aktiv aktiv - St. Antoniusheim

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Verpflegungsmanagement
Die visualisierte Speisekarte
Ralf Fischer: Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir darüber keine Gedanken gemacht. Für uns ist „Lesen“
Das normalste der Welt, das veranlasste mich darüber
nachzudenken. Neben der Tatsache nicht lesen zu können, gibt es in unserer Einrichtung Bewohner denen die
finanziellen Mittel fehlen, die Sehschwäche mit einer
adäquaten Brille zu verbessern.
Seit 2003 hängt im Antoniusheim in Vreden ein sehr
schön aus Eichenholz gearbeiteter, von Bewohnern in
der eigenen Werkstatt gefertigter Schaukasten, mit
den Bildern der angebotenen Gerichte. Herr Fischer
und sein Team, in dem auch Bewohner mitarbeiten, bieten jeden Tag zwei Gerichte zur Auswahl an. Ein Grundgerüst von 9 Wochen hilft bei der Speisenplanung. Herr
Fischer legt besonderen Wert darauf, immer wieder
saisonale Besonderheiten und auch Angebote der Lieferanten zu berücksichtigen.Über einen entsprechend
langen Zeitraum wurde jeden Mittag fotografiert und
so kann der Küchenleiter auf eine große Anzahl von visualisierten Gerichten zurückgreifen.
Küchenleiter Herr Ralf Fischer
Wer von uns war nicht schon mal in einem fremdsprachigen Land und musste, ohne zu wissen was
ihn wirklich erwartet, im Restaurant ein Menü oder
ein einzelnes Gericht bestellen. Über den Fingerzeig
auf das Gericht vom Nachbartisch konnten dann
böse Überraschungen vermieden werden.
Oftmals ist es auch in näherer Umgebung dem ein oder
anderen Tischgast in unseren Einrichtungen, aus vielfältigsten Gründen, nicht möglich das geschriebene
Wort auf den bereits mit Schriftgröße 14 gedruckten
Speisekarten zu lesen. Die angeborene Leseschwäche
oder eine starke Einschränkung durch die Demenzerkrankung fordern zu innovativen Lösungen heraus. Wer
seine Bewohner bzw. Tischgäste beobachtet oder darüber intensiv mit den verantwortlichen in der Pflege
spricht, wird feststellen, wie groß der Anteil an Bewohnern ist, die sich nicht an der aushängenden Speisekarte orientieren können.
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P.E.G. Einkaufs- und Betriebsgenossenschaft eG Herr Ralf Fischer ist Küchenleiter in einer renommierten Einrichtung der stationären Wohnungslosenhilfe,
im Verein für katholische Arbeiterkolonien in Westfalen,
dem St. Antoniusheim und St. Antonius-Altenpflegeheim in Vreden, nähe der Niederländischen Grenze.
In der Einrichtung leben und arbeiten ca. 170 Bewohner,
die nicht selten in vorhergehenden Lebensphasen mit
einer starken Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit oder
einer physischen Erkrankung zu tun hatten. Die Einrichtung bietet diesen Menschen Aufgaben, ein geregeltes
Umfeld mit entsprechender Betreuung bzw. Begleitung,
wenn erforderlich bis an das Lebensende. Herr Fischer
hat schon vor einigen Jahren immer wieder Bewohner
beobachtet, die sich sehr lange am Aushang der Speisekarte aufhielten, aber zur Ausgabe doch noch die Frage stellten, was es denn zum Mittagessen geben würde.
Erst die Frage bei den verantwortlichen Mitarbeitern
der Pflege gab Aufschluss über dieses Verhalten.
aktiv
Best Practice
Ralf Fischer: Wenn wir eine neue Kombination oder
eine neues Rezept erstellen, gehört das Foto zum Rezept dazu. Mit der heutigen digitalen Technik, lässt sich
das gut umsetzen. Natürlich bin ich kein Foodstylist, der
Fotos für Kochbücher macht. Wir legen Wert auf eine
saubere Anrichteweise, ordentliches Porzellan und
nicht zu viel „Schick-Schnack“ auf dem Teller. Unsere
Bewohner sollen das Gericht in der Speisenausgabe so
antreffen, wie es auf dem Bild zu sehen ist und nicht
anders. Die Erwartungshaltung darf nicht enttäuscht
werden!
Mittlerweile hat Herr Fischer einen zweiten Aushang
erhalten, der vor dem Speisesaal in der Pflegeeinrichtung hängt und die Speisenkarte in Bildern zeigt.
Neben den Bildern hängt natürlich auch eine in A3 ausgedruckte Speisekarte und ein Bogen mit Foto, Name
und Funktion der einzelnen Küchenmitarbeiter aus.
Auch die Ausgabe- und Essenszeiten können in den
Schaukästen eingesehen werden.
Wir bedanken uns bei unserem Mitglied, dem St. Antoniusheim und Herrn Fischer für die Informationen und
seine Erfahrung zum Thema visualisierter Speiseplan.
Die ist nach Meinung der Fachberater Verpflegungsmanagement der P.E.G. ein gutes Beispiel für „Best Practice“. Herzlichen Glückwunsch!
Wenn es in einer Pflegeeinrichtung um die Visualisierung der Speisen geht, spielt nicht nur die Information über das zu erwartende Gericht eine Rolle. Den
oft appetitlosen, demenziell veränderten Bewohnern,
kann durch die Bebilderung auch der Appetit angeregt
werden. Zur basalen Stimulation gehören neben den
Gerüchen auch visuelle Eindrücke, die die anstehende
Nahrungsaufnahme anmelden. Da hilft bei der Auswahl der Mahlzeiten oder einzelner Komponenten der
Fingerzeig auf das richtige Foto. Schriftliche Speisekarten, egal in welcher Größe ausgedruckt, helfen den
Bewohnern bei einer mittleren und schweren Demenzerkrankung nicht mehr eine Auswahl der angebotenen
Speisen zu treffen, wenn diese Aushänge überhaupt als
Speisekarte wahrgenommen werden.
Eine Innovation könnte auch die Darstellung der Gerichte über den an der Wand hängenden Flachbildschirm
sein. Warum nicht in digitalen Bilder die tagesaktuellen
Speisen anzeigen?
Informationen zu den Speisen und den verarbeiteten
regionalen Produkten sowie die gesprochene Speisenkarte, den persönlichen Gruß und „Guten Appetit zum
Mittagessen wünscht der Küchenchef und sein Team“
über den Lautsprecher des Bildschirms.
Richard Hering: „Die Speisekarte ist der erste Kontakt
zum Gast“
Haben sie Ihre Speisekarte schon mal aus dem Blickwinkel der Gäste gesehen, macht Sie Ihnen Appetit,
sind alle wichtigen Informationen darauf enthalten,
kommt die Speisekarte bei Ihren Gästen an? Nutzen
sie die Chance mit Ihrer Speisekarte Marketing für die
Küche und Einrichtung zu betreiben.
Speisekartenmanagement ist eines der Themen unserer Fachberater aus dem Verpflegungsmanagement,
gerne unterstützen wir Sie. Oder besuchen sie uns zu
diesem Thema in unserer PEG – DIE AKADEMIE in München.
Burkhard Epping
Fachberater Verpflegungsmanagement
[email protected]
oder unter 0176/123 02 033
Sonderausgabe "Senioren & Pflege" April 11
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