Fünf-Punkte-Katalog zur Bewältigung des Diesel-Abgasskandals Mit einem Anteil von über 40 % ist der Verkehr der größte Emittent von Stickoxiden1 in Deutschland. In den Städten, wo die größte Betroffenheit herrscht, sind es sogar 60% und mehr. Die Belastung durch Stickstoffoxide (NOx) in liegt in etwa 100 deutschen Städten über dem EU-Grenzwert. Deshalb müssen in Deutschland Maßnahmen ergriffen werden um die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu schützen und die Belastungen für Fauna und Flora durch Autoabgase minimieren. Ohne die Absenkung der Emissionen aus den Auspuffen von Dieselfahrzeugen ist die Einhaltung der Grenzwerte nicht möglich. Daher ist aus der Sicht der Kommunen eine funktionierende Abgasreinigung so wichtig. Als weitere Handlungsmöglichkeit steht ihnen noch die Reduzierung der Autos insgesamt zur Verfügung. Im Rahmen der aktuellen Diskussion über Manipulationen bei Volkswagen, zeigt sich, dass auch ohne kriminelle Manipulationen der Schadstoffausstoß insbesondere bei Diesel-Pkw im Realbetrieb um ein Vielfaches höher ist, als bei der Ermittlung der offiziellen Abgaswerte im Labor. Es handelt sich also um ein generelles Problem. Was muss geschehen, um die tatsächlichen Abgaswerte an die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte anzunähern? 1. Prüfungen unter Realbedingungen auf der Straße statt auf dem Prüfstand Für die Ermittlung der offiziellen Abgaswerte gibt es ein standardisiertes Messverfahren, das unter Laborbedingungen realitätsferne Messwerte ermittelt. Diese Werte und deren Ermittlung ist zwar rechtskonform, Untersuchungen des International Council on cleaner Transport(ICCT) zeigen jedoch, dass die NOx-Werte im Realbetrieb in Deutschland 7-20 mal höher sind. Und die sog. Zyklus-Erkennung wird allen Anschein nach auch bei der Ermittlung der CO2-Werten praktiziert: auch hier liegen die Werte im Realbetrieb höher als die Angaben im Fahrzeugschein. Um 40% sind sie im Durchschnitt höher als die Normwerte, die auch zur Ermittlung der Kfz-Steuer herangezogen werden. Deshalb fordert der BUND Nachprüfungen für alle Fahrzeugmodelle die bereits auf europäischen Straßen unterwegs sind, ebenso wie für neu auf den Markt kommende Fahrzeugmodelle unter Anwendung von RDE (real driving emission). Für neue Modelle muss eine Prüfung unter RDE-Bedingungen auf der Straße als Voraussetzung der Typzulassung ab sofort obligatorisch werden. Bei solchen Messungen dürfen aber nicht nur normierte Zyklen abgefahren werden, da diese auch auf der Straße von der modernen Technik als Zyklus erkannt werden können. Um die Wirklichkeit besser abzubilden, müssen in jede Messung auf der Straße auch ‘überraschende‘, in der Realität auftretende Fahrsituationen wie beispielsweise schnelle Beschleunigungen abgebildet werden. 2. Unabhängige Behörde mit den Überprüfungen beauftragen Das Bundesverkehrsministerium(BMVI) weiß nach eigenen Angaben bereits seit rund einem Jahr von den massiven Überschreitungen der NOx-Emissionen von Euro-6-Diesel-Pkw in Deutschland und ist dennoch nicht aktiv geworden. Deshalb sehen wir das BMVI und das ihm unterstellte Kraftfahrbundesamt(KBA)nicht als geeignete Institution für eine lückenlose Aufklärung der 1 Stickstoffoxide (NOx) werden meist als NO2 berechnet, sie zwar überwiegend als Stickstoffmonoxid (NO) emittiert werden, anschließend aber atmosphärisch zu Stickstoffdioxid (NO2) oxidieren. systematischen Überschreitungen der NOx- und CO2-Werte an. Es erscheint notwendig, dass sich eine unabhängige Behörde wie beispielsweise das Umweltbundesamt (UBA) mit der Überprüfung befasst. Alle Messungen müssen dann der Öffentlichkeit unmittelbar und kostenlos zugänglich gemacht werden. Nur so kann Vertrauen zurück gewonnen werden. 3. Dieselsubventionen streichen Noch immer werden Dieselfahrzeuge in Deutschland mit einer deutlich geringeren Energiesteuer subventioniert. Die etwas höhere Kfz-Steuer ist dafür kein Ausgleich. Der vermeintliche Umweltvorteil des Diesels ist nicht existent. Bei der Verbrennung von Dieselkraftstoff entstehen zusätzlich zu den CO2Emissionen auch Ruß und Stickstoffoxide, die sowohl gesundheits- als auch klimarelevant sind. Der tatsächlich ein wenig geringere CO2-Ausstoß beim Dieselkraftstoff wird durch diese Schadstoffe mehr als kompensiert. Es ist somit nicht richtig, dass wir den Diesel zum Erreichen unserer Klimaziele dringend benötigen, wie der Verband der Automobilindustrie(VDA) es der Öffentlichkeit so gerne weißmachen will. Außerdem ist die Jahresfahrleistung von Diesel-Pkw doppelt so hoch wie die von Benzin-Pkw. Die – in Deutschland –wesentlich teureren Anschaffungspreise, die hohen Fixkosten wirken als Anreiz zum Vielfahren. Zudem haben die deutschen Hersteller den Dieselantrieb genutzt, um immer schwerere Pkw, insbesondere auch SUV (Sports Utility Vehicles) anzutreiben: Ein klassischer „Rebound“-Effekt der Verdieselung. 4. Umweltzone mit blauer Plakette fortschreiben Unter den deutlich erhöhten NO2-Belastungen durch Dieselfahrzeuge leiden in erster Linie die Bewohner*innen vielbefahrener Straßen. Wenn aus einem aktuellen Dieselfahrzeug der Abgasstufe Euro6 ein 7-20mal erhöhter Wert zu messen ist, verschärfen solche Fahrzeuge die Situation in den Städten, anstelle diese zu verbessern. Dass selbst die vom VW-Skandal betroffenen Fahrzeuge wohl auch ohne Nachbesserung ihre grüne Umweltplakette behalten dürften zeigt, wie schwach die aktuelle Umweltzonenregelung in Bezug auf die Stickstoffoxid ist. Die Umweltverbände fordern deshalb schon seit längerem die Fortschreibung der Umweltzonenregelung mit einer blauen Plakette für Euro-6Fahrzeuge, die ihre gesetzlichen Grenzwerte auch im Realbetrieb auf der Straße einhalten. 5. Betroffene Fahrzeuge nachbessern bis sie die Grenzwerte einhalten Wenn Fahrzeuge ihre gesetzlichen Grenzwerte nicht auf der Straße im Realbetrieb einhalten, ist dies Betrug am Kunden und gefährlich für Mensch und Umwelt. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass alle Fahrzeuge nachgebessert und umgerüstet werden denen einen erhöhter NOx- oder CO2-Ausstoß im Realbetrieb nachgewiesen werden kann. Sollte eine Nachbesserung nicht möglich sein, muss eine Rückabwicklung des Kaufes erfolgen. Kontakt und Informationen: Jens Hilgenberg BUND Verkehrspolitik Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin [email protected]
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