«Man muss dem Ort, an dem man lebt, Sorge tragen»

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Kultur
JULIAN SALINAS
NZZ am Sonntag 14. Juni 2015
KUNSTMUSEUM BASEL
Das Kunstmuseum Basel von aussen. Rechts eins der Bilder aus Gerhard Richters fünfteiligem Zyklus «Verkündigung nach Tizian», 1973, die durch die Unterstützung privater Donatoren in die Sammlung kamen.
Basel leuchtet
Das Kunstmuseum Basel steht seit geraumer Zeit unter
Beschuss: Es verliere an Attraktivität gegenüber
anderen Institutionen vor Ort. Eine neue Stiftung zeigt,
dass das Gegenteil der Fall ist: Das Haus erstarkt.
Von Gerhard Mack
D
ie Ankündigung war ein
Paukenschlag: Herzog & de
Meuron bringen ihr Archiv
und die Fotosammlung der
Fondation Herzog in eine
Stiftung ein und machen
diese dem Kunstmuseum
Basel zugänglich, ähnlich wie die EmanuelHoffmann-Stiftung dies mit ihren Kunstwerken tut. Das eröffnet dem Kunstmuseum
ganz neue Möglichkeiten. Die Sammlung, die
Peter Herzog, der Bruder des Architekten,
und seine Frau Ruth über Jahrzehnte zusammengetragen haben, gilt mit ihren 300 000
Fotos als eine der wichtigsten weltweit. Sie
dokumentiert die Geschichte der Fotografie
von den ersten Daguerreotypien bis in die
Gegenwart lückenlos auf höchstem Niveau.
Sie hätten sie letztes Jahr erworben, um der
Gefahr entgegenzuwirken, dass sie in alle
Winde zerstreut wird, erläutern Jacques
Herzog und Pierre de Meuron. Indem diese
Bestände dem Kunstmuseum offenstehen,
erhält dieses ein erstklassiges neues Department. Direktor Bernhard Mendes Bürgi
spricht denn auch von «sensationellen neuen
Perspektiven, über die weltweit kaum ein
anderes Museum verfügen kann». Gauguin
geht, und Fotografie kommt.
Die Türen sind weit für neue Entwicklungen geöffnet. Das gilt auch für das Angebot,
das Archiv der Architekten zu nutzen. Bildwissenschaft lautet ein Schlagwort unserer
Zeit. Vom New Yorker Museum of Modern
Art bis zum im Bau befindlichen M+ in Hongkong führen Institute die kreativen Disziplinen zusammen. Themen lassen sich mit
Objekten aus Architektur, Kunst und Fotografie multiperspektivisch in den Blick
nehmen. Zusätzlich haben die beiden Stararchitekten aus Basel im letzten Jahr den
Ankauf von drei Bildern aus Gerhard Richters
eminenter Werkgruppe «Verkündigung nach
Tizian» ermöglicht. Der Zürcher Sammler
Hans B. Wyss hatte die Werke dem Kunstmuseum Basel dank guten Beziehungen zu
Direktor Bürgi günstig angeboten. Ein viertes
stiftete Maja Oeri, das fünfte befindet sich im
Hirshhorn Museum in Washington, DC.
Diese neuen Entwicklungen stehen den
Anwürfen entgegen, die in letzter Zeit gegen
das Kunstmuseum Basel erhoben wurden.
Stiftung Jacques Herzog und Pierre de Meuron Kabinett
«Man muss
dem Ort, an
dem man
lebt, Sorge
tragen»
NZZ am Sonntag: Herr Herzog,
Sie und Pierre de Meuron bringen
Ihr Archiv und die Fotosammlung
der Fondation Herzog in eine
Stiftung ein. Wieso?
Jacques Herzog: Uns ist es
wichtig, dass diese Materialien
zusammenbleiben. Dazu gehören unsere Skizzen, Zeichnungen, Modelle, die Kunstwerke
befreundeter Künstler, aber auch
die Fotosammlung meines Bruders, die von aussen hereinkam.
Nur so können die Denkprozesse
in unserer Architektur nachvollziehbar bleiben. Eine Stiftung
verhindert, dass Teile davon
veräussert werden können.
Im Alltag sprechen Sie und Pierre
de Meuron über aktuelle Projekte.
Woher kommt die Passion für die
eigene Vergangenheit?
Natürlich interessieren uns
die laufenden Projekte am meisten. Aber wir wollen keine
Unordnung hinterlassen. Das
kennen wir ja auch alle von zu
Hause, da fühlen wir uns auch
wohler, wenn wir unsere Sachen
aufgeräumt haben. Ich kann
besser arbeiten, wenn der Tisch
leer ist. Dann gibt es Platz für
Neues. Das Archiv ist ein Aufbewahren, vor allem aber schafft es
Freiheit für etwas anderes.
Sie nennen die Stiftung Kabinett.
Da denkt man in Basel schnell ans
Amerbach-Kabinett, die Grundlage des Kunstmuseums. Ist das so
gewollt?
Nein, das wäre vermessen.
Wir haben Kabinett als Begriff
gewählt, weil es auch ein Möbelstück und eine Architektur
meint. Das hat etwas Intimes, da
gibt es Unterteilungen. Das
spricht uns viel mehr an als ein
riesiger Raum, in dem alles ausgelegt ist wie auf einem Markt.
Deshalb haben wir auch die
Vitrinen entwickelt. Sie sind die
Kernstücke dieses Kabinetts.
«Das Kunstmuseum
Basel bleibt eine
der grossen
Kunstinstitutionen
dieser Welt.»
Wer trägt die Stiftung finanziell?
Sie beherbergt unser Firmenarchiv und wird deshalb aus den
laufenden Erträgen von Herzog
& de Meuron finanziert.
Wie sehr ist die Emanuel-Hoffmann-Stiftung ein Vorbild für das
neue Kabinett?
Die Emanuel-Hoffmann-Stiftung ist grundsätzlich ein grosses Vorbild. Damit können wir
uns sicherlich nicht vergleichen.
Pierre und ich bewundern aber
sehr, wie eigenständig sie bleibt,
wie sehr sie unter ihrer Präsidentin Maja Oeri ihren eigenen Qualitätsansprüchen folgt und
Herzog & de Meuron
1978 in Basel von Jacques
Herzog und Pierre de Meuron
gegründet, hat die Firma
Herzog & de Meuron heute
über 460 Mitarbeiter und Niederlassungen von New York bis
Hongkong. Das Olympiastadion in Peking zählt ebenso zu
den ikonischen Bauten der
Firma wie die Elbphilharmonie
in Hamburg sowie das Schaulager und der Roche-Turm in
Basel. Die Firmengründer
haben auf dem Dreispitzareal
in Basel für ihr Archiv eigene
Räume geschaffen. Die Materialien, zu denen auch eine
Kunstsammlung und die Fotobestände der Fondation
Herzog zählen, wurden in eine
Stiftung eingebracht und
stehen dem Kunstmuseum
Basel zur Verfügung. (gm.)
Jacques Herzog (l.) und Pierre
Das Kunstmuseum Basel
war von seiner
Gründung an ein Haus
der Bürger, die ihrem
Museum ihre
Sammlungen gaben.
Die Schliessung des Hauses für die Anpassung an den Erweiterungsbau, die anstehende Regelung der Nachfolge von Direktor
Bernhard Mendes Bürgi und der Abzug der
Sammlung Staechelin wurden dazu genutzt,
die Bedeutung des Museums zu hinterfragen. Dabei spielte es keine Rolle, dass die
Picasso-Bilder derzeit in der Prachtgalerie
des Prado in Madrid einen königlichen Auftritt zwischen Tizian und Tintoretto haben
oder die zeitgenössische Abteilung beim
Gastspiel im Museum Reina Sofia mit dem
Gastgeber durchaus mithält.
Wohl wahr ist, dass das Kunstmuseum
Basel von seiner Gründung an ein Haus der
Bürger war, die ihr Museum mit ihren Sammlungen alimentierten. Der Ankauf des
berühmten Amerbach-Kabinetts legte 1661
die Grundlage. Wie andere Kunstmuseen in
der Schweiz ist auch das Kunstmuseum
Basel auf Schenkungen und Stiftungen angewiesen. Sie sind die Basis, sie bezeugen das
Engagement der Bürger und machen das
Museum zu ihrer Institution. Ruedi Staechelins Abzug seiner Sammlung mit dem
bekannten Gauguin-Gemälde machte deut-
Fotowunder
300 000
CHRISTIAN AEBERHARD
So viele Fotografien
nennt die Fondation
Herzog ihr eigen.
Sie stehen dem
Kunstmuseum Basel
zur Verfügung.
de Meuron. (14. April 2015)
lich, dass private Leihgaben nicht auf ewig
sein müssen und dass die hohen Kunstmarktpreise ihren Tribut fordern: Sie verführen Besitzer zum Verkauf und bürden den
öffentlichen Häusern noch mehr Kosten für
Versicherung und Ausleihe auf.
Wie sieht es nun aber mit der Zukunft
dieser Stiftungen im Kunstmuseum Basel
aus? Da ist zunächst einmal eine Schenkung
zu verzeichnen. Die Johann-Jakob-BachofenBurckhardt-Stiftung schenkte dem Kunstmuseum die gut 300 Bilder, die sie seit 1937
hier als Dauerleihgabe deponiert hatte. Darunter befinden sich Gemälde von Lucas Cranach und Hans Memling. Mit der Sammlung
Im Obersteg hat das Kunstmuseum im
Bereich klassische Moderne wohl den grössten Zuwachs seit der Sammlung von Raoul
La Roche in den fünfziger und frühen sechziger Jahren erfahren. Die Bestände mit Höhepunkten bei Picasso, Chagall und Jawlensky
sind durch einen Zehnjahresvertrag als Dauerleihgabe ans Kunstmuseum Basel gebunden. Hans Furer, Sekretär der Stiftung Im
Obersteg, sagt klar: «Es besteht auch für die
Zeit darüber hinaus keine Gefahr, dass die
Stiftung weggeht.» Die Werke sind derzeit im
Museum Reina Sofia in Madrid ausgestellt.
Wer sie gesehen hat, stimmt Hans Furer zu,
wenn er sagt: «Wir sind im Kunstmuseum
Basel gut aufgehoben.» Sie machen in
Madrid zweifellos bella figura, im Kontext
der Basler Sammlung erstrahlt ihr Glanz
jedoch viel heller.
Ähnlich deutlich äussert sich die Präsidentin der Emanuel-Hoffmann-Stiftung (EHS):
«Es gibt für uns überhaupt keinen Grund,
unsere Beziehungen zum Kunstmuseum
Basel zu überdenken. Von einem Weggang
kann schon gar keine Rede sein», sagt Maja
Oeri. Auf welches Potenzial das Kunstmuseum Basel da zurückgreifen kann, zeigt die
Sammlungsausstellung, die dieses Wochenende im Schaulager ihre Tore öffnet. Oeri hat
immer wieder deutlich gemacht, wie sehr ihr
das Kunstmuseum am Herzen liegt. Sie hat
das Nationalbankgebäude gekauft und
geschenkt, für den Erweiterungsbau den
Grund bezahlt, 50 Millionen Franken an die
Baukosten gegeben und nicht zuletzt für die
Unterbringung der Bestände der EHS das
Schaulager errichtet. Andere erwarten, dass
Museen ihre Leihgaben aufbewahren, die
EHS unterstützt das Kunstmuseum weit über
ihre vertraglichen Verpflichtungen hinaus.
Maja Oeri setzt damit die Tradition ihrer
Grossmutter Maja Sacher-Stehlin fort,
welche 1980 die Dépendance am Rhein, das
weltweit erste Museum für Gegenwartskunst, finanziert hat.
Der Weggang der Staechelinschen Bilder
ist zwar schmerzhaft, aber er zeigt keinen
Trend an, demzufolge das Kunstmuseum für
Basler Sammler an Attraktivität verloren
hätte. Im Gegenteil, es gibt auch in den letzten Jahren wesentliche Schenkungen und
Leihgaben. Die Stiftung Jacques Herzog und
Pierre de Meuron Kabinett gibt das jüngste
Beispiel. Wohl dem Kunstmuseum und wohl
der Stadt, die in so einer Verfassung ist.
zugleich dem Kunstmuseum
Basel zur Verfügung steht.
Sie und Pierre de Meuron sind
globale Architekten, heben aber
hervor, dass Sie der Stadt Basel
etwas zurückgeben und vor allem
das Kunstmuseum unterstützen
wollen. Wieso dieser Lokalbezug?
Wir sind hier aufgewachsen
und sind überzeugt, dass man
dem Ort, an dem man lebt, Sorge
tragen muss, wo immer der ist.
Gerade weil die Welt so global
geworden ist, ist uns dieses Alltägliche, Vertraute ein grosses
Anliegen und ein wichtiges
Modell. Viele Ansätze unserer
Arbeit, das archäologische
Denken, urbanistische Konzepte,
sind aus Basel heraus entwickelt.
Wieso docken Sie die Stiftung so
eng ans Kunstmuseum an?
Das Kunstmuseum ist in Basel
die wichtigste Institution für
Kunst und einer der inspirie-
rendsten Orte weltweit. Wir
haben hier von früher Jugend an
viele Anregungen erhalten.
Dem Kunstmuseum wurde in
jüngster Zeit vorgeworfen, es verliere an Attraktivität. Ist die
Anbindung an dieses Haus auch
ein Statement für seine Zukunftsfähigkeit?
Unbedingt. Die Schenkung der
Richter-Bilder drückt das aus.
Wir wussten schon länger, dass
das Gauguin-Bild aus der Sammlung Staechelin gefährdet ist.
Das ist ein skandalöser Verlust,
wir wollten mit unseren kleinen
Mitteln ein Zeichen dagegen
setzen. Und die eminente Fotosammlung von Peter und Ruth
Herzog gibt dem Haus eine neue
Dimension. Wir sind überzeugt,
dass das Kunstmuseum nach der
Wiedereröffnung eine der ganz
grossen Institutionen dieser
Welt bleibt.
Interview: Gerhard Mack
MAGNUS SUNDHOLM / ACTION PRESS
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Jeffrey Tambor feiert mit 70 Jahren seinen Durchbruch. (2014)
Nennt mich . . .
Fortsetzung von Seite 65
Antwort», sagt er, nicht zuletzt in Anspielung
auf die Transsexuellen in der Crew: 16 Schauspieler sind es in der ersten Staffel, dazu weitere hinter der Kamera; in der zweiten Staffel, die ab Ende Juni gedreht wird, sollen es
noch mehr sein. Ist er denn überhaupt der
Richtige für die Rolle des 70-jährigen Morton
Pfefferman, der seinen drei erwachsenen
Kindern erklärt, dass er sich seit je als Frau
gefühlt habe und dies in Zukunft als Maura
offen ausleben wolle? «Ja», findet Tambor.
«Wenn Maura allerdings eine Operation
haben sollte, dann müssten sie eine transsexuelle Schauspielerin engagieren.»
Für den 1944 in San Francisco geborenen
Tambor ist die Rolle ein Glücksfall. Die Liste
seiner Engagements in Film und Fernsehen
ist zwar beeindruckend lang, unter anderem
spielte er in Serien wie «M*A*S*H», «The
Golden Girls» und «Hill Street Blues». Doch
obwohl er in über 160 Produktionen auftrat,
gelang ihm kein eigentlicher Durchbruch.
Manche mögen sich an ihn in der «Larry Sanders Show» aus den neunziger Jahren erinnern oder an seine Rolle als narzisstisches
Familienoberhaupt in der Comedy-Serie
«Arrested Development», die Anfang der
nuller Jahre lief und 2013 von Netflix mit 15
neuen Episoden weitergeführt wurde. Mehrfach war er für einen Emmy Award nominiert, aber erst seit «Transparent» muss er zu
Hause Platz für Trophäen machen.
Viele Kollegen bewundern Tambor dafür,
dass er bei den beiden grössten StreamingDiensten, Netflix und Amazon, dabei ist.
«Einer fragte mich einmal, ob ich dafür
bezahle, dort arbeiten zu können», erzählt er
und lacht laut. «Aber es ist schon so: Wer
nicht streamt, wird zum Fossil.» Tambor hält
weder etwas von Gender- noch von kulturformalistischen Grenzen. Er ist Mitbesitzer
einer Buchhandlung in Los Angeles, wie er
mit unverhohlenem Stolz erwähnt, um daraufhin seinen E-Book-Reader hervorzuholen
und Buch-Tipps auszutauschen.
Der Sohn einer konservativen jüdischen
Familie – «wir waren wie die Pfeffermans:
Wir stritten wie sie, wir waren so witzig wie
sie» – hat aus einer früheren Beziehung eine
erwachsene Tochter. Diese bekam ihr erstes
Kind 2004 fast auf den Tag zeitgleich mit
Die Rolle der Maura
Pfefferman bescherte
Tambor nicht nur
Berühmtheit, sondern
lässt ihn sein vielfältiges
Repertoire zeigen.
Tambors Ehefrau, mit der er nun vier Kinder
im Alter zwischen 5 und 10 Jahren hat.
Die Rolle der Maura Pfefferman bescherte
Tambor nicht nur Berühmtheit, sondern
auch die Möglichkeit, endlich seine schauspielerische Vielfältigkeit zu zeigen: Der
kann ja nicht nur komisch, merken wir in
jeder der zehn halbstündigen Episoden. Oft
blickt andere mit fast leerem Blick an, setzt
Gesten und Mimik sparsam ein – das
Zurückstreifen der Haare habe er seiner
Mutter abgeschaut – und tastet sich ins Frausein vor. Dann, unvermittelt, kommt Bewegung in die ein Meter fünfundachtzig. Maura
spricht mit sanfter Stimme, doch sie kann
auch wütend werden. «Sie ist ‹a good
parent›» – Tambor benützt den englischen
geschlechtsneutralen Eltern-Singular –,
«aber sie ist keine Heilige. Sie ist manipulativ. Und sie will ihre jüngste Tochter richtiggehend kaufen.» Mauras drei Kinder, hervorragend besetzt mit dem ehemaligen KinderStar Gaby Hoffmann, Amy Landecker und
Regisseur-Schauspieler Jay Duplass, hadern
jedes auf seine Weise mit dem Comingout
ihres Vaters. Vordergründig begrüssen sie
seinen Schritt, ohne sich jedoch bewusst zu
sein, dass eine Verschiebung seiner Identität
auch ihre eigene Identität infrage stellt. Die
Rollenaufteilung in einer Familie verändert
sich normalerweise sehr langsam, mit dem
Älterwerden. Hier aber geschieht eine Art
Störfall, bloss mit verzögerter Wirkung. Das
macht die Serie denn auch weit vielschichtiger als das erstklassig vermarktete ZeitgeistProdukt, als das sie einem bei dem ganzen
Jenner-Ding allmählich vorkommt. Transgender ist bloss der Aufhänger, Identitätssuche ist das Thema. Man darf gespannt sein,
wie Hollywood sich verhält, wenn im Herbst
Oscar-Preisträger Eddie Redmayne in «The
Danish Girl» den ersten Menschen, an dem
eine Geschlechtsumwandlung vorgenommen wurde, spielt. Das Projekt dümpelte seit
2008 vor sich hin, woran man einmal mehr
sieht, wo heute der Mut steckt, der dem Hollywood-Kino abgeht, nämlich bei den Serienproduzenten.
Die «Transparent»-Erfinderin Jill Soloway
erzählt in der Serie aus ihrem eigenen Leben.
2011 bekam sie einen Anruf von ihrem
damals 75-jährigen Vater, der sich als transsexuell outete; seither nennt sie ihn Moppa,
ein Amalgam aus Mom und Papa. Mauras
Comingout bei ihrer Tochter war für Jeffrey
Tambor denn auch die schwierigste Szene.
«Ich wuchs zwar im freizügigen San Francisco und im Theatermilieu auf. Trotzdem
musste ich von meinen drei Coachs viel
lernen. Und vor dieser Szene zitterte ich. Ich
wollte es unbedingt richtig machen!»
«Transparent» bei Amazon Prime Instant
Video (in der Schweiz nicht verfügbar); DVD
voraussichtlich ab Herbst. – «Orange Is the
New Black», Staffel 3, seit 12. 6. auf Netflix.