Handout Handeln unter Druck T. Bürger

Handeln unter Druck
Dr. Thomas Bürger
3 Impulse und eine Frage
• Handeln unter Druck
• Technologiedefizit
• Pädagogische Antinomien
• Was nehme ich mit?
Dr. Thomas Bürger
Seite 2
Handeln unter Druck
Ulrich Oevermann (1999):
„Entscheiden müssen, obwohl ein begründetes
Urteil nicht getroffen werden kann.“
Dr. Thomas Bürger
Seite 3
3 Impulse und eine Frage
• Handeln unter Druck
• Technologiedefizit
• Pädagogische Antinomien
• Was nehme ich mit?
Dr. Thomas Bürger
Seite 4
Technologiedefizit
„Es
kann nie eine Liste
kontrollierbarer Bedingungen geben,
mit deren Hilfe sich Unterricht
steuern ließe.“
Fried, Lilian (2002) Pädagogisches
Professionswissen und Schulentwicklung. Weinheim/
München.
Dr. Thomas Bürger
Seite 5
3 Impulse und eine Frage
• Handeln unter Druck
• Technologiedefizit
• Pädagogische Antinomien
• Was nehme ich mit?
Dr. Thomas Bürger
Seite 6
Pädagogische Antinomien nach Werner Helsper
• Zivilisierungsparadox = (Nähe vs. Distanz)
• Pluralisierungsparadox = (Differenzierung vs.
Einheit)
• Rationalisierungsparadox = (Organisation vs.
Interaktion)
• Individualisierungsparadox = (Zwang vs. Freiheit)
Dr. Thomas Bürger
Seite 7
Zivilisierungsparadox =
(Nähe vs. Distanz)
Kind als Subjekt
Emotionale, partikularistische
Haltung
Kind als Teil einer Gruppe
Universalistische
Selektionsorientierung
Martin Wagenschein:
Andreas Gruschka:
Die erste und wichtigste Tugend des
Lehrers sei, dass er Kinder mag,
dass er sie „gern habe“, „sowohl
wenn sie als Teufel auftreten, wie
wenn sie als Engel erscheinen“.
(Wagenschein 1988, S. 19f.)
Je deutlicher die Schule unter dem
Signum von Chancengleichheit eine
umfassende, universalistische,
gerechte Gleichbehandlung
durchsetzt … (desto mehr braucht
es eine) „gleich-gültige Haltung“ des
Lehrers …,, (die) „bürgerliche Kälte“
verbreitet. (Gruschka 1994)
Dr. Thomas Bürger
Seite 8
Pluralisierungsparadox =
(Einheit vs. Differenzierung )
Gemeinschaft, kulturelle Einheit
Unbestimmheit, Heterogenität,
Vielfalt
Hermann Nohl
Winfried Marotzki
Die Aufgabe der Pädagogik ist es, je
„zerspaltener“ das soziale Leben ist,
„ein einheitlich geformtes Leben in
den Individuen zu erreichen“. (Nohl
1988, 178)
„Bildung sei nicht nur passiv,
sondern aktiv (sich selbst bildend),
sie sei vor allem offen, sei eine
Suche nach Wissen und den
Methoden, Erfahrungen zu prüfen.
Bildung beinhaltet prinzipiell die
Einsicht in die Relativität und die
grundsätzliche Revidierbarkeit von
Wissen, vermittle gleichsam ein
Gespür für die Zeitlichkeit von
Wissen und von Orientierungen.
(Marotzki 1988, 312)
Dr. Thomas Bürger
Seite 9
Rationalisierungsparadox = (Interaktion vs.
Organisation)
Innovation
Soziale Struktur
Zeidler
Karl-Oswald Bauer
„Für die äußere Gestaltung der
Verhältnisse ist allein die innere
Notwendigkeit der einzelnen Gruppe
und des einzelnen Menschen
notwendig!“
„So verstand es sich für uns z.B. von
selbst, dass eine für alle
verbindliche Pausenordnung nicht
aufgestellt wurde. Wir sagen uns:
Eine Pause hat nur dann einen Sinn
und Wert, wenn in der Arbeit einer
Gruppe eine Ermüdung, ein
Bedürfnis nach Erholung eingetreten
ist“. (Zeidler 1926, 23)
„Fehlt eine solche Struktur, werden
Unruhe , Disziplinprobleme und
Chaos wahrgenommen.“
• Regeln entwickeln
• Soziale Bindungen fördern
• Großgruppen anleiten
• Kleingruppen anleiten
• … (Bauer 2005)
Dr. Thomas Bürger
Seite 10
Individualisierungsparadox
= (Autonomie vs. Heteronomie)
Freiheit
Zwang
Immanuel Kant
„Eines der größten Probleme der Erziehung ist, wie man die Unterwerfung
unter den gesetzlichen Zwang mit der Fähigkeit, sich seiner Freiheit zu
bedienen, vereinigen könne. Denn Zwang ist nötig. Wie kultiviere ich die
Freiheit bei dem Zwange? Ich soll meinen Zögling gewöhnen, einen Zwang
seiner Freiheit zu dulden und ich soll ihn selbst zugleich anführen, seine
Freiheit gut zu gebrauchen. […] Er muss früh den unvermeidlichen
Widerstand der Gesellschaft fühlen, um die Schwierigkeit, sich selbst zu
erhalten, zu entbehren, und zu erwerben, um unabhängig zu sein, kennen
zu lernen“. (Kant 1978, 711)
Dr. Thomas Bürger
Seite 11
3 Impulse und eine Frage
• Handeln unter Druck
• Technologiedefizit
• Pädagogische Antinomien
• Was nehme ich mit?
Dr. Thomas Bürger
Seite 12
Was nehme ich mit?
Menschen unter Druck
denken nicht schneller.
Tom DeMarco
Dr. Thomas Bürger
Seite 13
Literatur
Bauer, Karl-Oswald (2005) Pädagogische Basiskompetenzen. Theorie und Training. Weinheim/München
Helsper, Werner (1993) Antinomien des Lehrerhandelns in modernisierten pädagogischen Kulturen.
Paradoxe Verwendungsweisen von Autonomie und Selbstverantwortlichkeit. Aus: Combe, Arno und Werner
Helsper (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handels.
Frankfurt a. M. (S. 521-569)
Gruschka, Andreas (1994) Bürgerliche Kälte und Pädagogik. Münster.
Kant, Immanuel (1978) „Über Pädagogik“. In: ders.: Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie,
Politik und Pädagogik. 2. Werksausgabe, Band XII. Frankfurt. S. 695-767
Nohl, Hermann (1988) Die pädagogische Bewegung in Deutschland und ihre Theorie. Frankfurt a.M.
Marotzki, Winfried (1988): Bildung als Herstellung von Bestimmtheit und Ermöglichung von
Unbestimmtheit. In:
Diskurs Bildungstheorie. Weinheim. S. 311-333
Oevermann, Ulrich (1993) Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten Handelns.
Aus: Combe, Arno und Werner Helsper (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum
Typus pädagogischen Handels. Frankfurt a. M., S. 70-182.
Storch, Maja/ Krause, Frank (2003) Selbstmanagement- ressourcenorientiert. Grundlagen und
Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Züricher Ressourcen Modell. Bern Göttingen Toronto Seattle.
Wagenschein, Martin (1988) Naturphänomene sehen und verstehen. Genetische Lehrgänge. Stuttgart.
Wahl, Diethelm (2005) Lernumgebungen erfolgreich gestalten. Vom trägen Wissen zum kompetenten
Handeln. Bad Heilbrunn.
Zeidler, Kurt (1929) Die Wiederentdeckung der Grenzen. Jena.
Dr. Thomas Bürger
Seite 14
Anhang
Dr. Thomas Bürger
Seite 15
Handeln unter Druck
„Eine erste weit geteilte Meinung ist, man könne Handeln nur
durch Praktizieren lernen. Das führt als Fehlform zum Üben,
Trainieren und Erproben ohne die notwendigerweise dazu
gehörenden Problemlöse-Prozesse.
Die andere weit geteilte Meinung ist, man könne das hohe
reflexive Niveau, das bei der subjektiven Auseinandersetzung mit
wissenschaftlichem Wissen erreicht wird, auch beim alltäglichen
Handeln bewahren. Das führt als Fehlform zum bekannten
Phänomen des „trägen Wissens“, das beim Handeln unter Druck
nicht nutzbar gemacht werden kann.“
Wahl, Diethelm (2005) Lernumgebungen erfolgreich gestalten. Vom trägen
Wissen zum kompetenten Handeln. Bad Heilbrunn.
Dr. Thomas Bürger
Seite 16
Handeln unter Druck
„Wenn ein Mensch dafür gesorgt hat, dass für die neu entwickelte
Zielintention präzise Ausführungsintentionen geplant und genügend
Gelegenheit zum Aufarbeiten der Vergangenheit (Priming)
hergestellt wurden, dann sollte er in der Lage sein, endgültig mit
dem zielrealisierenden Handeln zu beginnen.
Trotzdem kann es immer noch geschehen, dass in bestimmten
Situationen die Ausführung der gewünschten Handlung nicht
gelingt. Dies ist vor allem in solchen Situationen der Fall, die
überraschend und nicht vorhersehbar eintreten.“
Storch, Maja/ Krause, Frank (2003) Selbstmanagementressourcenorientiert. Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit
dem Züricher Ressourcen Modell. Bern Göttingen Toronto Seattle.
Dr. Thomas Bürger
Seite 17