Offener Brief: Autos müssen auch in Realität sauber und sparsam sein

c/o VCD – Wallstr. 58 – 10179 Berlin
Bundeskanzleramt
Bundeskanzlerin
Angela Merkel
Willy-Brandt-Str. 1
10557 Berlin
Berlin, 16. Oktober 2015
Offener Brief: Autos müssen auch in Realität sauber und sparsam sein
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
seit Jahren weisen Umwelt-, Verkehrs- und Verbraucherverbände darauf hin, dass Schadstoff- und
Verbrauchswerte bei Pkw in der Realität deutlich von den offiziellen Herstellerangaben abweichen.
Eine darauf bezogene behördliche Überprüfung hat in Deutschland bislang offenkundig nicht
stattgefunden. Die Folgen sind eine nach wie vor hohe Schadstoffbelastung in der Luft deutscher
Städte und eine in der Realität kaum stattfindende Minderung des CO2-Ausstoßes im Bereich des
Straßenverkehrs.
Mit den nun aufgedeckten Manipulationen von VW ist der endgültige Beweis erbracht, dass
Autohersteller systematisch Umweltvorgaben umgangen und damit Verbraucher betrogen haben.
Wir sehen den VW-Konzern nur als Spitze des Eisbergs. Zahlreiche Messungen bei Fahrzeugen ganz
verschiedener Hersteller zeigen, dass im Realbetrieb selbst bei modernen Euro 6-Diesel-Pkw die
Stickoxid-Grenzwerte um bis zu ein 15-faches überschritten werden. Auch bei Benzinfahrzeugen
wurden erhebliche Abweichungen von den geltenden Grenzwerten in Tests nachgewiesen.
Aus diesem Grund fordern wir Sie auf, sich für die umgehende Umsetzung folgender Maßnahmen
einzusetzen:
•
Illegale Manipulationen sowie das Ausnutzen von Gesetzeslücken im Rahmen der Typzulassung
sind umgehend zu unterbinden. Die angekündigten Nachmessungen dürfen sich nicht allein auf
VW und Dieselfahrzeuge beschränken. Fahrzeuge aller Hersteller, egal ob Diesel oder Benziner,
müssen im Realbetrieb nachgeprüft werden.
•
Bei signifikanten Abweichungen von geltenden Grenzwerten sind wirksame Sanktionen
einzuleiten. Die rechtlichen Möglichkeiten dazu sind durch die EU-Verordnung 715/2007 bereits
gegeben. Die Bundesregierung muss die längst überfällige Umsetzung in deutsches Recht rasch
einleiten und rechtswidrige Manipulationen als strafbewehrte Tat ahnden.
•
Die Einhaltung von Abgasvorschriften ist künftig nicht mehr durch das Kraftfahrtbundesamt
(KBA), sondern durch eine unabhängige Behörde sicherzustellen. Bei Fahrzeugen, die nicht die
entsprechenden Grenzwerte erfüllen, sind die Hersteller zur verbindlichen Nacherfüllung zu
verpflichten.
•
Für die Durchführung einer Abgas-Feldüberwachung schlagen die Verbände das
Umweltbundesamt vor. Die Mittel werden durch eine im Rahmen der Zulassung von
Neufahrzeugen erhobenen Gebühr (1 € pro Zulassung) aufgebracht.
•
Die Daten aller Messungen sind unverzüglich nach Erhebung öffentlich zugänglich zu machen.
Auf EU-Ebene
Ebene werden derzeit wichtige Instrumente verhandelt, die zu einer wesentlichen
Verbesserung der gegenwärtigen Praxis führen können. Dazu gehört insbesondere die Einführung
von Straßentests, bei denen die realen Fahrzeugemissionen (RDE – Real Driving Emissions) gemessen
werden. Die EU-Kommission
Kommission hat hierzu vergangene Woche einen Vorschlag vorgelegt, der die
Einführung von RDE-Messungen
essungen ab spätestens 2017 vorsieht. Straßenmessungen unter realen
Fahrbedingungen sind nach unserer Ansicht ein zentrales Instrument, um den tatsächlichen
Schadstoffausstoß von Fahrzeugen zu kontrollieren und auffällige Abweichungen zu identifizieren,
diee möglicherweise ein Indikator für illegale Abschaltvorrichtungen sind.
Für die Verhandlungen in Brüssel fordern die Verbände die Bundesregierung auf:
1. Unterstützen Sie den aktuellen Vorschlag der EU-Kommission
EU Kommission zur Einführung von RDERDE
Messungen, die sofort beginnen sollten. Allerdings muss – anders als im Vorschlag der EUEU
Kommission vorgesehen – sichergestellt werden, dass die geltenden Schadstoffgrenzwerte
künftig eins zu eins in der Realität eingehalten werden.
2. Auch CO2-Emissionen
Emissionen werden im Rahmen der RDE-Messungen
RD Messungen erfasst. Diese Ergebnisse
müssen ebenfalls veröffentlicht werden und in die Bewertung im Rahmen der Zulassung
eingehen. Die so ermittelten Werte sind dann zeitnah als Basis für eine transparente
Verbraucherinformation und CO2-basierte Kraftfahrzeugsteuern
zeugsteuern zu nutzen.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, jetzt
jetzt besteht die Chance, mit den richtigen Weichenstellungen
dafür zu sorgen, dass Autos künftig auch in der Realität das halten, was per Gesetz zum Schutz des
Klimas und der menschlichen Gesundheit
Gesundhe vorgegeben wurde.. Es ist in Ihrer Verantwortung, zum
Schutz der Bürgerinnen und Bürger jeder Verschiebung und Aufweichung der Verfahren
entgegenzuwirken.
Für Rückfragen stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Leif Miller
Antje von Broock
Brigitte
igitte Beherens
Bundesgeschäftsführer NABU
Stv. Bundesgeschäftsführerin
BUND
Geschäftsführerin
Geschäftsführer
Greenpeace Deutschland
Jürgen Resch
Michael Ziesak
Bundesgeschäftsführer DUH
Bundesvorsitzender VCD