’Der Nordafrikanische Mann’ – Ein neues Feindbild?! Bestandsaufnahme, Analyse und Konsequenzen Fachtagung 25. bis 26. Februar 2016 Geschäftsstelle der Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage Ahornstraße 5, 10787 Berlin 030 21 45 85 0, [email protected] 1 Der Kontext: Der „Nordafrikanische Mann“ ist seit dem Jahreswechsel in den Fokus der bundesdeutschen Öffentlichkeit gerückt. Gemeint sind mit dieser Chiffre junge Männer aus dem Maghreb - also aus Marokko, Algerien und Tunesien –, die verantwortlich für die sexistischen und gewalttätigen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht gemacht werden. Nicht nur aus Köln, auch aus Berlin, Hamburg und weiteren Städten werden dieser Gruppe organisierter Raub und sexuelle Übergriffe auf öffentlichen Straßen und Plätzen zugeschrieben. Diese beunruhigende Entwicklung kollektiver Kriminalität empört Alte wie Junge, Frauen wie Männer, Alteingesessene wie Zugewanderte, Asylgegner wie Asylbefürworter. Sie macht auch vielen Menschen Angst. Frauen sorgen sich um ihre Sicherheit im öffentlichen Raum, viele fühlen sich von der Polizei nicht mehr ausreichend geschützt. Rassistische Einstellungen nehmen zu und Bürgerwehren, die vielerorts gegründet werden, stellen das Gewaltmonopol des Staates infrage. Entsteht gerade ein neues Feindbild, dass die innere Sicherheit und die Willkommenskultur der Zivilgesellschaft ebenso gefährdet wie die abstoßenden Vorkommnisse sexualisierter Gewalt? Auch an den Courage-Schulen ist diese Entwicklung ein großes Thema. Die Bundeskoordination setzt sich seit Jahren dafür ein, dass über alle Formen menschenverachtenden Verhaltens engagiert und sachlich debattiert wird – unabhängig davon, ob sie zu Lasten einer Minderheit oder der Mehrheit gehen. Redeverbote helfen nicht weiter. Sie sind Wasser auf die Mühlen derer, die diese Gewalt für ihre politischen Interessen instrumentalisieren. Diese Auseinandersetzung kann nur gelingen, wenn sie mit Respekt vor den Opfern und ohne Generalverdacht geführt wird. Wir wissen, dass alle Menschen Opfer und Täter sein können, häufig beides gleichzeitig: Der schutzberechtigte Flüchtling kann zum sexistischen Gewalttäter werden, der skrupellose Taschendieb zum Opfer rassistischer Übergriffe oder die Antisemitin zum Mobbingopfer. Zum Inhalt: Bis Anfang des Jahres spielten Migranten aus dem Maghreb in der bundesdeutschen Debatte nur eine untergeordnete Rolle. Entsprechend gering sind die Kenntnisse über diese Gruppe. Die Fachtagung geht der zentralen Frage nach, wie über die Problemlagen gesprochen und beraten werden kann, ohne rassistischen Diskursen Vorschub zu leisten. Wie kann ein differenzierter Blick auf Migranten aus dem Maghreb entwickelt werden, der deutlich macht, dass es sich um eine äußerst heterogene Gruppe handelt, die zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedliche Lebenslagen eingewandert sind? Was ist das Besondere an der Gruppe von zumeist alleinreisenden, männlichen Jugendlichen, die scheinbar ihren Aufenthalt in Deutschland dafür nutzen, das nötige Kapital für ihre Zukunftspläne über kriminelle Wege zu akkumulieren. Stehen ihnen legale Wege des Lebensunterhalts zur Verfügung? Rassistische Reaktionen nehmen zu. Wer profitiert davon? Was tragen die Medien zur Aufklärung oder zur Vorurteilsbildung bei? Wie können Akteure der Zivilgesellschaft angemessen auf die neuen Herausforderungen reagieren und was sind die Konsequenzen für das Courage-Netzwerk? Die Tagung richtet sich in erster Linie an die Landes- und Regionalkoordinationen, an unsere außerschulischen Kooperationspartner und an die Bundeszentralen Projektträger. Die Kurzfristigkeit der Einladung ist der Aktualität und Brisanz des Themas geschuldet. Mit Ihrer Anmeldung verpflichten Sie sich, an beiden Tagen teilzunehmen. Reise- und Übernachtungskosten werden gemäß Bundesreisekostengesetzt übernommen. Die Fachtagung wird im Rahmen unserer Maßnahme „Lernziel Gleichwertigkeit“ durchgeführt und gefördert von: Trägerverein 2 Vorläufiges Programm Donnerstag, 25. Februar 2016 11:00 Uhr - Eröffnung und Begrüßung Sanem Kleff, Leiterin der Bundeskoordination, Eberhard Seidel, Geschäftsführer 11:15 Uhr Zuwanderung aus dem Maghreb nach Deutschland – Geschichte, Daten, Fakten Michael Kiefer, Islam- und Politikwissenschaftler 12:30 Uhr – Mittagspause 13:15 Uhr Informationen zu den Herkunftsländern (historisch, ökonomisch, politisch; Migrationsgründe) Samy Charchira, Sozialpädagoge 14:45 Uhr – Kaffeepause 15:00 Uhr Aktuelle Konfliktlagen und Lebensrealitäten in NRW, Berlin und anderswo Samy Charchira; Ercan Yasaroglu, Sozialpädagoge 16:30 – Kaffeepause 17:00 Uhr Sexualisierte Gewalt gegen Frauen Sanem Kleff, Pädagogin 19:00 Uhr – gemeinsames Abendessen Freitag, 26. Februar 2016 9:15 Uhr „Der Nordafrikanische Mann“ in den Medien – eine Analyse Lalon Sander, Journalist 10:45 Uhr – Kaffeepause 11:00 Politische Konsequenzen aus der Debatte Michael Kiefer, Samy Charchira, Ercan Yasaroglu 12:30 Mittagessen 13:00 Uhr Konsequenzen für die Arbeit für das Courage-Netzwerk Sanem Kleff, Gönül Kaya 14:30 Ende der Fachtagung, Abreise Tagungsmoderation: Sanem Kleff und Eberhard Seidel 3 Verzeichnis der Referentinnen und Referenten Samy Chachira Sozialpädagoge, Sachverständiger bei der Deutschen Islamkonferenz und Mitglied des Landesvorstandes des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes NRW; langjährige Erfahrungen in der Arbeit mit jungen, männlichen Migranten aus dem Maghreb. Gönül Kaya Sozialwissenschaftlerin, Referentin der Bundeskoordination, spezilisiert auf die Themenfelder Migration, Interkulturalität und Diversity. Dr. Michael Kiefer Islam- und Politikwissenschaftler, Projektleiter bei einem Jugendhilfeträger in Düsseldorf mit langjährigen Erfahrungen in der Arbeit mit marokkanischen Jugendlichen. Sanem Kleff Pädagogin und Germanistin, Vorstandsvorsitzende von Aktion Courage e.V. und Leiterin der Bundeskoordination von Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage, Berlin. Sie arbeitet seit 1980 in der Lehrerfortbildung und zum Thema Flucht & Asyl Lalon Sander Journalist, Redakteur der Tageszeitung (taz) Eberhard Seidel Soziologe, Geschäftsführer von Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage. Er arbeitet seit Jahrzehnten zu Konfliktfeldern in der Einwanderungsgesellschaft. Ercan Yasaroglu Sozialpädagoge, langjährige Erfahrungen in der Stadtteilarbeit in Berlin-Kreuzberg und in der Arbeit mit jungen Migrant*innen. 4
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