top Ackerbau der Schale liegt ein Korkbildungsgewebe. Dies ermöglicht einen Wundverschluss binnen weniger Stunden, vorausgesetzt die Umgebungsluft ist trocken. Für die Praxis bedeutet dies: Mit jeder Bewegung der Knollen ab der Ernte wird Bakterien und Pilzen die Chance gegeben, sich auszubreiten. Allerdings kann durch Wasserentzug, d. h. Zufuhr von trocknender Luft auf die Knollenoberfläche, den Schaderregern die Lebensgrundlage entzogen werden. Als Lebensgrundlage benötigen Pilze und Bakterien aber nicht nur Kartoffeln, sondern auch optimale Luftfeuchtigkeitsverhältnisse und bestimmte Temperaturen. Sie gedeihen stets gut, wenn die Luft um die Knolle herum wassergesättigt ist (100 % rel. Luftfeuchte) und die Temperaturen so hoch sind, dass ihnen ihr Stoffwechsel ermöglicht wird. Dies ist bereits ab 4° C der Fall. Letztlich ist die gesamte Kartoffellagerung ein Kompromiss, bei der die Gesunderhaltung der Knollen erreicht wird über die Steuerung von Luftfeuchte und Temperatur. Voraussetzung ist jedoch eine beschädigungsarme Ernte und Einlagerung. Knollen auf 4 bis 2 Grad Celsius herunterkühlen Mit den Kartoffeln holen Sie sich automatisch auch Pilze und Bakterien ins Lager, die bei falschem Lagerungs-Management Totalschaden verursachen können. Kartoffeln einlagern – was Sie jetzt beachten sollten Damit Ihnen die Kartoffeln im Lager nicht krank werden oder sogar „davonfließen“, gibt Dr. A. Nitsch, LK Hannover, Bezirksstelle Bremervörde, Tipps zum richtigen Einlagern. 56 top agrar 8/2002 W enn Sie als Kartoffelanbauer Ihre Knollen einlagern, verfolgen Sie dabei vor allem folgende Ziele: Die Kartoffeln sollen möglichst wenig Gewicht verlieren, innen und außen ihre Qualität bewahren, nicht faulen und natürlich gute Preise bringen. Letzteres haben Sie als Anbauer nicht in der Hand. Mit einem gekonnten Lager-Management können Sie aber Verluste vermeiden, die ins Geld gehen und sich durch Qualitätsware positiv von Wettbewerbern abheben. Das setzt jedoch voraus, dass Sie die Kartoffeln besser „verstehen“ und ihre Lebensbedingungen im Feld und Lager kennen. Auch über die Bakterien und Pilze, die ihnen zusetzen, sollten Sie Bescheid wissen. Stoßen Sie die „Dünnhäuter“ nicht herum! Zunächst zur Kartoffelknolle: Obwohl sie sehr hart und fest ist, hat sie je nach Stärkegehalt einen Wasseranteil von 70 oder 80 %. Sie enthält neben Stärke und Eiweiß auch Mineralstoffe. Diese Inhaltsstoffe sind für zahlreiche auf die Kar- toffel spezialisierte Pilze und Bakterien ein idealer Nährboden. Allein Temperaturen von über 10° C im Lager reichen aus, damit sich diese Erreger problemlos ausbreiten und in wenigen Wochen einen Totalschaden bewirken können. Selbst unter noch so guten Anbaubedingungen sind stets genügend Erreger auf der Knollenoberfläche vorhanden, die Sie sich mit den Knollen ins Lager holen. Grundsätzlich ist also die Gefahr für Fäulnis immer gegeben. Zudem ist die Kartoffel empfindlich, weil sie extrem „dünnhäutig“ ist. Die Schale besteht nur aus wenigen Zelllagen, die sie gegen die Attacken von Bakterien und Pilze schützen soll. Es ist nicht erst ein Stoß oder Schlag erforderlich, um diese 8 bis 12 Zelllagen aufzubrechen. Schon das Reiben der Knollen an den Sandkörnern des Bodens reicht aus, um Eintrittspforten für Bakterien und Pilze zu schaffen. Allerdings hat die Kartoffel eine Besonderheit in ihrem Schalenaufbau: Unter Wenn die Kartoffel auf 4 bis 2° C heruntergekühlt wird, kommen die Lebensvorgänge (Atmung) fast zum Erliegen. Die Knollen verlieren dabei nahezu kein Gewicht. Unterhalb dieses Temperaturbereichs beginnt die Verzuckerung der Stärke als Schutz gegen den Zelltod durch Erfrieren. Die Kartoffeln werden süß und für manche Verwertungen (z. B. PommesIndustrie) unbrauchbar. Hierbei gibt es sortentypische Reaktionen. Um das Knollengewicht zu halten und die Atmungsverluste zu reduzieren, sollten Sie diesen Temperaturbereich für die Langzeitlagerung anstreben. Bei dieser Temperatur trocknet die Kartoffel jedoch aus. Daher sollte im Lager bei Temperaturen von 2 bis 4° C die relative Luftfeuchtigkeit 90 bis 95 % betragen. Für Pilze und Bakterien wie Braunfäule, Silberschorf und Nassfäule gilt unter diesen Bedingungen Ähnliches: Ihre Stoffwechselaktivitäten kommen aufgrund der Temperatur ebenfalls fast zum Erliegen. Da auf den Kartoffelknollen kein Feuchtigkeitsfilm vorhanden ist, wird ihnen die wichtige Lebensgrundlage Wasser entzogen. Betragen die langfristigen Lagertemperaturen über 2 bis 4° C, so steigen die Lebenschancen für die Mikroorganismen. Folge: Fäulnisgefahr und Gewichtsverluste durch Atmung steigen. In folgenden Schritten sichern Sie den Erfolg der Kartoffellagerung: 1. Das Lager reinigen und desinfizieren Wird das Kartoffellager nicht gründlich gereinigt, sind die auf Kartoffeln spezialisierten Mikroorganismen mit ihren Dauerkörpern massenweise vorhanden. Das Reinigung der Lagerkisten, der Aufbereitungsanlagen und des Lagers sollte daher selbstverständlich und Grundvoraussetzung für das fachgerechte Lagern sein. Staubfreiheit ist vor allem als Maßnahme gegen den Silberschorf-Erreger wichtig, der mit der Umluft der Gebläse durch das ganze Lager systematisch verbreitet wird. Da dieser Pilz schon ab 3° C und hoher Luftfeuchte wächst, ist die Desinfektion des Lagers besonders deutlich. Außerdem werden im Lager weitere Pilzsporen von z. B. Fusarium-Fäule, Phoma und Tüpfelkrankheit verbreitet. Für das Reinigen der Lager, Maschinen, Geräte und Kisten stehen eine Reihe kostengünstiger Desinfektionsmitteln zur Verfügung wie Halogene, Peroxide oder organischen Säuren u. a.. Kartoffel-Profis setzen diese Betriebshygiene bereits um. 2. Kartoffelbestand konsequent gesund halten! Lange vor der Ernte ist die konsequente Krautfäule-Bekämpfung eine Grundvoraussetzung für ein sporenarmes Erntegut. Das Krautabtöten sichert weit- Elektronische Knolle spürt Fehlerquellen auf M it der elektronischen Knolle lässt sich an jeder Stelle der Kartoffelernte sowie der Ein- und Auslagerung die Beschädigungsintensität der Geräte erfassen. Diese „unbestechliche“ Knolle ist vor allem jenen Anbauern zur Überprüfung ihrer Maschinen und Geräte zu empfehlen, die meinen, dass bei ihnen die Kartoffelkette richtig eingestellt ist. Hersteller bieten die elektronische Knolle in unterschiedlicher Ausführung für ca. 3 000 bis 5 000 E an. Die KTBL-Versuchsstation in Dethlingen führt seit zehn Jahren Messungen mit der elektronischen Knolle durch, um Schwachstellen am Roder und in Aufbereitungsanlagen aufzuspüren. Die Informationen zu Messund Auswertungsverfahren stehen Interessierten zur Verfügung. Adresse: KTBL-Versuchsstation Dethlingen, 29633 Munster, Telefon: 05192/2282 top agrar 8/2002 57 top Ackerbau Unterbrechen Sie die Infektionskette und betreiben Sie eine konsequente Betriebshygiene. Dazu gehört auch das Reinigen und Desinfizieren von Schleppern und Anhängern. So steuern Sie die Lagerungstemperaturen gehend ein einheitliches Abreifen und damit eine gleichmäßige Schalenfestigkeit der Gesamtpartie. Zwei bis bis maximal drei Wochen nach dem Krautabtöten sollte die Ernte erfolgen, um den Befallsdruck an den Knollen mit Rhizoctonia und Silberschorf im Griff zu behalten. Das Erreichen der Schalenfestigkeit kann auf dem Feld mit der Fingerprobe geprüft werden. Versuchen Sie hierbei die Schale auf dem Fleisch zu verschieben. Gelingt dies nicht oder nur sehr schwer, sind die Knollen schalenfest. 3. Ernte: Qualität vor Schnelligkeit Der Roder sollte richtig eingestellt sein und sicherstellen, dass Beschädigungen an Knollen vermieden werden. Die Erdmenge auf der Siebkette sollte so hoch sein, dass die Kartoffeln möglichst lange auf ihr von der umgebenden Erde vor Beschädigungen geschützt sind. Halten Sie die Fallhöhen in den Bunker und vom Bunker auf das Transportfahrzeug so niedrig wie möglich! Die Rodetemperatur sollte über 10° C liegen, um ein Platzen der Knollen beim Roden zu unterbinden. Überprüfen Sie den Roder an allen entscheidenden Stellen auf die richtige Arbeitsweise. Beim Roden gilt die Devise: Arbeitsqualität geht vor Arbeitsgeschwindigkeit! Kontrollieren Sie die Knollen! Der Erdanteil an den Knollen darf nicht dazu führen, dass im Lager (Miete, Kiste, Boxenlager) Erdnester angelegt 58 top agrar 8/2002 werden, die nicht belüftungsfähig sind! Ziel Dauer Temperatur Überprüfen Sie außerdem, ob Wundheilung 2 Wochen 12 – 15° C am Roder die Fallsegel, die ein Abkühlung 4 Wochen 3 – 5° C hartes Aufschlagen auf das Dauerkaltlagerung 3 – 5° C Transportfahrzeug verhindern sollen, ebenfalls einwandfrei Warmlagerung 7 – 10° C funktionieren. Die Segel dürfen Auslagerung 8 – 10° C nicht die Funktion einer langen Quelle: Dr. Nitsch nach Lagerfeld „Sandpapierbahn“ haben. Entfernen Sie faule Knollen bereits auf dem Roder. Ein Anteil von peraturen so hoch sind, dass das Her1 % faulen Knollen ist bei der Einlagerung unterkühlen der Ernteware tagelang nicht nicht tragbar! Waschen Sie den Roder, bemöglich ist. vor Sie einen neuen Schlag oder eine neue Diese Ware ist besonders kritisch einPartie roden. Nur so unterbrechen Sie den zustufen, da die Keimruhe, die gebrochen Infektionsweg. wurde, nicht wieder rückgängig gemacht Bewährt hat sich das geteilte Ernteverwerden kann. Nur mit konsequenter Kühfahren auf steinfreien Standorten. Das lung auf 4 bis 2° C der gesamten eingelaAbtrocknen auf dem Feld verbessert die gerten Ware an allen Stellen, sei sie in KisLagerfähigkeit, vorausgesetzt alle übrigen ten, Boxen oder Mieten gelagert, ist sie bis Arbeitsgänge und Maßnahmen sind auch ins folgende Frühjahr zu retten. Mit „knollenfreundlich“. Nachttemperaturen, die mindestens 2° C niedriger sind als die der Kartoffeln, ist Klima beim Einlagern nur ein Kühlungseffekt zu erreichen. flexibel steuern Kondenswasser ist durch richtig beBei Kartoffeln gibt es zwei extreme messene Luftmengen bei entsprechender Erntebedingungen: Temperaturdifferenz oder mit einer ■ Trockene und heiße Witterung vor schützenden Strohauflage auf den Kartofund zur Ernte. Die Bestände sind vorzeifeln zu vermeiden. Kontrollieren Sie tägtig aufgrund von Wassermangel abgestorlich Temperatur und Feuchtigkeit aller ben. Die Knollen waren großer Hitze im Kartoffeln – auch im Stapelinneren. Damm ausgesetzt und fangen bereits dort Andererseits gilt es, die Luftfeuchtigan zu keimen. Die Keimruhe ist gebrokeit im Stapel so hoch zu halten, dass die chen. Die Knollen werden mit TemperaKartoffeln nicht austrocknen und Geturen von zum Teil 15° C und mehr eingewicht verlieren. Wird dies nicht beachtet, lagert. Hinzu kommt, dass die Nachttemkommt es aufgrund der Gewichtsverluste 4. top Ackerbau mit steigender Lagerhöhe zu Druckstellen an den Knollen. So kann es unter bestimmten Bedingungen auch richtig sein, die Kartoffeln nicht nur in einer Richtung zu belüften, z. B. von unten nach oben, sondern im Umkehrverfahren auch von oben nach unten. Ca. 14 Tage nach der Einlagerung sollten die Kartoffeln kontinuierlich auf 4 bis 2° C heruntergekühlt sein. ■ Nasse und kühle Witterung. Diese Situation fürchten die Kartoffelanbauer mehr und geben sich im Regelfall auch mehr Mühe bei der Einlagerung. Unter diesen Bedingungen gilt es, die Kartoffeln nach dem Roden so schnell wie möglich abzutrocknen. Der Wundheilungsprozess für Abschürfungen und Haarrisse sollte innerhalb von einer Woche abgeschlossen sein, sonst besteht Fäulnisgefahr. Das Heruntertrocknen der Ware ist auch wichtig für das Ausbilden einer neuen Korkschicht. Nach dem Einlagern bildet sich vor allem bei etwas zu unreif geernteter Ware eine zweite Korkschicht für die endgültige Schale aus. Die erste Schale pellt sich dann ab. Dieser Zustand der Kartoffel bis zur endgültigen Schalenfestigkeit wird als „losschalig“ bezeichnet. Auch hier heißt es mit kühlen Nachttemperaturen die Kartoffeln zu trocknen und zu kühlen. Nicht ratsam ist es, feuchte Ware vorzusortieren und erst dann einzulagern. Das geht zu oft schief, da dem Wachstum von Bakterien und Pilzen Vorschub geleistet wird. Ohne weitere Technik können Kartoffeln bis ca. 1,5 m Höhe in frostsicheren gut durchlüfteten Hallen mit Strohabdeckung gegen Kondenswasser gelagert werden. Doch Vorsicht: Die Halle muss frei von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln oder anderen geruchsfreisetzenden oder schädlichen Stoffen sein. Größere Lagerhöhen erfordern Stützwände und Lüftungskanäle mit Zwangsbelüftung. Die einfachste Form der Kistenlagerung ist die in offenen Kisten, bei denen die Luft von allen Seiten an die Knollen gelangt. Zwangsbelüftung ist nicht erforderlich im Gegensatz zur Lagerung in geschlossenen Kisten. 5. Erdnester vermeiden! Vor allem bei feuchten Bodenverhält- 60 top agrar 8/2002 nissen kann die anhaftende Erde dazu führen, dass bei kegelförmiger Beschickung der Lagerboxen oder der Kisten ein Schüttkegel mit Erde aufgebaut wird, der eine gleichmäßige Belüftung der Box oder Kiste verhindert. Daher sollten Maßnahmen ergriffen werden, die dies verhindern, wie z. B. mit dem Roden warten, geteiltes Ernteverfahren anwenden, Erdabscheider einsetzen (Vorsicht!) oder Schüttkegelbildung durch schwenkende Beschickung vermeiden. Zur erfolgreichen Lagerung gehört die besonders kritische und ständige Kontrolle mit geeichten Thermometern und Luftfeuchtigkeitsmessern der Gesamtpartie. Entfernen Sie faule Knollen bereits auf dem Roder. Ein Anteil von 1 % faulen Knollen ist beim Einlagern nicht tragbar. Fotos: agrarpress, Boerderij, Heil, Hensch 6. Veredelungsware vor Auslagern anwärmen Chips- und Pommes-Sorten können bei kühler Lagerung von 2 bis 4° C Zucker bilden, der zu stark bräunenden Verarbeitungsprodukten führt. Durch Erhöhen der Temperatur vor dem Auslagern über mehrere Tage auf 10 bis 15° C kann dieser Zucker durch erhöhte Atmung wieder zurückgeführt werden. Der Zucker wird dabei für die Atmung verbraucht, so dass die Kartoffeln an ihrer Veredlungseignung nichts verlieren. Aufgepasst: Einige Veredlungssorten haben ihr Lageroptimum bereits bei 6 bis 9° C. Kontrollieren Sie nach dem Einlagern täglich Temperatur und Feuchtigkeit der Kartoffeln. Nach 14 Tagen sollten die Knollen auf 4 bis 2° C heruntergekühlt sein.
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