Stadtanzeiger leben 13 Dienstag, 25. August 2015 «Ich hatte zu viel Angst vor der Schule» Fabienne T.* und David S.* leben im Schulheim Elgg. Heute verläuft ihr Leben einigermassen ruhig, doch das war nicht immer so. Sie wurde in der Schule wegen ihres Gewichtes gemobbt und er war respektlos und hatte nur Unsinn im Kopf. oder dürfen das Handy eine halbe Stunde länger benutzen. «Ich war am Anfang häufig neidisch», sagt der Schüler, der seit fast zwei Jahren im Schulheim lebt. Er hat es am Anfang nie geschafft, die benötigte Anzahl Punkte zu erreichen. Alle anderen, die es schafften, durften dann ihr Tagesprivileg einlösen, nur er nicht. «Ich musste mich erst an die vielen Regeln gewöhnen.» «Ich wollte immer der König sein» Elgg: Der Schultransport steht um zehn vor acht Uhr wartend vor der Wohngruppe in Hegi in Winterthur. Sechs der sieben Jungs, die täglich mit diesem Bus ins Schulheim Elgg fahren, sind abfahrtsbereit – nur David S. fehlt noch. Er sei bekannt dafür, dass der Bus am Morgen auf ihn warten müsse. «Manchmal bin ich einfach nicht motiviert so früh aufzustehen», erzählt der 15-Jährige.Schliesslich kommt er und der Schultransport macht sich auf nach Elgg. Zusammen mit 34 anderen Jungendlichen, im Alter zwischen 10 und 17 Jahren, besuchen sie dort das Schulheim. Das Schulheim Elgg unterstützt Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen. Das Angebot richtet sich an Schüler mit Entwicklungsbeeinträchtigungen, Verhaltensauffälligkeiten, Lernstörungen, Angststörungen, Depressivität oder selbst- und fremdschädigendes Verhalten. Fünf Wohngruppen und das Schulgebäude gehören zum Heim. Dort wohnen, lernen und leben die Kinder und Jugendlichen. «Ich wurde in der Schule gemobbt» Auch Fabienne T. ist dort seit fünf Monaten in einer Wohngruppe, direkt neben dem Schulhaus zu Hause. Jedes zweite Wochenende besucht sie ihren alleinerziehenden Vater im Kanton Aargau. «Das ist das Schlimmste. Zu wissen, dass er jetzt ganz alleine da ist», sagt die 16-Jährige. Doch das Schulheim Elgg war für sie die letzte Lösung. «Ich war früher dick und sozusagen hässlich». In der dritten Oberstufe wur- Fabienne T. (16) und David S. (15) leben aufgrund ihrer schwierigen Vergangenheit im Schulheim Elgg. Dort lernen sie, zusammen mit 34 anderen Jugendlichen, selbständig zu leben und sich in die Gesellschaft einzuordnen. Bild: leo. de Fabienne T. deswegen gemobbt und fing an, die Schule zu schwänzen. «Ich hatte zu viel Angst, um hinzugehen.» Danach kam sie für sieben Wochen in eine Spezialklasse, wo sie jedoch nur am ersten und letzten Schultag anwesend war – die Furcht, wieder gemobbt zu werden, war zu gross. Immer wieder litt sie unter Weinkrämpfen und Anfällen. Eines Tages wurde Fabienne T. von ihrem Vater geweckt und es hiess, wir schauen uns ein Heim an. Zuerst reagierte sie panisch, weil sich ihre ältere Schwester durch den Aufenthalt in einem anderen Heim sehr verändert hat. «Sie ist ein ganz anderer Mensch geworden». Doch das Schulheim Elgg gefiel ihr, besonders das grosse Einzel- zimmer im Wohnheim. «Am ersten Tag hier hatte ich ein komisches Gefühl», erzählt die 16-Jährige. Doch als sie merkte, dass sie hier alle akzeptierten, begann sie sich wohler zu fühlen. Heute besucht sie die dritte Oberstufe, genau wie David S. Sie sind jedoch nicht in der gleichen Klasse. Nur jeweils sieben Schüler gibt es pro Klasse, damit die Lehrer jedem genug Aufmerksamkeit schenken können. Bis um kurz vor zwölf Uhr dauert der Unterricht und dann ist Mittagspause. In einem Speisesaal essen alle Schüler zusammen und haben dann eine Stunde Pause. «Wir hängen dann einfach ab oder spielen draussen Fussball», sagt David S. homöopathie im alltag: empfindlichkeit Um kurz nach 15 Uhr, nach Schulschluss, fährt der Schultransport David S. und seine Mitbewohner wieder zurück nach Winterthur. «Jetzt beginnt die Zimmerzeit», erklärt der 15-Jährige. Jeder verbringt 30 Minuten auf seinem Zimmer, erledigt die Hausaufgaben und räumt auf. Danach müssen sie ihre «Ämtli» erledigen. Dazu gehören Essen kochen, Klo putzen und aufräumen. Wenn die Jugendlichen ihre Aufgaben gut erledigen, gibt es dafür Punkte. Auch ihr soziales Verhalten wird tagtäglich beobachtet und bewertet. «Pro Tag können wir 350 Punkte machen», sagt David S. Von den Pluspunkten dürfen die Jugendlichen in den Ausgang gehen, bekommen Geld für eine Belohnung David S. war 13 Jahre alt, als er ins Heim kam, weil er keinen Respekt vor den Lehrern hatte. «Ich wollte immer der König sein», erklärt er. Immer wieder suchte er den Konflikt mit den Leuten und wenn er seinen Kopf nicht durchsetzen konnte, blockte er ab und tat gar nichts mehr. «Ich schwänzte und hatte die falschen Freunde.» Sieben mal wechselte er die Schule und stand überall vor den gleichen Problemen. Seine Eltern und Schwestern versuchten ihm zu helfen, doch er nahm die Hilfe nicht an. «Ich sage mir heute immer: Du bist selber schuld.» Im Heim besserte sich seine Situation jedoch stetig und heute sei er nicht mehr so extrem. «Die Leute verstehen dich hier wirklich und bringen dich auf die Beine.» Mittlerweile hat er sich an den Tagesablauf gewöhnt. Neben der Schule bleibt auch Zeit für ihre Hobbys. Fabienne T. spielt Tennis und David S. singt in seiner Band Keep cool. Um neun Uhr muss jedoch jeder Schüler zurück im Wohnheim sein. Für Fabienne T. und David S. ist die Zeit im Schulheim Elgg schon fast vorbei. Nur noch dieses Schuljahr verbringen sie dort. Sie beide wissen jedoch schon genau, was sie nachher machen wollen. «Ich möchte Malerin werden», sagt Fabienne T. und David S. hat sich zum Ziel gesetzt, irgendwann ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Und somit hat das Schulheim sein Ziel erfüllt: Die Jugendlichen auf ein selbständiges Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. Leonie Vogt *Die Namen sind der Redaktion bekannt. Titel 19 mit 2 Titelzeilen von Ruth Hunziker Text GT (Text ohne Einzug). Ruth Hunziker (48-jährig) ist dipl. Homöopathin hfnh SHI. Eigene Praxis in Winterthur und Andelfingen. Zudem: Biologiestudium an der Universität Zürich mit Abschluss an der philosophischen Fakultät II als dipl. Botanikerin. Kontakt: Telefon 052 203 52 52 und [email protected] Titel 19 mit 2 Titelzeilen GT (Text ohne Einzug). ANZEIGE Volg
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