Südbayernplan Statement Peter Driessen

Rede
von
Peter Driessen
Hauptgeschäftsführer
der
IHK für München und Oberbayern
anlässlich des Pressegesprächs
zur Vorstellung des Gutachtens der IHK Schwaben
„Erweiterter Wirtschaftsraum Augsburg –
Eine Positionsbestimmung“
am 16.12.2015, 11:00 Uhr,
IHK Schwaben,
Stettenstraße 1 + 3, 86150 Augsburg
Pressegespräch zur Vorstellung der Wachstumsstudie der IHK Schwaben
„Wachstum im erweiterten Wirtschaftsraum Augsburg“ am 16.12.2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Wirtschaftsraum Augsburg und der Großraum München
stehen als Nachbarn in engem Bezug. Deswegen bin ich
froh, heute als Vertreter der IHK für München und Oberbayern mit meinem Amtskollegen von der IHK Schwaben
sowie Vizepräsident Finkenbeiner diese Verbindung der
Wirtschaftsräume zu unterstreichen. Wir haben die gemeinsame Aufgabe, das Wachstum von Bevölkerung und Wirtschaft in ganz Südbayern erfolgreich zu managen. Nur so
können wir die Stärke unserer Region sichern.
Aus Sicht der IHK München sind die folgenden beiden Thesen zentral:
1. München ist und bleibt der „Motor der bayerischen
Wirtschaft“. Ohne die Rolle Münchens als wichtigstem
Ballungszentrum Bayerns wäre der wirtschaftliche Erfolg
ganz Bayerns nicht möglich gewesen. Als Landeshauptstadt und größte Stadt Bayerns hat München viele Strukturvorteile. Die breit aufgestellte Wirtschaft zieht hochqualifizierte Arbeitskräfte an. Als Zentrum der Bildung und
Forschung ist München eine Hochburg für Innovationen.
Die Wirtschaftskraft und Dynamik Münchens strahlt auf
die benachbarten Wirtschaftsräume aus.
2. Eine Planwirtschaft der Regionen funktioniert nicht.
Weil das Wachstum in Bayern nicht in allen Regionen
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„Wachstum im erweiterten Wirtschaftsraum Augsburg“ am 16.12.2015
gleich verteilt ist, führt die starke Position des Großraums
München oft zu planwirtschaftlichen Überlegungen. Doch
die Theorie des portablen Wachstums – ich nehme hier
etwas Wachstum weg, um es woanders einzufügen –
funktioniert in der Praxis nicht. Den Großraum München
für sein Wachstum zu bestrafen, ist in höchstem Maße
widersinnig. Konzepte zur Stärkung des ländlichen Raums
müssen dazu führen, nicht Bayern unabhängiger von
München zu machen, sondern in seinen Verflechtungsstrukturen insgesamt zu stärken. Was wir brauchen, ist
deswegen ein Südbayern-Plan, der die speziellen Bedürfnisse des größten bayerischen Wirtschaftsraums zwischen Augsburg und Passau aufgreift. Die Politik muss
Lösungen entwickeln, die das erwartete Wachstum unterstützen und flankieren – und nicht behindern!
Meine zentrale Aussage heute ist: Wir müssen in Funktionsräumen denken und agieren – und nicht in politischen Grenzen. Der Großraum München ist für seine zukünftige
Entwicklung auf seine Nachbarregionen Schwaben und Niederbayern angewiesen. Für uns ist es nicht relevant, ob sich
Fachkräfte hier oder dort ansiedeln, Firmen diesseits oder
jenseits des Lechs, entlang des Inns oder der Donau expandieren. Wichtig ist vielmehr, dass sie ihre Zukunft in Südbayern sehen.
[Übergabe an Herrn Saalfrank zur Vorstellung der Studienergebnisse]
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„Wachstum im erweiterten Wirtschaftsraum Augsburg“ am 16.12.2015
Handlungsempfehlungen
Wie Herr Saalfrank und Herr Professor Finkbeiner bereits
aufgezeigt haben, sind die Regionen Schwaben und München eng miteinander verzahnt. Zum gleichen Ergebnis
kommt eine Studie der Verflechtungsstrukturen Niederbayerns, die im Auftrag der IHK Passau bereits vor rund eineinhalb Jahren erstellt wurde. Deswegen gelten die heute von
uns vorgestellten Handlungsempfehlungen für die ganze
Region Südbayern.
Die drei wichtigsten Felder, in denen der Handlungsdruck
am größten ist, sind:
1. Gewerbeflächen
2. Wohnungsbau
3. Verkehr.
Im Einzelnen: Für ihr Wachstum benötigen Betriebe ausreichend Expansionsflächen. Vor allem in und um München
sind solche Expansionsflächen sehr knapp. Die IHKs in
Südbayern unterstützen die Firmen durch eine Standortberatung, die die gesamte Region im Blick hat und sich an den
Bedürfnissen der Betriebe ausrichtet. Die IHKs gehen auf
Landkreise und Kommunen zu und setzen sich dafür ein,
dass passende Gewerbeflächen ausgewiesen werden.
Wir brauchen aber auch mehr Wohnungen. Denn ohne bezahlbaren Wohnraum werden die benötigten Fachkräfte
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nicht nach Südbayern kommen. Schon heute verlangsamt
dieser Flaschenhals das Wachstum ungemein. 42 Prozent
der Unternehmen in Oberbayern geben an, dass sie Stellen
langfristig nicht besetzen können. In der Region München
fehlen aktuell 45.000 Fachkräfte. Demografiebedingt ist auch
in den nächsten 15 Jahren von einer erheblichen Steigerung
dieser Fachkräftelücke auszugehen. Der Flüchtlingsstrom
verstärkt den Druck auf den Wohnungsmarkt, vor allem in
wirtschaftlich starken Regionen wie Südbayern.
Auch hier treten die IHKs Schwaben, München und
Oberbayern sowie Niederbayern in den Dialog mit Landkreisen, Städten und Kommunen. Wir informieren und sensibilisieren die Bürger und Politiker für die Schaffung von
Bauland. Wachstum darf in der politischen Diskussion kein
Schimpfwort sein!
Zusätzlich kann die Politik an einer Reihe von Stellschrauben drehen: Wir fordern, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau in Bayern von 380 auf mindestens 600 Millionen
Euro pro Jahr aufzustocken. Wir brauchen auch mehr private
Investitionen. Dazu muss die Mietpreisbremse zurückgenommen werden, denn sie ist Gift für den privaten Wohnungsbau und verschärft den Wohnraummangel. Aktuell
wird diskutiert, das Mietniveau nicht mehr auf Basis der letzten vier Jahre, sondern über den Durchschnitt von 10 Jahren
festzulegen. Das verschärft das Problem noch mehr.
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„Wachstum im erweiterten Wirtschaftsraum Augsburg“ am 16.12.2015
Damit schneller gebaut werden kann, verlangen die IHKs die
Einführung einer Genehmigungsfiktion. Wenn innerhalb einer Frist von drei Monaten keine Entscheidung über einen
Bauantrag getroffen wird, gilt die Baugenehmigung als erteilt. Baukostensteigerungen durch die zunehmende Regelungswut müssen begrenzt werden. Dazu wünschen wir uns
beispielsweise das Aussetzen der Energieeinsparverordnung 2016, denn allein dadurch steigen die Baukosten laut
Expertenmeinung um neun Prozent.
Auch die Verkehrsinfrastruktur in Südbayern ist durch das
Wachstum schon längst an ihre Belastungsgrenzen gestoßen. Mit der Initiative „Busse nach Berlin“ haben wir unlängst
gemeinsam aufgezeigt, welche Projekte Südbayern braucht.
Regional wichtige Maßnahmen im Schienenverkehr sind
zum Beispiel die ICE-Trasse Augsburg-Ulm und MünchenMühldorf-Freilassing als Teil des EU-TEN-Korridors „RheinDonau“, aber auch der Brenner-Nordzulauf.
Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wird angesichts
der Bevölkerungszunahme nur funktionieren, wenn die 2.
Stammstrecke der S-Bahn in München als zentraler Baustein steht. Die Konzepte für einen Tarifraum MünchenAugsburg-Landshut durch die Erweiterung des MVV-Gebiets
sind schon weit vorangeschritten. Unsere Forderung ist und
bleibt: Eine Fahrkarte muss im gesamten südbayerischen
Großraum in Bahnen, Trams oder Bussen gelten.
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Pressegespräch zur Vorstellung der Wachstumsstudie der IHK Schwaben
„Wachstum im erweiterten Wirtschaftsraum Augsburg“ am 16.12.2015
Das Straßennetz muss an die stetig wachsende Nutzung
angepasst werden, etwa die stark ausgelastete Ringautobahn A 99 West und Nord, die A 8 Rosenheim-Salzburg, die
B 15 neu sowie die A 94, damit München endlich lückenlos
mit Passau verbunden ist. International bedeutend ist der
Bau der 3. Startbahn am Flughafen München sowie eine
bessere Anbindung des Flughafens an die Schienennetze. In
diese Maßnahmen müssen Investitionen gelenkt werden,
damit Südbayern sein Wachstum erfolgreich managen kann.
Unser Wirtschaftsraum steht vor vielen Herausforderungen.
Wir können diese nur meistern, wenn sich die Akteure über
die – für die Wirtschaft ohnehin unerheblichen – Gebietsgrenzen eng vernetzen und ihre Stärken bündeln. Die drei
IHKs Schwaben, München und Oberbayern sowie Niederbayern tun dies im engen Schulterschluss.
10.12.2015
III-Schc/odm
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