© Siemens AG 2015 Referenz Industrielle Kommunikation Was wäre, wenn kein Wasser aus der Leitung kommt? Eine redundante Fernwirk- und Automatisierungslösung macht die Wasserversorgung der Stadt Luxemburg sicherer Die Wasserwerke der Stadt Luxemburg suchten ein Automatisierungssystem, das hohe Qualität und Sicherheit der Wasserversorgung gewährleistet – und sie haben es gefunden. Die Lösung: Ein redundant ausgeführtes Standardleitsystem in Kombination mit einem durchgängigen Fernwirksystem, das die Daten auf zwei unterschiedlichen Wegen überträgt. Viele Städte müssen ihr Trinkwasser über Hunderte von Kilometern heranpumpen, anders die Stadt Luxemburg. Hier sprudelt an vielen Stellen reinstes Quellwasser aus dem Luxemburger Sandstein. Mit ihren 72 Quellen kann die Stadt ihren Wasserbedarf immerhin zu 60 Prozent selbst decken. Die restlichen 40 Prozent kaufen die Wasserwerke aus einem Stausee des Sebes-Syndikats zu. Es gibt noch eine Besonderheit: Der Service des Eaux de la Ville de Luxembourg mit seinen 66 Mitarbeiter versorgen nicht nur rund 92.000 Einwohner mit Trinkwasser, sondern unter der Woche auch täglich ca. 140.000 Pendler aus Frankreich, Belgien und Deutschland. Für den richtigen Leitungsdruck im über 400 km langen Versorgungsnetz der ehemaligen Festungsstadt, in der es teilweise große Höhenunterschiede zu überwinden gilt, sorgen sechs Pumpstationen, zwölf Hochbehälter und zwei Wassertürme. Eine durchgängige Automatisierungs- und Fernwirklösung von Siemens ermöglicht die Überwachung und Steuerung der gesamten Wasserversorgung von der Leitstelle und jeder einzelnen Unterstation aus. siemens.de/telecontrol © Siemens AG 2015 Eindeutige Anzeigenfelder im Visualisierungsprogramm für die Qualitätsmesswerte (Grenzwertbereiche im Ampelfarbenprinzip) lassen den Bediener auf einem Blick erkennen, ob die Messwerte im „grünen Bereich“ liegen. Ein komplexes Berechnungsprogramm sorgt dafür, dass das Limit an Wasser aus der Talsperre Sebes nicht überschritten wird – sonst wird es teuer. Denn sie wissen, was sie tun Es gab verschiedene Lösungsansätze, deren Vor- und Nachteile ausführlich diskutiert wurden. Auf jeden Fall sollte das übergeordnete Automatisierungssystem flexibel, offen und ein Industriestandard sein. Siemens konnte diese Forderung erfüllen. „In der Siemens-Welt ist Step 7 jedem ein Begriff. Bei dem alten System jedoch gab es noch genau zwei externe Experten, die dieses System programmieren konnten. In eine solche Abhängigkeit wollten wir uns nicht mehr begeben“, erläutert Tonnar. Im Jahr 2009 entschieden sich die Wasserwerke der Stadt Luxemburg, ihre gesamte Wasserversorgung auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Mit einem neuen Automatisierungs- und Fernwirksystem sollte eine effiziente und sichere Steuerung und Überwachung der gesamten Wasserversorgung inklusive aller Außenstellen realisiert werden. Die wichtigste Anforderung an das neue System: Sicherheit. „Der Hauptgrund für die Modernisierung war, dass wir Redundanz wollten“, erläutert Nico Pundel, Direktor der Wasserwerke. „Redundanz hätte sich im alten System nur zu einem sehr hohen Preis realisieren lassen, ohne uns technisch weiterzubringen.“ Redundanz ist für die Wasserwerke nicht zuletzt aus Gründen der Wirtschaftlichkeit elementar. Denn für das Wasser, das sie aus Sebes beziehen, gibt es ein Limit. Benötigt die Stadt mehr, muss die Behörde eine Vertragsstrafe zahlen. Deshalb haben die Luxemburger ein spezielles übergeordnetes Programm im Einsatz, das bei Bedarf in die Steuerung eingreift und die verschiedenen Pumpstationen, Behälter und Wassertürme entsprechend regelt. „Wenn das Programm ausfällt, insbesondere in den heißen Sommermonaten, kann das für uns sehr schnell recht teuer werden.“, erläutert Yves Tonnar, für die Technik zuständiger Ingenieur bei den Wasserwerken. Standard und doch ganz individuell Die Wahl fiel auf eine Standard-Automatisierungslösung auf Basis des Prozessvisualisierungssystems SIMATIC WinCC. Das SCADA-System (Supervisory Control and Data Acquisition) ist technik- und branchenneutral konzipiert, modular aufgebaut, flexibel erweiterbar sowie durchgängig skalierbar und eignet sich auch für verteilte Systeme. Obwohl es sich bei WinCC im Prinzip um eine Lösung „von der Stange“ handelt, haben die Luxemburger dem Prozessvisualisierungssystem ihren ganz persönlichen Stempel aufgedrückt. Unterstützt wurden sie dabei durch das Kompetenzteam von Siemens Mannheim. Mit Ideen für komplexe Berechnungsprogramme oder auch einfache grafische Darstellungen, hinter denen jedoch jede Menge anspruchsvolles Programmieren und viel Detailarbeit steckt, hat Tonnar das ganze Können der Programmierer des Kompetenzteams immer wieder herausgefordert: „Die Programmierer waren extrem motiviert und haben sehr gute Arbeit geleistet.“ © Siemens AG 2015 Eine Besonderheit ist beispielsweise eine einfache und durchgängige Farbkennzeichnung im Visualisierungssystem, die man auch in den Stationen und Behältern vor Ort wiederfindet, oder die eindeutige Darstellung der Messwerte für die Bestimmung der Wasserqualität. Farbig markierte Grenzwertbereiche lassen auf einen Blick erkennen, ob ein Messwert im „grünen Bereich“ liegt oder Bedarf zur Nachjustierung im Prozess besteht. Zudem können Messwerte simuliert, d. h. mit einem Leitsystem direkt in die Steuerung eingegeben werden. Eine solche Simulation ist sinnvoll, wenn eine Messung ausfällt und dadurch kein Messwert an das System gemeldet wird. Für das System ist ein fehlender Messwert ein falscher Messwert. Aus Sicherheitsgründen wird dann das Trinkwasser „vernichtet“. Um zu vermeiden, dass z. B. qualitativ hochwertiges Wasser als Abwasser zurück in den Bach geleitet wird, können Messwerte simuliert werden. Darüber hinaus wurde im Visualisierungssystem eine eindeutige Anlagenkennzeichnung (AKZ-Code) realisiert, d. h. eine branchenübergreifende Codierung von Anlagen, -teilen und Geräten zur einheitlichen und systematischen Kennzeichnung. Darin verschlüsselt findet sich z. B. die exakte topographische Lage eines Schiebers oder anderer Geräte im Gesamtsystem. Der Code ist flexibel zuschaltbar, um das Visualisierungsbild nicht zu überlasten. „Wie wir die Technik umgesetzt haben, liegt weit über dem Standard. Es dürfte nur wenige Städte geben, die ein Wasserwerk auf diesem Stand der Technik und mit diesem Maß an Sicherheit betreiben“, weiß der Direktor des Wasserwerks. Früher war jede Pumpstation in drei Schichten rund um die Uhr besetzt, um kontinuierlich Messwerte zu kontrollieren und wenn nötig das Prozessgeschehen zu steuern. „Durch die Modernisierung konnten wir sehr viele Schichten abbauen. Unsere Mitarbeiter können wir heute viel sinnvoller für qualifiziertere Arbeiten einsetzen“, so Pundel. Im Schaltschrank der Leitstelle der Wasserwerke laufen alle Fäden der redundanten High-End-Automatisierungslösung zusammen. Auch die Komponenten der Fernwirklösung von Siemens sind hier untergebracht. Sicher ist sicher Als bevorzugtes Fernwirksystem sollte SINAUT ST7 zum Einsatz kommen, das zum Lösungsspektrum TeleControl Professional gehört. Das auf der Steuerung SIMATIC S7 basierende System überwacht und steuert entfernte Prozessstationen vollautomatisch. Auch hier war höchste Sicherheit gefragt. „Vorher hatten wir nur einen Server. Wäre dieser ausgefallen, hätten wir ein echtes Problem gehabt. Hinzu kommt, dass wir auch nur eine Drahtverbindung hatten. Wenn dann ein Bagger in die Leitung fährt, geht nichts mehr“, erklärt der Ingenieur. Heute hat das Wasserwerk der Stadt Luxemburg zwei Server, die örtlich getrennt sind – und damit auch zwei Fernwirkzentralen. Dabei ist eine Leitwarte prozessführend. In der zweiten sind ebenfalls alle Funktionen aktiv, es werden jedoch keine Steuerungsbefehle und Sollwerte an die Unterstationen ausgegeben. Fällt eine Zentrale aus, wird die zweite unterbrechungsfrei aktiviert. Ein spezielles Optimierungsprogramm für den Wasserbezugs sorgt dafür, dass der riesige Wasserturm im Kaltreis-Viertel an den heißesten Tagen des Jahres bis unter den Rand gefüllt ist. © Siemens AG 2015 • Notprogramm: Sollte doch einmal das ganze Netz ausfallen, arbeiten die Steuerungen SIMATIC S7-300 und die entsprechenden Kommunikationsbaugruppen SINAUT TIM 3V-IE Advanced in den einzelnen Stationen in einer Art Notprogramm immer noch autark weiter. Jedes Übertragungsmodul verfügt über einen großen Zwischenspeicher für mehrere tausend Datentelegramme. So können Ausfallzeiten der Übertragungsstrecke überbrückt werden. • Korrekte Archivierung der Prozessdaten: Im Leitsystem werden alle Datentelegramme bereits am Entstehungsort mit Zeitstempel versehen – Sommer-/ Winterzeitumstellung inklusive. • Durchgängige Projektierung von der Leitstelle bis zur Außenstation. • Sicher geschützt vor unberechtigtem Zugriff: Von außen ist der Zugriff auf das Netz über eine Security Modul SCALANCE S612 abgesichert. So kann der Fernzugriff über das Internet jederzeit sicher erfolgen. (Produktdetails siehe Kasten) 1001 Möglichkeiten der Fernwirktechnik Anlagenkonfiguration der Leitstelle und einer von 17 Außenstationen – Pumpstation Kopstal. Jede Leitwarte ist mit zwei Steuerungen SIMATIC S7-400 ausgerüstet, die Außenstationen arbeiten mit jeweils einer SIMATIC S7-300. Die Datenverbindungen zwischen Leitwarte und den Außenstationen sind ebenfalls redundant aufgebaut – einmal über GPRS (General Packet Radio Service) und zusätzlich über eine Standleitung. Jede der 17 Unterstationen ermöglicht sowohl eine ständige Prozessdaten-Kommunikation mit den beiden zentralen Leitwarten als auch Querkommunikation untereinander. „Die Stationen laufen vollautomatisch, und die gesamte Anlage lässt sich von allen Unterstellen aus und natürlich per Laptop bedienen“, erklärt Pundel. Weitere Vorteile: • Ereignisgesteuerte Kommunikation: Im Bedarfsfall wird das Bedienpersonal schnell informiert und kann sofort in das Prozessgeschehen eingreifen. • Änderungsgesteuerte Datenübertragung: Es werden nur Daten übertragen, deren Zustände sich geändert haben. Dadurch wird größtmögliche Übertragungsgeschwindigkeit erzielt Der Web Navigator des WinCC-Systems im Zusammenspiel mit der Fernwirklösung TeleControl Professional erlaubt es, Anlagen praktisch von jedem beliebigen Ort aus über das Internet zu bedienen und zu beobachten. „Theoretisch kann man von zuhause aus alles machen“, sagt Tonnar. „In der Praxis gibt es natürlich Anwender mit verschiedenen Berechtigungen.“ Damit nicht genug: Der Ingenieur kann die gesamte Anlage sogar über sein Smartphone steuern. Das durchgängige Fernwirksystem ermöglicht nicht nur eine komfortable Überwachung und Steuerung der kompletten Wasserversorgung, sondern spart auch erhebliche Wegezeiten und viele Einsätze direkt vor Ort. Dies bestätigt auch Tonnar: „Früher verbrachte ich bis zur Hälfte meiner Arbeitszeit im Auto und in den Pumpstationen. Die weiteste ist immerhin rund 20 Kilometer weit entfernt. Heute sind es vielleicht maximal noch 5-10 Prozent. Wir haben das nie gegengerechnet, aber die neue Lösung spart erheblich Zeit und damit viel Geld ein.“ Dies macht sich auch bei den Bürgern der Stadt im Geldbeutel bemerkbar. Denn so können die Wasserwerke ihren Kunden das wertvolle Nass weiterhin zu einem äußerst moderaten Preis anbieten. „Das wichtigste ist, dass durch die Redundanz doppelte Sicherheit und hohe Zuverlässigkeit unserer Wasserversorgung gewährleistet sind“, betont der Direktor. © Siemens AG 2015 Fit für die Zukunft Die Fernwirktechnik im Detail Dank moderner Kommunikationstechniken lassen sich heute auch Störungsmeldungen automatisch verschicken. Tritt z. B. am Wochenende eine Störung auf, wird über das Alarm Control Center von Siemens sofort eine SMS verschickt, die vom Empfänger in einer festgelegten Zeit quittiert werden muss. Ganz nach dem bekannten Motto „doppelt hält besser“, will sich das Wasserwerk auch hier nicht auf ein System alleine verlassen. Eine elegante und kostengünstige Lösung des Problems bieten die bereits installierten Kommunikationsbaugruppen, zu deren Funktionsumfang ebenfalls eine SMSAlarmierung gehört. „Diese zusätzliche Absicherung wollen wir in nächster Zukunft realisieren. Dann würden die SMS zweimal versendet – einmal von oben aus dem Leitsystem und einmal von unten aus der Unterstation heraus. Wenn wir dann noch zwei unterschiedliche Provider nehmen, sind wir wirklich auf der sicheren Seite“, so Tonnar. Systeme für die Unterstationen • Steuerung SIMATIC S7-300 • Touch Multipanel SIMATIC MP 377 • Advanced Kommunikationsbaugruppen SINAUT TIM 3V-IE • GPRS-Modem SINAUT MD741 • Standleitungsmodem SINAUT MD2 Systeme für die Leitstelle • SIMATIC WinCC • Leitstellensoftware SINAUT ST7cc für die Ankopplung an WinCC • Steuerung SIMATIC S7-400 • Master-Kommunikationsbaugruppe SINAUT TIM 4R-IE • Standleitungsmodem SINAUT MD2 • SCALANCE X204-2 • SCALANCE S612 Pundel ergänzt: „Wenn diese Lösung steht, können wir die Wochenendschichten nahezu komplett abbauen“. Denn dann kann sich derjenige, der Dienst hat, einfach mit seinem Laptop von zuhause einwählen und in regelmäßigen Abständen kontrollieren, ob alles in Ordnung ist. Ideen für weitere Programmmodule schlummern schon in den Köpfen der Luxemburger Wasserleute. Geplant ist beispielsweise ein Unterhaltsprogramm für die Pumpen, womit Wartung und Instandhaltung der Geräte, wie Pumpen und Motoren vorausschauend geplant und durchgeführt werden kann. Damit soll zukünftig ein unkontrollierter Maschinenausfall vermieden werden. Eine andere Idee ist es, die Messdaten der Härte auch online im Internet zur Verfügung zu stellen, um den Bürgern noch mehr Transparenz zu geben und das Vertrauen in die Qualität des Luxemburger Trinkwassers weiter zu steigern. Siemens AG Process Industries and Drives Process Automation Postfach 48 48 90026 NÜRNBERG DEUTSCHLAND www.siemens.de/telecontrol Änderungen vorbehalten PDF Referenz FAV-413-2011 De DR.PN.PA15.XXXX.95.11 Produced in Germany © Siemens AG 2015 Die Informationen in dieser Broschüre enthalten Beschreibungen bzw. Leistungsmerkmale, welche im konkreten Anwendungsfall nicht immer in der beschriebenen Form zutreffen bzw. welche sich durch Weiterentwicklung der Produkte ändern können. Die gewünschten Leistungsmerkmale sind nur dann verbindlich, wenn sie bei Vertragsschluss ausdrücklich vereinbart werden. Liefermöglichkeiten und technische Änderungen vorbehalten. Alle Erzeugnisbezeichnungen können Marken oder Erzeugnisnamen der Siemens AG oder anderer, zuliefernder Unternehmen sein, deren Benutzung durch Dritte für deren Zwecke die Rechte der Inhaber verletzen kann.
© Copyright 2025 ExpyDoc