Patientenmerkblatt "Radikale Zystektomie" - 2015

Klinikum der Universität München
Urologische Klinik und Poliklinik
Direktor: Prof. Dr. med. Christian Stief
Klinikum der Universität München • Urologische Klinik und Poliklinik
Marchioninistraße 15 • D-81377 München
PATIENTENMERKBLATT „RADIKALE ZYSTEKTOMIE“
Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient!
nachdem bei Ihnen mittlerweile die Entfernung der Harnblase erfolgreich durchgeführt wurde,
möchten wir Ihnen gerne noch ein paar wichtige Informationen mit auf den Weg geben.
Ihre einweisende Urologin / Ihr einweisender Urologe wird Sie jetzt wieder weiter ärztlich
betreuen. Nehmen Sie deshalb bitte zu Ihrem nächsten Besuch unser Entlassungsschreiben mit,
das alle wichtigen Daten aus Ihrer Krankenhausbehandlung und hinsichtlich des Tumorstadiums
enthält.
Vermutlich wird sich erst nach Ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus die eine oder andere
Frage stellen. Deshalb haben wir in dieser Informationsmappe jene Punkte zusammengefasst, die
sich nach unserer Erfahrung jetzt und auch in Zukunft stellen können.
Wenn Sie in der nächsten Zeit Probleme haben und Ihr behandelnder Arzt nicht erreichbar ist
(Urlaub, Wochenende), können Sie uns auch gerne jederzeit kontaktieren oder in die Urologische
Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität (Klinikum Großhadern) kommen!
Sie erreichen uns unter folgenden Telefonnummern:
Sekretariat Prof. Dr. Stief: 089 4400 7 2971
Urologische Poliklinik: 089 4400 7 3530
Telefonzentrale im Klinikum Großhadern: 089 4400 0 (24 Stunden/täglich) hier bitte nach dem
„diensthabenden Urologen“ fragen.
Zur Vermeidung von Komplikationen und zur Erzielung eines möglichst guten
Operationsergebnisses sind von Ihnen einige Dinge zu beachten:
1. Bewegung
Während des stationären Aufenthaltes haben Sie bereits regelmäßig Bewegungsübungen
durchgeführt. Eine gute postoperative Mobilisation soll die Gefahr der Ausbildung von
Blutgerinnseln in den Beinen verhindern. Bitte bleiben Sie daher weiterhin aktiv und sorgen für
eine gute Mobilisation. Gleichzeit sollte die Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem
Heparin für 4 Wochen nach Entlassung weitergeführt werden. Sie erhalten bei Entlassung ein
entsprechendes Rezept für Einmalspritzen.
2. Kontakt mit Wasser
Bis ca. 3 Wochen nach der Operation sollten Sie keine (Sitz)-bäder oder Saunagänge
durchführen. Duschen stellt hier kein Problem dar.
3. Sport
Weil Sie zu Hause aktiver sein werden als im Krankenhaus, werden Sie feststellen, dass Sie sich
besonders in den ersten Tagen nach Ihrer Entlassung früher erschöpft fühlen. In den ersten zwei
Wochen sollten Sie sich körperlich nur leicht belasten (Spazierengehen), erst nach und nach
können sportliche Aktivitäten wieder aufgenommen werden. Wegen der inneren Wundnähte in
der Dammregion sollten Sie für ca. 12 Wochen nicht Rad fahren. (gilt für Patienten nach Anlage
einer Neoblase)
4. Trinken
Aus rein urologischer Sicht können Sie alles essen und trinken, was Ihnen bekommt und
schmeckt. Pro Tag sollten Sie mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen, falls bei Ihnen
keine Kontraindikationen gegen hohe Trinkmengen von internistischer Seite bestehen.
5. Besonderheiten der verschiedenen Harnableitungen
In Abhängigkeit der bei Ihnen durchgeführten Harnableitung (Neoblase, Pouch bzw.
Ileumconduit) ergeben sich unterschiedliche Besonderheiten.
Für Patienten mit Neoblase:
Der Schließmuskel, der dafür sorgt, dass man den Urin gut halten kann, muss sich auf die neue
Situation nach der Operation erst einstellen. Kurz nach der Operation ist das Fassungsvolumen
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Ihrer „neuen“ Blase noch relativ klein, weshalb ein höherer Druck in der Blase besteht und der
Schließmuskel diesem Druck noch nicht komplett widerstehen kann. Es ist daher wichtig, dass
Sie in den nächsten Tagen und Wochen versuchen das Füllungsvolumen der neuen Blase ganz
langsam zu vergrößern, indem Sie die Zeitabstände des Wasserlassens zunehmend vergrößern.
Erst nach und nach wird sich die Blase auf ein Ihnen gewohntes Volumen ausdehnen (ca. 350450 ml sollten über die Zeit erreicht werden). Zudem gelingt das Wasserhalten am Tage in den
ersten Wochen nach Operation oft besser als nachst. Dies ist völlig normal und wird sich in der
kommenden Zeit besser einspielen. Wichtig ist es vor dem zu Bett gehen nochmals die Harnblase
zu entleeren und ggf. nachts häufiger die Blase zu entleeren, damit es nicht zu einem Überlaufen
kommt. Die Zeitabstände des nächtlichen Wasserlassens können von Patient zu Patient sehr
stark variieren und hängen von vielen verschiedenen Faktoren ab. Auch die Trinkmenge am
Abend ist für die nächtliche Urinproduktion zu berücksichtigen, sodass ggf. die Haupttrinkmenge
eher über den Tag verteilt werden könnte und zudem vermieden werden sollte große Mengen an
Flüssigkeit am Abend zu sich zu nehmen.
Bitte beachten Sie, dass Sie regelmäßig bei Ihrer Urologin / Ihrem Urologen in den ersten
Wochen nach Operation sog. „venöse Blutgase“ abnehmen lassen. Hierbei wird eine mögliche
Säure-Basen-Verschiebung (pH-Wert) im Blut bestimmt. Nachdem der Darm, aus dem Ihre neue
Blase geformt wurde, nach wie vor seiner ursprünglichen Funktion nämlich der Aufnahme von
Stoffen aus der Nahrung und nun auch aus dem Urin im Bereich der neuen Blase nachkommt,
kann es zu einer Übersäuerung des Körpers kommen. Daher ist eine enge Kontrolle in der
Anfangszeit mit ggf. notwendiger medikamentöser Einstellung erforderlich ist. Hierüber wird Sie
Ihr Arzt entsprechend informieren. Bei Entlassung erhalten Sie bei uns automatisch ein Rezept
für sog. Bicarbonat Tabletten/Pulver, was einer Verschiebung des Säure-Basen-Haushaltes
entgegenwirken soll. Wie lange die Gabe dieser Medikamente nach Operation notwendig ist, ist
von Patient zu Patient sehr unterschiedlich und muss in der Anfangszeit nach Operation
regelmäßig durch die Urologin / den Urologen kontrolliert werden.
Die Grundzüge der Beckenbodengymnastik haben Sie bei uns nach der Operation in der Theorie
bereits kennengelernt. Damit der Heilungsprozess zwischen Blase und Schließmuskel
(‚Anastomose’) nicht gestört wird, beginnen Sie mit den Beckenbodenübungen erst nach
frühestens 10 Tagen nach Entfernung des Katheters; den genauen Termin besprechen wir mit
Ihnen. Und am besten vertiefen Sie die Kenntnisse über die Beckenbodenübungen mit Hilfe
einer physiotherapeutischen Anleitung ambulant und/oder in der ausgewählten AHB-Klinik.
Auch nach dem Aufenthalt in der AHB-Klinik ist es für die Wiedererlangung des Wasserhaltens
wichtig, die Beckenbodenübungen mindestens bis zu 6 Monate nach der Operation fortzuführen.
Diese können Sie zuhause ca. 5-10 Min 2-3 Mal pro Tag ausführen und falls Sie Probleme haben
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die Richtigkeit in regelmäßigen Abständen durch eine/n Physiotherapeuten/in kontrollieren
lassen (diese Maßnahme kann Ihnen Ihr Urologe/in verschreiben).
Wichtig ist generell, jede Anspannung maximal kräftig, also so gut wie möglich, auszuführen und
ca. 6 bis 8 Sekunden lang versuchen zu halten. Am Ende dieser kräftigen Anspannung machen
Sie 3 oder 4 schnelle und auch kräftige Anspannungen der Beckenbodenmuskeln. Die
Beckenbodenmuskeln spannen Sie an, indem Sie z. B. ihren Enddarmschließmuskel kräftig
zusammenziehen. So werden Ihr Schließmuskel und ihre Beckenbodenmuskeln optimal trainiert,
um das Wasserhalten wieder zu erreichen.
Pouch:
Bei der Verwendung des Pouches ist ebenso wie bei der Neoblase eine langsame Vergrößerung
des Volumens notwendig. Hierzu müssen die Intervalle der Katheterisierung langsam verlängert
werden. Zudem ist am Anfang eine regelmäßige Spülung des Pouches bei bestehender
Schleimproduktion des Darmes notwendig. Versuchen Sie stets den Pouch vorsichtig und ohne
stärkeren Kraftaufwendung zu katheterisieren. Gelingt die Katheterisierung nicht problemlos
bzw. nur unter erhöhtem Aufwand, wenden Sie sich bitte an Ihren Urologen bzw. an uns, damit
die Ursache geklärt bzw. behoben werden kann. Auch beim Pouch ist auf eine Kontrolle des
Säure-Basen-Haushaltes zu achten. (siehe bitte Abschnitt Neoblase)
Ileumconduit:
Der von den Nieren produzierte Urin gelangt nun über ein kurzes ausgeschaltetes Darmstück
direkt nach außen zur Bauchwand. Um das sog. Stoma (nach außen geleiteter Dünndarmteil)
wird eine Klebeplatte aufgebracht, die für den Urin undurchlässig ist und gut auf der Haut haftet.
Dies garantiert eine gute Sammelfunktion, bei vollständiger Geruchsfreiheit. Die Platte bzw. die
aufgebrachten Beutel sind dann in regelmäßigen Abständen zu wechseln bzw. zu leeren. Speziell
ausgebildete Stomatherapeuten werden sich in dieser Frage um Sie kümmern.
6. Medikamente nach der Operation:
In der Regel sind keine besonderen Medikamente, außer denen, die man eventuell schon vor der
OP wegen anderer Erkrankungen eingenommen hat, notwendig.
Nach Anlage einer
Neoblase/Poches kann es gelegentlich zu Verschiebungen des Säure-Basen-Haushaltes kommen,
so dass hier medikamentös eingegriffen werden muss. (siehe Abschnitt Neoblase) Auch kann es
notwendig werden, eine eventuelle Harnwegsinfektion antibiotisch zu behandeln.
Auf die Thromboseprophylaxe mit „Heparinspritzen“ für insgesamt 4 Wochen nach
Entlassung wurde bereits hingewiesen.
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7. Bitte halten Sie Ihre regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen ein!
Bei Ihrer Operation ist die von Tumor befallene Harnblase vollständig entfernt worden. Nach
Tumoroperationen
ist
es
nun
von
größter
Wichtigkeit
an
allen
vorgesehenen
Tumornachsorgeuntersuchungen teilzunehmen.
Kontrolltermine: Die Nachsorgeintervalle werden vom Ausmaß des Tumorbefalls und der sich
ergebenden Aggressivität des Tumors bestimmt. Die Intervalle für Kontrolltermine werden unter
anderem durch die Form der gewählten Harnableitung bestimmt und nochmals vor Entlassung
genaue festgelegt.
In der Regle sollte ca. 1 Woche nach Entlassung sowie 3 Monate nach Entfernung der Harnblase
eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und ggf. der Neoblase erfolgen. Zudem ist eine
körperliche Untersuchung sowie das Abnehmen venöser Blutgase in regelmäßigen Abständen
notwendig.
Weitere Untersuchungen im Rahmen der Nachsorge beinhalten die sog. Urinzytologie (hier wird
der Urin auf das Vorliegen bösartiger Zellen untersucht), die CT- bzw. MRT-Untersuchung
(Computertomographie), der Ultraschall der Nieren und ggf. der Neoblase sowie eine
Blutuntersuchung (Nierenwerte, Blutbild etc.). Ihr Urologe wird Sie über die notwendigen
Maßnahmen bei den jeweiligen Tumornachsorgeterminen informieren. Zudem ist eine
Bestimmung des Vitamin B12 Spiegels ca. 1,5 Jahre nach Operation zu empfehlen.
Für Ihre weitere Genesung wünschen wir Ihnen alles Gute!
Prof. Dr. med. Christian G. Stief
Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik
Tel.: 089 / 4400 – 7- 2971
Email: [email protected]
Klinikum der Universität München
Prof. Dr. med. Alexander Karl
Leiter des Harnblasenkarzinomzentrums an der LMU
Klinikum der Universität München
Tel.: 089 / 4400 – 7- 3526
Email: [email protected]
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