Urlaubsreisetrends 2025 Zukunftstrends in der touristischen Nachfrage. Martin Lohmann Kurzfassung zum Vortrag auf dem Tourismustag Rheinland-Pfalz „Zukunftswerkstatt Tourismus“; Bingen, 25. Nov. 2015 In diesem Beitrag werden die zukünftigen Entwicklungslinien der Nachfrageseite des Urlaubstourismus der Deutschen bis zur Mitte des kommenden Jahrzehntes untersucht. Basis dafür sind die Daten der jährlichen „Reiseanalyse“ (RA) der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. seit den frühen 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Wir berücksichtigen dabei aber natürlich auch Einflussfaktoren aus dem Umfeld und aus dem touristischen Angebot. Die so gewonnen Trends sind keine möglichst absonderlichen Überraschungen, sondern heute begründet absehbare Entwicklungen in der Zukunft. Es zeigt sich, dass auf die deutschen Urlauber auch im nächsten Jahrzehnt Verlass sein wird. Gerade deswegen ist Tourismus ein Zukunftsmarkt. Dennoch halten die kommenden Jahre eine ganze Reihe von Herausforderungen bereit. Angesichts des breiten Angebotes und des sich daraus ergebenden Konkurrenzdrucks und einer kaum wachsenden, aber flexibel reagierenden Nachfrage von erfahrenen Kunden ist der Tourist im Markt der stärkere Part. Die Trends bis 2025 lassen erwarten: Das Nachfragevolumen bleibt stabil bei rund 70 Mio. Urlaubsreisen und rund 85 Mio. Kurzurlaubsreisen p.a. Der Tourismus hat eine sehr treue Kundschaft. Andererseits: National ist Tourismus nicht selbstverständlich ein Wachstumsmarkt. Die Struktur der Nachfrage ändert sich, nicht zuletzt aufgrund des demographischen Wandels. 2025 werden knapp 40% der Urlaubsreisen von über 60jährigen gemacht. Wachstumschancen ergeben sich nachfrageseitig für Reisen ins Inland (auch für Rheinland-Pfalz, allerdings mit dem Risiko zunehmender Austauschbarkeit) und in Fernziele, bei den Reisearten für Strandurlaub einerseits, für Städtereisen andererseits. Geändertes Informations- und Entscheidungsverhalten durch Technologie und Marktverhältnisse mit Auswirkung auf Buchungsverhalten und Organisation. Die immer differenzierteren und vielfältigeren Produkte im Tourismus müssen kommuniziert werden, der Werbedruck der Konkurrenz wächst. Neue Kommunikationskanäle verlangen zusätzliche Anstrengungen und angepasste Strategien. Starke Informationsüberlastung und austauschbare Produkte im Tourismus führen zu einem geänderten Konsumentenverhalten. Man nutzt mehr Informationsquellen und -kanäle, hat aber für die einzelne Nachricht weniger Zeit. Informationen werden eher überflogen („gescannt“) als gelesen. Das Involvement der Kunden bei ihren Entscheidungen sinkt. Das bedeutet, dass sie für rationale Argumente bei der Produktauswahl nur begrenzt zugänglich sind und viele Entscheidungen mehr aus dem Bauch heraus treffen. Der Kunde sucht nicht mehr die Information, sondern die Information sucht seine Aufmerksamkeit. Lohmann, Nachfragetrends im Tourismus, 25.11.2015 S. - 2 - Mehr Kommunikation über Reisen zwischen Konsumenten: Aus demonstrativem Konsum wird demonstrative Kommunikation. Bei den Urlaubswünschen tritt zu den grundlegenden Erholungsmotiven der Wunsch nach Spaß und Abwechslung stärker hervor. Die Qualitätserwartung (an Ausstattung und Erlebnis) ist ausgeprägt. Erfahrene, multi-optionale Konsumenten: Multi-Optionalität meint den Trend, dass der Kunde selbst zunehmend mehr Wahlmöglichkeiten sieht, mit denen er einen für ihn positiven Urlaub gestalten kann. Das spannende auf der Kundenseite ist, dass die potenziellen Urlauber so breit gestreute Interessen und Motive haben, dass sie mit ganz verschiedenen Angeboten glücklich werden können. Für Destinationen bedeutet das eine erweiterte Wettbewerbssituation. Die Trends im Tourismus sind keine Naturgesetze. Gesellschaft und Wirtschaft können gegen diese Entwicklungen an arbeiten (wozu wurde das Marketing erfunden?), sie nutzen oder sich quasi abseits des Mainstream eine eigene Nische suchen. Die Trends sagen nicht, was man tun oder lassen sollte. Sie sind eine Entscheidungshilfe für die eigenen Planungen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Zukunft des Tourismus bietet überdies Gestaltungsspielraum (wirtschaftlich, gesellschaftlich, ökologisch). d.h. eine Destination kann sich entscheiden, welche der sich bietenden Chancen sie nutzen möchte. Das bedeutet aber auch die Notwendigkeit, sich zu entscheiden bzw. zu positionieren. Unbedingte Erfolgsvoraussetzung bleibt eine intensive, realistische Kundenorientierung. Viele Aspekte des Urlaubsreiseverhaltens im Quellmarkt Deutschland zeigen in den letzten Dekaden große Robustheit. Tatsächlich wird der Tourismus 2025 (insgesamt und in Rheinland-Pfalz) nicht grundverschieden von dem im Jahre 2015 sein. Und auch die Treiber bleiben prinzipiell die gleichen. Die stabilen Konsummuster in der Gesellschaft bieten eine gute Planungsgrundlage, individuell ist die Urlaubsgestaltung sehr abwechslungsreich. Für Destinationen bilden diese absehbaren Entwicklungen einen wichtigen Hintergrund für die eigenen Zielsetzungen und Planungen. Unter den Marktbedingungen des kommenden Jahrzehntes ist eine Zielsetzung, bei der Rheinland-Pfalz seine Marktposition nicht nur hält, sondern ausbaut, ein ambitioniertes Vorhaben, das viel Einsatz erfordert. In einem stagnierenden Markt mit „pfiffigen und kundigen“ Kunden ist der Wettbewerb hart! Der Einsatz sollte sich auf den Erhalt und den Ausbau der Basisqualitäten einer Destination (Attraktivität, Ausstattung, Erreichbarkeit) beziehen (letztlich wirksam im Kundenerlebnis) und auf die Relevanz der Angebote („passen in unsere Zeit“, auch eine Aufgabe der Kommunikation). Der Wettbewerb wird vor allem um die Aufmerksamkeit der potenziellen, multi-optionalen Gäste geführt werden. Präsenz und Lautstärke sind gefragt. Fortschritte und Erfolge im Tourismus werden in den kommenden Jahren eher im Detail und eher langsam stattfinden. Für eine sensationslüsterne Branche und auf PR bedachte Politik kann das ein Problem sein, das man im Auge behalten sollte. Der Referent Martin Lohmann, ist Leiter des NIT, Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa, in Kiel. Als Professor lehrt er am Departement für Wirtschaftspsychologie der Leuphana Universität Lüneburg, an der Modul Universität in Wien und am MCI in Innsbruck. Er ist wissenschaftlicher Berater für die deutsche „Reiseanalyse“ der FUR (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V.). Mehr Informationen unter www.nit-kiel.de, www.fur.de und www.leuphana.de, www.modul.ac.at/Lohmann Kontakt: NIT, Fleethörn 23; D - 24103 Kiel; [email protected] Informationen zur RA Trendstudie finden sich hier: http://www.fur.de/ra/publikationen-presse/trends2025/
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