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Delacroix
Delaroche
Geschichte als Sensation
11. 10. 2015 – 17. 1. 2016
www.mdbk.de
Alexandre Jazet, Der 14. Juli 1789. Die Bastillestürmer kehren
zum Rathaus zurück (nach Paul Delaroche), 1845, Musée
Goupil, Bordeaux
Dr. Hans-Werner Schmidt und Dr. Harald Langenfeld, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Leipzig
Liebe Freunde der Kunst !
nehmen sollten auf die Tagespolitik. Delacroix ist
dabei ein Meisterwerk gelungen: „Die Freiheit führt
das Volk“ – jene fast barbusige „Marianne“, die auf
der Barrikade voranstürmt und als Symbolbild von
„Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ gilt. Dieses Bild, das den nationalen Stolz Frankreichs verkörpert, wird nicht verliehen – stattdessen, und das
kann man auch als sensationell bezeichnen, unterstützt uns das Musée du ­Louvre, das erste Museum
Frankreichs, mit 28 Leihgaben, ebenso Museen aus
Paris, Nantes, Bordeaux, Lyon und Versailles wie
auch aus Oxford, Amsterdam und Kopenhagen.
Weitere Museen und Privatsammler in Deutschland unterstützen unsere Ausstellung. Diese großartige kollegiale Unterstützung unterstreicht, als
wie wichtig diese Ausstellung erachtet wird. Der
Zeitlauf hat Delacroix und Delaroche in der Wertschätzung auseinandergebracht – in Leipzig treten ihre Bilder wieder in einen Dialog, wie einst
im Pariser Salon des 19. Jahrhunderts. „Geschichte
als Sensation“, entwickelt auf den Staffeleien von
Eugène Delacroix und Paul Delaroche, erscheint so
wie ein frühes Kapitel der beliebten Fernsehreihe­
„History“, in der historische Dokumente über die
Zeitzeugenschaft lebendig werden und ein ergreifendes Bild von Geschichte vermitteln. Mehr als
140 Werke machen höchst anschaulich, was in den
Geschichtsbüchern als die Zeit zwischen „Revolution und Restauration“ bezeichnet wird. Und eben
diese Veranschaulichung von Geschichte sowie
Literatur und Religion hat auch unsere Förderer
überzeugt.
Die Kulturstiftung der Länder ist dabei wie die
Ostdeutsche Sparkassenstiftung im Verbund mit
der Sparkasse Leipzig. Die Hermann Reemtsma
Stiftung hat sich engagiert wie auch die RudolfAugust Oetker-Stiftung, die Ernst von ­Siemens
Kunststiftung und EDF Deutschland. Und unsere
treuen Partner, die Förderer des Museums der bildenden Künste Leipzig e. V. und der Freundeskreis
Max Klinger e. V., haben ebenfalls ihren Teil dazu
beigetragen. Dr. Harald Langenfeld – neben seinen Funktionen als Vorstandsvorsitzender der
­Sparkasse Leipzig und Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Ostdeutschen Sparkassen­
stiftung auch Mitglied im Vorstand unseres Fördervereins und französischer Honorarkonsul – hat das
Ausstellungsprojekt in besonderer Weise begleitet
und unterstützt. Die Bürgermeister Michael Faber
(Kultur) und ­Torsten Bonew (Finanzen) haben
zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, die angesichts der Dimension dieser Ausstellung notwendig waren. Allen möchte ich sehr herzlich danken
für die ausgesprochene Wertschätzung unserer
Arbeit im Museum der bildenden Künste Leipzig.
Ein inhaltlich facettenreiches Begleitprogramm fokussiert wichtige Aspekte dieses historischen Dialoges, der auch getragen wird von
der Zusammenarbeit zwischen dem Institut für
Kunstgeschichte der Universität Leipzig und dem
Museum der bildenden Künste Leipzig.
In der Ausstellung trifft eine visuelle Ikone,
Delaroches geschlagener „Napoleon“, ein monumentales Historienbild, auf eine kleine Federzeichnung von Delacroix, die zwei Löwen zeigt – eine
Schenkung des Sammlerehepaares Dr. Hans-Peter
Bühler und Marion Bühler-Brockhaus zur Eröffnung des Museumsneubaus 2004 (neben 40 Werken der Schule von Barbizon). So ist dieser Dialog
zwischen dem geschlagenen Kaiser und dem König
der Savanne auch ein Kapitel Leipziger Kultur- und
Mäzenatengeschichte.
Über Ihren Besuch der Ausstellung wie auch
des Begleitprogramms für Jung und Alt würden
wir uns sehr freuen.
Ihr
Dr. Hans-Werner Schmidt
Direktor
GESCHICHTE ALS SENSATION
Zwei Stars der Historienmalerei treffen in der Ausstellung aufeinander – sie waren Zeitgenossen und
wurden von der französischen Kunstkritik gleichermaßen bejubelt wie geschmäht. Während Paul
Delaroche (1797–1856) mit seinen realistischen
Geschichtsbildern zu Lebzeiten einer der international populärsten Maler F
­ rankreichs war – insbesondere in Deutschland, England und den USA –
störten sich viele an der drastischen Themenwahl
und der freien, skizzenhaften Malweise von
Eugène Delacroix (1798–1863). „Mit einem betrunkenen Besen gemalt!“ oder „Ein Massaker der
Malerei!“ waren Reaktionen des Publikums, wäh-
rend die glatte, handwerklich perfekte Malweise
Delaroches Gemälde leicht verständlich machte.
Heute ist aus dem einst verkannten Delacroix
der berühmteste Maler Frankreichs in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts geworden. Delaroche
war lange Zeit nahezu vergessen und wird zum
ersten Mal posthum in Deutschland umfassend
gewürdigt. Durch die Gegenüberstellung der beiden Künstler lässt sich verstehen, wogegen sich
Delacroix seinerzeit künstlerisch absetzte und
was seine Originalität, ja Modernität ausmachte.
Die Ausstellung wirft ein Licht auf die bis
heute brisante Wechselwirkung von Kunstmarkt,
Kunstkritik und öffentlichen Institutionen wie
Museen und Kunstakademien, die für den zeitweiligen Ruhm, aber auch für den Niedergang und das
Vergessen von künstlerischen Karrieren und Positionen mitverantwortlich sind. Beide Maler hatten ein gemeinsames Ziel: Sie wollten das Publikum mit hochemotionalen Bildern unmittelbar
ansprechen, ja sinnlich überwältigen. Daher führt
die Ausstellung den Untertitel „Geschichte als­
Sensation“ – Sensation meint dabei nicht nur das
Spektakel, sondern vor allem die Empfindung und
das Erlebnis. Beide Maler wollen mit ihren Bildern
auf das Gefühl des Betrachters einwirken.
Eugène Delacroix, Boissy d’Anglas grüßt den Kopf des Abgeordneten Féraud, 1831, Musée des Beaux-Arts de Bordeaux
Die Französische Revolution und ihre Folgen
Titel: Paul Delaroche, Napoleon I. in Fontainebleau am 31. März 1814 nach Empfang der Nachricht vom Einzug der Verbündeten in Paris, 1845, Museum der bildenden Künste Leipzig
Die Leipziger Volkszeitung setzt sich in einem
redaktionellen Teil mit dem Weltgeschehen auseinander, im anderen mit der Lokalpolitik. Sie widmet sich der Kultur und verleiht auch Fragen der
Religion eine Stimme. In dieser Ihnen vorliegenden Beilage wird dieses Themenspektrum durch
Werke der bildenden Kunst angesprochen. Paul
Delaroche? – nie gehört! Mag sein. Aber das große
Banner, das zur Zeit über dem Haupteingang unseres Museums hängt und auf dem ­Napoleon ziemlich deprimiert erscheint, das haben Sie sicherlich
schon einmal gesehen. Paul Delaroche hat das Bild
gemalt und es zeigt den geschlagenen ­Napoleon
im Jahr 1814, also kurz vor dem Ende seiner politischen Karriere, das entscheidend in Leipzig eingeleitet wurde, nämlich in der so gewaltig titulierten ­„Völkerschlacht“. Und dieses Bild wurde 1845
von dem Leipziger Seidenwarenhändler Adolph­
Heinrich Schletter erworben, der Handelsvertretungen in Paris und Lyon unterhielt und mit
Leidenschaft die französische Kunst seiner Zeit
sammelte. Jener Schletter hat den L
­eipzigern
den ersten Museumsbau (1858) geschenkt und
seine Sammlung französischer Kunst gleich mit.
Delaroche war zu seiner Zeit ein Star und der
Leipziger Schletter musste den hohen Preis seines
Werkes akzeptieren. Und Delacroix? Warum tritt
er neben Delaroche in unserer Ausstellung auf ?
Delacroix war der Kontrahent und Konkurrent
von Delaroche, mit dem er gemeinsame Lebenserfahrungen teilte. Beide Künstler wuchsen in den
Nachwirren der Französischen Revolution auf, in
der gesellschaftliche Werte je nach Standpunkt
der Herrschenden und Regierenden neu definiert
wurden und in der auf den jakobinischen Terror die
uneingeschränkte Herrschaft des napoleonischen
Kaisertums folgte. Wie sich hier orientieren? Beide,
Delaroche und Delacroix, zogen die Geschichte und
Literatur als Inspiration heran, setzten Ereignisse
ins Bild, die wie moralische Lehrstücke Einfluss
Im Laufe von 60 Jahren erlebte Frankreich drei Revolutionen – die Französische Revolution von 1789, die Juli­revolution
von 1830 und die Februarrevolution von 1848. Zwischen 1799
und 1815 lag außerdem der Aufstieg und Fall Napoleons, der
Frankreich politische und territoriale Expansion, aber auch
große militärische Niederlagen brachte. Hunderttausende
junge Franzosen ließen in der sogenannten Großen Armee ihr
Leben, von ihren vielen europäischen Leidensgenossen in den
Armeen der Feinde Frankreichs ganz zu schweigen.
Die Französische Revolution und die schillernde Figur
­Napoleons spalteten die Französische Gesellschaft in Anhänger
und Opponenten. Barrikaden wurden nicht nur auf der Straße,
sondern auch in den Köpfen errichtet. Zensur der Presse und
Einschränkung der Meinungsfreiheit waren auch nach 1789
gebräuchlich. Die Erinnerung an den jakobinischen Terror während der Revolution, als die Guillotine das Volk in einen Blutrausch versetzt hatte, blieb in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenso lebendig wie die Erinnerung an Napoleon.
Der häufige Wandel der politischen Systeme und der
herrschenden Ideologien nach den Erschütterungen der­
Französischen Revolution prägte auch die Biografie der beiden
Künstler Eugène Delacroix und Paul Delaroche. Nicht nur malten sie Bilder, die sich direkt auf konkrete politische Ereignisse
bezogen, sondern beide stellten bevorzugt die Vergänglichkeit
von Macht und Mächtigen dar.
Eugène Delacroix, Übungsstunde im Kunstreiten, 1822, Staatliche Museen zu Berlin,
Kupferstichkabinett
Paul Delaroche, Marie Antoinette vor dem Tribunal, 1851, The Collection of the Château de Balleroy
Literatur als zündender Funke
Eugène Delacroix, Die Barke des Kardinals Richelieu auf der Rhone, 1826, Musée du Louvre, Paris
Hofmaler der geköpften Majestäten
Eugène Delacroix, Cromwell im Schloss Windsor, um 1828,
Galerie Hans, Hamburg
Noch niemals zuvor wurden so viele Geschichtsbücher publiziert wie in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts. Sie erzielten hohe Auflagen und
erreichten ein Massenpublikum. Wenn ein Volk
seinen König köpfen kann, stellen sich viele Fragen. Wie war die Französische Revolution im Detail
verlaufen? Gab es dafür historische Vorläufer? Hat
Geschichte eine Moral? Historiker, Literaten und
Maler entdeckten das Mittelalter und die Renaissance als Stoff für schaurige Dramen, die nicht
erfunden waren, sondern auf historischen Tatsachen beruhten. Paul Delaroche feierte in den 1820er
und 1830er Jahren im Pariser Salon große Erfolge
mit seinen Darstellungen aus der englischen und
französischen Geschichte, die als Spiegelbilder der
jüngeren Geschichte und politischen Gegenwart
Frankreichs interpretiert wurden.
Durch seine Zusammenarbeit mit dem Verlagshaus Goupil und dem Berliner Kunsthändler
Louis-Friedrich Sachse wurden die Gemälde von
Delaroche vervielfältigt und international berühmt.
Sie gehörten zur Grundausstattung europäischer
Geschichtsbücher und schmückten die Wohnzimmer der Pariser Bourgeoisie, die sich am Sturz der
Mächtigen ergötzte. Heinrich Heine, ein früher
Bewunderer Delaroches, bezeichnete ihn ironisch
als „Hofmaler der geköpften Majestäten“. PAUL DELAROCHE
EUGÈNE DELACROIX
1797
Hippolyte-Paul Delaroche wird
am 17. Juli in Paris geboren
1798
Ferdinand-Victor-Eugène
Delacroix wird am 26. April in
Charenton-Saint-Maurice bei
Paris geboren
1818
Lehre bei dem Historienmaler
Antoine-Jean Gros
1824
Reise nach London
1827/28
Orden der Ehrenlegion. Beginn
der Zusammenarbeit mit dem
Verlagshaus Goupil
1832
Mit 35 Jahren jüngstes Mitglied
des Institut de France
1833
Professor der Académie des
Beaux-Arts, Paris
1834
Italienreise
1835
Heirat in Rom mit Louise Vernet,
Tochter des Malers Horace Vernet
Übernahme des Lehrateliers von
Antoine-Jean Gros nach dessen
Tod
1838
Beginn der Reihe von Bildnissen
Napoleons. Zweite Italienreise
1843
Schließung des Lehrateliers
nach dem tragischen Tod eines
Schülers
1845
Tod seiner Ehefrau Louise
1849
Reise über Aachen, Frankfurt,
Weimar und Leipzig nach
Dresden
1856
Delaroche stirbt am 4. November
1815
Erste künstlerische Ausbildung
im Atelier des Historienmalers
Pierre-Narcisse Guérin
1816
Aufnahme in die École des
Beaux-Arts
1824
Beschäftigung mit dem Werk des
britischen Dichters Lord Byron
1825
Aufenthalt in England von Mai
bis August
1832
Reise über Spanien nach
Marokko
1838
Auftrag für die Ausmalung der
Bibliothek der Abgeordnetenkammer im Palais Bourbon, Paris
(1847 vollendet)
1839
Reise nach Belgien und Holland
mit Stationen in Antwerpen, Den
Haag und Amsterdam
1850
Auftrag für die Ausmalung der
Galerie d’Apollon im Louvre (1851
vollendet). Reise nach Brüssel,
Antwerpen und Köln
Eugène Delacroix, Der Tod des Sardanapal (Ölstudie), 1826/27, Musée du Louvre, Paris
„Wie sehr möchte ich ein Dichter sein, zumindest mit den Mitteln
der Malerei!“ schreibt der junge Delacroix 1824 in sein Tagebuch
und spricht damit eine zentrale Seite seines Schaffens an: Kein französischer Maler des 19. Jahrhunderts war ein so leidenschaftlicher
Leser und hat so stark versucht, Poesie und Literatur in die Malerei
zu übertragen, ja in Farbe zu übersetzen. Wie auch sein Zeitgenosse
Victor Hugo (1802–1885), der große Schriftsteller der französischen
Romantik, entdeckte Delacroix Shakespeare als großes Vorbild, verehrte Dante, Lord Byron und Walter Scott, deren Themen und Motive
er immer wieder in Gemälden und Grafiken umsetzte. Die Schilderung des menschlichen Dramas zwischen Groteskem und Erhabenem, Schrecklichem und Schönem, zwischen Komödie und Tragödie ist ein fortwährendes Anliegen von Delacroix. Die Literatur ist
dabei eine lebendige Quelle der Anregung für ihn und als Inspiration
noch wichtiger als die politische oder gesellschaftliche Wirklichkeit.
Ein besonderes Highlight der Ausstellung ist der komplette Zyklus
seiner Lithografien zum „Faust“, von deren kongenialer Umsetzung
Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) begeistert war.
Eugène Delacroix, Mephistopheles in
Auerbachs Keller, 1826, Kunsthalle Bremen,
Kupferstichkabinett, Der Kunstverein in Bremen
1855
Auf der Pariser Weltausstellung
ist Delacroix mit mit 36 Gemälden vertreten
1857
Mitglied im Institut de France als
Nachfolger von Paul Delaroche
1863
Delacroix stirbt am 13. August
Paul Delaroche, Cromwell am Sarge Karls I., vor 1834 oder 1846, Hamburger Kunsthalle
Paul Delaroche, Die Söhne Eduards IV., 1830, Musée du Louvre, Paris
Zwischen Gott und Bestie
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit waren die Ideale der Französischen
Revolution, die aber wenig später in der Realität der kapitalistischen bürgerlichen Gesellschaft keine Rolle mehr spielten. Im Gegenteil, Egoismus
und der Kampf ums Dasein herrschten vor, nicht nur in der Metropole Paris.
Im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in Paris viele Kirchen neu erbaut oder mit neuen Bildprogrammen ausgestattet, die auf ein
wachsendes Bedürfnis breiter Schichten nach spiritueller Orientierung reagierten. Delaroche und Delacroix waren hieran beteiligt und schufen hochemotionale religiöse Historienbilder. Beide blieben dabei skeptisch hinsichtlich der Erlösungsversprechen der Gesellschaft und der Kirche. Eugène
Delacroix fand im Bild des wilden Raubtiers ein Symbol für Schönheit und
Vitalität, aber auch für die zerstörerische Energie der Natur, deren Schöpfung der Mensch ist.
François-Auguste Biard, Matrosen in einem Boot, sich gegen Eisbären verteidigend, um 1839, Museum der bildenden Künste Leipzig
Ein Mäzen und sein Museum
Paul Delaroche, Herodias mit dem Haupt Johannes des Täufers, 1843, Wallraf-Richartz-Museum &
Fondation Corboud, Köln
Der Leipziger Kaufmann und Kunstsammler Adolph Heinrich Schletter (1793–1853)
trug eine der bedeutendsten Sammlungen französischer Kunst in Deutschland zusammen, die er mitsamt seinem Vermögen 1853 der Stadt Leipzig stiftete – unter der Bedingung, dass die Stadt innerhalb von fünf Jahren ein Museum dafür bauen sollte. Andernfalls würde seine Sammlung an die Stadt Dresden gehen. Das war Leipzig ein Ansporn
und in genau fünf Jahren wurde der erste Museumsbau für das Städtische Museum
(das um die Jahrhundertwende in Museum der bildenden Künste Leipzig umbenannt
wurde) auf dem Augustusplatz errichtet. Das Gebäude wurde 1943 beim Bombenangriff auf Leipzig zerstört.
Das Hauptwerk von Schletters Sammlung war das 1845 direkt beim Künstler in
Paris erworbene Gemälde „Napoleon I. in Fontainebleau“, das mit einem Kaufpreis
von 12.000 Francs zugleich das teuerste Bild seiner Sammlung war. Parallel zur Ausstellung „Eugène Delacroix & Paul Delaroche. Geschichte als Sensation“ werden Meisterwerke aus der Schletter-Sammlung präsentiert. Dafür wurden bedeutende Gemälde
restauriert und für einige Werke mit Mitteln der Hermann Reemtsma Stiftung neue
Rahmen nach historischen Vorbildern angefertigt. Im Ausstellungs­katalog wird die
Sammlung Adolph Heinrich Schletter erstmals vollständig verzeichnet. Schletter sammelte nicht nur Kunst, er war auch ein begeisterter Musikliebhaber und förderte junge
Künstler wie Richard Wagner.
Anne-Louis Girodet-Trioson, Danae betrachtet sich in dem ihr von Amor
vorgehaltenen Spiegel, 1798, Museum der bildenden Künste Leipzig
Eugène Delacroix, Der Tod des Johannes des Täufers, 1858, Kunstmuseum Bern
Eugène Delacroix, Löwe aus dem Atlasgebirge, 1829, Kunsthalle Bremen,
Kupferstichkabinett, Der Kunstverein in Bremen
Städtisches Museum Leipzig, erbaut 1854–1858
Das von Adolph Heinrich Schletter ermöglichte und nach Plänen des Architekten
­Ludwig Lange gebaute erste Museumsgebäude
am Augustus­platz konnte im November 1858
feierlich eröffnet werden. Nach Plänen des
Stadtbau­
direktors Hugo Licht wurde durch
Anbauten die ursprüngliche Grundfläche des­
Museums in den 1880er Jahren verdoppelt. In
der Bomben­nacht vom 3. auf den 4. Dezember
1943 wurde das Gebäude weitgehend zerstört,
für das Museum der bildenden Künste Leipzig
begann die über 60 Jahre dauernde Interimszeit, die am 4. Dezember 2004 durch die Eröffnung des Neubaus ihr Ende fand. Die Ruine
des alten Museumsgebäudes wurde erst 1962
abgerissen, 1981 eröffnete an gleicher Stelle das
neue Gewandhaus.
HISTORIENMALEREI DES 19. JAHRHUNDERTS
­ elgischen
Während der Ausstellung werden in einem Saal im 3. Obergeschoss weni- den weitreichenden Einfluss von Paul Delaroche sowie der b
ger bekannte Werke der deutschen Historienmalerei des 19. Jahrhunderts ­Historienmalerei. Gleichzeitig illustrieren die Gemälde den Geschmack des
präsentiert. In ihrer genrehaften Auffassung von Geschichte zeigen sie Leipziger Bürgertums im 19. Jahrhundert.
Eugène Delacroix, Eine Inderin wird von einem Tiger angegriffen, 1856, Staatsgalerie Stuttgart
DELACROIX & DELAROCHE SPEZIAL
ERÖFFNUNG
10. Oktober, 18 Uhr
VORTRÄGE
12. November, 18 Uhr
Napoleon und die Naturwissenschaften
Prof. Dr. Joachim Fischer, München
26. November, 18 Uhr
Delacroix und die „Dante-Barke“
Prof. Dr. Klaus Herding, Frankfurt am Main
3. Dezember, 18 Uhr
Delacroix und die Moderne
Dr. Holger Jacob-Friesen / Kunsthalle Karlsruhe
10. Dezember, 18 Uhr
Delacroix und Delaroche als politische
Künstler
Prof. Dr. Claudia Hattendorff / Universität
Gießen
WORKSHOPS*
11. November, 17–19 Uhr
Im Kontext: Was ist Anlass künstlerischer
Auseinandersetzung?
Mit der Künstlerin Mara Diener
28. November, 10–12 Uhr
Ich Zeig’s Euch Werkstatt
Von den jungen Guides das Führen lernen
ÖFFENTLICHE FÜHRUNGEN
Sonntag, jeweils 11 Uhr:
11. Oktober, 18. Oktober, 25. Oktober,
8. November, 22. November, 29. November,
13. Dezember, 20. Dezember, 27. Dezember,
3. Januar, 10. Januar, 17. Januar
Mittwoch, jeweils 18 Uhr:
28. Oktober, 9. Dezember, 16. Dezember,
30. Dezember
Donnerstag, 15 Uhr für die Generation 60plus:
5. November, 3. Dezember, 7. Januar
Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstraße 10
04109 Leipzig
Tel. 04 31 / 21 69 90
[email protected]
www.mdbk.de
Di + Do–So 10–18 Uhr, Mi 12–20 Uhr
Mo sowie 24. und 31. Dezember geschlossen
Feiertage 18. November, 25./26. Dezember
und 1. Januar, 10–18 Uhr
Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 5,50 Euro
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre frei.
Am zweiten Mittwoch im Monat
freier Eintritt.
Der KunstBegleiter
Der Audioguide, realisiert mit Unterstützung
des Institut Français und der Förderer
des Museums der bildenden Künste
Leipzig e. V., steht dem Individualbesucher als
Begleiter auf Deutsch, Französisch und
Englisch zur Verfügung und kann im
App-Store kostenfrei heruntergeladen werden.
Der Katalog
Der in Kooperation mit dem Kunstgeschichtlichen Institut der Universität Leipzig
entstandene Katalog zur Ausstellung enthält
Beiträge von Sébastien Allard, Stephen
Bann, Kristin Bartels, Thierry Laugée, France
Nerlich, Jan Nicolaisen und Martin Schieder.
Der Band mit 384 Seiten und zahlreichen
Farbabbildungen erscheint im Michael Imhof
Verlag und ist im Museumsshop Wasmuth für
39 Euro sowie im Buchhandel erhältlich.
* Die Workshops richten sich an Jugendliche und
junge Erwachsene ab 16 Jahren. Anmeldung unter
Tel. 03 41/21 69 99 14
Impressum
Museum der bildenden Künste Leipzig
Einrichtung der Stadt Leipzig
Beilage zur Leipziger Volkszeitung am 10. Oktober 2015
Texte: Jan Nicolaisen, Kurator
Redaktion: Jörg Dittmer, Ulrike Otto, Roland Stratz
Gestaltung: Harald Richter, Hamburg
Fotos: bpk / RMN, die genannten Museen und
Sammlungen; PUNCTUM / Alexander Schmidt (S. 2)
Hauptleihgeber der Ausstellung
Musée du Louvre, Paris | Musée des Beaux-Arts de Nantes | Kunsthalle Bremen
Förderer der Ausstellung
CRANACH – VON DER IDEE ZUM WERK
Eine Kabinettausstellung aus eigenen Beständen
bis 15. November 2015
Lucas Cranach d. J., Hirsche, 1560er Jahre
Lucas Cranach d. Ä. (Kronach / Oberfranken
1472 – 1553 Weimar), zählt zu den wichtigsten Künstlern der deutschen Renaissance.
Mit großem Erfolg leitete er einen Werkstattbetrieb in Wittenberg und Weimar, der
für das sächsische Herrscherhaus, für Reformatoren wie Martin Luther, aber auch für
katholische Würdenträger wie Kardinal
Albrecht von Brandenburg wichtige Aufträge ausführte. Das Museum der bildenden Künste Leipzig verfügt mit 18 Gemälden,
10 Zeichnungen und 59 Druckgrafiken über
einen beeindruckenden Cranach-Bestand,
um dieses brisante Spektrum von Auftraggebern der Reformationszeit zu veranschaulichen. Höhepunkt der Kabinettausstellung, die im Zusammenhang mit dem 500.
Geburtstag von Lucas Cranach d. J. steht,
ist ein Werkstattraum, in dem die jüngsten Forschungsergebnisse zur Maltechnik
der Cranachwerkstatt präsentiert werden.
Sie wurden im Zuge umfassender Untersuchungen für das Cranach Digital Archive
(http://www.lucascranach.org) generiert. Darüber hinaus ist die spektakuläre Restaurierung des Andachtsbildes „Die Heilige Dreifaltigkeit“ (1515) von Lucas Cranach d. Ä. in einer
Foto- und Filmdokumentation zu sehen.