
keine weiteren
Sie befinden sich im Beitrag:Stück: Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) – aktuelle Anforderungen in Recht und
Praxis(ArbRAktuell 2015, 169)
Vorgaben, erlegt dem Arbeitnehmer keine expliziten Mitwirkungspflichten auf und überlässt die Ausfüllung einzelfallorientiert und
ergebnisoffen der betrieblichen Praxis. Es empfiehlt sich, das BEM in ein ganzheitliches, integriertes Gesundheitsmanagement (BGM)
einzubetten. Als Eingliederungsmaßnahmen bzw. typische Ergebnisse des BEM kommen häufig in Betracht:
•Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens oder Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung,
•nähere arbeitstechnische Untersuchung zum Beispiel durch Sicherheitsfachkräfte oder Arbeitspsychologen sowie Durchführung
erforderlicher Arbeitsschutzmaßnahmen, z. B. Hebe-/Tragehilfen (LAG Hessen, BeckRS 2000, BECKRS Jahr 16140),
•technisch/organisatorische Umgestaltung von Arbeitsplatz oder -ablauf (vgl. Stück, AuA 2007, AUA Jahr 2007 Seite 200),
•Versetzung auf einen anderen leidensgerechten Arbeitsplatz (vgl. Stück, a. a. O.),
•Arbeitszeitreduzierung bzw. –änderungen (zur Schonarbeit vgl. Stück, AuA 2007, AUA Jahr 2007 Seite 594),
•Arbeitsversuche oder stufenweise Wiedereingliederung gefördert von Krankenkassen bzw. sonstigen Sozialversicherungsträgern (§
SGB_V § 74 SGB V, § SGB_IX § 28 SGB IX, vgl. Nebe, DB 2008, DB Jahr 2008 Seite 1801). Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben hierauf
einen Anspruch nach § SGB_IX § 81 SGB_IX § 81 Absatz IV SGB IX (BAG, NZA 2007, NZA Jahr 2007 Seite 91). Während der beruflichen
Rehabilitation erhält der weiterhin arbeitsunfähige Arbeitnehmer die ihm sozialrechtlich zustehenden Leistungen. Dem deutschen
Recht ist eine Teilarbeitsfähigkeit unbekannt. Arbeitsrechtlich bedarf die Maßnahme wegen der vom Arbeitsvertrag abweichenden
Beschäftigung und des im Vordergrund stehenden Rehabilitationszwecks grds. der Zustimmung des Arbeitgebers und des
Arbeitnehmers – insoweit bedarf es grds. einer beiderseitigen Freiwilligkeit. Entgeltansprüche entstehen grds. nicht (BAG, NZA 1999,
NZA Jahr 1999 Seite 1295; BAG, NZA 1992, NZA Jahr 1992 Seite 643; BSG, NZS 2008, NZS Jahr 2008 Seite 160).
•Durchführung einer Therapie (Sucht) bei Therapiewilligkeit (BAG, NZA 2014, NZA Jahr 2014 Seite 602).
Praxistipp: Insbesondere bei Langzeitkranken bietet sich eine stufenweise Wiedereingliederung an, um die Belastung zu erproben. Nach
dem sog. Hamburger Modell wird dabei die Arbeitszeit stufenweise erhöht, also von 4 auf 6 Stunden/Tag bis zur Vollarbeitszeit.
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V. Datenschutz und Mitbestimmung
1. Datenschutz
Die im Rahmen eines BEM erhobenen Daten unterliegen dem Datenschutz (BDSG). Sensible Gesundheitsdaten (vgl. § BDSG § 3 BDSG § 3 Absatz IX
BDSG) sind vom Arbeitgeber besonders zu schützen, z. B. mittels eines besonderen Kuverts in der Personalakte (BAG, NZA 2007, NZA Jahr 2007 Seite
269) oder gestuften Berechtigungskonzepten bei einer elektronischen Personalakte.
Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung haben eine Überwachungsaufgabe (§ BETRVG § 80 BETRVG § 80 Absatz I Nr. BETRVG § 80 Nummer 1
BetrVG bzw. § SGB_IX § 95 SGB_IX § 95 Absatz I Nr. SGB_IX § 95 Nummer 1 SGB IX i. V. m. § SGB_IX § 84 SGB_IX § 84 Absatz II 7 SGB IX). Das BAG hat
entschieden, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat die Arbeitnehmer benennen muss, die die Voraussetzungen für ein BEM erfüllen und
diese namentliche Benennung der Arbeitnehmer weder gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen noch gegen das Unionsrecht verstößt (BAG,
NZA 2012, NZA Jahr 2012 Seite 744). Nach dem BVerwG ist die Dienststelle verpflichtet, einem Mitglied des Personalrats regelmäßig die Namen
derjenigen Beschäftigten mitzuteilen, denen ein BEM anzubieten ist, und Einsicht in das Hinweisschreiben an die betroffenen Beschäftigten zu
gewähren (BVerwG, NZA-RR 2010, NZA-RR Jahr 2010 Seite 544; BVerwG, NZA-RR 2013, NZA-RR Jahr 2013 Seite 164).
2. Mitbestimmung
Ob bei der Aufstellung eines formalisierten Verfahrens für das BEM nach § SGB_IX § 84 SGB_IX § 84 Absatz II SGB IX ein Mitbestimmungsrecht nach §
BETRVG § 87 BETRVG § 87 Absatz I Nr. BETRVG § 87 Nummer 1, Nr. BETRVG § 87 Nummer 6 oder Nr. BETRVG § 87 Nummer 7 BetrVG gegeben ist, ist
umstritten und noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt. Da formalisierte Kranken-/Rückkehrgespräche, z. B. gemäß dem aus
Automobilindustrie bekannten Ampel/-Stufenmodellen, mitbestimmungspflichtig nach § BETRVG § 87 BETRVG § 87 Absatz I Nr. BETRVG § 87
Nummer 1 BetrVG sind (BAG, NZA 1995, NZA Jahr 1995 Seite 857; LAG München, AuR 2014, AUR Jahr 2014 Seite 440) und § SGB_IX § 84 SGB_IX § 84
Absatz II SGB IX eine Rahmenvorschrift i. S. d. § BETRVG § 87 BETRVG § 87 Absatz I Nr. BETRVG § 87 Nummer 7 BetrVG ist (BAG, NZA 2012, NZA Jahr
2012 Seite 748), spricht einiges dafür. Deswegen ist eine Einigungsstelle zum Thema BEM nicht offensichtlich unzuständig (LAG Hamm, BeckRS 2014,
BECKRS Jahr 67178; LAG Düsseldorf, BeckRS 2013, BECKRS Jahr 67335; LAG Nürnberg, ArbRAktuell 2013, ARBRAKTUELL Jahr 2013 Seite 136; LAG
Berlin-Brandenburg, ArbRAktuell 2011, ARBRAKTUELL Jahr 2011 Seite 178; LAG Hamm, BeckRs 2010, BECKRS Jahr 66756; a. A.
Hess/Schlochauer/Worzalla § 87 BetrVG, Rz. 140).
Der pauschale und umfassende Antrag eines Betriebsrats auf Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei der „Durchführung des BEM gemäß §
SGB_IX § 84 Abs. SGB_IX § 84 Absatz 2 SGB IX“, ist aber unzulässig, da nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § ZPO § 253 ZPO § 253 Absatz II Nr. ZPO §
253 Nummer 2 ZPO und auf einen „bunter Strauß“ möglicher Regelungen und Maßnahmen gerichtet (BAG, BeckRs 2011, BECKRS Jahr 72408).
Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung kommt für eine erfolgreiche BEM-Implementierung auch eine wichtige Rolle zu. Die originäre
Zuständigkeit für eine kollektive Regelung zum BEM liegt regelmäßig beim lokalen Betriebsrat, da übergeordnete Gremien nur zuständig sind, wenn
eine einheitliche überbetriebliche bzw. unternehmensweite Regelung – aus rechtlichen oder technischen Gründen – zwingend geboten ist. Der
arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz des § BETRVG § 75 BETRVG § 75
Absatz I BetrVG wirken nicht zuständigkeitsbegründend (BAG, NZA 2011, NZA Jahr 2011 Seite 171). Eine zwingende sachliche Notwendigkeit für eine
überbetriebliche Regelung ist nicht offensichtlich, weil die Beurteilung der Arbeitsplätze und deren Gefährdungspotential, sowie die zur
Eingliederung der Arbeitnehmer durchzuführenden Maßnahmen betriebsbezogen sind (LAG Hamm, BeckRS 2010, BECKRS Jahr 66756; LAG
Düsseldorf, ArbRAktuell 2010, ARBRAKTUELL Jahr 2010 Seite 510; LAG Düsseldorf, BeckRS 2013, BECKRS Jahr 67335).
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Arbeitsrecht im Betrieb
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VI. Kündigung bzw. Beendigung
Die fehlende Durchführung eines BEM führt nicht zu einer Ordnungswidrigkeit i. S. d. § SGB_IX § 156 SGB IX. Bei Arbeitnehmern, deren
Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedarf (§ SGB_IX § 85 SGB IX), kann sich das Verfahren ohne vorheriges
BEM verzögern.
Die Durchführung des BEM ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung einer krankheitsbedingten Kündigung, so dass ein Unterlassen
als solches nicht allein zur Unwirksamkeit der Kündigung führt (BAG, NZA 2010, NZA Jahr 2010 Seite 398; BAG, NZA 2011, NZA Jahr
2011 Seite 992). Führt der Arbeitgeber kein BEM durch, hat dieses aber erhebliche Folgen für die Darlegungs- und Beweislast im
Kündigungsrechtsstreit im Rahmen der Prüfung der betrieblichen Auswirkungen von erheblichen Fehlzeiten. Ein Kündigungsgrund steht
vor Durchführung bzw. Abschluss eines korrekten BEM nur dann fest, wenn er offensichtlich ist oder der Arbeitgeber darlegt und
beweist, dass eine entsprechend ungünstige Prognose auch bei einem ordnungsgemäß durchgeführten BEM vorgelegen hätte, das BEM
also keine Aussicht auf Erfolg hätte. Dieses ist praktisch sehr schwierig, muss der Arbeitgeber doch im Einzelnen und konkret darlegen
und bei Bestreiten beweisen, warum eine Maßnahme entweder trotz Empfehlung undurchführbar war oder selbst bei einer Umsetzung
diese keinesfalls zu einer Vermeidung oder Reduzierung von AU-Zeiten geführt hätte, d. h. er muss nachweisen, dass das BEM wegen
der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Arbeitnehmers unter keinen Umständen ein positives Ergebnis hätte bringen können (BAG,
NZA 2010, NZA Jahr 2010 Seite 398; BAG, NZA 2011, NZA Jahr 2011 Seite 992; LAG Hamm, BeckRS 2012, BECKRS Jahr 68656,).
Praxistipp: Ohne in der Sache erfolglose Durchführung des BEM bzw. einen gescheiterten tatsächlichen Arbeitsversuch zu geänderten
Bedingungen wird der Arbeitgeber regelmäßig beweisfällig bleiben, d. h. den Kündigungsschutzprozess verlieren. Damit verbunden sind
erhebliche rechtlich-wirtschaftliche Risiken, insbes. Nachzahlung der Vergütung aus Annahmeverzug (§§ BGB § 615, BGB § 296 BGB),
Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen etc.. Es gilt die Formel: Unterbleibt ein ordnungsgemäßes BEM, ist der Arbeitnehmer
im Vorteil. Wird es ordnungsgemäß angeboten (und vom Arbeitnehmer abgelehnt) und durchgeführt, ist der Arbeitgeber im Vorteil.
Der Arbeitgeber entscheidet durch frühzeitige Eingliederungsinitiative, der Arbeitnehmer durch Mitwirkung oder Verweigerung, wie die
Trümpfe verteilt sind.
Bedarf es – wie beim BEM – der Einwilligung oder der Mitwirkung des Arbeitnehmers, muss nach dem BAG der Arbeitgeber um diese
ordnungsgemäß nachsuchen oder den Arbeitnehmer hierzu auffordern. Dazu kann er dem Arbeitnehmer eine Frist setzen. Der
Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer dabei deutlich darauf hinweisen, dass er im Weigerungsfall mit einer Kündigung rechnen müsse –
was quasi auf eine „personenbedingte Abmahnung“ hinausläuft. Lehnt der Arbeitnehmer die Maßnahme dennoch ab oder bleibt er
trotz Aufforderung untätig, braucht der Arbeitgeber die Maßnahme vor Ausspruch der Kündigung nicht mehr als milderes Mittel
berücksichtigen (BAG, NZA 2010, NZA Jahr 2010 Seite 398).
Das BEM und das Dienstunfähigkeitsverfahren im Beamtenrecht sind vom Gesetzgeber nicht miteinander verzahnt worden, so dass sich
aus dem Unterlassen eines BEM keine unmittelbaren Auswirkungen für die Rechtmäßigkeit einer Zurruhesetzungsverfügung ergeben.
BEM ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die vorzeitige Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder
Dienstunfähigkeit (BVerwG, NVwZ 2014, NVWZ Jahr 2014 Seite 1319).
.
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496
Arbeitsrecht im Betrieb
•
•
12
VII. Diskriminierung und Schadensersatz
Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen § SGB_IX § 84 SGB_IX § 84 Absatz II SGB IX, ein ordnungsgemäßes BEM
anzubieten und durchzuführen, stellt kein Indiz i. S. d. § AGG § 22 AGG für eine unzulässige Benachteiligung des
Beschäftigen wegen einer Behinderung dar. § SGB_IX § 84 SGB_IX § 84 Absatz II SGB IX ist keine besondere
Schutzvorschrift zugunsten Behinderter, weil sie für alle Arbeitnehmer gilt (BAG, NJW 2011, NJW Jahr 2011 Seite
2458).
Praxistipp: Kündigt ein Arbeitgeber einem behinderten Beschäftigten personenbedingt, ist es wichtig, dass er sich
im Rahmen der Betriebsratsanhörung, des Kündigungsschreibens etc. alleine auf eine erhebliche Beeinträchtigung
der betrieblichen Interessen durch die krankheitsbedingten Fehlzeiten stützt und – behinderungsunabhängig - bei
Arbeitsunfähigkeitszeiten in gleichem oder ähnlichem Umfang grundsätzlich kündigt. Die Kündigung erfolgt dann
aus krankheitsbedingten Gründen und nicht wegen des Diskriminierungsmerkmals Behinderung, so dass eine
Diskriminierung(-sentschädigung) ausscheidet (BAG, NJW 2011, NJW Jahr 2011 Seite 2458; BAG, NZA 2010, NZA
Jahr 2010 Seite 280).
Da eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung des BEM besteht, kann ein schuldhaftes
Unterlassen bzw. Verletzen ggfs. auch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers begründen (§§ BGB § 280 BGB
§ 280 Absatz I, BGB § 280 Absatz II, BGB § 241 BGB § 241 Absatz I, BGB § 241 Absatz II BGB), wenn ein
Arbeitnehmer trotz vorhandener Möglichkeit nicht leidensgerecht beschäftigt wird und der Arbeitgeber ihm
keinen entsprechenden Arbeitsplatz im Rahmen des Direktionsrechts zuweist (LAG Rheinland-Pfalz, ArbRAktuell
2012, ARBRAKTUELL Jahr 2012 Seite 255; LAG Berlin-Brandenburg, NZA-RR 2012, NZA-RR Jahr 2012 Seite 624).
Trifft den Arbeitnehmer allerdings ein Verschulden hinsichtlich seines Unvermögens, die bisherige Tätigkeit
auszuüben, kommt ein Mitverschulden nach § BGB § 254 BGB in Betracht. Die Rechtsprechung nimmt eine
Rechtspflicht des Arbeitgebers an, einem Arbeitnehmer auf Verlangen auch eine andere, rechtlich mögliche,
zumutbare und geeignete leidensgerechte Tätigkeit zuzuweisen, wenn er die bisher ausgeübte Tätigkeit nicht mehr
ausüben kann und billigt grds. 2 Wochen zu, um das Verlangen des Arbeitnehmers zu prüfen (BAG, NZA 2010, NZA
Jahr 2010 Seite 1119).
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497
Arbeitsrecht im Betrieb
12
BEM: Kündigungsschutzprozess
• BEM - Ergebnis für Weiterbeschäftigungsmöglichkeit maßgeblich, Mitwirkungspflicht AN
• Kein BEM: Arbeitgeber umfassend vortragen,
• dass Arbeitnehmer auf seinem Arbeitsplatz nicht
eingesetzt werden kann und dessen
• leidensgerechte Anpassung ausgeschlossen ist +
• AN nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz bei
geänderter Tätigkeit eingesetzt werden kann.
• Warum aufgezeigte /denkbare Alternativen zur Reduzierung der Fehlzeiten nicht in Betracht kommen +
• dass künftige Fehlzeiten weder durch gesetzlich
vorgesehene Hilfen, noch Leistungen der
Rehabilitationsträger hätten reduziert werden können.
BAG 20.11.2014 - AZR 755/13 und 23.04.2008 - 2 AZR 1012/2006
498
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitgeberpflichten Behinderte
• § 106 S. 3 GewO: AG hat bei der Ausübung
des Direktionsrechts auf die Behinderung
Rücksicht zu nehmen
• Stufenweise Wiedereingliederung, § 28 SGB
IX: Soll = Anspruch BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05
• Verbot der Benachteiligung von AN wegen
einer Behinderung, §§ 7 Abs. 1 i.V.m. 1 AGG
• § 81 Abs. 4 SGB IX: Ansprüche = einklagbar
• Beschäftigung mit voller Verwertung Fähigkeiten
• Ausstattung mit technischen Arbeitshilfen
499
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Betriebliches Gesundheitsmanagement – BGM: Beteiligte
• Arbeitgeber (Direktionsrecht, Fürsorgepflicht):
• Geschäftsleitung, Personalabteilung
• Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit
• Betriebsrat, §§ 81, 87 I Z. 7, 88 Z. 1 BetrVG
• Schwerbehindertenvertretung, §§ 94 ff SGB IX
•
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500
Bundesanstalt für Arbeit, SGB III
Krankenkassen, §§ 20 ff, 74 SGB V
Rentenversicherung, § 16 SGB VI
Berufsgenossenschaften, § 35 SGB VII
Fürsorgestelle, §§ 33, 34 SGB IX
Arbeitsrecht im Betrieb 12
Betriebliche Gesundheitsförderung
• Ganzheitlich – integrierter Ansatz: Betriebliches
Gesundheitsmanagement (BGM)
• Unternehmens- Individueller Auslöser - Initiative:
• Hohe Krankenstände
• Hohe Fluktuation, innere Kündigungen
• Investition in Humankapital
• Strukturelle + planerische Rahmenbedingungen:
• Zieldefinition und Zielstrukturierung
• Festlegung von Zuständigkeiten +
Verantwortlichkeiten
• Auswahl von Organisationseinheiten
• Planung und Steuerung
• Vernetzung mit anderen Managementansätzen
• Aufbau von Kooperationsbeziehungen
501
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Integriertes Gesundheitsmanagement
• Ziele Personal- + Organisationsentwicklung:
• Arbeits- und Gesundheitsschutz, unter Einbindung
und Kostenbeteiligung von
– Krankenkassen, §§ 20 a – c, 40 SGB V
– Unfallversicherung (BG), § 33 SGB VII
– Schwebehinderung, §§ 15, 44 I, 53,54 SGB IX
– Rentenversicherung, §§ 28 SGB
• Vorsorge, Gesundheitsförderung
• Mitarbeiter- u. Konfliktberatung, Suchtprävention
• Projektleitung: Koordination von
• Schwerbehindertenvertretung
• Sicherheitsfachkräften, Betriebsarzt
– Sozial-/ Suchtberatung
Betriebliches Gesundheitsmanagement von uni-hannover.de
502
Arbeitsrecht im Betrieb
12
BGM: Außerbetriebliche Kostenträger
• Bundesanstalt für Arbeit,
•
§§ 19, 112 Behinderte
–
–
•
•
§ 119 Ausbildung
§ 130 Befristete Leistungen
§ 45
§ 51
Aktivierung und berufliche Eingliederung
Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen
• Krankenkassen
•
•
•
503
SGB III
SGB V:
• § 20
Primäre Prävention
• § 20 a
Betriebliche Gesundheitsförderung
• § 20 b
Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren
• § 74
Stufenweise Wiedereingliederung
Rentenversicherung
§ 16 Verweis auf SGB IX
SGB VI
Berufsgenossenschaften § 35 Verweis auf SGB IX
SGB VI
Fürsorgestelle, Leistungen
SGB IX
• § 33
zur Teilhabe am Arbeitsleben
– Abs. 6 medizinische und psychologische Hilfen
• § 34
an Arbeitgeber
Arbeitsrecht im Betrieb
12 S
STEAG „LIFE“: Langfristige individuelle
Förderung der Eigenverantwortung
• Ganzheitliches Konzept: Begleitung der Mitarbeiter in
allen Lebensbereichen und Hilfestellung zu Problemen
• Gesundheitliche: Ziel Sicherung der Arbeitsfähigkeit
• finanziellen und soziale
• Prävention
•
•
•
Gruppenschulung Stressbewältigung
Minderung arbeitsbedingter Belastungen Bewegungsapparat
Führungskräfteschulung: Gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung
• Leistungen des Unternehmens:
• Betriebssport
• Konfliktmanagement
• Hilfe in schwierigen Lebenssituationen
• Kooperationspartner: Knappschaft und weitere Beteiligte
504
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Arbeiten im Schongang? WDR 4.04.2013
• Der Molkereizulieferer Satro in Lippstadt hat Ärzte aufgefordert, erkrankte Mitarbeiter nur teilweise krankzuschreiben. Auf freiwilliger Basis sollten diese Mitarbeiter auf
sogen. „Schonarbeitsplätzen“ arbeiten.
Die Idee für den Vorstoß bei den Ärzten kam nach Auskunft
der Firma so: Einige der 300 Mitarbeiter des Lippstädter
Milchpulverherstellers fragten die Personalleitung, ob sie
trotz Krankschreibung arbeiten dürften, sie wollten nicht zu
Hause rumsitzen. So sei man darauf gekommen, Schonarbeitsplätze anzubieten.
Tipps für die Ärzte: "Wir können befristete Arbeitsplätze, die
nur geringe körperliche Belastungen mit sich bringen, zur
Verfügung stellen. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie in
medizinisch dafür geeigneten Fällen einen vorübergehenden Einsatz verletzter bzw. erkrankter Mitarbeiter als Alternative zur Krankschreibung in Erwägung ziehen würden.
Eine kurze schriftliche Mitteilung gegenüber unserem
Mitarbeiter wäre für uns ausreichend."
505
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Arbeiten im Schongang?
•
Hoheitsrecht der Mediziner: Viele Ärzte im Kreis Soest sind empört.
Sie wollen sich nicht in die Diagnose hineinreden lassen, so der
Sprecher der Ärztekammer im Kreis Soest, Dr. Heinz Ebbinghaus:
"Wir als Ärzte sehen das Ganze schon bedenklich. Für uns stellt
das auch einen Vertrauensbruch dar. Wir als Ärzte haben das
Hoheitsrecht, die Menschen krank zu schreiben. Wir sehen uns da
schon etwas bedrängt. Wir Mediziner wissen schon zu
unterscheiden, wer krankgeschrieben werden muss und wer
nicht. Das lassen wir uns auch nicht nehmen."
• Der Soester Arbeitsrechtler Dr. G. hält den Vorstoß für problematisch.
"Gegen eine freiwillige Teilnahme des Arbeitnehmers ist nichts einzuwenden. Davon zu halten ist meines Erachtens aber nichts. Ich rate davon
dringend ab, das zu machen. Der Arbeitnehmer hat gesetzlichen Schutz
durch das Entgeltfortzahlungsgesetz und darauf sollte er auch
bestehen.“
• Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten bezeichnet den
Vorschlag der Firma als „ungeheuerlich“. Mit der Aktion wolle sie die
Mitarbeiter nur zusätzlich unter Druck setzen, um die Zahl der
Krankheitstage zu senken.
506
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Teilarbeitsunfähigkeit
Es gibt Fallgestaltungen, in denen der Arbeitnehmer
auf Grund seiner Erkrankung nur teilweise nicht in
der Lage ist, seine geschuldete Arbeitsleistung zu
erbringen. Zu unterscheiden sind folgende Fälle:
• Der Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, die
geschuldete Leistung in vollem zeitlichem Umfang
zu erbringen (quantitative Teilarbeitsunfähigkeit).
• Der Arbeitnehmer kann einige, aber nicht sämtliche zu seinem Arbeitsplatz gehörende Tätigkeiten erbringen (qualitative Teilarbeitsunfähigkeit).
Hat Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung ?
507
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Teilarbeitsunfähigkeit
• EntFZ kennt keine teilbare o. teilweise Arbeitsunfähigkeit, weder in quantitativ, noch qualitativ.
• Quantitative Teilarbeitsunfähigkeit: Kann der AN die
geschuldete Arbeitsleistung und -zeit nicht voll erbringen, ist er
arbeitsunfähig und hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung, § 3 EFZG.
BAG 26.6.1981 - 6 AZR 940/78; 29.1.1992 - 5 AZR 37/91
• Qualitative Teilarbeitsunfähigkeit: AG kann durch
Zuweisung einer Tätigkeit, die AN trotz seiner Erkrankung
erbringen kann, die volle Arbeitsfähigkeit herstellen (wie
mutterschutz- konformen andere Beschäftigung).
– Änderung Einsatzbereich muss arbeitsvertraglich zulässig
sein: Vom Direktionsrecht gedeckt o. AN einverstanden
– Praktische Abwicklung bedingt Rücksprache des Arztes
(Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit) mit dem AG (Arbeitsplatzgestaltung). Hierzu sind Ärzte weder bereit, noch ohne
Einverständnis ihres Patienten berechtigt. Auch die Initiative
zu leichterer Beschäftigung müsste vom AN ausgehen.
508
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Teilarbeitsunfähigkeit Praxis-Beispiel
Arbeitnehmerin A arbeitet als Telefonistin im Empfang
eines großen Unternehmens. In ihrem Arbeitsvertrag ist
der Tätigkeitsbereich mit "Bürotätigkeiten" umschrieben. Auf Grund einer Erkältung ist sie in einem solchen
Maß heiser, dass sie keine Telefonate mehr führen
kann. Für den Zeitraum der Erkrankung setzt der
Arbeitgeber sie im Schreibpool ein.
Die Krankheit führt hier nicht zu einer Arbeitsunfähigkeit. A ist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Bleibt sie
gleichwohl zu Hause, hat sie keinen Anspruch auf
Entgeltfortzahlung und verletzt ihre Leistungspflichten.
509
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Krankenschwester in Nachtschicht
Die K GmbH betreibt ein Krankenhaus der Vollversorgung
mit 2.000 Mitarbeitern. S ist seit 1983 als Krankenschwester
im Schichtdienst (Nachtschichten 21:45 bis 6:15 Uhr) tätig.
Arbeitsvertraglich ist sie im Rahmen betrieblicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-,
Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet. Gem.
Betriebsvereinbarung ist eine gleichmäßige Verteilung der
Arbeit auf alle Beschäftigten anzustreben.
S ist gesundheitlich zu Nachtdiensten nicht mehr in der
Lage, weil sie medikamentös behandelt wird. Nach einer
betriebsärztlichen Untersuchung schickte der Pflegedienstleiter S am 12. 06.2012 nach Hause, weil sie wegen ihrer
Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei. S bot
ihre Arbeitsleistung - mit Ausnahme von Nachtdiensten ausdrücklich an.
S beansprucht 1. Beschäftigung und 2. Vergütungszahlung
für die Zeit der Nichtbeschäftigung. Zurecht?
BAG 09.04.2014 - 10 AZR 637/13
510
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: Krankenschwester in Nachtschicht
1. S ist weder arbeitsunfähig krank, noch ist ihr die
Arbeitsleistung unmöglich geworden. Sie kann alle
vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen. Kann sie aus gesundheitlichen
Gründen keine Nachtschichten mehr leisten, ist sie
deshalb nicht arbeitsunfähig krank.
2. § 6 Abs. 4 ArbZG: Anspruch des Nachtarbeiters
auf Umsetzung auf einen Tagesarbeitsplatz,
unabhängig ob geltend gemacht.
BAG: S hat Anspruch auf Beschäftigung, ohne für
Nachtschichten eingeteilt zu werden. K muss bei der
Schichteinteilung auf gesundheitliche Defizit der S
Rücksicht nehmen.
3. Die Vergütung steht S unter dem Gesichtspunkt
des Annahmeverzugs zu.
511
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: AG verweigert AN Aufnahme der Arbeit
H, geb. 1957, ist seit 1984 bei Zeche Z unter Tage
beschäftigt, zuletzt als Hauer. Von April 2009 bis zum
30. 04.2011 war er krank. Seinen Antrag auf Rente wg.
Erwerbsminderung, § 43 SGB VI, wies die Deutsche
Rentenversicherung mit Bescheid 18.01.2010 zurück.
Am 23.04.2011 teilt H an Z mit, dass gem. gutachterlichen Feststellungen eine Befundverbesserung eingetreten und von Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Am
24.04.2011 reicht H ein Arztattest nach, dass er „voraussichtlich ab dem 1.5.2011 wieder arbeitsfähig sei“.
Z veranlasst eine arbeitsmedizinische Untersuchung,
die am 28.03.2012 feststellt, dass H „seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit nur unter Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausüben könne“.
H klagt seinen Lohn ab dem 01.05.2011 ein. Mit Erfolg?
LAG D`dorf 17.07.2003 – 11 (6) SA 145/03
512
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: AG verweigert Arbeitsaufnahme
1. Annahmeverzug Z, §§ 293, 615 BGB:
AG muss einen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur
Verfügung stellen und ihm eine Betätigung zuweisen.
a) Arbeitsangebot H: Grds. tatsächliches, § 295 oder
gem. § 296 BGB wörtliches ausreichend
b) Nicht, wenn H außerstande war, § 297.
2. Arbeitsunfähigkeit
a) Begriff in § 3 EFZG und § 44 SGB V identisch.
b) Darlegungs- und Beweislast trägt Z:
- Misslingt ab dem 01.05.2011
- jedoch durch arbeitsmedizinische Untersuchung:
arbeitsunfähig ab 28.03.2012
Ergebnis: Z muss vom 01.05.2011 bis 27.03.2012
Entgeltfortzahlung leisten.
513
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Eingliederungsmanagement Thyssen
E, Jahrgang 1968, ist seit 1984 bei Fa. TK beschäftigt. Nach Ausbildung zum Energieanlagen-Elektroniker arbeitete er in Wechselschicht. E leitet unter einer schweren „Hygiene- Sensibilität“ mit
Waschzwang und Berührungsängsten in Dusche und Toilette,
aber auch beim Anfassen von Werkstücken.
Seit Februar 2011 ist E Proband in den Sozialbetrieben. Er hat verschiedene Probestellen durchlaufen, seit Mai ist er in der Sattlerei.
Der Meister setzt ihn zum Nähen von Feuerbeschichtungstüchern
ein und lernt ihn an der Industrienähmaschine an. Der Meister
möchte ihn dauerhaft beschäftigen, weil bislang nur ein einziger
Mitarbeiter die komplexe Nähmaschine bedienen kann. Seit
Ende November 2011 ist E nicht mehr arbeitsunfähig.
Am 29.02.2012 verlangt der Personalleiter mit Unterstützung von
Betriebsrat und Schwerbehindertenvertreter aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, sich durch das Trainingscenter um eine
andere Beschäftigung zu bemühen und eine Rente wegen
Erwerbsminderung zu beantragen. Sonst werde er gekündigt.
Wie ist die Rechtslage?
514
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: BEM Thyssen AG
TK hat in ihrem Sozialbetrieb das betriebliche Eingliederungsmanagement mustergültig und erfolgreich durchgeführt:
1.
E hat seine „Hygiene- Sensibilität“ an dem Material der
Feuerbeschichtungstücher überwunden.
2.
Mit diesem Erfolg bessert sich seine Erkrankung insgesamt. Weitere Therapieerfolge erscheinen jetzt möglich.
3.
In der Sattlerei ist ein leidensgerechter freier Arbeitsplatz.
Es besteht aber Bedarf für einen neuen Arbeitsplatz, da
nur ein einziger Mitarbeiter die Nähmaschine bedienen
kann. Der probeweise Einsatz machte nur Sinn bei
Aussicht auf eine Dauerbeschäftigung. Der Meister
bejaht den Bedarf.
4.
Möglicherweise ist E schwerbehindert, anerkannt oder
ggf. sogar offensichtlich.
Eine Kündigung ist durch personenbedingte Gründe nicht
gerechtfertigt.
515
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Rehabilitation Rentenversicherung
Der 1965 geborene Tischler D ist seit 1988 bei der G
GmbH (50 Mitarbeiter) als Monteur beschäftigt.
Seit dem 1.06.2011 ist er arbeitsunfähig erkrankt
und am15.01.2013 aus dem Krankengeld.
Im Februar 2013 fordert G ihn auf, am betrieblichen
Eingliederungsmanagement mitzuwirken. D erklärt
sich hierzu „gerne bereit“, will aber zunächst eine
laufende psychotherapeutische Behandlung
abwarten. Mit Bescheid vom 14.03.2013 bewilligt
die Deutsche Rentenversicherung eine „berufliche
Integrationsmaßnahme als Leistung zur Teilnahme
am Arbeitsleben“ vom 01.07.2013 bis 30.06.2015.
Gemäß Abschlussbericht vom 30.06.2015 war die
Maßnahme erfolgreich.
Wäre eine Kündigung sozial gerechtfertigt?
516
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Kündigung bei Rehabilitation
I. Kündigungsschutzgesetz
II. Soziale Rechtfertigung:
Personenbedingt
1. Erkrankungen letzten 3 Jahre: Erkrankt seit 3 Jahren
AU - Atteste ab 01.07.2015 abwarten
2. Negative Prognose:
a) BEM: Anpassung Arbeitsbelastung nicht möglich
b) Bescheid 14.03.2013 Dt. Rentenversicherung
- Arbeitsunfähig ggf. bis 30.06.2015
- Erfolg = Vermeidung Rente Erwerbsminderung
Keine 6 Stunden täglich erwerbsfähig, § 43 SGB VI
3. Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Belange:
a) Kurzfristige Erkrankungen: Organisatorische
Beanspruchung & finanzielle Belastung
b) Langfristige Erkrankung: Wegfall Arbeitsleistung
517
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Kündigung bei Alkoholsucht
Der 1948 geborene T ist seit 1997 bei der Fachklinik für Suchterkrankungen e.V. als Ergotherapeut beschäftigt. Klinik setzt ihn in der Arbeitsund Kreativtherapie ein, in der Patienten von
Suchmitteln entwöhnt werden. T ist selbst „Alkoholiker“. Klinik wusste dies, nahm bei der Einstellung aber an, dass T trocken sei.
2006 und 2007 kam es mehrfach zu Rückfällen
und Abmahnungen. Erste Kündigung 8/2007,
Rücknahme 02/2008. Nach einem weiteren
Rückfall kündigt Klinik T am 28.05.2009 fristlos,
hilfsweise fristgerecht zum 31.12.2009.
T erhebt Kündigungsschutzklage, begründet?
BAG vom 20.12.2012 – 2 AZR 32/11
518
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: Kündigung bei Alkoholsucht
1. Fristlose Kündigung:
Unwirksam
Alkoholabhängigkeit ist Krankheit. Verstößt T
infolge seiner Abhängigkeit gegen arbeitsvertragliche Pflichten, scheitert der Schuldvorwurf.
2. Ordentliche Kündigung: Sozial gerechtfertigt durch personenbedingte Gründe.
1.
2.
519
T bietet aufgrund der Alkoholsucht keine Gewähr
, dass er auf Dauer in der Lage sein wird, seine
geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen. Mit weiteren Auffälligkeiten ist zu rechnen.
Interessenabwägung: Klinik muss gegenüber
Patienten und Leistungsträgern schädliche
Einflüsse auf Behandlungserfolg ausschließen.
Wird durch 12-jährige Betriebszugehörigkeit und
Alter von 60 Jahren des T nicht aufgewogen.
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Genesungswidriges Verhalten
SS betreibt seit dem 16. Lebensjahr Leistungssport,
insbes. Marathonläufe. Seit 1990 ist er bei D – AG
als Lagerist für 2.400 € beschäftigt. Am 05.09.2006
brach sich SS bei einem Wegeunfall Sturz mit dem
Fahrrad das linke Schulterblatt. Bis zum 27.10.2006
war er arbeitsunfähig.
Am 17.09. nahm SS am Wien- über 53 km und am
21.10.2006 am Schw. Alb - Marathon über 50 km
teil. Zuvor hatte ihm der behandelnde Arzt jeweils
erklärt, dass aus ärztlicher Sicht nichts gegen die
Teilnahme spreche und nicht mit einer Verzögerung des Heilungsverlaufes zu rechnen sei. Er solle
aber aufhören, sobald er Schmerzen verspüre.
D erfährt die Läufe aus der lokalen Presse und
kündigt außerordentlich, hilfsweise fristgerecht?
ArbG Stuttgart 22.03.07 - Ca 475/06; BAG 02.03.2006 – 2 AZR 53/05
520
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: Genesungswidriges Verhalten
1. Was AN außerhalb der Arbeitszeit tut, bleibt
auch im Fall der Krankheit seine private Sache.
Was er während der Arbeitsunfähigkeit tun und
lassen darf, entscheidet in erster Linie der
behandelnde Arzt, z.B. Freizeitaktivitäten bei
psychischen Krankheitsbildern: Einverständnis?
2. Ist zugleich arbeitsrechtliche Pflichtverletzung:
1. Ordentliche Kündigung verhaltensbedingt:
Grds. zunächst Abmahnung wegen Verstoß gg.
Leistungspflicht
2. Außerordentliche K.: Nur in Ausnahmefällen bei
schwerwiegenden Verstößen, insbes. bei
Zerstörung des Vertrauens des AG´s in seine
Redlichkeit
521
Arbeitsrecht im Betrieb
13
Allgemeiner &
besonderer
Kündigungsschutz
522
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Vertragsverletzung AN: Reaktionen
• Keine Entgeltminderung, ggf. Schadensersatz
• Ermahnung:
•
– Bei triftigem Grund, z.B. Schlechtleistung
Abmahnung: Konkrete Rüge & Kündigungsdrohung
– Bei jedem objektiven Vertragsverstoß
– Erbringt im Kündigungsschutzprozess keinen Beweis,
gleichwohl Klage auf Entfernung aus Personalakte
– Einseitiges Rechtsgeschäft Arbeitgeber
Alternative: Korrekturvereinbarung
• Kündigung: Schriftlich, auch ohne Grund
– Ordentlich: Verhaltensbedingt nach Abmahnung
oder verzichtbar / Vertrauen zerstört
– Außerordentlich: Kündigungsfrist unzumutbar lang
523
Arbeitsrecht im Betrieb 13 G
Allgemeiner Kündigungsschutz
• Außerordentliche Kündigung, § 626 BGB:
– Kündigungsgrund, Abs. 1: Zweistufige Prüfung
• An sich geeignet zur Rechtfertigung eine a.o. Kündigung
• Abwägung der Umstände des Einzelfalls
– 2 Wochen- Frist ab Kenntnis, Abs. 2
• Kündigungsschutzgesetz:
– Kündigungsschutzgesetz anwendbar:
• Mehr als 10 Mitarbeiter im Betrieb
• AN länger als 6 Monate beschäftigt
– Kündigung bei Ausspruch sozial gerechtfertigt durch
• Verhaltensbedingte Gründe, grds. erst nach Abmahnung
• Dringende betriebliche Gründe & Sozialauswahl
• Personenbedingte Gründe, insbes. Krankheit
• Klagefrist, §§ 4, 7 KSchG: 3 Wochen, gilt für
alle Gründe, auch besonderen Kündigungsschutz
524
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Kündigung bei Alkoholerkrankung
Eine Kündigung kann durch personenbedingte Gründe
bedingt sein, wenn im Kündigungszeitpunkt die Prognose
gerechtfertigt ist, der Arbeitnehmer biete auf Dauer
nicht die Gewähr, seine vertraglich geschuldete
Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen: Maßgeblich sind
Bereitschaft AN zu Entziehungskur oder Therapie.
Eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen
Interessen kann sich ergeben aus
a) beträchtlichen Fehlzeiten des Arbeitnehmers
b) einer beachtlichen Selbst- und Fremdgefährdung,
wenn der AN mangels Fähigkeit zur Alkoholabstinenz
nicht die Gewähr für die ausnahmslose Einhaltung
der bei seiner Arbeitsleistung einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften bietet.
BAG 20.03.2014 – 2 AZR 565/12
525
Arbeitsrecht im Betrieb 13 G
Besonderer Kündigungsschutz
nach Personengruppen:
• Verbot ordentliche Kündigung:
• Auszubildende nach Probezeit, § 22 II BBiG
• Betriebsräte, § 15 I KSchG
• Erfordernis Zustimmung zur Kündigung:
• Außerordentliche Kündigung Betriebsräte, § 103 BetrVG:
Zustimmung Betriebsrat o.Ersetzung durch Arbeitsgericht
• Schwerbehinderte + Gleichgestellte
Landschaftsverb.
– Ordentliche Kündigung,
§ 85 SGB IX
– Außerordentliche Kündigung,
§ 91 SGB IX
• Schwangere bis 4 Monate nach Geburt § 9 MuSchG
• Elternzeit
: 8 Wochen vor + während § 18 BBEG
• Pflege naher Angehöriger
§ 5 PflegezeitG
526
Arbeitsrecht im Betrieb 13 G
Sonder- Kündigungsschutz: Übersicht
Verbot
Gesetz
Auszubildende: Ordentliche Kündigung ,
Betriebsübergang,
Betriebsräte, ordentliche Kündigung:
- a.o. K.:
Zustimmung Betriebsrat - Arbeitsgericht
•
•
•
Zustimmung, z.B. durch Landschaftsverband:
Betriebsräte, außerordentliche Kündigung: AG/ ArbG
Schwangere: während
und Nachwirkung 4 Monate
Elternzeit , bis 3 Jahre
Pflege naher Angehöriger
Schwerbehinderte und Gleichgestellte
•
•
•
•
•
Anhörung des Betriebsrats: vor jeder Kündigung
Anzeige der Massenentlassung
von mindesten 5 in Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern
Anzeige an Landesarbeitsamt
Konsultation des Betriebsrates:
•
•
•
Fallweise Kündigungsverbote:
-
Treu und Glauben
Maßregelungsverbot
Diskriminierung
527
entgegen § 2 Abs. 4
§ 22
BBiG
§ 613 a IV BGB
§ 15
KSchG
§ 103 BetrVG
§ 103
§9
BetrVG
MuschG
§ 18 I 1 BEEG
§5
PflegezeitG
§ 85
SGB IX
§ 102 BetrVG
§ 17 KSchG
Abs. 1
Abs. 2
§ 242 BGB
§ 612 a BGB
AGG
Arbeitsrecht im Betrieb 13
AN ordentlich unkündbar
• Arbeitsvertragliche o. tarifliche Unkündbarkeit:
– Betriebsbedingt oder Anzahl Beschäftigungsjahre
Nur außerordentliche Kündigung: Abwarten
Frist ordentliche Kündigung nicht zumutbar:
Länge der Kündigungsfrist + -grund
• Wichtiger Grund: Hohe Anforderungen
– Krankheitsbedingt: Über Jahre erhebliche LFZ Kosten
ohne nennenswerte Arbeitsleistung 20.03.2014 - 2 AZR 288/13
– Betriebsbedingt: Innerbetriebliche Umstrukturierung nicht
ausgeschlossen, auch nicht bei Wegfall der
Beschäftigungsmöglichkeit BAG 22.11.2012, 2 AZR 673/11
• Soziale Auslauffrist wie ordentliche Kündigung
20.06.2013 – 2 AZR 379/12
528
BAG
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Darlegungs-+ Beweislast: Abgestuft
• Arbeitgeber: Für alle die Kündigung begründenden Tatsachen, z.B. Vertragsverstoß +
Abmahnung
• Arbeitnehmer behauptet konkrete Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe:
– Arbeitgeber muss widerlegen
– Ergebnis: Jeder andere Verlauf des Geschehens
erscheint ausgeschlossen
– Vortrags- und Beweislast wechselt zwischen AG + AN
• Bei Streit über erheblichen Umstand:
– Beweis durch Urkunde, Zeuge, Sachverständiger
– ggf. Verwertungsverbot: Datenschutz, allg. Persönlichkeitsrecht, z.B. geheime Videoüberwachung
BAG 21.06.2012, AZR 153/11
529
www.ingendahl-rust.de
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Abbau von Arbeitsplätzen
• KSchG: „Dringender betrieblicher Grund“
• Wegfall des Arbeitsplatzes
• Problem: Richtige Sozialauswahl unter allen vergleichbaren Arbeitnehmern des Betriebes, § 1 III 1
• Einschränkungen der Sozialauswahl, § 1 III 2
– Leistungsträger: Weiterbeschäftigung liegt wegen
besonderer Kenntnisse, Fähigkeiten & Leistungen im
berechtigten betrieblichen Interesse
– Erhaltung ausgewogene Personal-, insbesondere
Altersstruktur des Betriebes
• Kollektivrechtliche Regelungen , § 1
– Abs. 4: Tarifvertrag o. Betriebsvereinbarung gem. § 95
BetrVG mit Punktesystem
– Abs. 5: Interessenausgleich mit Namensliste
530
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Sicherung ausgewogene
Personalstruktur, § 1 III 2 KSchG
• Sozialauswahl (Kriterien: Betriebszugehörigkeit, Lebens-
alter, Unterhaltspflichten) kann die Personalstruktur des
Betriebes verschlechtern, es droht Überalterung
• AG kann bei Darlegung konkreter Nachteile
• in jeder Altersgruppe proportional kündigen,
z.B. AN bis zum
30. Lebensjahr
jeweils bis zum
40., 50. und 60. Lebensjahr
ab dem
61. Lebensjahr
• Nur Erhaltung, nicht Verbesserung der Altersstruktur
• Punktesystem mit Berücksichtigung Lebensalter
• Europarechts- und AGG – konform
• Beurteilungs- + Gestaltungsermessen des Arbeitgebers
531
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Modifikation Sozialauswahl, § 1 V
• Folge: Gesetzliche Vermutung, dass
• Kündigung gelisteter AN durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist: Beweislastumkehr +
• es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit gibt.
• Überprüfung Sozialauswahl nur auf grobe Fehler:
– Arbeitnehmer kann Angabe der Gründe verlangen, die
zur Sozialauswahl geführt haben
• Ergänzung: 3- seitiger Vertrag zwischen
• Arbeitgeber: Erspart sich Kündigungsschutzklagen
• Mitarbeiter: Einwilligung Beendigung Arbeitsvertrag
• Beschäftigungs- & Qualifizierungsgesellschaft: AN
Einstellung 1 Jahr, mit Transferkurzarbeitergeld, § 111 SGB III
532
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Wiedereinstellungsanspruch:
• Wegfall eines Kündigungsgrundes:
– Nachträglich entfallen Umstände, die die
negative Prognose begründet haben
– Aus des Sphäre des Arbeitgebers
z.B. unvorhergesehene
Beschäftigungsmöglichkeit
• Betriebsübergang nach betriebsbedingter Kündigung
• Aufhebungsvertrag: Anpassung nach
Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB
• Verdachtskündigung: Entkräftung
533
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Kündigung: Gestaltungen
• Betriebsbedingte Kündigung, § 1 a KSchG: Angebot
Abfindung 0,5 Monatslöhne je Beschäftigungsjahr
• Kündigungsgründe angeben?
grds. nein
• Freistellung -ggf. unwiderruflich - unter Anrechnung auf
offene
• Mehrarbeits- und
• Urlaubsansprüche
• Ggf. Hinweise auf
• ordentliche Abrechnung und Zeugnis
• Pflichten: Meldung Arbeitsamt BA & Arbeitssuche
• Erklärung Arbeitnehmer:
• Klageverzicht: Schriftlich in gesonderter Vereinbarung
• Abwicklungsvereinbarung: Ggf. auch Abfindung
534
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Bedeutung Kündigungsgründe
• Grundsatz: Angabe in Kündigungsschreiben
weder erforderlich noch empfohlen: Soziale
Rechtfertigung nach allen Seiten offen halten
• Ausnahme: Begründungspflicht:
– a.o. Kündigung Auszubildender, § 22 III BBiG
– Verlangen bei a.o. Kündigung, § 626 II 3 BGB
• Bei Anhörung + Zustimmung Betriebsrat:
– Beschränkung des AG auf Gründe, die er
dem Betriebsrat/ArbGericht mitgeteilt hat
535
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Leiharbeitnehmer
KündigungsschutzG
• Arbeitnehmeranzahl:
• Vorbeschäftigung betriebsbezogen: Nicht
– Konzernbezogen (aber unternehmensbezogen)
– Als Leiharbeiter BAG 20.02.2014 – 2 AZR 859/11
• A:
– a.o. Kündigung Auszubildender, § 22 III BBiG
– Verlangen bei a.o. Kündigung, § 626 II 3 BGB
• B:
– Beschränkung des AG auf Gründe, die er
dem Betriebsrat/ArbGericht mitgeteilt hat
536
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Mehrere Kündigungsgründe:
• Ausspruch mehrerer Kündigungen, jeweils mit
allen formellen Erfordernissen
– Einholung Zustimmung (z.B. Hauptfürsorgestelle), bereits bei Verdacht einer
Schwerbehinderung
– Anhörung o. Zustimmung Betriebsrat
– Anhörung AN bei Verdachtskündigung
• Beispiele:
– Außerordentlich ( 2 Wochen-Frist) und
ordentlich
– Kündigung verhaltens- + personenbedingt
– Verdachts- und Tatkündigung
537
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Kündigungserklärung Auslegung:
l
• Kündigungsgrund muss grds. nicht angegeben
werden, nur objektiv vorliegen
• Ausnahmen: Zustimmungsverfahren z.B. SGB IX, BR
• Außerordentliche Kündigung: Wenn Kündigung
zusätzlich als „fristgerechte“ bezeichnet.
• Falsche Kündigungsfrist:
• Kündigung mit anderer Frist ist grundsätzlich ein
anderes Rechtsgeschäft
• Kündigungsschutzklage:
• Erforderlich, wenn keine Auslegung zur richtigen Frist
möglich
• Sonst Fiktion der Wirksamkeit, §§ 4, 7 KSchG
BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12
538
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Druckkündigung: Arten
l
• Personenbedingt:
• Eignungsmängel von Kollegen erkannt und
• als Kündigungsgrund an AG herangetragen
• Verhaltensbedingt: Kündigungsgrund für
Tat- oder Verdachtskündigung
• Betriebsbedingt (nachrangig):
• Sehr konkret formulierte Kündigungserwartung
eines Kunden verbunden mit der Drohung von
Entscheidungen, die den Arbeitgeber in
seinem Bestand gefährden
• Hauptkunde verweigert die Zusammenarbeit
und keine andere Beschäftigung für AN
539
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Outplacement -Beratung
• Unterstützung des gekündigten Mitarbeiters bei Suche nach
neuem Arbeitsplatz.
• Grund: Unternehmen will "faire" Trennung im Hinblick
– auf die Motivation verbleibender Mitarbeiter und Attraktivität
im Wettbewerb um Arbeitskräfte
– Vermeidung Kündigungsprozesse
– Verkürzung Restlaufzeit von Arbeitsverträgen
• Vorgehensweise Phasen
Erfassung berufliche + private Situation des Arbeitnehmers
Feststellung von Qualifikationsprofil + Weiterbildungsbedarf
Entwicklung individueller Bewerbungsstrategie.
Erstellung Bewerbungsunterlagen, insbes. Lebenslauf,
Formulierung schriftliche Bewerbung, Beurteilung von
Stellenangeboten, Vorbereitung von Bewerbungsgesprächen
incl. Interviewtraining
– Unterstützung bei Abschluss des neuen Arbeitsvertrages
–
–
–
–
540
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Konzerndimensionaler
Kündigungsschutz:
• Kündigungsschutz Anknüpfung
– an Betrieb, z.B. für „mehr als 10 Mitarbeiter“,
Sozialauswahl usw.
– weder Unternehmen = Rechtsträger
– noch Konzern = mehrere juristische Personen
mit gemeinsamen Haupt- Gesellschafter
• Ausnahmen: Arbeitgeber hat sich entweder
• im Arbeitsvertrag zu unternehmensübergreifender
Weiterbeschäftigung verpflichtet oder
• dies in Vergangenheit tatsächlich gehandhabt
541
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Schadensersatz, § 628 II BGB
• Kündigung (ao o. ordentlich) veranlasst durch
• schuldhaftes vertragswidriges Verhalten, das
außerordentliche Kündigung rechtfertigt
• Ersatzfähiger Schaden des Arbeitnehmers:
– Entgelt bis Ablauf Kündigungsfrist
– Bei Kündigungsschutzgesetz: Abfindung
– Verdienstausfall & Minderverdienst
• Ersatzfähig beim Arbeitgeber: Nur (Verfrühungs-)
Schaden durch schnelle außerordentliche AG-,
statt fristgemäßer AN- Kündigung
542
Arbeitsrecht im Betrieb
13
Mobbing:
• Begriff: Systematisches Anfeinden,
Schikanieren und Diskriminierung von
• Arbeitnehmern untereinander: Mobbing
• durch Vorgesetzte:
Bossing
• gegen Vorgesetzte:
Staffing
• Stalking (engl. jagen, hetzen): Beabsichtigtes
wiederholtes Verfolgen + Belästigen, so dass
dessen Sicherheit bedroht und er in seiner
Lebensgestaltung schwer beeinträchtigt wird.
• Arbeitgeberpflicht : Schützen, § 13 AGG
• Betriebsrat:
§ 74 BetrVG
543
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Anhörung BR bei Wartezeitkündigung
Frau K ist seit dem 1.7.2010 bei Fa. B beschäftigt. Mit
Schreiben vom 14.12.2010 hört B den Betriebsrat zu der
beabsichtigten Kündigung von K an. Neben den
Sozialdaten der Klägerin und ihrem Eintrittsdatum teilt
B dem Betriebsrat mit: „Es wurde eine 6- monatige
Probezeit vereinbart. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses liegt nicht in unserem Interesse.“ Der
Betriebsrat widerspricht der Kündigung, weil ihm kein
Kündigungsgrund genannt worden sei. B kündigt Frau
K mit Schreiben vom 28.12.2010 zum 15.01.2011.
Frau K erhebt Kündigungsschutzklage und rügt, der
Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört
worden.
BAG 12.9.2013 – 6 AZR 121/12
544
Arbeitsrecht im Betrieb
13 S
Anhörung bei Wartezeitkündigung
Bei einer Kündigung in den ersten 6 Monaten des
Arbeitsverhältnisses, die auf ein personenbezogenes Werturteil gestützt wird, muss dem Betriebsrat
nur dieses Werturteil des AG mitgeteilt werden,
ohne es zu substantiieren oder zu begründen.
Ausreichend:
- Der Arbeitnehmer habe sich „während der Probezeit nicht bewährt“ und sei „nicht geeignet, die ihm
übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu
erfüllen“ oder
- „nach unserer allgemeinen, subjektiven
Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren
Anforderungen nicht“ oder
- der Arbeitnehmer habe die „in ihn gesetzten
Erwartungen nicht erfüllt“.
545
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Kündigung nach Leugnen der Schwerbehinderung in laufenden Arbeitsverhältnis
Argumente , Abwägung:
1. Persönlichkeitsschutz AN
2. Pflichtabgabe Arbeitgeber, § 77 SGB IX: Nur
bei Kenntnis: Nebenpflicht zur Offenbarung
3. Kündigungsschutz unentziehbar nach 6
Monaten, § 90 I Z. 1 SGB IX
4. Widersprüchliches Verhalten, § 242 BGB
Urteil: Kein Kündigungsschutz
BAG 16.02.2012 - 6 AZR 553/10
546
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Betriebsbedingte Kündigung
während Kurzarbeit
• Wegfall des Arbeitsplatzes:
– Außerbetriebliche Gründe:
• Absatzschwierigkeiten, Umsatzrückgang mit dauerhafter
Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs
– Innerbetrieblicher Grund: Unternehmerentscheidung
• Organisationsentscheidung arbeitsplatznah
• Dringlichkeit: Keine technische oder organisatorischen
Alternative zur Kündigung
• Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf freiem
Arbeitsplatz
• Kurzarbeit: Parteien gehen von einem nur vorüber-
gehenden Arbeitsmangel aus, § 96 Abs. 1 Z. 2 SGB III
BAG 23.02.2012 - 2 AZR 548/10
547
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Kündigung wegen Minderleistung
• Verhaltensbedingt:
AN muss unter angemessener
Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit
arbeiten. Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess:
– Arbeitgeber: Tatsachen, aus denen ersichtlich ist, dass die
Leistungen des Arbeitnehmers deutlich hinter denen
vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die
Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten.
– Arbeitnehmer: Gründe, warum er dennoch seine
persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft.
• Personenbedingt:
Arbeitsleistung unterschreitet die
berechtigten Erwartung des Arbeitgebers an die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße,
dass ihm ein Festhalten an dem (unveränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar wird.
• Vorrangig: Änderungskündigung und Fortsetzung zu
geänderten Vertragsbedingungen
BAG 11.02.2003 - 2 AZR 667/02
548
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Kündigung ohne BEM
Der 1964 geborene B ist bei der T AG seit Juni 1991 als
Maschinenführer tätig. In den Jahren 2006 bis 2011
war er jährlich zwischen 59 und 125 Tagen arbeitsunfähig. Die Fehlzeiten verteilten sich auf unterschiedlich lange Zeiträume, jeweils unterbrochen durch Tage
der Arbeitsfähigkeit. 2004 stellte sich B auf Ersuchen T
AG beim arbeitsmedizinischen Dienst vor. Dieser stellte
fest, dass gegen eine Beschäftigung des Klägers keine
gesundheitlichen Bedenken bestünden. Im September 2010 teilte die Berufsgenossenschaft der T AG mit,
sie habe B einseitig beschichtete Strickhandschuhe zur
Verfügung gestellt, bei deren Verwendung sich
arbeitsbedingte Kontaktallergien vermieden ließen.
Mit Schreiben vom 29.11.2011 kündigt T AG
fristgerecht zum 30.6.2012. Sozialwirksam?
BAG vom 20.11.2014 2 AZR 755/13
549
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Kündigung ohne BEM
• K wegen häufiger Kurzerkrankungen: Vielzahl von Krankheitsbildern unter häufig wechselnder Krankheits- und Arbeitsphasen
• Dreistufigen Prüfung krankheitsbedingter Kündigungen:
– Negative Gesundheitsprognose: Erhebliche Fehlzeiten seit 2009
– Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen: Unterstellt
– 3. Stufe „Interessenabwägung“. T AG hat bEM unterlassen,
ohne darzulegen, dass es kein milderes Mittel als Kündigung
gebe. Das BEM ist ein verlaufs- und ergebnisoffener „Suchprozess“, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung
künftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll. Der Arbeitgeber hat
Initiative zum bEM zu ergreifen und Arbeitnehmer über Ziele,
Art und Umfang der zu erhebenden Daten zu belehren. Die
betriebsärztliche Untersuchung ist kein bEM.
• T AG hat auch die objektive Nutzlosigkeit nicht dargelegt, dass ein
regelkonformes bEM nicht Leistungen oder Hilfen für B hätten erkennen können, zu denen ein Rehabilitationsträger verpflichtet war.
550
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Fristlose Kündigung wg. Stalking
S, geb. 1957, ist verheiratet und zu 80 % schwerbehindert.
Er ist seit 1989 Verwaltungsangestellter beim Land Hessen,
seit 2005 beim Immobilienmanagement.
2007 beschwerte sich die als Leiharbeitnehmerin beschäftigte Mitarbeiterin M1, sie fühle sich von S belästigt. Nach
Einschaltung der Beschwerdestelle AGG teilte der Direktor
dem S mit, eine unmittelbare Kontaktaufnahme habe mit
M 1 habe zur Vermeidung arbeitsrechtlicher Konsequenzen
auf jeden Fall zu unterbleiben.
Mit Schreiben vom 8.10.2009 wandte sich die Leiharbeitnehmerin M2 an den Direktor, weil sie sich durch S in unerträglicher Weise belästigt und bedrängt fühle. Seit Juni
hatte S ihr mehr als 120 E-Mails, SMS + MMS geschickt, auch
noch nachdem sie Anfang September jeden privaten
Kontakt gegenüber S ausdrücklich abgelehnt hatte.
Der Direktor will S fristlos kündigen. Zurecht?
BAG vom 19.04.2012 2 AZR 258/11
551
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Fristlose Kündigung wg. Stalking
• Stalking :
– An sich wichtiger Grund
– Abwägung der Umstände des Einzelfalls:
• Ausmaß und Intensität der Pflichtverletzung
• Folgen für den Mitarbeiter
• Notwendige Bestandteile Abmahnung:
– Rüge eines genau bezeichneten Fehlverhaltens
– Hinweis auf Bestands- oder Inhaltsgefährdung der
Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfall, ausreichend:
Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen
• Abmahnung nicht erforderlich, wenn
– Verhaltensänderung nach Abmahnung nicht zu erwarten
– Insbes. schwere Pflichtverletzung: Hinnahme offensichtlich
und für Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen
BAG 19.04.2012 - 2 AZR 258/11
552
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Ao Kündigung wg. YouTube
Beschwerdestelle AGG teilte der Direktor dem S
mit, eine unmittelbare Kontaktaufnahme habe mit
M 1 habe zur Vermeidung arbeitsrechtlicher
Konsequenzen auf jeden Fall zu unterbleiben.
Mit Schreiben vom 8.10.2009 wandte sich die
Leiharbeit-nehmerin M2 an den Direktor, weil sie
sich durch S in uner-träglicher Weise belästigt
und??
BAG vom 31.07.2014 - 2 AZR 505/13
553
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Ao Kündigung wg. YouTube
• Stalking :
– An sich wichtiger Grund
– Abwägung der Umstände des Einzelfalls:
• Ausmaß und Intensität der Pflichtverletzung
• Folgen für den Mitarbeiter
• Notwendige Bestandteile Abmahnung:
– Rüge eines genau bezeichneten Fehlverhaltens
– Hinweis auf Bestands- oder Inhaltsgefährdung der
Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfall, ausreichend:
Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen
• Abmahnung nicht erforderlich, wenn
– Verhaltensänderung nach Abmahnung nicht zu erwarten
– Insbes. schwere Pflichtverletzung: Hinnahme offensichtlich
und für Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen?
554
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Kündigung Ersatzmitglied BR
Jurist J wird am 01.09.2010 aus personenbedingten Gründen ordentlich gekündigt.
1. J wurde 2004 als Programmierer eingestellt
und danach ausschließlich 5 Jahre mit
rechtlichen Fragestellungen beschäftigt.
Seit September 2009 versagt er bei allen
Aufgaben als Programmierer.
2. J hatte bei der Wahl des 5– köpfigen
Betriebsrates die 6.- meisten Stimmen
erhalten. Die Amtszeit des Betriebsrates
verlief ohne besondere Vorkommnisse und
endete am 31.05.2010.
Hat die Kündigungsschutzklage Erfolg?
BAG 19.04.2012 – 2 AZR 233/11
555
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Kündigung Ersatzmitglied BR
• Änderung der vertraglichen Arbeitspflicht:
Auch nicht nach 5- jähriger anderweitiger Beschäftigung
• Organisationsprogrammierer mit Mangel an
Programmierkenntnissen:
– Anfechtung des Arbeitsverhältnisses: Irrtum über
verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2 BGB
– Soziale Rechtfertigung Kündigung:
Aus in der Person liegenden personenbedingten Gründen
• Kündigungsschutz als Betriebsrat:
– Als Ersatzmitglied mit Zustimmungserfordernis § 103 BetrVG:
Nur solange ein verhindertes Betriebsratsmitglied gem. § 25
Abs. 1 S. 2 BetrVG vertreten wird
– Nachwirkung, § 15 KSchG: 1 Jahr ab Ende der Vertretung
keine ordentliche Kündigung
BAG 19.04.2012 – 2 AZR 233/11+ 08.09.2011 – 2 AZR 388/10
556
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: „Überflüssige“ Änderungskündigung
Frau V ist seit dem 9.4.1987 bei der Möbel GmbH beschäftigt,
gem. Arbeitsvertrag als „Verkäuferin“. In den letzten Jahren
war V in der zentral organisierten „Preisauszeichnung“ eingesetzt. Im Jahr 2008 nahm V als Ersatzmitglied an mehreren
Betriebsratssitzungen teil. 2009 beschließt die Möbel GmbH,
die Preisauszeichnung nicht mehr zentral, sondern durch jede
Abteilung ausführen zu lassen. V soll deshalb im Verkauf eingesetzt werden. Mit Schreiben vom 9.04.2009 hört sie den BR
zu einer beabsichtigten ao Änderungskündigung an, dieser
widerspricht. Mit Schreiben vom 21.04.2009 kündigt die GmbH
ao mit einer Auslauffrist zum 31.10.2009 und bietet eine Fortsetzung im Verkauf ab dem 01.11.2009 an.
V nimmt das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und
erhebt Kündigungsschutzklage. Mit Erfolg?
BAG 19.07.2012 – 2 AZR 25/11
557
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
L: Überflüssige Änderungskündigung
1. V hat als Ersatzmitglied mit Tätigkeit den Status eines
Betriebsratsmitgliedes und den Kündigungsschutz des § 15
KSchG: Nur a) außerordentlich: Hier mit Auslauffrist aber
b) ohne Zustimmung, §103 BetrVG: Weder BR, noch Arbeitsgericht
2. AN: Innerhalb 3 Wochen Annahme unter Vorbehalt, dass
Änderung sozial gerechtfertigt, § 2 KSchG
hier ja, dann
3. Kündigungsschutzklage, § 4 S. 2: Auf Feststellung, dass
Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt.
Kann nicht getroffen werden, wenn das Versetzungsangebot
nicht auf eine Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtet ist:
Wäre die Änderung von dem Weisungsrecht als Arbeitgeber
abgedeckt, § 106 GewO?
Hierfür spricht die
Bezeichnung als „Verkäuferin“ im Arbeitsvertrag.
Ergebnis: Zurückverweisung zur Aufklärung.
558
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Kündigungsschutz mehrfache Mutter:
M ist seit dem 15.03.2003 als Kundenberaterin bei
Fa. I beschäftigt, zuletzt während der Elternzeit als
Teilzeitkraft mit 30 Wochenstunden für 1.480 €
brutto. Am 01.10.2009 wird das Insolvenzverfahren
über Fa. I eröffnet. Mit Bescheid vom 11.05.2010
stimmt das Integrationsamt der Kündigung von M
gem. § 18 BEEG zu. Der Insolvenzverwalter kündigt
mit Schreiben vom 20.05., Zugang am 22.05.2010.
Gem. Attest vom 26.05.2010 ist M in der 6. Woche
schwanger. Dies teilt M mit Schreiben vom
27.05.2010 Fa. I mit.
Hat die von M am 10.06.2010 beim Arbeitsgericht
Berlin eingegangene Kündigungsschutzklage
Erfolg? LAG Berlin-Brandenburg 06.04.2011 - 15 Sa 2454/10
559
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Wettbewerbsverbot im
gekündigten Arbeitsverhältnis
• Konkurrenzverbot: Dauer Arbeitsvertrag, § 60 HGB
– Zulässig: Vorbereitungshandlungen
– Verbot: Aufnahme werbende Tätigkeit
• Kündigungsschutzklage anhängig:
– Verbot während Kündigungsschutzprozess
– Außerordentliche Nachkündigung AG:
• 1. Stufe:§ 60 HGB an sich zur Begründung geeignet
• 2. Stufe: Bei Abwägung berücksichtigen:
– Wettbewerb erst durch die Kündigung ausgelöst
– nicht auf dauerhafte Konkurrenz angelegt
– AG nicht unmittelbar geschädigt.
BAG 28.01.2010 - 2 AZR 1008/08; 23.10.2014 – 2 AZR 644/14
560
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Auflösungsanträge KSchProzess
• Bei unwirksamer Kündigung aber Unzumutbarkeit
der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, § 9 KSchG:
• Gericht setzt auf Antrag Abfindung an AN fest
• Auflösungszeitpunkt: Ende bei sozial gerechtfertigter K
• Arbeitnehmer bei neuem Arbeitsverhältnis, § 12:
• Ist AN nach Kündigung ein neues Arbeitsverhältnis
eingegangen,
• hat AN Sonderkündigungsrecht gegenüber altem AG
• schriftlich innerhalb Wochenfrist ab Rechtskraft des
Urteils im Kündigungsschutzprozess und
• Anspruch auf entgangenen Verdienst bis Beginn
neues Arbeitsverhältnis.
• Konkurrenz: Prozessbedingung /Auch hilfsweise?
561
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Mitbestimmung über die unternehmerische
Entscheidung der Betriebsänderung
• Interessenausgleich, § 112 Abs. 1:
Gegenstand:
Ob, wann und wie eine Betriebsänderung durchgeführt wird
• Sozialplan, § 112 Abs. 1 S. 2:
– Vereinbarung Betriebsrat – Arbeitgeber
= Sonderform der Betriebsvereinbarung
– Einigung über die Milderung der wirtschaftlichen
Nachteile für Arbeitnehmer
• Interessenausgleich mit Namensliste, § 1 V
KSchG:
• Vermutung der dringenden betrieblichen Erfordernisse
• Sozialauswahl: Überprüfung nur auf grobe Fehler
562
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Kündigung bei Sozialplan
Metall Industrie MI GmbH beschäftigt den 1964
geborenen ungelernten W (verheiratet, 3 Kinder)
seit 1990. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten
beschließt MI Personal abzubauen. Am 01.04.2010
vereinbart sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste. Auf der Liste stehen
die Namen von 196 Arbeitnehmern, auch der des
Klägers. Daneben vereinbaren die Betriebsparteien einen Sozialplan mit Abfindungsregelung und
Regelungen zu einem Wechsel in eine Transferund Qualifizierungsgesellschaft. Am 26.04.2010
kündigt MI den W ordentlich.
Hat die Kündigungsschutzklage Erfolg?
BAG 27.09.2012 - 2 AZR 516/11
563
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Kündigung bei Sozialplan
• Vermutungen des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG:
• Kündigung wurde aufgrund einer Betriebsänderung
i.S. des § 111 BetrVG ausgesprochen.
• Der sozialen Rechtfertigung durch dringende
betrieblichen Gründe.
• Auskunftspflicht des AG, § 1 Abs. 1 S. 1 2. HS KSchG:
Abgestufte Darlegungslast für die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl zunächst beim Arbeitnehmer.
• Arbeitnehmer kann widerlegen:
• Wegfall des Arbeitsplatzes: Beweis des Gegenteils
• Sozialauswahl: Nur grobe Fehler
• Ansprüche aus Sozialplan:
• Abfindung
• Beschäftigung in Transfer- + Qualifizierungsgesellschaft
564
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Insolvenz Schlecker
• Sozialplan, § 112 Abs. 1 BetrVG
– Insolvenz: max. 1/3 der Masse, § 123 II 2 InsO
– Finanzierung durch Bund/Länder: Politisch
gescheitert
• Transfergesellschaft, § 110 SGB III
– Arbeitsmarktpolitisches Instrument
– Finanzielle Basis:
• Transferkurzarbeitergeld der Bundesanstalt, § 112 SGB III:
max. 12 Monate, ca. 60 %,
• Aufstockung Unternehmen / Insolvenzverwalter
• Zusatzleistungen Bund mit Länderbürgschaften
565
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Insolvenz Schlecker
Dreiseitiger Vertrag zwischen
– von Kündigung bedrohten Mitarbeitern:
• Beendigung des Arbeitsvertrages mit Schlecker
– dem Insolvenzverwalter der Fa. Schlecker i.I.:
• Arbeitgeber für Auflösung Arbeitsvertrag
– einer Transfergesellschaft:
• Neues Arbeitsverhältnis befristet für 6 Monate
• Vergütung 80 % des Nettoentgeltes
• Kurzarbeit mit Reduzierung Arbeitszeit auf „0
Stunden“
566
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechte und
Rechtsträger
567
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechtsträger = Subjekte
• Natürliche Personen
BGB
– Volljährigkeit
– Vertretung
§ 17
§ 164
• Handelsgesellschaften: Handelsregister A
– Offene Handelsgesellschaft OHG
– Kommanditgesellschaft KG
auch als GmbH & Co. KG
• Juristische Personen:
§ 131 HGB
§ 161 HGB
Handelsregister B
– Eingetragener Verein
e.V.
– Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH
• Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt UG
– Aktiengesellschaft
568
AG
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechtsbeziehungen Privater
• Subjekte: Inhaber von Rechten
– Personen: Natürliche und juristische
– Personengesellschaften: GbR, OHG, KG
– Kapitalgesellschaften: GmbH, UG, AG
Arbeitgeber: Maßgeblich für Kündigungserklärung
& -schutzklage, Entschädigungsanspruch § 15 II AGG
• Objekte: Gegenstand von Rechten
– Absolute Rechte: Schutz gegen jedermann
• Eigentum, Besitz, Urheberrechte, allg. Persönlichkeitsrecht
– Relative Rechte: Ansprüche
• Verträge: Begründen Ansprüche
– Vertragsfreiheit: Im Arbeitsrecht eingeschränkt
– Verträge mit standardisierten Regelungen
– Durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen
569
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Im Arbeitsrecht maßgeblich:
• Rechtsträger:
– Arbeitgeber: Pflichten aus Arbeitsverhältnis und
Adressat Klage
– Vorbeschäftigungsverbot, § 14 Abs. 2 S. 2 TzBefG:
Stets bezogen auf Vertragsarbeitgeber, kein
Rechtsmissbrauch § 242 BGB bei unterschiedlichen Arbeitgebern im Gemeinschaftsbetrieb
Jobcenterentscheidung BAG 19.03.2014 – 7 AZR 527/12
• Betrieb:
– Kündigungsschutzgesetz
• Anwendbarkeit
• Kündigungsgründe
– Betriebsrat
570
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Ausschlussfrist beendet Anspruch
• Gesetzlich:
– Urlaub, § 7 Abs. 3 BUrlG:
• Verfall am 31.12. des Jahres
• Übertragung bis zum 31.03. des Folgejahres
• Einzelvertraglich auch länger
– Schadensersatz AGG: § 15 Abs. 4 AGG
• Privatautonom: Verfallfrist in
– Tarifverträgen:
– Arbeitsverträgen:
Grenze:
571
Bis 2 Monate,
z.B. § 15 BRTV Bau
BAG mindestens 3 Monate
Lohnabrechnung weist Schuld
vorbehaltlos aus
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Bürgerliches Gesetzbuch BGB
§ 311 Relative Rechte = Ansprüche:
Das Recht, von einem anderen ein Tun
oder Unterlassen zu verlangen
- wird grds. durch Vertrag begründet
- unterliegt der Verjährung
§ 823 Absolute Rechte: Schutz gegen alle:
- Körper und Gesundheit
- Freiheit
- Eigentum,
Immobilien: Grundbuch
- Immaterielle Rechte,
z. B. Urheberrechte, Patent, eigenes Bild
572
Arbeitsrecht im Betrieb 14
AN- Pflicht zu Überstunden?
• Grds. nur bei vertraglicher Grundlage in
• Arbeitsvertrag, ggf. konkludent o. betriebliche Übung
• Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
• Im Arbeitsvertrag bei Vollzeitbeschäftigung ist
– nur die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbart:
Anordnung mit angemessener Ankündigungsfrist 1
Tag bis 1 Woche
– Dauer + Lage der Arbeitszeit konkret vereinbart: AN
muss nur in Not- und außergewöhnlichen Fällen
Überstunden leisten, vertragliche Nebenpflicht §§ 241
Abs. 2, 242 BGB, § 14 Abs. 1 ArbZG, wenn
• Gefahren für den Betrieb oder erheblichen
betrieblichen Interessen drohen,
• die für den Arbeitgeber nicht vorhersehbar waren und
• dem Arbeitnehmer zumutbar sind
573
Arbeitsrecht im Betrieb 8
Personalakten, § 32 BDSG
• Inhalt: Informationen, die
• Arbeitgeber rechtmäßig erworben hat + für die ein sachliches Interesse besteht BAG, Urt. v. 13.04.1988 -5 AZR 537/86
• Nach Ermessen AG: Bewerbungsunterlagen, Zeugnisse,
Ergebnisse in Auswahlverfahren, Arbeitsvertrag, Beurteilungen, Beförderungen, Schulungen, Abmahnungen,
Lohnpfändungen, Krankenversicherung, Krankmeldungen
• Strenge Vertraulichkeit: Arbeitgeber hat
• Personalakten sorgfältig zu verwahren + zu verschließen:
Sicherung gegen Unbefugte, insbes. Betriebsfremde
• Krankheitsdaten, insbes. ärztliche Auskünfte, sofern zulässig
erlangt, sind getrennt zu archivieren + besonders zu sichern
• Einsicht ausschließlich an:
• Mitarbeiter der Personalabteilung
• Vorgesetzten der Beschäftigten
• Beschäftigen selbst, ggf. mit Betriebsrat, § 83 BetrVG
574
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechnungslegung - Jahresabschluss
• Bestandteile:
•
•
•
•
Bilanz
Gewinn- und Verlustrechnung
Anhang
Lagebericht
• Veröffentlichungspflicht AG, GmbH &Co, § 325 HGB:
• Bis Ende des Folgejahres
• Im Unternehmerregister = Internet
• Verkürzte Fassung
• Bedeutung für :
• Handelsrechtliche Gewinnermittlung / -verteilung
• Steuererklärungen
• Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung
www.Unternehmerregister.de
575
Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig werde.
Er unterliege der regelmäßigen
Verjährungsfrist von drei Jahren nach
§ 195 BGB. Dabei komme es für den Beginn
der regelmäßigen Verjährungsfrist – neben
dem Entstehen des Anspruseiner im Dezember
A war bei Arbnehmer
Verleih GmbH seit 2004 als Arbeit20111
seiner
im
Dezember
für d2chs – nach
nehmer beschäftiogt. Auf
das Arbeitsverhältnis
wurde der
§
199
I
Nr.
2
BGB
darauf
an,
dass
der
Gläubiger
Tarifvertrag angewandt, den der CGZP mit dem Verband
von den den Anspruch abgeschlossen
begründenden
der Arbeitnehmerverleiher
hatte. Die
Umständen
und der
Personseit
des Schuldners
Arbeitsgerichte
hatten
bereits
2003 durchweg die
Kenntnis
erlangt oder
ohne grobeMit Urteil vom
Tariffähigkeit
der CGZP
bezweifelt.
erlangen musste. Diese Kenntnis
14.12.2010 Fahrlässigkeit
hat das Bundesarbeitsgericht
letztinstanzlich
festgestellt,seidass
die CGZP
seit
ihrer Gründung
und
vorhanden,
wenn der
Gläubiger
auf Grund
jedenfalls bis
Dezember
nicht
tariffähig
war.
der ihm
bekannten 2010
Tatsachen
gegen
eine
bestimmte
Person eine
Klage,
sei es auch
nur beansprucht
Mit seiner im
Dezember
2011
erhoben
Klage
eineAbs.
Feststellungsklage,
erheben
kann, die bei
er gem. § 10
4 AÜG für den
Zeitraum
Oktober 2004 bis
Juni 2005 die
Differenz
zwischen
Lohn und dem
verständiger
Würdigung
so vielseinem
Erfolgsaussicht
Arbeitsentgelt,
das
vergleichbaren
hat, dass
siedie
dem Entleiher
Gläubiger zumutbar
ist. Die
Stammarbeitnehmern
gewährt
haben
sollen.
erforderliche Kenntnis
setze keine
zutreffende
vielmehr genüge
Die Verleihrechtliche
GmbHWürdigung
erhebt voraus,
die Einrede
der Verjährung.
Mit Erfolg ?die Kenntnis der den Anspruch begründenden
tatsächlichen Umstände. Ein Leiharbeitnehmer
BAG 17.12.2014 - 5 AZR 8/13
habe in diesem Sinne ausreichende Kenntnis
von dem Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt
nach § 10 IV AÜG, wenn er Kenntnis von der
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Fall: Verjährung von Equal Pay
576
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechtsträger: Ende
• Natürliche Personen
– Betreuung: Vermögensverwalter
– Tod:
Erbrecht: Gesamtrechtsnachfolge
– Insolvenz: Liquidation + Verteilung an Gläubiger,
Restschuldbefreiung Gemeinschuldner
• Handelsgesellschaften OHG + KG
– Beendigung und Liquidation
– Insolvenz
• Juristische Personen:
– Beendigung und Liquidation
– Insolvenz
577
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Insolvenz:
• Insolvenzgründe
– Zahlungsunfähigkeit
– Überschuldung
§ 17 InsO
§ 19 InsO
• Insolvenzantragspflicht, § 64 GmbHG:
– Geschäftsführer
– unverzüglich, spätestens nach 3 Wochen
• Ablauf:
– Insolvenzantrag: Fremd- oder Eigenantrag
– Vorläufige Insolvenz + -verwalter
– Insolvenz-Eröffnung: Vermögensabwicklung
und Gläubigerbefriedigung mit Quoten
– Beendigung: Löschung im Handelsregister
578
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Lohnpfändung gegen AN:
• Gläubiger des Arbeitnehmers:
– Anspruch gegen AN: Klage o. Mahnbescheid
– Vollstreckung aus Urteil:
Lohnpfändung
– Drittschuldner:
Arbeitgeber
• Pfändungsschutz:
– Absolut unpfändbare Bezüge, § 850 a ZPO
– Pfändungsgrenzen Arbeitseinkommen, 850 c ZPO
– Verschleiertes Arbeitseinkommen, § 850 h ZPO
• Mehrere Pfändungen /Abtretung: Prioritätsprinzip
• Arbeitgeber hat eigene Forderung gegen AN:
– Aufrechnung , §§ 387, 389 BGB wenn
– Gegenseitigkeit bei Zustellung der Lohnpfändung
579
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Insolvenz des Arbeitgebers:
• Arbeitsverhältnis besteht fort,
Kündigungsfrist für Insolvenzverwalter, § 113
Inso: 3 Monate, sofern nicht länger
• Bei Lohnausfall: Arbeitnehmer erhält für
letzten 3 Monate Insolvenzgeld, § 183 SGB III
• Arbeitgeber ist juristische Person:
– Nach Abwicklung des Vermögens
– Beendigung durch Löschung im
Handelsregister
• Juristische Person: Mit Verfahrenseröffnung
Löschung in Handelsregister
580
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Arbeitnehmer: Privat-Insolvenz
• Vollstreckungsschutz
• Gehaltsabtretung, pfändbarer Anteil:
für 6 Jahre Wohlverhaltensfrist
• Abschluss: Restschuldbefreiung
– Beschluss des Insolvenzgerichts
– Löschung im Schuldnerregister des Amtsgerichtes
bei Schufa fraglich?
• Änderungskündigung zur ArbeitszeitVerkürzung & Annahme durch AN: Wirksam
trotz § 81 InsO
BAG 20.06.2013 – 6 AZR 789/11
581
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Compliance: Anwendung aller
Rechtsvorschriften
Verstöße lauern überall: Schwerpunkte
•
•
•
•
Arbeitszeitgesetz:
Teilzeitbeschäftigte:
Allg. Gleichbehandlungsgesetz:
Arbeitnehmerüberlassung:
• Betriebsverfassungsrecht
• Datenschutz:
•
•
•
•
582
Arbeitsplatzsicherheit:
Fahren ohne Fahrerlaubnis:
Unfallverhütungsvorschriften:
Einkaufsabteilung
Pausen & Ruhezeiten
Gleichbehandlung
Diskriminierung
Abgrenzung Dienstoder Werkvertrag
Personalakte,
E- Mails weiterleiten
VDE
Auch Zulassen, § 20 StVG
Berufsgenossenschaft
Bestechlichkeit, § 299 StGB
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Rechtswege
& Rechtsmittel
583
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Arbeitsgerichtsgesetz
Klage zu den Arbeitsgerichten:
• Notwendige Bestandteile:
– Klageantrag konkret, z.B. Zahlungsantrag
– Begründung: Lebenssachverhalt mit allen
Tatbestandsvoraussetzungen Anspruchsgrundlage
• Erhebung
– Schriftlich: Selbst oder Rechtsantragsstelle
– Rechtsanwalt, ggf. Prozesskostenhilfe bei
• Bedürftigkeit
• Hinreichenden Erfolgsaussichten
• Hinweis an anwaltlich nicht vertretenen Partei
auf Prozesskostenhilfe, § 11 a Abs. 1 ArbGG
584
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Vortrags- und Beweislast
• Meist ist der Sachverhalt zwischen den
Beteiligten „streitig“.
• im Prozess Muss jeder die Voraussetzungen
seiner Kündigung / seines Anspruchs
– substantiiert vortragen und
– bei Bestreiten beweisen
• durch Urkunden, Zeugen & Sachverständige
• Falsche Angaben auf Lohnabrechnungen sind
kein Anerkenntnis
• Arbeitsrecht: Bei konkreten Behauptungen
des Arbeitnehmers muss Arbeitgeber die
Rechtfertigungsgründe widerlegen
• Häufig für Prozessausgang entscheidend!
585
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Abgestufte Vortrags-& Beweislast
Am Beispiel „Betriebsbedingte Kündigung“ § 1 II 2:
• Arbeitgeber:
• Dringende betriebliche Gründe & Sozialauswahl
• Freie Arbeitsplätzen, wenn Leiharbeitnehmer
eingesetzt:
BAG 15.12.2011 - 2 AZR 42/10
– Nicht nur vorrübergehend bei Belastungsspitzten, sondern
– Einsatz auf Arbeitsplatz mit ständig vorhandenem, nicht
schwankenden Sockelarbeitsvolumen
• Arbeitnehmer:
– Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit die
AG und AN objektiv möglich ist
– Muss konkret darlegen, wie er sich diese vorstellt.
• Erst dann muss AG eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht möglich war.
586
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Abgestufte Vortrags-& Beweislast
Bei „genesungswidrigem Verhalten“:
• Arbeitnehmer: Entschuldigung durch Arztattest
• Arbeitgeber:
• AN hat gefehlt und
• Entschuldigung widerlegen, z.B. Arztattest erschüttern
• Arbeitnehmer: Muss die behandelnde Ärzte von
Schweigepflicht entbinden & substantiiren,
• welche gesundheitlichen Einschränkungen
bestanden,
• Verhaltensregeln der Arzt gegeben hat,
• Medikamente und ihre Wirkungen
• Welche Arbeit nicht + welche Tätigkeit möglich war
• Arbeitgeber: Muss nur die behaupteten Entschuldigungen widerlegen
BAG 26.8.1993 – 2 AZR 154/93
587
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Erschütterung des Arztattestes
• Erkrankung angekündigt, z.B. nach
Urlaubsverweigerung
• Tätigkeit während Erkrankung
• Mit Belastung, die Erkrankung widerlegt
• Krankheit nur vorgetäuscht o. trotz Krankheit möglich
• Nachweis insbes. Detektiv, Internet, facebook
• Arbeitgeber trägt für Verweigerungs- und
Kündigungsgrund
• die Beweislast
• aber nur zur Widerlegung eines substantiierten
Arbeitnehmervortrages
588
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Befristung bei Betriebsrat
Frau Ber war vom 1.5.2007 bis 31.12.2008 bei
der Bundesagentur für Arbeit befristet gem. §
14 I Nr.1 TzBfG als Arbeitsvermittlerin tätig. Vom
1.1.2009 bis 31.12.2010 war sie sachgrundlos
befristet für den Kreis W in der ARGE tätig. Ihr
Arbeitsplatz änderte sich nicht. blieb BR mit
den 3. - meisten Stimmen in den in den 5 –
köpfigen Betriebsrat gewählt. Am 15.01.2012
erhebt BR Entfristungs- Klage auf Feststellung,
dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Hat die Entfristungsklage Erfolg?
BAG 04.12.2013 – 7 AZR 290/12 und 25.06.2014 - 7 AZR 847/12
589
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Befristung bei Betriebsrat
1. Befristungskontrollklage: Befristung bis 2 Jahre
ist wirksam, § 14 II TzBefG. Die
Vorbeschäftigung bei der Bundesanstalt =
anderer Arbeitgeber steht nicht entgegen.
2. Anspruch auf Abschluss eines Anschlussarbeitsvertrages, sofern Grund der Verweigerung im
Betriebsratsamt liegt: Benachteiligungsverbot,
§ 78 Abs. 2 BetrVG
Beweislast:
a) Für unzulässige Benachteiligung trägt grds.
der Arbeitnehmer
b) BAG: Legt AN aber Indizien dar, die für eine
Benachteiligung sprechen, muss AG sich hierauf
konkret einlassen und die Indizien ggf. entkräften
(sekundäre Darlegungs- & Beweislast)
590
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Bezahlung Überstunden: Darlegungs+ Beweislast des Arbeitnehmers
• Vereinbarung o. „Vergütungserwartung“ des AN im
Normalarbeitsverhältnis nach der Verkehrssitte
BAG 27.06.2012 – 5 AZR 530/11
• Konkretisierung der
– Arbeitszeiten: Beginn und Ende angeben
– Erbrachten Arbeitsleistungen: Allgemein beschreiben
• AG muss sich Mehrarbeit nicht aufdrängen lassen:
Anordnung: Wer, wann, auf welche Weise ausdrücklich
Konkludent: Arbeit nur durch Überstunden zu bewältigen
Duldung:
Hinnahme ohne Vorkehrung zum Abstellen
Billigung:
Nachträgliche Einverständnis,
z.B. Abzeichnen Stundenaufstellung
• Nicht bei Recht zu privaten Verrichtungen in Arbeitszeit
•
•
•
•
BAG 10.04.2013 – 5 AZR 122/12
591
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Wegfall Hierarchieebene Vortragslast AG
• Unternehmerische Entscheidung: Überprüfung ArbG
– Nicht auf sachliche Rechtfertigung o. Zweckmäßigkeit
– Nur ob offensichtl. unsachlich, unvernünftig o. willkürlich
• Organisationsentscheidung & Kündigungsentschluss
deckungsgleich: AG muss Entscheidung verdeutlichen
– organisatorischer Durchführung
– zeitlicher Nachhaltigkeit
• Abbau Hierarchieebene o. Streichung ein Arbeitsplatz
– Darstellung der Auswirkungen der unternehmerischen
Vorgaben + Planungen auf das erwartete
Arbeitsvolumen Anhand einer schlüssigen Prognose
– Angabe, wie die anfallenden Arbeiten vom
verbliebenen Personal im Rahmen ihrer
vertragsmäßigen Leistungen erledigt werden können.
BAG 24.05.2012 - 2 AZR 124/11
592
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Klausur- Aufbau: Anspruch A gegen B
• Gutachten: Anspruchsgrundlage
Prüfung Tatbestandsvoraussetzungen
„B könnte A gem. § 823 BGB zur Zahlung von
Schadensersatz verpflichtet sein.“
– B hat A verletzt
– B könnte gerechtfertigt sein.
– B müsste schuldhaft gehandelt haben.
• Urteil:
– Ergebnis vorweg
– Begründung: Aufbau wie Gutachten, jedoch
„B handelte auch rechtswidrig.“
593
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Arbeitsgerichtsgesetz:
Arbeitsgerichte:
• Güteverhandlung: Vorsitzender - allein
• Kammersitzung:
- mit zwei Schöffen
- Laien Arbeitgeber + Arbeitnehmer
Berufung zum Landesarbeitsgericht:
Tatsachen- + Rechtsinstanz
Vertretung durch Rechtsanwalt
Revision zum Bundesarbeitsgericht:
Nur Rechtsfragen
594
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Arbeitsgerichte: Verfahrensarten
1. Urteilsverfahren, §§ 2, 46 ArbGG:
a) Klagen aus Arbeitsverträgen auf Leistung, insbes.
Zahlung oder Wirksamkeit einer Kündigung
b) Örtliche Zuständigkeit: Gewöhnlicher Arbeitsort
c) 1. Instanz: Jeder trägt seine Kosten selbst, § 12 a
d) Verfahren: Güteverhandlung & Kammersitzung
2. Beschlussverfahren, §§ 2a, 80 ArbGG:
a) Betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten
b) Amtsermittlung, § 83 ArbGG
3. Einstweilige Verfügung:
a)Verfügungsanspruch
b)Verfügungsgrund: Endgültiger Rechtsverlust droht
595
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Kündigungsschutzprozess
• Kündigungsschutzklage: Hemmung
– Hemmung der Verfallfrist für davon abhängige
Lohnansprüche bis rkr. Entscheidung
– Nicht jedoch der Verjährungsfrist, BAG 2014
• Urteil: Bei Unwirksamkeit der Kündigung
– Annahmeverzug des Arbeitgebers, § 615 BGB:
schuldet Lohnzahlung ohne Arbeit
• Vergleich:
– Beendigung Arbeitsverhältnis
– Abfindung AN für Verlust des sozialen Besitzstandes,
§§ 9, 10 KSchG:
Faustformel: Pro Jahr Betriebszugehörigkeit
0,5 Monatsgehalt
596
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Anfechtung Prozessvergleich
Kündigung+ Abfindungsvergleich 8. Juni 2009 55.000 €.
Insolvenzantrag AG 9. Juni 2009 AG zahlt nicht. AN ficht
Vergleich an.
Ist das Arbeitsverhältnis wirksam beendet?
1. Rechtsnatur Prozessvergleich
2. Nichtigkeit gem. §§ 134, 138 BGB
3. Anfechtung:
a) Erklärungs- oder Inhaltsirrtum
b) arglistige Täuschung, § 123 BGB: Bei Kenntnis von
der Vorbereitung des Insolvenzantrages
4. Wesentliche Änderung der Geschäftsgrundlage, § 313
BGB
BAG 11.07.2012 - 2 AZR 42/11
597
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Rechtskraft
• Endgültigkeit richterlicher Entscheidungen
Ziel: Rechtsfrieden und Rechtssicherheit
• Urteile sind abschließend und endgültig
– zwischen den Parteien
– im Hinblick auf Streitgegenstand
• Streitgegenstand: Sozialwirksamkeit einer
„ordentlichen betriebsbedingten
Kündigung“:
Verbot einer Wiederholungskündigung bei
identischem Kündigungssachverhalt
BAG 20.12.2012 – 2 AZR 867/11
598
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Arbeitnehmerähnliche Personen:
• Arbeitsrechtliche Bestimmungen grds.
nicht anwendbar
• Ausnahmen:
– § 5 ArbGG:
– § 2 BUrlG:
Rechtsweg ArbeitsG
Urlaubsanspruch
Leitende Angestellte
• Betriebsverfassung: Sprecherausschussgesetz
• Tarifrecht, § 12 a TVG:
599
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Geschäftsführer Sozialversicherung
Grundsatz: Der Geschäftsführer einer GmbH ist
bei der von ihm vertretenen GmbH abhängig
beschäftigt.
Ausnahmen:
• Gesellschafterstellung:
– Mehrheit , 50 % oder Sperrminorität in allen
wesentlichen Angelegenheiten
– Alleinige Fachkompetenz
– Risiko wie selbständiger Gewerbetreibender, z.B.
Gesellschafterdarlehen / Bürgschaft
• Handhabung wie Arbeitsverhältnis:
– Arbeitszeiten
– Urlaub: Absprache / Festlegung
– Lohnfortzahlung bei Krankheit
600
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Geschäftsführer: Rechtsweg
GmbH-
• Geschäftsführer in Doppelfunktion:
• Arbeitsvertrag & -verhältnis
• Organ Geschäftsführer : Bestellung durch
Gesellschafterversammlung:
§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG: Rechtsweg zum Landgericht
• Abberufung als Geschäftsführer:
• Rechtsweg zum Arbeitsgericht:
– Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 endet: § 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG
– Klageansprüche nur aus Arbeitsvertrag möglich
• Grundlegendes Arbeitsverhältnis lebt wieder auf:
– Kündigung erforderlich
– Kündigungsschutzklage möglich
601
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Rechtsmittel-Sozialgerichtsgesetz
• Bescheid LVR: mit Rechtsmittelbelehrung
• Widerspruch binnen eines Monats, §§ 83 ff SGG
• Durch Arbeitgeber gegen Ablehnung
Behinderten gegen Zustimmung
• Keine aufschiebende Wirkung, § 88 IV SGB IX:
– Bei Zustimmung Kündigung
– ggf. Kündigungsschutzprozess parallel
• Widerspruchsbescheid
• (Anfechtungs-) Klage zum Sozialgericht:
• Jeweils Innerhalb Monatsfrist
• Berufung
zum Landessozialgericht
• Revision
zum Bundessozialgericht (Kassel)
602
Arbeitsrecht im Betrieb
Arbeitgeber
§ 164
Vollmacht
In fremdem Namen
Vertreter
603
0S
Arbeitnehmer