Ausgabe 34 | September 2015 BLICKPUNKT BETHLEHEM Die Zeitschrift für Freunde der Kinderhilfe Bethlehem. Neuigkeiten aus Bethlehem und der Region. »N eue Präsidentin: Nächstenliebe, die Spuren hinterlässt » Hilfe in grösster Not » E in Fest für Hassan » S eit 22 Jahren im Caritas Baby Hospital Das Caritas Baby Hospital hinterlässt Spuren: Allein im vergangenen Jahr wurden hier über 38 000 Kinder behandelt. Editorial NÄCHSTENLIEBE, DIE SPUREN HINTERLÄSST Das Caritas Baby Hospital ist ein Symbol für das Leben in Fülle, das allen Menschen versprochen ist Was treibt dich an, das Amt der Präsidentin der Kinderhilfe Bethlehem zu übernehmen? Diese Frage wurde mir in den vergangenen Monaten und Wochen oft gestellt. Was würde Sie antreiben? Warum sind wir überhaupt Christen? Der Antworten sind viele, nicht wahr? Weil wir von Gottes Gegenwart und seinem Wirken in der Welt überzeugt sind? Weil wir überzeugt sind, dass Jesus Christus Menschen zu befreitem Leben führt, zu Leben in Fülle? Vor Jahren war ich mit einer Pilgergruppe auf dem Ölberg in Jerusalem. Da zeigte uns der Reiseführer die Fussabdrücke, die Jesus hinterlassen haben soll, als er in den Himmel aufgefahren ist. Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich daran denke. Was im ersten Augenblick ein Lächeln auslöst, führt bei weiterem Nachdenken in die Tiefe. Jesus Christus hat durch sein Wirken Spuren hinterlassen. Ein Wirken, das vorbehaltslos allen Menschen zu Gute kommen will. Dieser Spur versuchen wir zu folgen und setzen mit unserem Tun eigene Wegmarken. Wie könnten wir sonst uns Christen nennen? Als Präsidentin der Kinderhilfe Bethlehem möchte ich nicht nur der Spur Jesu folgen, sondern auch den Spuren, die so viele Menschen vor mir in ihrer Sorge um die Kinder und Mütter in Bethlehem und im ganzen Heiligen Land gelegt haben. Ich denke an Pater Ernst Schnydrig, der eine Vision des Lebens in Fülle für alle hatte. Ich denke an Hedwig Vetter und den Arzt Antoine Dabdoub, die ihn inspirierten und als Erste uneigennützig mithalfen an der Vision Schnydrigs zu bauen. Sichtbare Fussabdrücke Ich denke an das Personal im Caritas Baby Hospital, an engagierte Menschen in der Kinderhilfe Bethlehem und an die Spenderinnen und Spender, die es erst möglich machen, dass unser Fussabdruck in der heutigen Zeit sichtbar wird. Ein Fussabdruck zwischen Mauern und Checkpoints oder im heissen Wüstensand, immer aber ist er ein Abdruck der Liebe. Ich bin froh, dass ich den Weg nicht neu suchen muss, sondern dass die Spuren zahlreich sind. So wie schon alle Präsidentinnen und Präsidenten vor BLICKPUNKTBETHLEHEM 2|3 mir werde ich allerdings auch versuchen, neue Wege zu finden, wo alte ausgetreten oder überwachsen sind. Man trägt weiter wovon man überzeugt ist. Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir ein bisschen von dem "Leben in Fülle", das uns verheissen ist, jetzt schon anbrechen lassen können. Dafür will ich einstehen mit meiner Stimme und meinen Fähigkeiten im Dienst der Kinderhilfe Bethlehem Familie. Ihre Sibylle Hardegger, Präsidentin Kinderhilfe Bethlehem Paul Rutz übergibt das Ruder an die neue Präsidentin der Kinderhifle Bethlehem Sibylle Hardegger. Präsident Paul Rutz verabschiedet sich Nach 15 Jahren im Vorstand und Präsidium der Kinderhilfe Bethlehem hat sich Pfarrer Paul Rutz aus Altersgründen an der diesjährigen Generalversammlung nicht mehr zur Wiederwahl gestellt. Die Mitglieder dankten ihm herzlich und ernannten ihn zum Ehrenmitglied. Während seiner Vorstands- und Präsidiumstätigkeit hat sich das Caritas Baby Hospital enorm entwickelt. Zu kirchlichen Organisationen hielt Paul Rutz ebenso Kontakt wie zu den vielen Menschen, die er für das Caritas Baby Hospital immer wieder begeistern konnte. Die Kinderhilfe Bethlehem ist ihm zu grossem Dank verpflichtet. Im vergangenen Jahr konnten auf der Intensivstation 267 Kinder behandelt werden. Intensivstation HILFE IN GRÖSSTER NOT Seit zwei Jahren rettet das Caritas Baby Hospital auf der neuen Intensivstation Leben Vor über 60 Jahren musste Pater Ernst Schnydrig miterleben, wie Kinder in Bethlehem starben, weil es keine stationäre Versorgung für sie gab. In einer spontanen Reaktion gründete er das Caritas Baby Hospital. Heute zeigt sich die Situation in und um Bethlehem weniger dramatisch. Doch noch immer leiden viele Menschen unter Armut. Während sich auch die medizinische Grundversorgung deutlich verbessert hat, fehlt es an Spezialisierungen, die für eine moderne Medizin unabdingbar sind. Darum hat die Kinderhilfe Bethlehem vor zwei Jahren eine Intensivstation eröffnet, die Neugeborenen und Kindern in grösster Not hilft. Ein gutes medizinisches Angebot kann über Leben und Tod entscheiden. "Die Intensivstation gibt uns die Möglichkeit, Kinder in kritischen Situationen zu stabilisieren. Damit gewinnen wir die Zeit, die wir für eine medikamentöse Behandlung benötigen", erklärt Dr. George Juha, Leiter der Intensivstation. Wie dringend die sieben Betten der Station benötigt werden, dokumentieren die 267 Notfälle, die Dr. George und sein Team allein im vergangenen Jahr behandelt haben. Als besonders wertvoll hat sich die künstliche Beatmung erwiesen. In Palästina ist die Zahl der Neugeborenen mit organischen Fehlbildungen hoch. Wenn die Lun- ge bei der Geburt nicht richtig ausgebildet ist, kann allein eine Beatmungsmaschine das Kind am Leben erhalten. Nur so bekommen die Ärzte überhaupt die Chance zu helfen. Auch beim kleinen Hassan, der fast drei Monate zu früh auf die Welt kam, hat die Beatmungsmaschine dafür gesorgt, dass er stabilisiert werden und zu Kräften kommen konnte (siehe Kasten). Im Notfall schnelle Hilfe Oft sind es auch Infektionen, die Neugeborene oder Kleinkinder so stark belasten, dass ihr Körper zusammenbricht. Sie kommen als Notfall in die ambulante Klink und werden vom behandelnden Arzt sofort auf die Intensivstation überwiesen. "Dort können wir die grundlegenden Körperfunktionen unterstützen, um die Infektion anschliessend mit Medikamenten zu bekämpfen", erklärt Dr. George. Aber nicht immer gewinnen die Ärzte. Das gesamte Team im Caritas Baby Hospital muss sich seit Eröffnung der Intensivstation stärker als früher mit dem Sterben von Patienten auseinandersetzen. "Ich bin sehr froh, dass ich in unserer Ethik-Kommission mitarbeite. Dort sprechen wir mit Personen unterschiedlichen Hintergrunds über Leben, Sterben und das Beste für unsere Patienten", sagt Jihad Al-Yateem. Die BLICKPUNKTBETHLEHEM 4|5 ihnen zu erklären, was gerade passiert. "Wir zeigen den Eltern damit, wie sie Anteil nehmen und ihren Kindern Kraft geben können. Das schenkt ihnen in dieser schwierigen Zeit wieder Hoffnung", so Jihad Al-Yateem. Pflegedienstleiterin der Intensivstation ist sich der Verantwortung, die sie bei ihrer Arbeit für die Patienten, aber auch für die Angehörigen hat, bewusst. Wenn Eltern vor Sorge wie gelähmt sind, sprechen die Pflegerinnen sie immer wieder bewusst an, um Gute Vorbereitung zahlt sich heute aus Die Gründung einer Ethik-Kommission war nur eine der vielen Vorbereitungen auf dem Weg zur neuen Intensivstation. Dr. George konnte ein Jahr lang auf der Intensivstation der renommierten HadassahKlinik in Jerusalem mitarbeiten. Von seinem Fachwissen und seiner Erfahrung profitiert nun das ganze Ärzteteam. Das Pflegepersonal hat in Kliniken in Padua und Genua gearbeitet, um für den Alltag auf der Intensivstation vorbereitet zu sein. Und im Caritas Baby Hospital haben sich alle Abteilungen mit Schulungen auf die neuen Herausforderungen so gut vorbereitet, dass von Beginn an erfolgreich gearbeitet werden konnte. Schon früh stand fest: Die Intensivstation ist ein weiterer Meilenstein, um den Kindern und Müttern von Bethlehem auch in grösster Not beizustehen. Ein Fest für Hassan Hassan wog gerade mal 900 Gramm, als er fast drei Monate zu früh auf die Welt kam. Zu wenig, um zu überleben, befanden die Ärzte im staatlichen Krankenhaus. Seine einzige Chance sei ein Bett auf der Neugeborenen-Intensivstation im Caritas Baby Hospital. Dort kämpfte er so zäh und tapfer um sein Leben, dass er die Herzen aller Mitarbeitenden gewann. Sie fieberten mit, als das unterstützende Beatmungsgerät abgestellt wurde und Hassan selbständig zu atmen begann. Für jedes Gramm, das der Junge zulegte, gab es Applaus. Als er zum ersten Mal Milch saugte, jubelten alle. Nach drei Monaten konnte der immer noch zerbrechlich wirkende Junge nach Hause. Mit doppeltem Geburtsgewicht! Die Familie dankte dem Pflegepersonal mit einem Kuchen und einem kleinen Fest. Nur Hassan schlief im Arm seiner Grossmutter – eingehüllt in eine blaue Decke – als habe er mit allem nichts zu tun. Ohne Buchhaltung geht es auch in einem Spital nicht. Bei Chefbuchhalterin Therese Maria sind alle Zahlen in guten Händen. Aus dem Caritas Baby Hospital ICH LIEBE DIE ZAHLEN Das Caritas Baby Hospital ist Therese Marias erste Arbeitsstelle – und das seit 22 Jahren Eigentlich glaubt Therese Maria nicht an Zufälle. Doch da ist zum Beispiel ihre ungeplante Reise nach Rom zur Heiligsprechung zweier palästinensischer Ordensfrauen. "Zu verreisen ist für uns Palästinenser sehr beschwerlich und teuer. Ich sagte mir: Wenn verreisen, dann nicht nach Rom, dort war ich schon einmal." Doch Thereses jüngere Schwester wollte dieses Argument nicht akzeptieren. "Es ist die erste Heiligsprechung von palästinensischen Christen – und du willst nicht dabei sein?" Ein anderes Mal fragte sie: "Bedeutet es dir nichts, dass wir genau neben dem Karmelkloster wohnen, das eine der neuen Heiligen gegründet hat?" Irgendwann gab Therese nach und sagte zu. Wider Erwarten verliefen die Vorbereitungen und die gesamte Reise völlig unkompliziert. Visum: kein Problem. Kontrollen am Flughafen: kein Problem. Selbst ein guter Sitzplatz auf dem Petersplatz – kein Problem. "Es war, als hätte da jemand von Oben die Hand im Spiel", mutmasst Therese Maria. Und dann dieser Zufall: In Rom nahm die Reisegruppe aus Bethlehem an einem Dankgottesdienst teil. Plötzlich tippte eine italienische Ordensfrau Therese auf die Schulter. "Es war Sr. Eliane, mit der ich früher lange im Caritas Baby Hospital zusammengearbeitet habe. Seit sechs Jahren habe ich sie nicht gesehen, weil sie zurück nach Italien ist. Und jetzt treffen wir uns mitten in Rom. Was für ein Zufall!" Auch dass Therese Maria vor 22 Jahren im Caritas Baby Hospital angefangen hat, beruht letztlich auf einem Zufall. Als junge Studentin sollte sie ein Sozialpraktikum absolvieren. Mehr zufällig entschied sie sich für den Kindergarten des Caritas Baby Hospitals. Später folgte ein Buchhaltungspraktikum im Spital. "Dann klopfte eines Tages ein Mitarbeiter des Krankenhauses an unsere Haustür und meinte: Wir brauchen dringend eine Aushilfe in der Buchhaltung, wäre das nicht was für dich?" Theresa Maria sagt sofort zu. Bis ins kleinste Detail Aus dem Aushilfsjob als Studentin mit zwei Stunden pro Tag wurde schliesslich eine Festanstellung: erst als Kassiererin, dann als Buchhalterin und seit 2004 schliesslich als Chef-Buchhalterin des Caritas Baby Hospitals mit jetzt 22 Dienstjahren. "Ich kenne die Buchhaltung des Caritas Baby Hospitals bis ins kleinste Detail. Da ist nichts dem Zufall überlassen. Alles, was hier irgendwie mit Geld zu tun hat, wird bei uns kontrolliert und mehrfach überprüft. Dabei arbeiten wir immer nach dem Vier-Augen-Prinzip. Da sind wir sehr streng!" Auf die Frage, ob es sie in all den Jahren nie ermüdet hat, jeden Tag von Zahlen umgeben zu sein, antwortet sie schmunzelnd: "Ich arbeite nicht mit Zahlen, ich liebe sie." BLICKPUNKTBETHLEHEM 6|7 Impressum: Der "Blickpunkt Bethlehem" ist die Zeitschrift der Kinderhilfe Bethlehem für ihre Spenderinnen und Spender (erscheint 4-mal pro Jahr). Jährlicher Abo-Beitrag von 5 Franken im Gönnerbeitrag inbegriffen. Verlegerin: Kinderhilfe Bethlehem, Luzern; Redaktion: Sybille Oetliker (verantw.), Livia Leykauf-Rota, Bashir Qonqar, Burkhard Redeski, Carmen Sibbing, Angelo Viel; Gestaltung: Nicole Obermann; Druck: Wallimann, Beromünster; Fotos: Meinrad Schade Titel, S. 2-3 (Bild 1-3), S. 4-5 (Bild 1, 2) • Archiv Kinderhilfe Bethlehem S. 3 (Portraits), S. 5 unten, S. 6, S. 7 (Bild 1) • Servizio Fotografico "L'Osservatore Romano" S. 7 (Bild 2) • Toni Wyss S.7 (Bild 3) • Munjid Kharoufeh S. 8 ~~~ KURZ GEMELDET ~~~ KURZ GEMELDET ~~~ Neue Vorstandsmitglieder Auf der diesjährigen Generalversammlung der Kinderhilfe Bethlehem in Luzern haben die Mitglieder die Schweizer Theologin Sibylle Hardegger (2. von links) zur neuen Präsidentin gewählt. Neben Pater Dr. Ludovic Nobel (rechts), Vertreter des Bistums Lausanne-Genf-Freiburg, wurden auch Anette Kempf (Altenwerk in der Erzdiözese Freiburg i.Br.) und Norbert Kössmeier (Erzdiözese Freiburg i.Br.) neu in den elfköpfigen Vorstand gewählt. Bereits im Mai haben sich die neuen Vorstandsmitglieder in Bethlehem ein Bild von der aktuellen Lage machen können. Anerkennung Palästinas durch den Vatikan Der Vatikan hat in einem Abkommen Palästina erstmals als Staat anerkannt. In dem Vertrag regeln der Vatikan und der Staat Palästina die Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen sowie den offiziellen Status der katholischen Kirche im palästinensischen Gebiet. In dem Abkommen wird sowohl der Wunsch nach einer "Zwei-Staaten-Lösung" bekräftigt als auch die Religionsfreiheit präzise beschrieben. Die Schweiz, Deutschland, Österreich und Italien haben Palästina noch nicht als Staat anerkannt. Benefizkonzert in Sursee Zu einem Benefizkonzert in der Pfarrkirche Sursee lädt die "Adventsaktion Kinderspital Bethlehem" am Sonntag, 29. November 2015 ein. Mit Weihnachtsliedern aus sechs Jahrhunderten bescheren das Vokalensemble ProMusicaViva und das Lucerne Brass Ensemble einen besinnlichen Einstieg in die Weihnachtszeit. Das Konzert wurde in enger Zusammenarbeit mit den Service-Clubs Region Sursee organisiert. Ehrengast ist der Basler Bischof Felix Gmür, Protektor der Kinderhilfe Bethlehem. Weitere Informationen: www.kinderhilfe-bethlehem.ch In der Schweiz Kinderhilfe Bethlehem Winkelriedstrasse 36 Postfach 6002 Luzern Tel. 041 429 00 00 Fax 041 429 00 01 [email protected] PK 60-20004-7 IBAN CH17 0900 0000 6002 0004 7 www.kinderhilfe-bethlehem.ch In Deutschland Kinderhilfe Bethlehem im Deutschen Caritasverband e.V. Karlstrasse 40 79104 Freiburg i.Br. Tel. 0761 / 20 03 14 Fax 0761 / 20 04 26 [email protected] Konto 79 26 755 Postbank Karlsruhe BLZ 660 100 75 IBAN DE32 6601 0075 0007 9267 55 BIC/SWIFT: PBNKDEFF www.kinderhilfe-bethlehem.de Für die Kinder und Mütter in Bethlehem ist das Caritas Baby Hospital eine Oase des Friedens. Inmitten des Nahost-Konflikts erleben sie hier Offenheit, Toleranz und Nächstenliebe. Spenderinnen und Spender aus Europa haben für die Familien von Bethlehem diesen Ruhepol geschaffen, der in den Alltag ausstrahlt und der die Welt verändern kann. DIE WELT VERÄNDERN In Österreich Kinderhilfe Bethlehem Schedifkaplatz 3 1120 Wien Tel. 01 813 08 80 [email protected] Konto 50 500 Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien BLZ 32 000 IBAN AT39 3200 0000 0005 0500 BIC/SWIFT: RLNWATWW www.kinderhilfe-bethlehem.at
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