Reformation und Eine Welt

welt
Reformation
und Eine Welt
Schwerpunkt
DEZ. 2015 – FEB. 2016
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weltbewegt
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Schwerpunkt
Editorial
Aus dem Inhalt
Ein Zeichen der Hoffnung – nun in mehrfacher Hinsicht.
Der Apfel mit dem Logo der Weltklimakonferenz 2015 in
Paris.
„Selbst wenn ich wüsste, dass die Welt
morgen in Stücke zerfällt, würde ich immer
noch meinen Apfelbaum einpflanzen.“
Martin Luther King
Martin Luther King jr. (1929 – 1968) war US-amerikanischer Pastor und Bürgerrechtler. Er zählt zu den
bedeutendsten Vertretern des Kampfes gegen soziale
Unterdrückung und Rassismus. Wegen seines Engagements für soziale Gerechtigkeit erhielt King 1964 den
Friedensnobelpreis. Am 4. April 1968 wurde King bei
einem Attentat ermordet.
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Fotos: REUTERS/C. Hartmann (1), C. Plautz (1), U. Plautz (1), Wikimedia (2), E. v. d. Heyde (1), C. Wenn (3), J. Ahrens (1), F. Hübner/LWB (1), M. Tuve (1), Illustrationen: C. Wenn (2)
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Reformation und die
Eine Welt
Heute noch wichtiger
Orientierungspunkt
Die Reformation hatte
Auswirkungen weltweit. Dr.
Klaus Schäfer zur Geschichte
einer „Weltbürgerin“.
In der evangelischen Kirche
Polens spielt die Tradition
noch immer eine große Rolle,
so Dr. Marcin Hintz.
Als Kirche stellen wir
uns der Realität
Spiegel und
Kraftquelle
Die lutherische Kirche habe die
Pflicht gegen Ungerechtigkeit
zu protestieren, meint Bischof
Zachariah Kahuthu aus Kenia.
Welche Rolle spielt Reformation
für die Arbeit in der Ökumene?
Gedanken von Christa Hunzinger und Eberhard v. d. Heyde
Welche Botschaft ist
heute wichtig?
Ohne Laien keine
Partnerschaftsarbeit
Mit dieser Frage haben sich
Geistliche aus Tansania,
Kenia und dem Kongo
auseinandergesetzt.
Wir sind Kirche!
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Die lutherische Kirche in
Brasilien mischt sich da ein,
wo es notwendig ist.
Die weltweite Ökumene ist
auf das „Priestertum aller
Gläubigen“ angewiesen,
damit sie lebendig bleibt.
Pilgerweg für
Klimagerechtigkeit
Ihre Eindrücke vom Pilgerweg
schildern Christen und
Christinnen aus Europa,
Afrika und Asien.
„Verstehst du auch,
was du da liest?“
Nachruf auf
Theo Ahrens
Über die Bedeutung der
Schrift – ein interreligiöses
Gespräch zwischen Roberto
Pera und Axel Matyba.
Ein großer „Theologe der
Mission“ sei Theodor Ahrens
gewesen, so Paul G. Buttler
in seinem Nachruf.
Die Kirche ist immer
in Reformation
Tagung der VIII.
Generalversammlung
Über die Bedeutung der
Reformation in der Ökumene
spricht Bischof Munib
Younan, Präsident des LWB.
Die Nordamerikaarbeit der
Nordkirche war ein Schwerpunkt der VIII. Generalversammlung in Breklum.
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Liebe Leserin, lieber Leser,
Reformation und Eine Welt – was
verbinden wir damit? Welche Bedeutung hat die reformatorische
Tradition heute noch konkret? Welche Rolle spielt sie weltweit in der
ökumenischen Bewegung?
In vielen Gesprächen mit Christinnen und Christen aus Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika, die im Rahmen der Partnerkirchenkonsultation
im September 2015 geführt wurden, ist einmal mehr deutlich geworden, dass die lutherische Tradition kein lokal
begrenztes Ereignis aus der Vergangenheit ist. Reformation
ist längst eine Weltbürgerin geworden, die für das Handeln
der Menschen auch heute noch eine wichtige Bedeutung
hat. Sie ist „keine sich selbst genügende Angelegenheit“,
erklärte Bischof Munib Younan, Präsident des Lutherischen Weltbundes, sondern „steht immer in einem
bestimmten Kontext und muss auf die Bedürfnisse und
Nöte der Menschen eingehen“. So gehört soziales Engagement zum Selbstverständnis der lutherischen Kirche auf
den Philippinen, in Indien und Brasilien und auch für
Bischof Zachariah Kahuthu aus Kenia gehört es zur ureigenen Aufgabe einer lutherischen Kirche, „gegen Ungerechtigkeit zu protestieren“. Wie das konkret aussehen kann,
zeigt unter anderem das Engagement der kenianischen Kirche in Dadaab, dem größten Flüchtlingslager der Welt. Die
Beiträge, die nur einen Ausschnitt dessen zeigen können,
was zum Thema zu denken und zu sagen wäre, führen vor
Augen, was es bedeuten kann, wenn das Evangelium zur
Richtschnur des Handelns wird. Es gilt das eigene Handeln
zu überprüfen – aber auch das der Kirchen und der Mächtigen dieser Welt. Reformation ist eine Aufgabe, die bleibt.
Für Ihr Interesse, Ihre Mitarbeit und Ihre Anregungen
danken wir Ihnen herzlich.
Wir wünschen Ihnen gesegnete Weihnachtstage und ein
gutes neues Jahr.
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Ihre
weltbewegt-Post-Anschrift: Zentrum für Mission und Ökumene – Nordkirche weltweit, Postfach
52 03 54, 22593 Hamburg, Telefon 040 88181-0, Fax -210, E-Mail: [email protected]
IMPRESSUM: weltbewegt (breklumer sonntagsblatt fürs Haus) erscheint viermal jährlich. HERAUSGEBER UND V
­ ERLEGER: Z
­ entrum für Mission und Ökumene
– Nordkirche weltweit, Breklum und ­Hamburg. Das Zentrum für Mission und Ökumene ist ein Werk der ­Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.
DIREKTOR: Pastor Dr. Klaus Schäfer (V.i.S.d.P.), REDAKTION: Ulrike Plautz, GESTALTUNG: Christiane Wenn, KONZEPT: Andreas Salomon-Prym, SCHLUSS­
­ amburg, Telefon 040 88181-0, Fax: 040 88181-210, w
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Reformation
und die Eine Welt
che, deren Repräsentant allerdings
leider kurzfristig absagen musste,
sowie eine katholische Vertreterin –
sind vom Geist der Reformation
berührt worden.
Geschichte einer Weltbürgerin
Reformation – was ist damit
eigentlich gemeint?
Dr. Klaus Schäfer
R
eformation und die Eine Welt“
– unter dieser Überschrift steht
das vorletzte Themenjahr der sogenannten Reformations-Dekade. Die
Evangelische Kirche in Deutschland
(EKD) hatte sie auf dem Weg zum
500-jährigen Jubiläum der Reformation ausgerufen. Eröffnet wird
das Themenjahr am 31. Oktober
2015, dem Tag, an dem Martin
Luther – laut Überlieferung – seine
95 Thesen an die Schlosskirche zu
Wittenberg angeschlagen hatte.
„Reformation und die Eine Welt“
– damit soll zum Ausdruck gebracht
werden, dass die Reformation eine
weltweite Ausstrahlung gehabt hat
und diese Wirkungsgeschichte global auch heute spürbar ist. Die Reformation ist eine „Weltbürgerin“ geworden, so sagt es Martin Junge,
Generalsekretär des Lutherischen
Weltbundes (LWB).
In der Tat: Erst vor wenigen
Monaten haben wir in der Nordkirche während der großen Partnerkirchenkonsultation im September
2015 diese weltweite Ausstrahlung der
Reformation konkret erlebt. Fast 60
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weltbewegt
Delegierte, Männer und Frauen, aus
den gut 30 Partnerkirchen der
Nordkirche – aus Afrika und Asien,
aus dem Nahen Osten und dem
Pazifik, aus Nord- und Südamerika
sowie aus europäischen Ländern –
waren über eine Woche bei uns zu
Gast. Unter dem Thema „Gemeinsam
den Weg der Gerechtigkeit gehen“
waren wir in kleinen Gruppen
unterwegs in Kirchenkreisen der
Nordkirche. Wir haben in Breklum
miteinander die Bibel gelesen und
über wichtige Aspekte des Themas
nachgedacht. Wir sind eine kleine
Wegstrecke des Pilgerweges für
Klimagerechtigkeit zur Weltklimakonferenz nach Paris mitgewandert
und haben im Hamburger Michel mit
der Gemeinde vor Ort einen großen
und schönen Gottesdienst gefeiert. In
diesen Tagen konnte man die Ausstrahlung erleben, die die Reformation
überall in der Welt hat – bis in die
Gegenwart hinein. Auch die Kirchen,
die nicht zur lutherischen Kirchenfamilie gehören – wie etwa die Kirche
von England, der Chinesische Christenrat, die Russisch-Orthodoxe Kir-
Auch wenn die konkrete Erfahrung
der weltweiten Kirche, wie wir sie
gerade erlebt haben, eindrucksvoll
ist, lohnt es sich, zu Beginn des
Themenjahres noch einmal präziser
nachzufragen, was genau unter dem
Thema „Reformation und Eine
Welt“ zu verstehen ist. Welche
Aspekte verbinden sich damit? Bei
näherem Hinsehen wird deutlich,
dass die Antwort auf diese Frage gar
nicht so leicht zu geben ist. Es ist
bereits schwer zu bestimmen, welche Akteure und Träger im Zusammenhang mit dem Reformationsereignis zu nennen sind: Da ist
selbstverständlich Martin Luther,
aber er steht nicht allein. Daneben
gab es Zwingli und Calvin und die
Täuferbewegung, den sogenannten
Linken Flügel der Reformation.
Dazu selbstverständlich auch vielfältige regionale Ausprägungen und
Varianten einer komplexen geistesgeschichtlichen Epoche, die mehrere Jahrzehnte, wenn nicht ein ganzes Jahrhundert umfasste.
Daneben kann man die Frage
aufwerfen, was mit dem Stichwort
„Reformation“ inhaltlich eigentlich
gemeint ist: Geht es bei der Reformation um die „Kirche der Freiheit“,
Fotos: S. Roß (1)
Schwerpunkt
Schwerpunkt
wie sich die EKD vor einigen Jahren
noch einmal selbst definiert hat?
Spielt das „protestantische Prinzip“,
das reformatorische Ethos, die entscheidende Rolle, wonach Kirche
immer eine Kirche in permanenter
Reform ist – „Ecclesia Semper Reformanda“, oder geht es zentral um andere Inhalte? Wenn es um wesentliche Stichworte geht, wie „Gewissensfreiheit“ oder „der Mensch allein
vor Gott“, scheint es so, als ob das
Reformatorische nicht selten durch
andere geistesgeschichtliche Entwicklungen überblendet wird, wie
etwa die Aufklärung oder der Pietismus, die historisch erst nachreformatorisch sind.
Nicht zuletzt muss man feststellen, dass die Reformatoren des
16. Jahrhunderts noch nicht in weltweiten Dimensionen dachten. Auch
wenn Martin Luther in seinem Brief
an die Christen in Riga, Reval und
Dorpat die Briefempfänger als solche ansprach, „die Ihr am Ende der
Welt“ lebt, scheint der Satz angesichts der Entfernung zwischen Baltikum und Wittenberg doch etwas
übertrieben. Wie auch immer. Anders als die katholische Kirche hatten die protestantischen Reformer
die epochalen Globalisierungsprozesse damals noch nicht im
Blick, die mit der sogenannten Entdeckung Amerikas und des Seewegs
nach Indien schon 25 Jahre vor der
Abfassung der 95 Thesen begannen.
Selbst Jahrzehnte nach Luther konnte die Wittenberger Theologische
Fakultät in einem Gutachten viele
Argumente benennen, warum sich
lutherische Christen gerade nicht in
der Weltmission zu engagieren hätten. Es brauchte erst noch andere
Frömmigkeits- und Kirchenformen, jenseits oder innerhalb des
landeskirchlich-provinziell verfassten Christentums – vor allem den
Pietismus und die Organisationsform der freien Vereine mit ehrenamtlichem Engagement – bevor sich
das reformatorische Christentum
seinerseits aufmachte und sich zu
einer „Weltbürgerin“ entwickelte.
Was sind Merkmale eines reformatorischen Christentums
in der weltweiten Ökumene?
Fragt man heute nach, worin die
reformatorische Identität heute
besteht, so kann es darauf gewiss
eine Reihe von durchaus unterschiedlichen Antworten geben. Ich
will hier sieben Merkmale nennen,
die für mich in der Bestimmung des
weltweiten reformatorischen Christentums eine Rolle spielen.
Erstens: Die Reformation startete
und war geprägt von einer neuen
Lektüre der Bibel als der Heiligen
Schrift. Luther war vor allem auch
Bibelübersetzer und Bibelinterpret.
Die Bibel in die Muttersprache zu
übersetzen, sie dann in die Hand der
Menschen zu legen und ihnen die
eigenständige Lektüre der Bibel
zuzutrauen, das war eine – vielleicht
sogar die entscheidende – Besonderheit der Reformation gewesen.
Nicht dass andere Konfessionen dies
nicht auch tun. Aber dies eröffnet zu
haben, das war der Beitrag der Reformatoren zur Erneuerung von Glaube
und Kirche. In der Folge war die
Übersetzung der Bibel in die
Sprachen der Welt die Voraussetzung
dafür, dass sich christlicher Glaube
in unterschiedlichen Kulturen ausbreiten konnte. Zudem gab die
Lektüre der Bibel den von westlichen
Ländern kolonialisierten Völkern
ethische Maßstäbe in die Hand, mit
denen man die kolonialen Herrschaftssysteme beurteilen und herausfordern konnte. Auch das gehört
zur – wenn auch vielleicht so nicht
immer beabsichtigten – Wirkungsgeschichte des reformatorischen
Schriftprinzips.
Im Studium der Bibel macht
Martin Luther – zweitens – die Entdeckung, dass die Gerechtigkeit
Gottes – dies war der Begriff, mit
dem er gerungen hatte – zu allererst
eine Gabe Gottes an den Menschen
ist. Eine Gabe, die sich dem
Menschen erschließt und ihm eine
Würde zuspricht, die er dankbar
annehmen darf. Gottes Zuwendung
führt den Menschen in die Freiheit.
Sie spricht ihm Sinn zu, stärkt seinen
Lebensmut und erschließt ihm
Zukunft. Das Evangelium, das die
Reformatoren im 16. Jahrhundert auf
diese Weise neu ans Licht stellten, ist
eine Botschaft für die Welt geworden.
Aus der Gabe der Freiheit, die das
Evangelium den Menschen durch das
Evangelium zuspricht, erwächst aber
drittens auch der Anspruch, dieses
Leben nicht allein für sich zu leben,
„Gemeinsam den
Weg der Gerechtigkeit gehen“ –
Christinnen und
Christen aus 30
Partnerkirchen der
Nordkirche kamen
im September zur
Partnerkirchenkonsultation 2015 in
Breklum zusammen.
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Schwerpunkt
Predigtalltag
vor fast 500
Jahren. Eine
Interpretation
von Georg Penz
(ca. 1500 – 1550).
Ausschnitt aus
einem Holzschnitt, erschienen bei Wolfgang
Formschneider.
sondern es in den Dienst für die
Menschen und den Dienst an der
Welt zu stellen. Martin Luther hat
dies in seiner Schrift „Von der
Freiheit eines Christenmenschen“ in
die berühmte Formulierung gefasst,
dass „ein Christenmensch … ein
freier Herr über alle Dinge und
niemandem untertan“ und zugleich
auch „ein dienstbarer Knecht aller
Dinge und jedermann untertan“ sei.
Die Zuwendung, die Menschen von
Gott erfahren und die ihre „Füße auf
weiten Raum“ stellt (Psalm 31,9b),
will dahin führen, dass sie sich
anderen Menschen zuwenden.
Dass Gottes Gerechtigkeit – oder,
wie Luther übersetzt hat, „die
Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“ –
Menschen auf den Weg der
Gerechtigkeit führt, das hat die
Partnerkirchenkonsultation der
Nordkirche zum Ausdruck
bringen wollen. Oder anders
formuliert: Das Geschenk
des Glaubens führt zu Taten
des Glaubens und zum
Dienst an den Menschen,
deren Würde verletzt wird
und die in ihrem Leben
wenig von Gottes Liebe und
Gerechtigkeit erfahren.
Vielfalt in der Einheit
Viertens gilt, jedenfalls für
Martin Luther und die
lutherische Reformation,
dass es sehr unterschiedliche institutionelle Gestalten und
Manifestationen von Kirche geben
kann – und es sie tatsächlich auch
gibt. Kirche ist zuallererst die
Gemeinschaft von Menschen, die
auf das Evangelium hören und die
Sakramente miteinander teilen.
Nicht Priester, Bischöfe, Pastoren,
nicht Riten oder Ämter konstituieren die Kirche, sondern allein das
Evangelium, das Menschen anrührt, das sie zur Antwort ruft und
zu einer neuen geschwisterlichen
Gemeinschaft zuammenschließt.
Die Gestalten der Kirche können
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weltbewegt
sehr verschieden sein, unterschiedlich in unterschiedlichen Kulturen
und Traditionen. Für das Kirche
sein „genügt es“ – „satis est“, wie es
in den lutherischen Bekenntnisschriften heißt, dass sich Menschen
im Hören auf das Evangelium versammeln und das Evangelium in
Gestalt der Sakramente von Taufe
und Abendmahl empfangen. Institutioneller Pluralismus ist deshalb
ein Wesensmerkmal des reformatorischen Christentums.
Zum fünften Kennzeichen gehört
der Reformgedanke an sich. Die
Kirche ist immer wieder aufgefordert,
sich selbst kritisch im Lichte der
Heiligen Schrift zu prüfen, vor dem
Hintergrund der Herausforderungen
der Zeit. Sie muss sich fragen, ob sie
noch oder weiter auf den Wegen
Gottes geht und das Evangelium in
Wort und Tat in relevanter Weise für
ihre Zeitgenossen verkündigt. Wie
Luther in seiner Zeit „Von der
Babylonischen Gefangenschaft der
Kirche“ gesprochen hat, so muss sich
die Kirche auch heute fragen, ob sie
sich nicht wieder in Gefangenschaft
– oder etwas bescheidener gesagt: in
Befangenheiten – wiederfindet.
Christen und Christinnen aus
dem globalen Süden haben in ökumenischen Diskussionen der letzten
Jahrzehnte so auch immer wieder
von einer kulturellen Gefangenschaft
des westlichen Christentums in
Formen westlicher Konsum- und
Erlebnisgesellschaft und eines Raubtierkapitalismus gesprochen und dies
kritisch angemerkt.
In den unterschiedlichen Perspektiven, die im Gespräch zwischen
Kirchen unterschiedlicher kultureller
Herkunft aufeinanderprallen, zeigt
sich die Vitalität, aber auch die
kulturelle Verschiedenheit und
Komplexität eines globalen Christentums, das nicht einfach auf eine
Lehrmeinung festzulegen ist. Auch
dies haben wir in der Partnerkirchenkonsultation erlebt.
Zum reformatorischen Christentum gehört sechstens auch ganz
allgemein ein gewisser Pragmatismus, sowohl – wie gerade erwähnt – im Blick auf die Formen der
Kirchlichkeit als auch im Blick auf
die Gestaltung und Bewältigung des
Lebens überhaupt. Luther
hat zwar dem Verstand in
Glaubenssachen nicht viel
zugetraut, hat aber den
gesunden Menschenverstand in Sachen des alltäglichen Lebens und auch
in der Gestaltung des
öffentlichen Lebens – etwa
der Politik und der Ausgestaltung des Rechts –
durchaus gelobt und in
Anspruch genommen.
Zwar ist die Rede von
der „Eigengesetzlichkeit“ in
der Politik ebenso gefährlich wie ein vermeintlich
vernünftiger Hinweis auf „Realpolitik“, die „keine Alternativen“
kennt. Die Tatsache jedoch, dass
man überhaupt vernünftig argumentiert und nach rational verantwortbaren Entscheidungen in
Konflikten sucht, ist ein reformatorisches, jedenfalls ein lutherisches Erbe. Oder, um es noch
einmal anders zu sagen: Lutherische
Theologie unterscheidet sich deutlich von einer Haltung, die man als
„gesetzlich“ bezeichnen kann.
Schließlich soll siebtens angeführt werden, dass reformatorische
„Christ sein ist
immer kosmopolitisch.“
Kirchenalltag
2015 – eine
Interpretation
von Christiane
Wenn.
Theologie und Frömmigkeit in ihrer
lutherischen Gestalt eine sehr existenzielle Dimension hat. Glaube,
so die lebenslange Erfahrung
Luthers, ist immer wieder von
Anfechtung und Zweifel bedroht.
Er ist nie fertig und reibt sich
mitunter an Erfahrungen von Scheitern und Dunkelheit, in denen die
Stimme Gottes nicht zu hören und
sein Licht nicht zu sehen ist. Aber
auch weil der Glaube immer wieder
angefochten wird – eigentlich ein
sehr moderner Gedanke –, wächst
Theologie an dieser Anfechtung.
Darum kann Glaube niemals triumphalistisch, selbstherrlich, arrogant oder überheblich sein, sondern
ist als dankbare Antwort auf die
Barmherzigkeit zu verstehen, die
Menschen von Gott erfahren. „Wir
sind Bettler, das ist wahr!“ ist eines
der letzten Worte, die Luther vor
seinem Tode auf einen Zettel geschrieben hat.
Christentum ist immer
kosmopolitisch
Was reformatorisches Christentum
deshalb auszeichnet ist eine große
Gelassenheit, die Gott selbst in der
Welt am Werk sieht, um sich unter
und aus allen Völkern seine Kirche
zu schaffen. „Während ich hier mit
Philippus sitze und mein Wittenbergisch Bier trinke, läuft das Evangelium“ (allein durch die Welt), so
hat Luther diese Gelassenheit und
dieses Gottvertrauen einmal sinn-
gemäß zum Ausdruck gebracht. In
der Tat: Das Evangelium ist um die
Welt gelaufen und tut es noch. Die
Reformation ist „Weltbürgerin“ geworden! Aber auch das andere ist
in diesem Reformationsgedenkjahr
über Reformation und Eine Welt
zu sagen: Wir in Norddeutschland
sind christliche Weltbürgerinnen
und Weltbürger und sollten unser
Christsein im globalen Horizont
leben und gestalten. Das Christentum ist immer kosmopolitisch –
sonst es ist nicht Christentum! Dies
gilt nicht nur für die reformatorische Variante des Christlichen, sondern auch für die katholische, orthodoxe, charismatisch-pentekostale und für jede Gestalt des Christlichen.
Dr. Klaus Schäfer
ist Direktor des
Zentrums für
Mission und
Ökumene.
weltbewegt
weltbewegt
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7
Schwerpunkt
Als Kirche stellen wir uns der
Realität
Bischof Zachariah W. Kahuthu
D
as Ereignis
der Reformation war nicht nur
irgendein Ereignis des 15.
Jahrhunderts irgendwo im fernen Europa. Sie ist ein Prozess, der
damals begann und bis heute weiterwirkt – weltweit. Wichtig für uns heute
ist, dass das Evangelium, also nur das
Wort Gottes, im Zentrum unseres
Glaubens steht, und keine andere
Macht, auch nicht die der Kirche. Wir
sind gerechtfertigt ohne unser Zutun
allein durch den Glauben. Das macht
uns frei zum Handeln. Für uns ist nicht
irgendeine Wirtschaftsmacht, sondern
die Bergpredigt richtungsweisend.
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weltbewegt
So geht es uns nicht darum,
Sonntagsreden zu halten. Wir wollen
uns als Kirche auch einmischen und
sehen, wie wir diesen Glauben umsetzen können, sowohl im alltäglichen
persönlichen Leben als auch in gesellschaftlichen und globalen Beziehungen.
Als lutherische Kirche ist
es doch unsere Pflicht gegen
Unrechtgerechtigkeit zu protestieren!
Als lutherische Kirche in Kenia weichen wir der Realität nicht aus, sondern stellen uns den konkreten Herausforderungen und fragen zum Beispiel: Was können wir tun angesichts
der zunehmenden Wasserknappheit?
Wir sehen, dass die Wasserknappheit
keine Naturkatastrophe ist, sondern
Das
größte
Flüchtlingslager der Welt
liegt in Kenia. In
Dadaab leben hier mehr
als 350 000 Flüchtlinge,
meist aus Somalia. Viele sind hier
bereits aufgewachsen.
eine Folge des Klimawandels und der
Umweltzerstörung. Es wurden zu
viele Wälder gerodet, auch bei uns.
Um wenigstens etwas dagegen zu tun,
ermutigen wir Christen in den
Gemeinden: Wann immer ihr einen
Baum fällt, pflanzt dafür zehn. Wenn
ihr Kinder tauft, pflanzt einen Baum!
Viele tun das. Das sind zwar kleine
Schritte, aber sie sind ein Anfang, um
der Zerstörung etwas entgegenzusetzen. Denn der Klimawandel ist von
Menschen verursacht.
Wir fragen aber auch: Wie kommt
es, dass einige wenige Menschen im
Reichtum schwelgen, während viele
andere zu wenig haben, um davon leben
zu können? Dass weltweit und auch in
Kenia der Graben zwischen Arm und
Reich immer tiefer wird, auch das ist
kein Naturgesetz. Diese Ungerechtigkeit ist von Menschen gemacht. Als
Kirche identifizieren wir uns mit den
Armen und unterstützen sie. Menschen
brauchen Bildung, gerechten Zugang
zur Gesundheitsversorgung, lebensnotwenige Nahrung! Unsere Kirche leistet
Fotos: E. v. d. Heyde (1), REUTERS/T. Mukoya (1)
Dass sich die lutherische Kirche in Kenia mit vielen sozialen
Problemen auseinandersetzt, ist sie ihrer Tradition schuldig.
zum einen soziale und diakonische
Arbeit. So bieten wir zum Beispiel
Programme zur Betreuung von Straßenkindern an, entwickeln Bildungsangebote oder unterstützen Menschen,
die ein Kleingewerbe betreiben durch
Mikrokredite. Wir nehmen aber auch
unsere prophetische Stimme in der
Gesellschaft wahr. So treffen wir uns in
regelmäßigen Abständen mit Regierungsvertretern. Als lutherische Kirche
ist es doch unsere Pflicht gegen Ungerechtigkeit zu protestieren!
Eines der wirklich drängenden
Probleme in Kenia ist die große Zahl
von Flüchtlingen. Im Flüchtlingslager
in Dadaab, das bereits vor 20 Jahren
vor allem für Menschen aus Somalia
errichtet wurde, lebten zwischenzeitlich über 650 000 Flüchtlinge. Heute
leben hier 350 000 Menschen in
einfachen Hütten und Zelten. Es ist
damit immer noch das größte Flüchtlingslager der Welt. Viele sind hier
aufgewachsen. Das Lager gleicht heute
in weiten Teilen einer Stadt. Es gibt
kleine Läden und Stände mit Obst und
Getreide. Insgesamt leben hier 100 000
Flüchtlingskinder zwischen fünf und
dreizehn Jahren, von denen nur ein
Teil die Schule besuchen kann. Mittlerweile wurde ein zweites Flüchtlingslager für 120 000 Menschen aus dem
Südsudan in Karuna errichtet. Als
Kirche setzen wir uns sehr für die
Betreuung von Flüchtlingen ein und
arbeiten dafür auch eng mit dem
Lutherischen Weltbund zusammen. Im
Schlepptau der Krisen und Konflikte
in den Nachbarländern haben auch
wir leider zunehmend Probleme mit
extremistischen Gruppen wie Al Shabaab, die unsere Sicherheit bedrohen
und zuletzt einen Anschlag auf
das Camp in Dadaab mit vielen
Todesopfern verübt haben. Auch das
gehört zur Realität.
Umso mehr ist uns in den letzten
Jahrzehenten der interreligiöse Dialog
immer wichtiger geworden. Wir sitzen
regelmäßig mit Muslimen und auch
mit Hindus an einem Tisch, wenn es
um die Bewältigung von konkreten
Problemen oder auch um grundsätzliche Fragen geht. Dazu gehören Themen wie die Gleichstellung zwischen
Mann und Frau oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften.
Menschen brauchen nicht
nur Gebete, sondern auch
etwas zu essen
Ich hatte neulich einen befreundeten
Bischof einer Pfingstkirche getroffen
und er sagte mir: „Der größte Unterschied zwischen uns ist: Wir sehen
die Dinge von einer emotionalen
Warte aus und ihr von einer realistischen.“ Damit hat er Recht. Wir
haben als lutherische Kirchen spirituelle Aufgaben, aber setzen uns auch
ernsthaft mit der gesellschaftlichen
Realität auseinander. Emotionen sind
in jedem Gottesdienst wichtig, aber
Bischof
Zachariah
Wachira
Kahuthu ist
Bischof der
Kenianischen
EvangelischLutherischen
Kirche (KELC).
Seit den 60er
Jahren gibt es
den Zusammenschluss
aller lutherischen Kirchen
im National
Council of
Churches of
Kenya (NCCK).
wir fliehen nicht in eine emotionale
Realität beziehungsweise wir bleiben
auch nicht auf dieser Ebene stehen
wie viele Pfingstkirchen. Wenn wir
sehen, dass Menschen hungrig sind,
dann brauchen sie nicht nur Gebete,
sondern vor allem erst einmal etwas
zu essen. Das ist die Realität. Gebete
sind wichtig, aber sie können das
Essen nicht ersetzen. Auch junge
Menschen brauchen Gebete aber
eben auch Bildung. Das ist die Realität.
Wir wünschen uns, dass die Gläubigen sich mit ihrer Kirche identifizieren können. Sie sollen sich natürlich auch kritisch mit ihr auseinandersetzen, wenn etwas falsch läuft. Aber
sie sollen die Kirche als ihre Kirche
begreifen und verstehen, dass sie die
Kirche sind. Sie tragen damit auch
Mitverantwortung. Wir brauchen den
Einsatz aller Kirchenmitglieder und
ihr ehrenamtliches Engagement. In der
Kirche sollten sich die Menschen
willkommen und akzeptiert fühlen, so
wie sie sind: als Geliebte Gottes. Sie
sollten hier auch Unterstützung finden
und sagen können: Mir wird hier geholfen, geistlich und materiell. Das ist
die Kirche, die wir haben wollen. Das
ist die Kirche der Reformation.
Übersetzung:
Ulrike Plautz
weltbewegt
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Schwerpunkt
Welche Botschaft ist heute wichtig?
Dr. Alex Malasusa
ist Bischof der
Östlichen Küstendiözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Tansania (ELCT).
Die ELCT
gehört mit rund
20 Diözesen und
53 Millionen
Mitgliedern zur
größten lutherischen
Kirche Afrikas.
Die lutherische Kirche in Tansania
ist die größte in ganz Afrika. Die
Reformation hat für uns also eine
besondere Bedeutung, auch heute.
Sie erinnert uns daran, dass wir ein
Teil der Kirche sind, sie aber nicht
besitzen. Sie ist nicht
unser Eigentum. Die
Kirche ist auch
nicht statisch.
Die reformatorische Tradition
fordert uns
auf, zu
überprüfen,
wie wir eine
wahrhafte Kirche
sein können. Die
Reformation mahnt
aber auch zu fragen: Ist
unsere Kirche noch auf dem
richtigen Weg? Welche Botschaft
ist wichtig, angesichts der derzeitigen großen menschlichen Probleme? Uns liegt zum Beispiel sehr
daran, dass zukünftige Pastoren
schon in der theologischen
Ausbildung die sozialen Probleme
der Menschen in Städten und
Dörfern kennenlernen und auch
wirklich begreifen. Wir sollten uns
als Kirche immer fragen, wie
können wir als Kirche für die
Menschen da sein,
spirituell, psy-
chisch und physisch? Neben der
wachsenden Armut gehört auch
das Thema Klimagerechtigkeit zu
den wichtigen zukünftigen Herausforderungen. Wir brauchen als
Kirche in Zukunft keine neue
Reformation, aber bestimmt
noch viele Korrekturen.
Unsere Kirche ist
aufgerufen zu
immerwährender
Reform. Wichtig
ist uns dabei
auch das
Selbstverständnis, Teil eines
Ganzen zu sein.
Deshalb ist für uns
die ökumenische
Bewegung von großer
Bedeutung. Ökumene bedeutet
nicht, sich an Grenzen zu orientieren, sondern im Gegenteil:
Ökumene bedeutet, über die
Grenzen der eigenen Konfession
hinauszugehen.
Eine Folge der Reformation ist: Menschen werden befähigt, die Bibel zu
lesen. Sie können sich
selbst mit dem Evangelium
auseinandersetzen und
brauchen dafür keine
andere Instanz. Sie können sich mit Aussagen der
Bibel identifizieren und
diese auf ihre Lebenswirklichkeit übertragen. Das
macht sie auch fähig zur
Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen, denn
sie erfahren in der Bibel:
Gott geht es um das
Wohlergehen jedes
einzelnen
Menschen.
Luke Nzioki Mwololo,
Pastor und Stellvertretender Generalsekretär der
lutherischen Kirche
in Kenia
(KELC).
Reformation bedeutet: Die Fähigkeit und auch die Möglichkeit zu
haben, etwas ändern zu können,
wenn es nicht in die richtige
Richtung geht. Das Reformationsereignis hat es ermöglicht, dass
Christinnen und Christen weltweit
die gute Botschaft lesen und
begreifen können. Wenn ich das
Evangelium verstanden habe, kann
ich auch urteilen: Was läuft in
meinen Umfeld,
in meinem Land, in der Kirche
richtig? Was läuft falsch?
Dann kann ich zusammen mit anderen
überlegen: In welche
Richtung soll es
weitergehen?
Diese Urteils- und
Diskussionsfähigkeit und das Vertrauen in die Mündigkeit
der Menschen – das
sind Geschenke der
Reformation.
Gilbert Ilunga Nkasa Talwa ist
Generalsekretär der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in der Demokratischen Republik
Kongo (EELCo).
Übersetzung:
Ulrike Plautz
Fotos:
U. Plautz (3),
C. Wenn (1)
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Schwerpunkt
Wir lassen uns nicht entmutigen
Die gute Botschaft ist für die, die am Rande stehen
Soziales Engagement gehört zum Selbstverständnis der lutherischen Kirche auf den Philippinen
Zur lutherischen Kirche in Indien gehören vor allem Kastenlose. Das prägt.
Angesichts großer sozialer Probleme gibt es für uns
als Kirchen in der Gesellschaft genug zu tun. So
müssen wir als kleine lutherische Kirche auf den
Philippinen über unseren innerkirchlichen Tellerrand
hinausschauen. Es ist sehr wichtig das Evangelium
zu verkündigen, aber es ist alles nichts wert, wenn
wir dabei nicht die sozialen Bedürfnisse der Menschen im Blick haben. Ein großes gesellschaftliches
Problem sind die Straßenkinder. Ihre Zahl wächst
ständig. Einige Statistiken sprechen von einer Million. So haben wir schon vor etlichen Jahren verschiedene Projekte für diese Kinder und Jugendlichen entwickelt. Viele müssen auf der Straße
arbeiten, weil die Armut der Eltern sie auf die Straßen zwingt. Die Mehrheit der Straßenkinder stammt
aus Großfamilien. So hat unsere Kirche auch Hilfsangebote für Eltern entwickelt. Als Kirche engagieren wir uns zudem auch in den Waisenhäusern.
Wir spüren die Folgen des globalen ungerechten
Wirtschaftssystems an vielen Stellen. In der Regel trifft es dann die Schwächsten, und das sind
meist die Kinder. Als kleine Kirche ist unser Einfluss begrenzt. Aber wir lassen uns
nicht entmutigen und tun das,
was möglich ist, um etwas
zu ändern. In dem Zusammenhang ist
mir eine lutherische Aussage
immer wichtiger geworden: Ich bin
gerechtfertigt, allein aus der Gnade
Gottes. Das nimmt mir
die Last, alle sozialen
Probleme allein bewältigen zu müssen.
Sicher, wir müssen
unseren Beitrag leisten, aber wir können
nicht alles allein schaffen. Wir müssen es
auch nicht! Genau diese
Entlastung ist es, die
mich ermutigt weiterzumachen.
Als ich die Kirchen und Gemeinden in Deutschland
besucht habe, war ich wirklich beeindruckt von dem
kirchlichen Alltag. Neu war für mich, welchen hohen
Status die lutherische Kirche in der Gesellschaft hat.
Es schien mir dann so, als ob diese Kirche eher etwas
für das Bürgertum ist und fragte mich manchmal, ob
das so im Sinne Luthers ist.
Das sieht in Indien natürlich alles ganz anders aus.
Die lutherischen Kirchen haben bei uns eine ganz
andere gesellschaftliche Bedeutung. Das hat verschiedene Gründe. Dabei spielt es sicher eine große
Rolle, dass 90 Prozent der Christen den Dalits
angehören, also den Kastenlosen, die zur untersten
gesellschaftlichen Schicht gehören. Das prägt unsere
Kirche.
Als lutherischer Christ ist für mich auch von Bedeutung, dass Luther vom „Priestertum aller Gläubigen“
spricht und die Ein-Mann-Show ablehnt. Das ist bei
uns noch lange keine Realität. Ich habe nichts gegen
Bischöfe. Aber ich finde doch, dass mehr Christinnen
und Christen am Gottesdienst beteiligt sein sollten.
Grundsätzlich bedauere ich sehr, dass es weltweit
noch nicht in allen Kirchen die Frauenordination gibt.
Das ist patriarchalisch und sollte sich wirklich bald
ändern!
Von heutigen Kirchen würde ich mir grundsätzlich
wünschen, dass sie sich ihres ursprünglichen
Auftrags mehr bewusst sind. Dabei sollte es vor allem
um die Solidarität mit den Armen gehen. Wir dürfen
nicht aufhören, gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu kämpfen. Dafür ist das ökumenische
Netzwerk enorm wichtig, das sich weltweit zwischen
allen lutherischen Kirchen entwickelt hat. Auch wenn
die Mitglieder noch so verschieden sind, kann ein
Verbund doch mehr bewirken als Einzelkirchen. Zu
den wesentlichen Aufgaben unserer Kirchen sollte
es immer gehören, sensibel zu bleiben für die
dringlichen Fragen und Probleme von Menschen.
Es geht darum, dass wir das Evangelium den
Menschen bringen, die am Rande stehen. Wir sind
aufgerufen, den Menschen Kraft zu geben, die sich
ohnmächtig und schwach fühlen und denen eine
Stimme zu geben, die stumm
sind oder einfach nicht
gehört werden.
Pastor Henry Paul Roa ist
Pastor der Lutherischen Kirche
auf den Philippinen (LCP).
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June Mark Yaňez.
Der philippinische
Pastor arbeitet
in Hamburg
im Seemannspfarramt der EvangelischLutherischen Kirche
in Norddeutschland.
Fotos: E. v. d. Heyde (1), U. Plautz (3), wikimedia (1)
Unsere Kirche, die Unabhängige Philippinische
Kirche, die Iglesia Filipina Independente, ist eigentlich das Produkt des Kampfes gegen die Kolonisation. Diese Haltung des Widerstandes könnte man
auch als reformatorisches Erbe bezeichnen. Obgleich unsere Kirche keine lutherische, sondern
eine selbstständige katholische Kirche ist, ist in
dieser Hinsicht ein reformatorischer Einfluss sichtbar geworden.
Pastor Samuel Logan
Ratnaraj ist Projektmanager der Abteilung für
Sozialdienste der
Vereinigten Evangelischen
Lutherischen Kirche in Indien
(UELCI).
Das Christentum hat
in China oft die Volksreligion ersetzt
Spielt die lutherische Tradition im chinesischen Christentum
eine Rolle?
Martin Luther wird von chinesischen Christen schon sehr verehrt.
Bewundert wird vor allem sein Kampfgeist und die Art und Weise, wie
er für seine Überzeugungen gekämpft hat. Wichtig sind die drei großen
Prinzipien der Reformation, besonders die Rechtfertigung des Menschen
durch den Glauben. Am theologischen Seminar haben wir viele Bereiche,
in denen wir auf Gedanken von Luther zurückgreifen. Allerdings spielt
das Luthertum bei uns sicher keine so große Rolle wie in anderen Ländern.
Welche theologischen Themen sind derzeit wichtig?
In den letzten Jahren hat sich die chinesische Kirche sehr mit dem
sogenannten Wiederaufbau der Theologie befasst. Wichtig war die Sinisierung der christlichen Theologie im chinesischen Kontext. Es ging um
die Frage: Welche Wege gibt es, damit die christliche Religion die
Bevölkerung noch besser erreichen kann? Wer bei uns nicht in einem
christlichen Kontext aufwächst, weiß meist nichts über das Christentum.
Anders als in Deutschland, wo das Christentum Teil des kulturellen
Systems ist.
Glaubt man den Berichten der Medien, hat das Christentum in
China einen großen Zulauf. Was sind die Gründe?
Die außerordentliche Entwicklung des Christentums in den letzten Jahren hat verschiedene Aspekte. Der erste Grund liegt sicher auch in der
Politik der Religionsfreiheit nach der Kulturevolution. Im Zuge dessen
hat das Christentum vielfach die chinesische Volksreligion ersetzt.
Menschen brauchen einen Glauben und diese Rolle hat das Christentum übernommen. Außerdem spielt das christliche Menschenbild eine
wichtige Rolle. Die Vorstellung des Menschen als Ebenbild Gottes ist
eine theologische Vorstellung, durch die sich viele in China angezogen
fühlen.
Dr. Ying Gao ist Leiterin des „Yanjing Theological Seminary“ in Peking
und Vizepräsidentin des China Christian Council (CCC). Das Gespräch
führte Ulrike Plautz.
Die Texte wurden übersetzt von Ulrike Plautz.
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Schwerpunkt
Wir sind Kirche!
Die lutherische Kirche in Brasilien
mischt sich dort ein, wo es
notwendig ist
Mauro Alberto Schwalm ist Pastor der
Evangelischen Kirche Lutherischen
Bekenntnisses in Brasilien (IELCB).
W
enn ich eine schnelle Antwort auf die Frage finden
sollte, welche Bedeutung das reformatorische Erbe
für unsere Kirche heute hat, dann würde ich antworten:
Wir müssen uns mit den Problemen der Menschen auseinandersetzen. Wir dürfen sie nicht einfach unter den
Tisch schieben, sondern müssen mit ihnen umgehen.
Das bedeutet, genau hinzuschauen, unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen und
mit welchen Herausforderungen Menschen im 21. Jahrhundert leben müssen.
Welche Folgen hat die Globalisierung für die Menschen? Welche
Auswirkungen hat der Klimawandel?
Oder auch: Was bedeutet es heute als
Homosexueller in unserer Gesellschaft zu leben? Die Spannbreite der
Themen ist breit. In Brasilien leben über
200 Millionen Menschen, davon gehören 123
Millionen einer katholischen Kirche an. Es ist
Unsere Stimme
ist wichtig“
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einbringen, wann immer es notwendig ist.
Es gibt natürlich auch Gläubige, die eine enge persönliche Beziehung zu Gott haben, aber eher ängstlich
sind. Viele denken dann, dass eine Weltoffenheit ihre
enge Verbundenheit zu Gott gefährdet. Ich bin aber
überzeugt, dass wir uns der Welt öffnen können, ohne
dass wir uns von Gott entfernen – und Gott sich von
uns entfernt. Im Gegenteil: Gott hat eben keine anderen Hände und Füße als unsere.
Ein anderes wichtiges Merkmal der Reformation ist
das „Priestertum aller Gläubigen“. Es hat eine ebenso
wichtige Bedeutung. Heißt es doch, dass wir alle die
Kirche tragen, nicht nur Pastorinnen und Pastoren.
Daraus leitet sich für die Hauptamtlichen unter anderem
auch ab, dass die Arbeit von Ehrenamtlichen eine noch
größere Wertschätzung erfahren muss. Das „Priestertum
aller Gläubigen“ ist eine Aufforderung an alle lutherischen Christinnen und Christen nicht nur mitzugehen,
sondern auch mitzugestalten. Das heißt: Die Kirche
hängt nicht von anderen ab. Wir sind Kirche!
Die christlichen
Jugendorganisationen in Brasilien
sind stark. So fand
am 4. Juni 2015
die jährliche Jesus
Parade mit einem
öffentlichen
Gottesdienst in
Sao Paulo statt.
Fotos: U. Plautz (2), REUTERS/P. Whitaker (1)
Barbara Luise Hiltel
Venturini ist Jugenddelegierte der
IELCB.
Wir werden das Jubiläum mit anderen jungen Leuten groß feiern. Dafür haben wir in der Kirche ein großes Treffen zum Gedenken an
Luther geplant. Mit diesen T-Shirts werbe ich schon einmal dafür.
Ich bin Lutheranerin, weil ich die Bibel vor allem auch so lesen
möchte, dass meine gesellschaftliche Wirklichkeit
dabei vorkommt. Es ist mir wichtig, das Evangelium nicht nur spirituell zu erfassen, sondern es
auch mit sozialem Handeln in Verbindung zu
bringen.
Mir ist es wichtig zu wissen, dass ich durch Gottes
Gnade gerechtfertigt bin. Das bedeutet für mich: Ich muss mich nicht
durch meinen Glauben oder meine Taten beweisen. Ich bin schon so
geliebt wie ich bin. Das ist auch sehr befreiend. Dann kann ich meinen
Blick auch zu anderen wenden, kann sie lieben und etwas für andere
tun. Die Bibel ist mir wichtig als Kraftquelle. Am liebsten lese ich die
Bibel aber zusammen mit anderen, zum Beispiel in der Jugendgruppe,
die ich leite. Dort sprechen wir gemeinsam über die Texte und setzten
uns mit Alltagsproblemen aus christlicher Perspektive auseinander.
Wir fragen uns, was es bedeutet, in der heutigen Gesellschaft als
Christ oder Christin zu leben. Die Jugendorganisationen in der Kirche
sind stark, unter anderem auch deshalb, weil die Kirche viel für uns tut.
Zum Beispiel hat es mich sehr ermutig, dass ich als 21-Jährige als
Delegierte ausgewählt wurde, um die Consultation 2015 in der Nordkirche zu besuchen. Das war für mich – und auch für Gleichaltrige –
das Signal: Ja, eure Stimme ist uns wichtig. Die Kirche nimmt euch als
junge Erwachsene ernst, unabhängig davon, ob ihr Profis oder Laien
seid.
damit das katholischste Land der Welt. Da haben wir als
kleine lutherische Kirche mit etwa 750 000 Mitgliedern
natürlich einen geringeren Einfluss. Dementsprechend
spielt das Reformationsjubiläum bei uns eine kleinere Rolle
als etwa in Deutschland. Aber wir werden das Jubiläum
natürlich auch feiern, denn die Reformation hat uns ja bis
heute noch etwas zu sagen.
Eine wichtige Botschaft lautet zum Beispiel: Wir sind
befreit zum Handeln. Aber was bedeutet das? Wie kann
ich mich als befreiter Mensch verstehen? Was heißt das
auch für das Zusammenleben mit anderen? Bei uns in
Brasilien ist die Kluft zwischen Arm und Reich immens.
Diese Situation hat sich sogar noch verschärft. Viele haben
zu wenig zur Verfügung und wenige haben zu viel. Die
reformatorischen Fragen können dann die Konsequenz
haben, dass wir sagen: Wir könnten und sollten ruhig noch
lauter protestieren, wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht so sind, wie sie sein sollten. Gegen diese ungerechten Zustände sollten wir auch praktisch etwas tun.
So werden wir uns als lutherische Kirche in die Gesellschaft
Übersetzung:
Ulrike Plautz
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Schwerpunkt
„Verstehst du auch, was du da liest?“
Was Protestanten mit Muslimen verbindet ist die hohe Wertschätzung der Schrift.
Ein Austausch zu seiner Bedeutung zwischen Axel Matyba, Dialogbeauftragter der Nordkirche
und dem Islamwissenschaftler Roberto Pera
Axel Matyba: „Die Bibel ist das Beste, was ein Muslim zur Hand nehmen kann
– für den Fall, dass er mal den Koran verlegt haben sollte“, hat der muslimische
Theologe Harry Harun Behr einmal gesagt.
Ich habe mich darüber gefreut, spricht aus ihr doch eine hohe Wertschätzung
für mein Heiliges Buch. Und wie geht es mir mit dem Koran, dem ich mich nur
auf Deutsch annähern kann? Um ehrlich zu sein: Das ist für mich ein immer
noch andauernder und nicht einfacher Lernweg. Ein Freund sagte zu mir: „Lies
von hinten! Die Schönheit des Korans erschließt sich dir so besser.“ Recht hat
er. Die kurzen Suren mit Überschriften wie „Das Frühlicht“ (113), „Das reine
Gottesbekenntnis“ (112) oder auch „Die Fülle“ (108) haben mir das Eintauchen
in eine andere religiöse Welt erleichtert. Welche Erfahrungen hast du mit der
Bibel gemacht?
A.M.: Da hast du Recht. Auch die beste Übersetzung ist schon eine Form von Interpretation. Um eine größtmögliche
Nähe zum Urtext zu bekommen, müssen Studierende der Theologie deshalb auch Hebräisch und Griechisch lernen.
Mir ist die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther, die übrigens bis heute fort geschrieben und angepasst wird,
nach wie vor die liebste. Mit ihr beginne ich jede Bibellektüre. Dann beginnt ein Prozess der Aneignung, der Interpretation, der Versuch einen biblischen Text für mich hier und jetzt, für mein Leben sprechen zu lassen. Da gibt es für mich
kein richtig und falsch. Eine Aneignung ist immer ein ganz persönlicher Prozess. Klar, er muss ehrlich sein und sich
auch immer wieder kritisch hinterfragen lassen. Du hast eben von „Begegnungen mit dem Göttlichen“ gesprochen. Die
Bibel ist voll von solchen Begegnungen. Ich mag zum Beispiel die Geschichte vom Kämmerer aus Äthiopien in der
Apostelgeschichte sehr. Dabei geht es auch um die Frage: Verstehst du auch, was du liest? Diese Frage stelle ich mir
selbst, wenn ich in der Bibel lese. Ich denke, wir dürfen sie auch einander wechselseitig stellen: Verstehst du auch, was
du liest? Wie verstehst du deinen Koran? Hilft er dir, nicht nur dich sondern auch mich besser zu verstehen?
Seit jeher versuchen Gläubige aller
Religionen Worte,
die ihnen wertvoll
und heilig sind,
kunstvoll umzusetzen. Bild unten:
Anfangszeile des
islamischen
Glaubensbekenntnisses „Es gibt
keinen anderen
Gott außer Gott
und Muhamad ist
sein Prophet.“
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R.P.: Das sind gute Fragen. Natürlich, Arabisch ist auch nicht meine Muttersprache. Auch ich muss mir Übersetzungen
zu Hilfe nehmen. Dennoch bleibt das Arabische für mich Gottesrede und Übersetzung nur Annäherung. „Koran“ bedeutet übersetzt Rezitation oder Lesung und in dieser Form rührt „Sein Wort“
mein Innerstes. Es gibt Momente, in denen sich der Zugang zu einer anderen Ebene öffnet, da
göttliche Rede immer mehr ist als der bloße Buchstabe. Im Islam ordnet man die göttlichen Attribute
in zwei Kategorien: jalāl = majestätisch (Gerechtigkeit, Allmacht) und jamāl = schön (Barmherzigkeit,
Vergebung). Die göttlichen Attribute beziehungsweise Namen werden auch im Islam nicht unabhängig voneinander gedacht. Sicher ist, dass der Koran mir hilft, mich an den Sinn und Zweck meines
Lebens zu erinnern. Es ist kein Zufall, dass Gott den Koran selbst „Erinnerung“ nennt.
A.M.: Ich finde den Gedanken der „Erinnerung“ spannend. Kann es sein, dass wir diesen Begriff
„Erinnerung“ ganz unterschiedlich füllen? Vielleicht wird daran der Unterschied zwischen unseren
Heiligen Schriften deutlich. Der Koran erinnert dich an Gottes Wort. Für mich ist die Bibel aber nicht
primär Wort, sondern Antwort. Hier erzählen mir Menschen, was die Begegnung mit Gott, seinen
Propheten, mit Jesus oder seinen Jüngern bei ihnen bewirkt hat.
A.M.: Was ist der angemessene Umgang mit schwer verständlichen Stellen in unseren Schriften? Ich höre oft, dass
der Koran doch so gewalttätig sei, Ungläubige getötet werden müssten und so weiter. Wie verträgt sich das mit den
wertschätzenden Versen über die Völker des Buches, zu denen ja auch die Christen zählen?
Fotos: wikimedia (1), The Pepin Press (1),R. Pera (1), C. Wenn (1)
Roberto Pera: Wenn ich an die Bibel denke, denke ich gleichzeitig an eine
bestimmte Phase in meinem Leben. Ich war 16, war auf der Suche und las
sowohl in der Bibel als auch im Koran. Ein Pastor, den ich in dieser Zeit
besuchte, beschrieb mir die Bibel als eine Sammlung von Erfahrungsberichten von Menschen mit Gott. Das gefällt mir
heute als Aussage besser als damals. Der Koran hingegen gilt für Muslime als direkte göttliche Rede. Das beeindruckte mich nachhaltig. Axel, du sagtest, du könntest den Koran nicht in seiner Ursprache lesen? Das Gleiche gilt doch
auch für Aussagen Jesu. Diese liegen im Neuen Testament auch nicht in seiner Sprache vor. Wie gehst du damit um?
Gehen nicht in jeder Übersetzung immer gewisse inhaltliche Ebenen verloren?
R.P.: Ja, der Koran ist göttliche Rede und kein Bericht des Propheten – insofern unterscheiden sich unsere Schriften. Doch auch wir kennen „Erfahrungsberichte“ von Menschen mit Gott. Allen voran die Sunna des Propheten –
wörtlich: sein Brauch, seine Art zu leben. Die Berichte über seine Taten und Aussagen zeugen davon, dass sein
Leben durchdrungen ist von der Begegnung mit dem Göttlichen.
R.P.: Diese Stellen gibt es und man kann und darf sie nicht ignorieren. Der größte Fehler, den sowohl Extremisten als
auch islamfeindliche Polemiker machen, ist, dass sie Verse aus ihrem Kontext reißen und verabsolutieren. Das ist ein
Verbrechen an der Heiligen Schrift. Das Thema Gewalt wird im Koran verhandelt. Genauso aber werden klare Grenzen
formuliert, in denen Gewaltanwendung erlaubt ist, nämlich allein im Falle von Notwehr und Verteidigung. Außerdem
beziehen sich diese Aufforderungen auf konkrete historische Situationen und sind nicht ohne weiteres auf heute zu
übertragen.
A.M.: Natürlich hat auch die Bibel ihre dunklen Stellen, Worte die zur Gewalt aufrufen und die ich nicht mit sprechen
kann. Hier spielt das Wort für mich nicht die entscheidende Rolle. Wichtig ist mir der Gedanke, dass sie, wie alle Worte
der Bibel, durch viele Menschenhände und -münder gingen. Wichtig ist mir deshalb immer wieder aufs Neue die
sogenannte historisch-kritische Bibelauslegung, die sprachlichen, historischen, psychologischen und soziologischen
Fragestellungen. Warum? Weil sie für mich Zeichen eines tiefen ehrlichen Ringens sind. Ich nehme die Texte der Bibel
gerade durch dieses Hinterfragen sehr ernst. So hoffe ich ihrer Botschaft, ihrem Kern, möglichst nahe zu kommen.
R.P.: Mir ist in dem Zusammenhang ein Vers aus der Sure 49 wichtig: „O ihr Menschen, Wir haben euch aus Mann und
Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, auf dass ihr einander erkennen möget. Wahrlich, vor Gott
ist von euch der Angesehenste, welcher der Gottesfürchtigste ist.“ Das verstehe ich als
Aufruf, unseren Schöpfer zu
bitten, dass er uns hilft, seine
Worte recht zu verstehen,
damit wir uns im Guten
begegnen und einander achten
und das gegenseitige Verständnis ermöglichen und
vertiefen können.
A.M.: Dem kann ich mich nur
anschließen.
Roberto Pera (re.)
ist Islamwissenschaftler und
Mitglied im Fachrat
Islamische
Studien.
Pastor Axel
Matyba (li.) ist
Beauftragter für
den ChristlichIslamischen Dialog
in der Nordkirche.
Dieses Gespräch
fand im Rahmen
eines Gottesdienstes in Hamburg
anlässlich der
Ausstellungseröffnung „Kunstbrücken“ statt und
wurde redaktionell
bearbeitet.
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Schwerpunkt
„Die Kirche
ist immer
in Reformation“
Mit Bischof Dr. Munib Younan, Präsident des
Lutherischen Weltbundes, sprach Ulrike Plautz
Was ist die heutige Bedeutung der Reformation?
Wissen Sie, heutzutage verstehen viele Menschen die
Reformation falsch. Sie denken bei Reformation nur in
politischen Kategorien und verwechseln sie mit
Reform. Reformation ist stets ein theologisch-geistliches und politisches Geschehen, das zudem immer in
einen Kontext eingebunden ist. Und da der Heilige
Geist die Kirche stets leitet, gibt es eine andauernde
Reformation. Und zwar eine Reformation, die heutzutage global geworden ist.
Können Sie uns ein Bespiel aus Ihrem Bereich geben?
Meine Kirche engagiert sich vor allem in der Bildungsarbeit. Sie kommt Christen und Muslimen gleichermaßen zugute. Gegenwärtig sind 54 Prozent unserer
Schüler und Studenten Muslime. Wir wollen sie nicht
zum Christentum oder Luthertum bekehren. Aber wir
geben allen, die unsere Schule besuchen, ob es
Lutheraner, Nicht-Lutheraner, Christen oder Muslime
sind, die gleiche evangelische Ausbildung. Das ist ein
wichtiger Aspekt unserer missionarischen Aufgabe.
Sie besteht auch darin, einen Beitrag gegen die
Entwicklung extremistischer Haltungen zu leisten und
einen Geist der Verständigung und Mäßigung zu
entwickeln. Wir wollen diejenigen wieder in die
Gesellschaft integrieren, die sich ausgeschlossen
fühlen. Zweitens kann man sich angesichts des
israelisch-palästinensischen Konflikts nicht einfach auf
die Lektüre des Alten und des Neuen Testaments
zurückziehen und so tun, als ob wir nichts mit der
aktuellen Situation zu tun hätten. Hier muss die Kirche
eine prophetische Rolle spielen, indem sie für
Gerechtigkeit und Frieden eintritt. Das ist entscheidend.
Unsere Menschen hier sind müde. Palästinenser und
Israelis sind müde. Sie wollen einfach nur Frieden. Wir,
die Kirche, wir sprechen uns gegen die Gewalt aus.
Gegen die Verletzung der Menschenwürde. Gegen die
Missachtung der Gendergerechtigkeit. Wir sprechen
über die Verfolgungen von Christen im Irak und in
Syrien. Wir thematisieren die Religionsfreiheit. Die
Meinungsfreiheit. Die Kirche sollte der Welt immer eine
ethische Richtung vorgeben. Einmal wurde mir in einem
Interview vorgehalten, dass man in Deutschland denkt,
ich sei zu 90 Prozent Politiker und nur zu 10 Prozent
Pfarrer. Das ist falsch. Ich bin zu 100 Prozent
evangelischer Pfarrer. Aber als solcher spreche ich die
Belange der Gesellschaft an. Evangelische Pastoren
verstecken sich nicht hinter der Kanzel. Sie tragen ihre
Kanzel auf den Markt, auf die Straße zu anderen
Menschen, dorthin, wo ihn der Heilige Geist hinführt.
Was bedeutet das für unsere Gesellschaft?
Die Reformation oder die Theologie ist keine sich
selbst genügende Angelegenheit. Wäre das so, wäre
sie nur eine Art Philosophie. Sie steht zudem immer in
einem bestimmten Kontext, sei dieser Europa,
Amerika, Lateinamerika, Afrika oder auch Palästina.
Auf diesen Kontext muss sie sich beziehen. Sie muss
auf die Bedürfnisse und Nöte der Menschen eingehen
und versuchen, hier Antworten zu finden. Für mich
gehören gesellschaftliches Engagement und Spiritualität zusammen. Sonst schotten wir uns ab und bleiben
für uns. Die Apostelgeschichte zeigt, dass es nicht
genügt, nur das Evangelium zu verkünden und die
Sakramente zu verwalten. Wir sind durch die Eucharistie in die Welt gesandt, um der Diakonie willen.
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Fotos: wikimedia (1)
Welche Rolle spielt die reformatorische Tradition
in der ökumenischen Bewegung?
Martin Luther wollte sicher nicht die Abspaltung von
der katholischen Kirche. Er wollte lediglich seine Kirche
reformieren, aber dies war so nicht möglich. Wir alle
kennen die geschichtliche Entwicklung. Aber ohne die
Idee der Einheit und die Ökumene können wir die
Reformation nicht feiern. Der Lutherische Weltbund
(LWB) führt seit 50 Jahren Dialoge mit der Katholischen Kirche. 1999 kam es zur Unterzeichnung der
Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre
durch den Lutherischen Weltbund und die römischkatholische Kirche. Verbunden damit war die Feststellung, dass die gegenseitigen Lehrverurteilungen des
16. Jahrhunderts nicht zutreffen. Seitdem haben wir
weitere Fortschritte gemacht. Wir sind durch die Taufe
geeint und verbunden durch die diakonische Arbeit.
Auch was unser Verhältnis zu den Mennoniten betrifft,
haben wir 2009 ein Schuldbekenntnis abgelegt, in dem
wir unser Bedauern und den Schmerz über die
Verfolgungen der Anabaptisten im 16. Jahrhundert
ausdrücken. Auch zu Anglikanern, Reformierten und
Orthodoxen haben wir Beziehungen. Zusammen mit
allen anderen Kirchen wollen wir das Evangelium der
Liebe in die Welt tragen, das inklusiv und nicht exklusiv
ist.
Welchen Beitrag kann der Lutherische Weltbund
zu Problemen wie Klima, Gerechtigkeit und
Migration leisten?
Wie gesagt, die Reformation war immer offen gegenüber der Gesellschaft. Das zeigt schon das Beispiel
Martin Luthers. Nehmen Sie etwa seine Bibelübersetzung oder seine Berufsethik. Was nun die Flüchtlingsproblematik anbelangt, so ist es eine Schande, dass
sich Europa so abweisend verhält. Deutschland und
Schweden sind rühmliche Ausnahmen. Dafür sind wir
sehr dankbar. Auch dafür, dass sich Kirchen so aufnahmefreudig zeigen. Wir müssen uns allerdings fragen, warum gibt es überhaupt Flüchtlinge? Niemand
möchte ein Flüchtling sein. Die westlichen Länder sind
nicht in der Lage, die Probleme des Mittleren Osten zu
lösen, Probleme zu deren Entstehung sie beigetragen
haben. Zweitens der Klimawandel. Wir im LWB haben
eine ziemlich klare Meinung. Die Entwicklung liegt in
unserer Verantwortung. Es ist unsere Erde und wir
wollen dieses Geschenk weitergeben an unsere
Kinder, Enkelkinder und die Generationen danach.
Deshalb kritisieren wir den herrschenden Egoismus in
der Welt, der uns einen verantwortungsvollen Umgang
mit Gottes Schöpfung vergessen lässt. Es geht um
Gerechtigkeit für unsere Umwelt.
Welche Rolle hat die lutherische Kirche im interreligiösen Dialog?
Schon die Confessio Augustana war ein Dokument des
Dialogs. Zur Grundeinstellung der Reformation gehört,
mit anderen ins Gespräch zu kommen. Heute ist vor
allem auch der Austausch mit dem Islam und dem
Judentum wichtig. Damit wir gemeinsame Werte
finden können, etwa bei den Themen Gerechtigkeit,
Frieden, Zusammenleben und Umgang mit der Natur.
Natürlich wollen wir im Austausch niemanden verändern. Aber wir fühlen uns gemeinsam für die Welt
verantwortlich, dafür wollen wir etwas tun. Ein Beispiel
ist das auch vom LWB unterzeichnete Dokument
„Fremde willkommen heißen – Selbstverpflichtungen
von Religionsführerinnen und Religionsführern“, das
auf Initiative des Hohen Flüchtlingskommissars der
Vereinten Nationen zustande kam.
Bischof Dr.
Munib A. Younan
von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Jordanien und im
Heiligen Land
(ELKJHL) ist
Präsident des
Lutherischen
Weltbundes
(LWB).
Was sind derzeit die wichtigsten Themen im Dialog?
Die größte Herausforderung in den Gesprächen sind
zurzeit die Fragen: Was können wir für die Gerechtigkeit tun? Kümmern wir uns wirklich um den Klimawandel? Wie können wir denen helfen, die unterdrückt sind
und als Minderheiten ausgegrenzt und weggesperrt
werden? Was haben wir den Extremisten, die in das
Herz der Religionen eingedrungen sind und die
Religion missbrauchen, entgegenzusetzen?
Braucht die Kirche eine neue Reformation?
Die Kirche ist immer in Reformation. Das wird niemals
enden. Die Kirche, die nicht in andauernder Reformation
ist, hat ihre evangelischen Wurzeln vergessen. Der
Heilige Geist führt die Kirche jeden Tag mit all ihren
Schwächen, und deshalb sind wir immer in Reformation.
Übersetzung:
Dr. Wolfgang
Neumann
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Schwerpunkt
Schwerpunkt
Zum Priestertum
gehören auch Frauen!
Kraft des Evangeliums
wiederentdecken
Dr. Dace Balode setzt sich für die Frauenordination
in der lettischen Kirche ein
Das Engagement für Gerechtigkeit braucht
christliche Impulse
Dr. theol. Dace
Balode ist
Dekanin der
Theologischen
Fakultät der
Universität
Lettlands.
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ettland ist ein multikonfessionelles Land. Vor dem zweiten
Weltkrieg war die evangelische
Kirche die größte im Land. Unter
der Sowjetherrschaft veränderte
sich allerdings auch die kirchliche
Landschaft. Heute gehört die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands neben der römisch-katholischen und russisch-orthodoxen
Kirche zu den drei großen Konfessionen. Unsere Demokratie ist
noch jung. Obwohl nach der Unabhängigkeit 1991 viel erreicht wurde,
um einen demokratischen Staat
sowohl vor dem Gesetz als auch im
gesellschaftlichen Bewusstsein zu
bilden, gibt es in dieser Hinsicht
noch einiges zu tun. Vieles muss
sich ändern, damit die neugewonnenen Rechte und Freiheiten
tatsächlich gelebt werden. Die Kirchen mit einer reformatorischen
Tradition – Lutheraner, aber ebenso Baptisten, Adventisten, Methodisten und Pfingstgemeinden –
spiegeln diese gesellschaftlichen
Prozesse wider. Auch wenn die von
der Sowjetzeit tradierten Werte
und Strukturen Einfluss auf das
innerkirchliche Denken gehabt
haben, waren unsere Kirchen auch
immer ein Widerstandsort gegen
das autoritäre Regime. So können
diese Kirchen heute einen Beitrag
leisten, um die christliche Tradition zu fördern, die die Freiheit und
gleichzeitig Verantwortung eines
jeden Menschen betonen.
Freisein für die Nöte anderer
Die Reformation war auch die
Geburtsstunde der Pluralität unter
den Kirchen, die gleichzeitig auch
oft eine Herausforderung für die
Ökumene ist. Heute sollte es darum
gehen, die Einheit auf einer anderen Ebene zu finden. Es kann keine
von oben bestimmte Einheit sein,
sondern muss auf Freiwilligkeit,
auf Dialog, auf vorsichtiges Fühlen
und Tasten und gemeinsamen Liebesdienst beruhen. Eines der Prinzipien, die die reformatorischen
Kirchen beherzigen können, ist das
lutherische „Ecclesia semper reformanda“. Die Erinnerung daran,
dass die Kirche immer einer Reformation bedarf – vor allem mit Blick
darauf, was für den Aufbau der
Einen Welt nötig ist.
Das Evangelium ist auch eine
praktische Botschaft. Jesus hat die
gute Botschaft verkündigt, aber vor
allem im Umgang mit seinen
Mitmenschen vorgelebt. Die
reformatorischen Idee: „Ein
Christenmensch ist ein freier
Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer
Knecht aller Dinge und
jedermann untertan“, zeigt,
dass es nie nur um die
eigene Freiheit gehen
kann. Freiheit, die uns
geschenkt wurde, bedeutet vor allem auch Freiheit,
anderen Gutes zu tun. So kann
das reformatorische Evangelium ein starkes Mittel sein, die
Augen für die Nöte anderer zu
öffnen. Sie kann Kraft und Mut
geben, auch Situationen zu bewältigen, die hoffnungslos zu sein
scheinen.
Die Reformation war in meinen
Augen ein Wendepunkt zur Aufwertung des einzelnen Menschen, und
insofern ein Paradigmenwechsel im
Denken. Doch die zentrale theologische Botschaft ist die Rechtfertigung allein aus Glauben. Es ist
die gute Botschaft für Menschen,
sich mit ihren Grenzen anzunehmen.
Heute ist allerdings eine meiner
brennendsten Fragen, wie es mit der
Gendergerechtigkeit in unserer
Kirche aussieht. In der Frauenordination sehe ich die Verwirklichung des grundsätzlichen reformatorischen Prinzips des Priestertums aller Gläubigen. Dafür möchte
ich mich einsetzen.
D
Fotos: U. Plautz (2), R. Griffith/Wikimedia (1)
L
as Selbstverständnis unserer
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Rumänien wurde in den letzten
500 Jahren durch die reformatorische
Tradition bestimmt. Das grundlegende Glaubensbekenntnis unserer
Gemeinschaft ist das Augsburger
Bekenntnis. Luthers „Kleiner Katechismus“ ist struktureller Teil unseres Konfirmandenunterrichtes. Statt
eines hierarchischen Aufbaus gibt es
als höchsten Entscheidungsträger die
Synode. Neben diesen Eigenschaften
sind insbesondere vier reformatorische Elemente nennenswert:
Wir legen hohen Wert auf
den Prediger-Dienst
und auf unsere
gesungene Liturgie.
Unsere
Abendmahlspraxis ist
offen.
Entsprechend der bibli-
schen Tradition teilen wir Brot und
Wein mit allen Getauften, die es entsprechend ihrem Glauben empfangen dürfen. Schließlich übernimmt
unsere Kirche Verantwortung in
gesellschaftlichen Fragen. So setzt
sich unsere Kirche für die Rechte
von Minderheiten ein. Zwar bilden
unsere vier reformatorischen Kirchen in unserer Gesellschaft die
Minderheit, trotzdem versuchen sie
sich mit Stellungnahmen in politischen Fragen immer wieder Gehör
zu verschaffen und bringen sich in
die Gesellschaft mit ihrer
kulturfördernden Arbeit ein.
Die Gestaltung
der „Einen Welt“
ist eine wachsende Herausforderung für unsere
Gesellschaften.
Ich denke, ein
erster Schritt auf
diesem Weg ist die
positive Annahme und
Anerkennung der Vielfältigkeit. „Eine“ heißt nicht, uniform
zu sein. Es ist erlaubt, anders zu
denken als die breite Masse. Der
Protestantismus im 16. Jahrhundert ist dafür ein gelungenes
Beispiel. Die Reformatoren haben
großen Wert auf den persönlichen,
auf Christus zentrierten Glauben und
Gerechtigkeit gelegt. Jesus Christus
war und ist offen für alle Benachteiligten. Seine Nachfolger dürfen
seine Offenheit und sein Engagement
weiterbringen. Der christliche Glaube
und die Suche nach gesellschaftlicher
Gerechtigkeit sind keine Gegensätze,
sondern sollten sich gegenseitig auf
dem Weg zu einer friedlichen,
gemeinsamen Welt unterstützen.
Wir brauchen christliche
Quellen, um Lösungen für
heutige Probleme zu finden
„Auch wenn ich wüsste, dass morgen
die Welt zugrunde geht, würde ich
heute noch einen Apfelbaum pflanzen“. Dieser Gedanke des Reformators ist mir wichtig – gerade heute
angesichts der dringenden Zukunftsfragen wie Klimagerechtigkeit, Migration, Gerechtigkeit und Frieden.
Ich denke, mit einem positiven Glaube an die Zukunft, Neugier und
Handlungsbereitschaft können wir
viel erreichen. Als ich mich vor kurzem mit Luthers Briefen beschäftigt
hatte, fand ich heraus, welch ein
begeisterter Prediger, Lehrer, Briefschreiber, Familienvater und Gärtner
er war. Auch Gärtnern kann eine
Form der Wertschätzung der Schöpfung sein. Predigen, lehren, Briefe
schreiben – das bedeutet Offenheit
und Engagement für die Fragen der
Menschen. Es bedeutet Dialog. Was
heißt es, Vater zu sein? Ich werde
sagen können, was es bedeutet Mutter
zu sein. Ich denke oft, dass Familie
eine wichtige Keimzelle der Gesellschaft ist. Wenn sie geschützt wird,
dann kann Integration, Gerechtigkeit
und Frieden in unserer Welt wachsen.
Ich wünsche, dass wir die Kraft des
Evangeliums, des persönlichen Glaubens und der Gemeinschaft wiederentdecken können. Diese Quellen sind
unersetzlich, wenn wir christliche
Lösungen für die heutigen Probleme
finden möchten. Ich wünschte, dass
wir die passende Sprache fänden, um
auch andere Menschen zu erreichen,
die von anderen Weltbildern bestimmt
sind. Der Schöpfer-Gott ist für alle da,
für Arme, Reiche, für Kinder, Frauen
und Männer aus jeder Nation!
Eszter Kailt ist
Pastorin der
EvangelischLutherischen
Kirche in Rumänien.
weltbewegt
21
Schwerpunkt
Reformation ist ein wichtiger
Orientierungspunkt, auch heute noch
In der evangelischen Kirche Polens spielt die Tradition eine große Rolle
Dr. Marcin Hintz
Dr. Marcin Hintz (li.)
ist Professor für
Systematische
Theologie und seit
2011 Bischof für die
Diözese PomorskoWielkopolska
(Pommern-Großpolen) der Evangelisch-Augsburgischen Kirche
in Polen.
22
weltbewegt
ie evangelische Kirche in Polen
lebt heute in sehr tiefer Diaspora. Weniger als 0,5 Prozent der polnischen Bevölkerung sind Protestanten. Das prägt und spielt eine
wichtige Rolle für unsere Identität.
Ein kurzer Blick in die Geschichte:
Die Reformation im Königreich Polen
wurde oft als „Reformatorische Episode” bezeichnet, weil sie im 16.
Jahrhundert einen sehr
spontanen und dynamischen Verlauf hatte,
sich aber nicht institutionell verfestigte.
Die ersten reformatorischen Ideen
in Polen gingen von
Danzig aus. Schon
1518 konnte man die
ersten „Predigten nach
dem Evangelium“ in Danziger
Kirchen hören. Einige Jahre später
kamen evangelische Prediger auch in
andere große Städte und an Höfe des
polnischen Adels. Doch hatte Ende
des 16. Jahrhunderts die Gegenreformation den Kampf um „die
polnischen Seelen” gewonnen. Erst
nach der Teilung Polens im Jahre
1795 wuchs die Zahl der Protestanten
in den ehemaligen polnischen Gebieten wieder an, die sich damals in
preußischer, österreichischer und
russischer Hand befanden. Diese
Entwicklung hielt bis zum 2. Weltkrieg an. So spielen die Protestanten
seit 200 Jahren wieder eine wichtige
Rolle in der Gesellschaft. Jedoch hat
sich nach 1945 die Zahl der Kirchenmitglieder so drastisch reduziert, dass wir nun seit 70 Jahren in
der anfangs erwähnten Diaspora
leben.
Orientierung an der Tradition
Die evangelische Kirche in Polen
war immer schon traditionell ausgerichtet. So spielt das reformatorische Erbe in vielen kirchlichen
Bereichen auch heute eine wichtige
Rolle. Viele Beobachter von außen
würden unseren polnischen Protestantismus als konservativ bezeichnen. Wir würden ihn traditionell
reformatorisch nennen.
Für polnische Lutheraner spielen
die reformatorischen Kennworte:
„sola scriptura, solus Christus, sola
gratia et fide“ nach wie vor eine
führende Rolle. Das gilt für den
Konfirmationsunterricht ebenso wie
auch für Leitmotive auf kirchlichen
Webseiten.
Die letzte liturgische Reform aus
dem Jahre 2002 orientierte sich an
Luthers liturgischen Schriften aus den
zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts. So ist etwa die heutige
Beichtpraxis eine Rückkehr zum
urreformatorischen Verständnis. So
findet heute in allen unseren Abendmahls-Gottesdiensten die öffentliche
Beichte statt.
Auch in der Diskussion um die
Einführung der Frauenordination
berufen sich konservative Strömungen auf die reformatorische Praxis
vor 500 Jahren. Wir versuchen alle
unseren kirchlichen Äußerungen an
den konfessionellen Schriften des 16.
Jahrhunderts zu orientieren. Diese
besondere Rolle der „Confessio Augustana“ (Augsburger Bekenntnis)
findet vielfachen Ausdruck, so lautet
der offizielle Name unserer Kirche
Evangelisch-Augsburgische Kirche in
der Republik Polen, unser kirchliches
Verlagshaus heißt „Augustana Ver-
lag“ und unser Wettbewerb für
Schüler und Konfirmanden nennt
sich „sola scriptura.“
Diese Beispiele zeigen, dass die
Reformation und reformatorische
Gedanken nicht nur Symbole und
Relikte sind, sondern wichtigste
Orientierungspunkte in der heutigen
kirchlichen Praxis.
Kirchliche Statements spielten in
der öffentlichen Diskussion eine
wichtige Rolle. Sie haben auch innerkirchliche Folgen: Sie motivieren
ihre Kirchenmitglieder zu weiterem
– auch ökumenischem – Engagement.
Kirche versucht ihre Position
einzubringen
Wie sich das reformatorische Erbe
im gesellschaftlichen Kontext auswirkt, kann man besonders beobachten, in dem ethische Fragestellungen diskutiert werden.
Auch hier ein kurzer Rückblick:
Die neue gesellschaftliche Situation
nach der politischen Wende 1989
brachte auch neue Impulse für die
Kirche, die nun ihre Mauern verlassen
und wieder öffentlich wirken konnte.
So wurde 1994 ein neues Staatskirchenrecht verabschiedet, das die
Aktivitäten der Kirche in der Gesellschaft neu definiert. Zwei Jahre später
wurde ein neues Kirchenrecht von
der lutherischen Synode beschlossen.
Heute nimmt unsere Kirche an
öffentlichen Dialogen der Gesellschaft teil und versucht ihre Position
einzubringen. Für evangelische Christen geht es dabei nicht um die Formulierung einer Soziallehre, sondern
vor allem um Hilfe zur Selbstorientierung. So veröffentlicht die Evangelische, wie auch die Reformierte
Kirche, regelmäßig offizielle Stellungnahmen zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen, wie zum Beispiel die
EU-Erweiterung, das Thema der
Abtreibung, der In-Vitro-Problematik oder die Organtransplantation.
Wir brauchen wieder mehr
Leidenschaft in der Kirche
Für mich ist die Reformation ständiger Orientierungspunkt meiner
Tätigkeit und theologischen Lehre.
Ich betone die befreiende Macht der
reformatorischen Bewegungen.
Als Geistlicher und Universitätstheologe versuche ich meine Äußerungen mit reformatorischen
Ideen und Formulierungen zu kon-
frontieren. Es ist nicht immer leicht,
weil sich die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen doch sehr
von der damaligen Zeit unterscheiden.
Man darf jedoch den Grund des
evangelischen Glaubens nicht verlassen. Alle Versuche die Theologie zu
modernisieren, etwa die Entwicklung einer atheistischen Theologie,
kommen in meinen Augen einer
Kapitulation der Theologie gleich.
Man sollte vielmehr einen Mittelweg
finden zwischen der Wertschätzung
des Alten und der Anerkennung des
Neuen. Das haben die Reformatoren
damals nicht anders gemacht. Mir ist
zudem der Ruf „Ecclesia semper
reformanda” sehr wichtig. Für mich
bedeutet es, dass Kirche sich immer
am Evangelium und nicht unbedingt
an gesellschaftlichen Lebensformen
orientieren sollte.
Derzeit bereiten wir uns auf das
Reformationsjubiläum vor. Darin sehen wir die Chance, reformatorische
Ideen der Gesellschaft wieder näher
zu bringen. In meinen Augen fehlen
uns heute häufig das Feuer und das
Engagement, das Menschen damals
zur Zeit der Reformation hatten. Solche Haltung und Leidenschaft wünsche ich mir für die ganze evangelische
Kirche in der Welt – nicht nur während des 500. Jubiläums.
Es geht mir um eine Bewegung, eine
Erneuerung der Frömmigkeit – besonders bei der mittleren Generation, die
sich heute oft sehr weit von der Kirche
entfernt hat.
Katholisch, aber reformiert
Fotos: F. Hübner/LWB (1), C. Hunzinger (2)
D
Christliche
Begegnungstage
in Wrocław/
Breslau
im Juli 2014
Wenn ich gefragt werde, was das Hauptmerkmal der anglikanischen Kirche ist,
dann sage ich: Wir sind katholisch, aber reformiert. Wir haben grundsätzlich
viele Berührungspunkte mit der evangelischen Kirche. So feiern wir das
Abendmahl zusammen, beten und lesen die Bibel zusammen. Die englische
Reformation war ein insgesamt 300-jähriger Prozess. Sie begann, als Gläubige
für das Recht kämpften, die Bibel selbst lesen zu können. Als Menschen fähig
wurden, das Evangelium für sich anzuwenden, hatte das die Macht der Kirche
als Alleinhüterin göttlicher Geheimnisse natürlich gebrochen. Heute vereinen
wir in unserer Kirche die verschiedensten Strömungen unter einem Regeschirm: Einige sind mental eher katholisch, andere eher protestantisch. Diese
Brüche und Unterschiede hält unsere Kirche nicht nur aus, sie machen sie
auch aus.
Keith Lumsdon ist Pastor i.R. der Kirche von England, Diözese Durham. Die
Kirche von England gilt als Mutterkirche der Anglikanischen Gemeinschaft.
weltbewegt
23
Schwerpunkt
Forum
Welche Rolle spielt die Reformation
für meine Arbeit in der Ökumene?
des Zentrums für Mission und Ökumene
Zwei Antworten von Mitarbeitenden
Jeder Mensch ist Individuum und zugleich weltweit verbunden
Ökumenische Begegnungen sind Spiegel und Kraftquelle
Eberhard von der Heyde
EvangelischLutherische
Kirche in Fürészmezö-Négyfalu,
Rumänien
Christa Hunzinger
ist Europareferentin im Zentrum für
Mission und
Ökumene.
24
weltbewegt
„Erős vár a mi Istenünk“ – „Ein feste Burg ist unser Gott“, so steht es über jeder Kirchentür unserer Partnerkirche in
Rumänien. Und was wird aus voller Kehle – von vielen auswendig – beim lutherischen Chorfest in Litauen gesungen,
wenn alle Beteiligten in einem großen Zug vom Marktplatz in die Kirche ziehen? „Tvirčiausia apsaugos pilis.“ Martin
Luthers Lied, das mir wegen der Mächtigkeit seiner Worte ein wenig fremd geworden war, kommt mir in fremder
Sprache wieder nahe. Ich habe es bereits auf Russisch, Polnisch, Ungarisch, Estnisch, Lettisch, Litauisch und Niederländisch gesungen. Überhaupt sind wir mit unseren europäischen Partnerkirchen oft musikalisch durch das Liedgut
der Reformation verbunden. Es hat etwas von Pfingsten, die altvertrauten Choräle in verschiedenen Sprachen
gemeinsam zu singen.
Die meisten unserer europäischen Partnerkirchen sind lutherisch. Diese lutherische Identität
bedeutet ihnen besonders in einer Minderheitensituation viel. Gerade die osteuropäischen Kirchen
mussten in den letzten Jahrzehnten große gesellschaftliche Umbrüche verkraften. So ist für viele
Gemeindeglieder das Festhalten am Altvertrauten wichtig. Zugleich gehört für
mich zur evangelischen Identität die Freiheit zur Veränderung, zum
Ausprobieren von neuen Formen in der Liturgie, zum Diskurs über ethische
Werte. Eine spannende Diskussion gab es bei der Vorbereitung eines
deutsch-polnischen Feierabendmahls für den Hamburger Kirchentag. Für
uns Deutsche ist das Feierabendmahl Symbol für eine neuere, fröhlichere,
weniger schwere Form des Abendmahls, dazu schien das
Sündenbekenntnis, das für einen polnischen Pastor unverzichtbar ist,
wenig zu passen. Doch gelang ein gutes Miteinander: Die traditionelleren
Teile wurden auf Polnisch – mit deutscher Übersetzung im Liedblatt –
gehalten, die freieren entsprechend auf Deutsch.
In England erlebe ich andere reformatorische Traditionen,
war doch die Reformation erst einmal die Loslösung vom
Papst durch den König. Die Kirche hielt an der katholischen
Liturgie fest und bekennt weiterhin selbstverständlich den
Glauben an „the holy Catholic Church“. Die anglikanische
Kirche sieht sich nicht als protestantisch, sondern als eigene Konfession.
Dennoch steht sie mir in vielen theologischen Auffassungen näher als
manch lutherische Kirche.
Und dann sind da unsere russisch-orthodoxen Partner in St. Petersburg,
die uns auf eine ganz andere Weise in Frage stellen. Sie betonen vor allem
die Konsense der Konzilien innerhalb der ersten sieben Jahrhunderte und
sind nicht durch die Auseinandersetzungen der Zeit der Reformation
und später der Aufklärung geprägt. Bei aller Schönheit ihrer Liturgie
merke ich, wie wichtig mir als Protestantin die Predigt in einer Sprache
ist, die ich verstehe.
So ist die Begegnung mit unseren Partnern für mich auch ein Spiegel,
in dem ich sehen oder zumindest ahnen kann, wer ich bin – eine
Suchende in der Vielfalt der Glaubenstraditionen, und zugleich voll
Vertrauen, dass Gott mich schon gefunden hat und mir die Kraft schenkt,
meinen Glauben in allen Veränderungen zu leben. Dabei ist die
Begegnung mit den Partnern immer wieder eine Kraftquelle.
Foto: C. Wenn (1), E. v. d. Heyde (1), C. Hunzinger (1)
Christa D. Hunzinger
Die Epoche der Reformation kennzeichnen neben einzelnen Personen vor allem Bildungsinitiativen, neue Medien, ökonomische, soziale und politische Umwälzungen. Aus europäischer Sicht steht die Reformation im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Ihr Erbe wirkt bis in die Gegenwart. Heute stehen Regionen in der Welt vor
ähnlichen Umwälzungen wie Europa vor 500 Jahren. Angesichts dessen lässt sich fragen: Was beflügelt Bildungsbewegungen heute? Wie wirkt sich die Schwächung zentraler Mächte aus, vor dem Hintergrund der wachsenden Schere zwischen Arm und Reich? Wie kann es zu einem gemeinsamen Verständnis grundlegender
Rechte kommen? Wie deren Einhaltung gewahrt werden? Der Nationalstaat, der seit Beginn der „Neuzeit“
Garant und Horizont von individuellen und sozialen Rechten und Pflichten war, kann diese Fragen angesichts
globaler Verflechtungen und Risiken offensichtlich immer weniger allein beantworten.
Die Reformation – im Wortsinn: Umgestaltung, Erneuerung – sucht Nachahmung.
Begegnungen mit Menschen aus verschiedensten Kontexten dieser Einen Welt zeigen mir,
dass die Überwindung der bestehenden Ungleichzeitigkeit und Ungerechtigkeit heute die
zentrale Herausforderung ist. Um dieser Herausforderung begegnen zu können, sollte eine
Bedingung erfüllt sein: Die Fähigkeit und das Wollen, die jeweiligen Perspektiven aus
anderen Kontexten als etwas zu erkennen, das relevant für mein eigenes Urteilen und
Handeln ist. Es ist wichtig anzuerkennen, dass meine eigene Perspektive eine Perspektive
unter anderen möglichen und relevanten Perspektiven ist – und dann zu verstehen, was dies in seiner
Konsequenz bedeutet. Dies ist extrem schwer. Es gibt bislang nur wenig methodisches
Verständnis für Bildungsprozesse, die zu einer solchen Haltung führen.
Lernerfahrungen und eine Ausweitung der bestehenden Grenzziehungen
werden gestärkt, wo wir miteinander im Gespräch sind. In einem Gespräch,
an dem alle einen gleichen Anteil haben. So einfach das klingen mag, so selten
gelingt es – insbesondere, wenn unterschiedliche Interessen aufeinander
treffen. Miteinander in der Einen Welt zu stehen und „gemeinsam den Weg
der Gerechtigkeit zu gehen“ bedeutet aber, sich gemeinsam diesem
Interessenausgleich zu stellen. Mit der Einladung an die Partnerkirchen zur
Partnerkirchenkonsultation hat die Nordkirche einen solchen Schritt
gewagt. Sie hat sich auf das Experiment des gemeinsamen Gesprächs
eingelassen. Es scheint mir wichtig, diesem (Lern-)Weg bald weitere Schritte
folgen zu lassen.
Bildung für Alle, die Bibel in der eigenen Sprache lesen, in eine
unmittelbare individuelle Gottesbeziehung gerufen zu sein – das ist ein
reformatorisches Erbe einer persönlichen Verantwortung vor Gott für mein
Handeln. Dieses Erbe ist immer wieder in eine Balance damit zu bringen,
dass Fragen des Zusammenlebens der Menschen in dieser Welt nur
gemeinsam angegangen werden können. In der partnerschaftlichen
Verbundenheit mit Menschen weltweit gibt es zahlreiche Gelegenheiten und
Orte, solche Verständigungsprozesse zu begleiten und zu gestalten. Ein
bewusster Umgang mit eigenen Grenzen kann dabei helfen zu verstehen, dass
alle in dieser Einen Welt das gleiche Gewicht und das gleiche Recht haben.
Die nächste Reformation, die diesen Namen verdient, wird davon ausgehen,
dass die Errungenschaften, Fähigkeiten und Potenziale der einen auf die
Errungenschaften, Fähigkeiten und Potenziale der anderen angewiesen sind.
Die Bibel in
eigener Sprache
lesen zu können,
ist eine wichtige
Voraussetzung für
eine individuelle
Gottesbeziehung.
Das Foto zeigt
eine deutschkoreanische
Bibelübersetzung.
Eberhard von der
Heyde ist Leiter
des Bereichs für
Ökumenische
Beziehungen und
stellvertretender
Direktor des
Zentrums für
Mission und
Ökumene.
weltbewegt
25
Schwerpunkt
Ohne Laien keine Partnerschaftsarbeit!
Das „Priestertum aller Gläubigen“ wird in der kirchlichen
Partnerschaftsarbeit lebendig
Interkulturelles Engagement verändert unseren Blick
Ehrenamtliche entwickeln sich zu Experten in der Ökumene
Dr. Sibylle Gundert-Hock
Dr. Sibylle GundertHock arbeitet als
Referentin und
Flüchtlingsbeauftragte in der
Ökumenischen
Arbeitsstelle
Mecklenburg.
26
weltbewegt
für alle Beteiligten auch eine Zeit des
beinahe ununterbrochen anhaltenden Gesprächs und Austauschs.
Fragen erweitern die
Perspektive
Es war beeindruckend zu erleben,
wie viele Fragen bei den Besuchern
ausgelöst wurden durch unsere Lebensweise, unsere Städte, Dörfer,
Bauernhöfe, Seniorenheime, Kindergärten nicht zuletzt durch
unsere Kirchen und unser Gemeindeleben. Besonders beeindruckend
aber war, wie spontan und tiefgehend wir darüber ins Gespräch
kamen und wieviel „Fragwürdiges“
dabei zu Tage kam. Durch den Austausch, durch das In-Frage-Stellen
und In-Frage-Gestellt-Werden entsteht ein Prozess, der den Blick auf
die vertraute, eigene Welt verändern
kann – auf beiden Seiten. Ja, hier
entstehen Denkanstöße und neue
Wahrnehmungshorizonte.
Wie nachhaltig dies geschieht ist
schwer einzuschätzen. Dabei müssen wir uns eingestehen, dass unsere Lebens- und Arbeitsweise nachhaltige Verunsicherung eher ab-
blockt als fördert. Die starken Eindrücke aus den direkten Begegnungen ziehen oft keine
direkten Veränderungen
nach sich. Vielleicht wirken
sie dennoch weiter? Ich
hoffe, dass sie das tun. Des
Weiteren hoffe ich, dass die
kumulierten Erfahrungen
dieser Art irgendwann stärker sind als Alltags- und
Sachzwänge und dass sie
uns dann wirkungsvoll in
Bewegung bringen. Partnerschaftsgruppen können unterschiedliche Menschen und Gaben
für eine gemeinsame Aufgabe
zusammen führen. Laien, Pastorinnen und Pastoren, Gemeindepädagoginnen und -pädagogen,
Kirchenmusikerinnen und -musiker
arbeiten dabei auf Augenhöhe zusammen.
In Rostock sind darüber hinaus
Menschen aus drei sehr verschiedenen Kirchengemeinden aktiv und
lernen ganz nebenbei die sehr
verschiedenen Stile von Gemeindeleben kennen und schätzen.
Der Besuch unserer Partnergemeinde aus Mhero hatte die Partnerschaft in den jeweiligen Ortsgemeinden
jedenfalls sehr gestärkt und sichtbar
gemacht. In Begegnungen und Gesprächen ist Neugierde, Sympathie, Respekt
und Wertschätzung entstanden und
gewachsen. Es hat sich ein Fenster zur
Welt geöffnet, das neue Blickrichtungen
und Deutungen ermöglicht. Ohne
Laien keine Partnerschaftsarbeit! Und
ohne diese wäre unser Leben als
Gemeinde um so vieles ärmer.
D
Fotos: E. v. d. Heyde (1), D. Vogel (1), wikimedia (1), Aquarell: C. Wenn
P
artnerschaften zwischen Kirchengemeinden in Deutschland
und in Ländern des globalen Südens
sind ein Bereich, in dem sich viele
Christinnen und Christen intensiv
einbringen. Oft sind Partnerschaftsgruppen in den Gemeinden der
Nordkirche durch das Engagement
der Laien geprägt. Sie halten die
Beziehungen über Jahre oder Jahrzehnte aufrecht. Sie sind es, die die
Begegnungsreisen in die Partnergemeinden unternehmen oder die
Besuche der Partnergemeinden in
Deutschland gestalten. Ohne Laien
keine Partnerschaftsarbeit, das kann
man sicher so sagen. Wie aber wirken diese Partnerschaften beziehungsweise die gemeinsame Projektarbeit in die Ortsgemeinden hinein?
Verändern sie den Blick auf die Welt?
Haben sie das Potenzial Denkanstöße oder auch Stein des Anstoßes zu
sein? Hier will ich eigene Erfahrungen sprechen lassen: Im September hatte die „Tansaniagruppe Rostock“, in der Mitglieder aus drei
Kirchengemeinden zusammen wirken, Besuch aus der evangelischen
Partnergemeinde in Mhero, einem
Dorf in den Pare-Bergen. In vielen
verschiedenen Begegnungen konnten Rostockerinnen und Rostocker
direkt etwas über die Lebenswirklichkeit der Menschen aus der abgelegenen Gebirgsregion Tansanias
erfahren. Unsere Gäste, darunter
auch der Pastor der Gemeinde, waren
zum ersten Mal in Europa. Für sie
war es, wie sie sagten, eine intensive
Erfahrung von Neuem, Fremdem,
Befremdlichem. In jedem Fall war es
Silke Leng
ie Partnerschaftsgruppen in unserer Nordkirche sind vor allem in den 1970er Jahren
als Basisbewegung entstanden und haben in
den vergangenen gut 30 Jahren viele Menschen in Bewegung gesetzt. Partnerschaftsarbeit ist eine hochengagierte
ehrenamtliche Arbeit. Es gibt sie seit
einigen Jahren auch auf der Seite der
Partnerkirchen. Komitees, mehrheitlich ehrenamtlich besetzt, prägen und
gestalten das gemeinsame christliche
Leben.
Das fordert die Partnerschaften oft
heraus. So ist eine rein ehrenamtliche Delegation, die im Auftrage des Kirchenkreises mit
dem tansanischen Propst und einem Gremium
mit vorwiegend Pastoren verhandelt, schon eine
besondere interkulturelle Herausforderung – für beide
Seiten. Dabei werden Hierarchien aufgehoben und
neue Strukturen geschaffen. Laien übernehmen in
solchen Situationen besondere Rollen und Aufgaben!
Sie sprechen Grußworte mit theologischen Elementen, bereiten Bibelarbeiten und Seminare für
Frauen vor oder predigen sogar. Damit sind sie
lebendige Beispiele für das sogenannte Priestertum
aller Gläubigen, agieren sie doch als getaufte
Christinnen und Christen.
Mit strahlenden Augen erzählen Laien nach ihren
Begegnungen mit Menschen aus anderen Kontinenten
oft von den besonderen Erlebnissen, dem gemeinsamen Lachen, dem gemeinsamen Ringen um
Bibelworte oder kulturelle Identitäten. So schreibt
Birgitta Henrich aus der Tansaniagruppe der Kirchengemeinde Heikendorf: „Für mich persönlich hat es viel
bedeutet, zu sehen, wie anders man den Glauben im
Alltag leben kann.“ Sie beschreibt weiter, wie sehr die
Begegnungen ihren Blick auf ihr eigenes Leben in
Frage stellen und wie sehr sie die Arbeit nun als echte
Chance wahrnimmt, an weltweiter Gerechtigkeit
mitzuarbeiten. So wird das eigene Christsein neu
entdeckt und eine eigene christliche Sprachfähigkeit
(neu) erworben. „Nirgends rede ich so viel von Gott
und meinem Glauben, wie in den
Begegnungen mit den Partnerinnen
und Partnern aus dem Süden.
Ehrenamtliches
Engagement in der
Partnerschaftsarbeit
ist ein Ehrenamt mit
hoher Verantwortung. Es erfordert
viel Geduld und
lässt das eigene
Gottvertrauen
wachsen. Ehrenamtliche in der Partnerschaftsarbeit entwickeln
sich zu echten Experten –
damit oft auch zu scheinbar unkalkulierbarer Größe und Gefahr
für Kirchengemeinderäte. Ehrenamtliche
Partnerschaftsverantwortliche haben in Altholstein vor
einiger Zeit Leitlinien für ökumenische Partnerschaftsarbeit erarbeitet, mit dem Ziel, ehrenamtliche
Gruppen in ihrer Arbeit zu stärken
und den Austausch mit kirchlichen
Gremien zu fördern. Schließlich
geht es darum, die Partnerschaftsgruppen als Teil der Gemeinde zu
verstehen, die diese bereichern und
spirituelles Leben bringen. Das
Engagement Ehrenamtlicher ist
jedoch kein fremdfinanziertes, exklusives Hobby Einzelner. Sie
investieren viel: Zeit, Kraft und
Geld, wobei es leider oft auch an
Anerkennung oder Würdigung
fehlt. Die Laien sehen sich in der
Verbundenheit der weltweiten Christenheit und leben damit echte Ökumene. Partnerschaftsarbeit ohne
Ehrenamt – das geht nicht!
Blick über den Tellerrand weitet nicht nur den Horizont,
sondern verändert auch die Perspektive für das eigene Handeln.
Silke Leng ist
Diakonin und leitet
die Ökumenische
Arbeitsstelle
Altholstein.
weltbewegt
27
Schwerpunkt
Forum
Geht doch! Ökumenischer Pilgerweg
für Klimagerechtigkeit
„Es war sehr erfüllend, Teil von etwas zu sein, das zunächst einfach und
klein erscheint, aber am Ende sehr bedeutsam und weitreichend ist –
wie der Pilgerweg zur Arche Warder. Der Weg, das Gespräch, die
Gemeinschaft, das Gebet und vor allem die gemeinsame Sehnsucht
von Menschen aus aller Welt, die alle verschiedene Lebenswege, aber
ein gemeinsames Ziel haben: der Welt die dringende Botschaft weiterzugeben, dass wir Gottes Schöpfung vor der Zerstörung schützen
müssen. Das war für mich sehr bedeutsam und bewegend.“
June Mark Yaňez, Unabhängige Philippinische Kirche
Am 19. September sind Pilgerinnen und Pilgern aus den Partnerkirchen
auf einer Etappe mitgewandert und schildern ihre Eindrücke
„Ich war sehr beeindruckt von der Andacht und dem Singen im Stall
– inmitten der Tiere. Während des Gebetes hörten wir die Ferkel
grunzen. Den Segen empfingen wir zwischen Eseln und Hühnern.
Die Verbundenheit mit der Natur wurde so besonders deutlich.
Das erinnerte mich an Franz von Assisi. In Verbundenheit mit Gott
zu leben bedeutet für mich auch Sorge für Menschen und Tiere zu
tragen.“
Maarten Diepenbroek, Pastor in der Lutherischen Kirche in den
Niederlanden
„Bei der Partnerschaftskonsultation haben wir uns mit Klimagerechtigkeit
befasst und verpflichtet, uns dafür zu engagieren. Deshalb habe ich mich sofort
dem Pilgerweg angeschlossen. Denn jede und jeder von uns hat Verantwortung
und die Fähigkeit im Sinne der Klimagerechtigkeit zu handeln. Deshalb ist unser
gemeinsames Pilgern ein wichtiger Schritt, um unseren Planeten zu retten.
Letztlich sollte sich jede und jeder für Klimagerechtigkeit engagieren.“
Gilbert Ilunga Nkasa Talwa, Generalsekretär der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in der Demokratischen Republik Kongo
„Zunächst hatte ich keine Vorstellung von dem, was mich beim Pilgern
erwartete. Aber ich erlebte viele besondere Momente. Einer entstand durch den
Regen. Das schützende Dach der Regenschirme brachte uns auf neue Weise
zusammen zum Reden und Geschichten erzählen. Ein Highlight war das Gespräch mit Bischof Kahutu aus Kenia. Ich bat ihn zu erzählen, warum er Pastor
geworden ist. Es hat mich sehr beeindruckt, was er zu erzählen hatte. „Wie
großartig sind Gottes Wege!“
Varia Muradova, Lutherische Kirche in Kalingrad
28
weltbewegt
Fotos: C. Wenn (1), LWB (1), E. v. d. Heyde (2), C. Hunzinger (2), R. Catsburg (1), U. Plautz (1), REUTERS/C. Hartmann (1)
„Seit unseren ersten Planungen für den Pilgerweg nach Paris sind
etwa zwei Jahre vergangen. Am 13. September 2015 sind nun die
ersten Pilger in Flensburg gestartet. Sieben Frauen und Männer werden
den ganzen Weg bis Paris zu Fuß unterwegs sein. Also rund 1470 Kilometer! Auch ich bin einige Etappen mitgepilgert. Ein besonderes Highlight war für
mich das Pilgern mit den ökumenischen Gästen am 19. September. Über 100 Menschen
– darunter 30 Tagespilger und 70 Frauen und Männer aus über 30 Partnerkirchen – sind
von Alt-Mühlendorf bis zum Tier- und Landschaftspark Arche Warder gepilgert. Die
Wanderung beendeten wir mit einer gemeinsamen Andacht im Stall inmitten der Tiere. Und
plötzlich war über der Arche Warder ein Regenbogen zu sehen – ein wunderbares Zeichen
der Hoffnung!“
Anne Freudenberg ist Referentin für Theologie und Nachhaltigkeit im Zentrum für Mission
und Ökumene
„Pilgern bedeutet für mich, dass ich meine Bitten vor Gott
bringen kann! Dieses Gebet ist was ganz besonderes. Einerseits
darf ich in der Natur die Präsenz Gottes erleben, anderseits bin
ich Teil einer erzählenden, offenen, begeisterten Pilgergemeinschaft. So waren mir auch die Gespräche auf dem Weg sehr
wichtig. Als Pilgerin finde ich es wunderbar, dass der Klimagipfel in Paris mehr ist, als nur eine langweilige – auf Beschlüsse,
Dokumente und Medienberichte reduzierte Konferenz. Ich
gratuliere den Organisatorinnen, die den Pilgerweg, angeregt
durch den Ökumenischen Rat der Kirchen, umgesetzt haben.
Wir müssen gemeinsam für die Bewahrung der Schöpfung und
für eine nachhaltige Zukunft eintreten! Unser Erfolg braucht viel mehr als gut durchgedachte, bewilligte Entschlüsse. Unser Ziel braucht Gespräche, Erzählungen, Raum für
offene Fragen, für Debatten und viele Menschen, die ihre Zeit und Kraft einbringen können!
Und unser Ziel braucht noch viel, viel mehr. Nicht zuletzt auch Gnade und den Segen
Gottes! Das, was wir zum Beispiel tun können ist: einfach loszulaufen, beten und offen zu
sein für Gespräche, also zu pilgern. Warum ich ein paar Schritte mitgelaufen bin? Weil Gott
mir die Möglichkeit gegeben hat, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Ich bin
sehr dankbar, dass ich Teil der Pilgergemeinschaft sein durfte!“
Eszter Kalit, Evangelisch-Lutherische Kirche der ungarischen Minderheit in Rumänien
„Für mich war es eine besondere Freude, dass ich gleich zu Beginn
beim Start in Flensburg mit dabei sein konnte. So war es eine noch
größere Freude, als ich mich ihnen nach der Partnerschaftskonsultation wieder anschließen konnte. Unsere Gespräche haben gezeigt,
dass selbst kleine Schritte für eine bessere Zukunft wertvoll sind. Das
war nicht nur symbolisch. Was das bedeutet, konnte ich auf dem
Pilgerweg konkret erfahren. Unter den Mitpilgernden waren einige, die
direkt von den Folgen des Klimawandels, von Dürre oder Überschwemmungen, betroffen sind. In Gesprächen wurde einem die
Lebenssituation noch einmal anschaulich vor Augen geführt und es
wurde deutlich: Zusammen, und nur zusammen, können wir Dinge
ändern.“
Kate Boardmann, Anglikanische Kirche in England
„Es war ein großartiges Gefühl des Zusammengehörigkeitsgefühls mit der globalen
Familie. Das Ringen um Klimagerechtigkeit ist ein Prozess und bedarf einer leidenschaftlichen und zugleich kritischen Masse von Leuten. Es war für mich beeindruckend zu sehen,
dass diese Initiative sowohl von einem breiten Spektrum aktiver Umweltaktivisten getragen
wird, als auch von internationalen Kräften, die sich für die Rechte von Menschen und
Umwelt stark machen. Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen,
brauchen wir alle Formen der Zusammenarbeit, also multireligiöse, multikulturelle und
multigenerationelle Mehrheiten. Dieser gemeinsame Pilgerweg steht unter Gottes Segen.
Möge Gott diesen Prozess zum Erfolg führen im Lichte von Gottes Wort.“
Luke Mwololo, Generalsekretär der Lutherischen Kirche in Kenia
weltbewegt
29
Forum
Schwerpunkt
Begegnen, verstehen und bezeugen
Ein Theologe der Mission. Ein Nachruf auf Prof. Dr. Theodor Ahrens
F
Paul Gerhardt
Buttler war von
1975 bis 1995
Direktor des
heutigen Zentrums
für Mission und
Ökumene.
30
weltbewegt
amilie, Freunde und Bekannte nannten ihn Theo.
Aber eigentlich, so betonte er je und dann, war sein
Taufname Theodor – Gottgegeben. Gottes Gabe, sein
großes Thema späterer Jahre, war ihm gewissermaßen
„in die Wiege gelegt“.
Geboren wurde er als erster Sohn des Indien-Missionars
und späteren Breklumer Missionsdirektors Walter Ahrens
und seiner Frau am 30. April 1940 in Koraput, einer
Provinzstadt in Odisha. Schon sein Großvater hatte dort als
Missionar gewirkt. Indien wurde für Theo das Zuhause
seiner frühen Kindheit. Deutschland, wohin die Eltern 1947
mit ihm aus der Internierung zurückkehrten, war zunächst
die Fremde. Auch dies war sicher für sein späteres Bemühen
um interkulturelles Verstehen von Bedeutung. Nach der
Schulzeit in Flensburg und Husum schien der Weg ins
Theologiestudium vorgezeichnet. Heidelberg, Tübingen, Göttingen, Kiel und Hamburg wurden die äußeren Stationen.
Im Sommersemester 1963 lernte er die
Theologiestudentin Hanna Jahnke, seine
spätere Frau, kennen. 1965 heirateten sie.
Hanna, selbst voll ausgebildete Theologin,
blieb ihm durch alle Lebensphasen eine
eigenständige, schriftstellerisch und künstlerisch begabte, liebevolle Weggefährtin.
Nach Studium und Ordination konnte Theo
Ahrens 1969 seine theologische Doktorarbeit
erfolgreich abschließen. Seine Kirche stellte
ihn frei zur Mitarbeit als Tutor an der
Missionsakademie an der Universität Hamburg und zur Vorbereitung für seine geplante Mitarbeit in einer überseeischen Partnerkirche.
Die Dozentur an einem College war jedenfalls gestrichen.
Die Neuankömmlinge wurden in Bongu stationiert, einem
Dorf zwischen Regenwald und Pazifikstrand. Dort hatten
Cargo-Kult-Praktiken, Auswüchse religiös motivierter
Protest- und Anpassungsbewegungen, die Ergebnisse achtzigjähriger Missionsarbeit scheinbar zunichte gemacht.
Der Dozent wurde zum Fragenden: Was bewegt die
Menschen dort, worum geht es ihnen? Worüber streiten sie?
Und was hat das alles mit Religion zu tun? In Tanok Galopi
und Waga Miridj fand er zwei weise, lebenserfahrene
Männer, die Zeit und Sorgfalt darauf verwandten, ihm in
unzähligen Gesprächen ihre Welt der Magie und Riten und
was sie vom christlichen Glauben verstanden hatten, erschlossen. Der eine, ein ehemaliger Todeszauberer, der
andere nacheinander Goldgräber, Cargo-Kult-Anhänger,
Initiationsmeister der einheimischen Religion und schließlich Leiter einer christlichen Gemeinde. Es wurde ein
lebhafter Austausch, aus dem heraus Gemeindeseminare bis
zu 80 Teilnehmenden entstanden, die sich viermal im Jahr
eine Woche „über Gott und die (eigene) Welt“ austauschten.
Theo Ahrens hatte immer betont: „Die Stationierung in
Bongu war für mich der Glücksfall meines Weges.“
Seine eingehende – durch umfangreiche Literatur ergänzte – Kenntnis der Cargo-Bewegung und der inneren
Schlüssigkeit ihrer im Grunde magischen Vorstellungswelt
führten dazu, dass er zur Mitarbeit am neu gegründeten
Melanesischen Institut in Goroka berufen wurde. Eine große
kirchensoziologische Studie mit dem Ziel neuer Schwerpunktsetzung in veränderter Situation, Fortbildungsseminare
und zahlreiche Veröffentlichungen jener Zeit erwiesen sich
als wichtige Hilfe für den kirchlich-missionarischen Dienst
vor Ort. 1978 kehrte die inzwischen gewachsene Familie
nach Deutschland zurück.
Missionar in Neuguinea
Theologischer Referent und Professor
für Missionswissenschaft
Indien blieb ihm aufgrund der restriktiven Visapolitik der
Regierung verschlossen. So kam die damalige Lutheran
Mission New Guinea (LMNG) in Blick, die einen Dozenten
für eine der theologischen Ausbildungsstätten suchte.
Ein Zwischenfall „in letzter Minute“ veränderte vieles.
Aufgrund eines Diskussionsbeitrags beim Deutschen
Evangelischen Missions-Tag 1970 in Berlin hatten „besorgte
Christen“ nach Neuguinea berichtet: Ahrens glaubt nicht
richtig an Jesus! Dementsprechend wurde die junge Familie
auf dem Flugplatz in Lae vom australischen Präsidenten der
LMNG mit den Worten begrüßt: „Haben sie euch nicht
gesagt, dass wir euch hier nicht haben wollen?“
Nach kurzer Wiedereingliederungsphase übernahm Theo
Ahrens das vakant gewordene Indienreferat des Nordelbischen Missionszentrums in Hamburg. Ohne große
Anlaufzeit war er bald in die anstehenden Aufgaben und
die Probleme der Partnerkirche eingearbeitet. Erstaunlich rasch durchschaute er bei Besuchsreisen in Indien
vorhandene Konflikte und konnte oft noch vor Ort mit
Beteiligten Lösungsmöglichkeiten diskutieren. Spätestens eine Woche nach Rückkehr seiner Reisen lag
bereits ein mehrseitiger schriftlicher Bericht mit Vorschlägen für die Weiterarbeit vor.
Fotos: J. Ahrens (1), J. Bartels (1), W.-D. Hildebrandt (1)
Paul Gerhardt Buttler
Nach zwei Jahren wechselte er in das Papua-NeuguineaReferat. Da inzwischen auch regionalkirchliche Belange
und zusätzliche Aufgaben in Honkong und der VR China
wahrzunehmen waren, baute er seinen Arbeitsbereich mit
großem persönlichem Einsatz zum Referat für den Pazifik und
Ostasien aus.
Außerdem lag ihm der interkulturelle Austausch
zwischen jungen Erwachsenen am Herzen. So hatte er sich
1982 für die Einführung des Stipendien- und Freiwilligenprogramms eingesetzt. Schon während dieser Zeit hatte er –
inzwischen habilitiert – als Lehrbeauftragter im Fachbereich
Evangelische Theologie der Universität Hamburg Seminare
abgehalten. 1987 wurde er Professor am Institut für Missions-,
Ökumene- und Religionswissenschaften. Mit dem Lehrstuhl
war der Vorsitz im Vorstand der Missionsakademie an der
Universität Hamburg verbunden. Theodor Ahrens hat viel
Zeit und Kraft für diesen wichtigen Arbeitsbereich eingesetzt.
Darüber hinaus war er in Gremien des Evangelischen
Missionswerks und Ausschüssen des Zentrums für
Mission und Ökumene in Hamburg engagiert.
Während der 18 Jahre akademischer Wirksamkeit hat er eine breite Palette von Themen bearbeitet
zu Geschichte und Theologie christlicher Mission,
zu ökumenischen Beziehungen der Kirchen nicht
nur in ihrer konfessionellen Verschiedenheit, zum
Verstehen fremder Kulturen wie zur Begegnung
mit Menschen anderer Religionen und Welterfahrung. Wiederkehrende Themen waren eine dem
jeweiligen Umfeld gemäße christliche Verkündigung, Gewalt und Gewaltunterbrechung, Geben
und Empfangen im Licht der nicht erwerbbaren,
unentgeltlichen Gottesgabe in Christus Jesus. Und
immer wieder Beiträge zu theologischen und
kulturellen Fragen aus Ozeanien und PapuaNeuguinea. Die Liste seiner Veröffentlichungen auf
Deutsch, Englisch und in melanesischem Pidgin in
Büchern, Zeitschriften- und Lexikonartikeln ist
lang. Erstaunlich ist die Breite der jeweiligen
Diskussion nicht nur mit Theologen und
internationalen Fachkollegen, sondern auch mit
Vertretern von Soziologie, Anthropologie, Kulturwissenschaft und Philosophie. Er wurde zu Gastvorlesungen eingeladen u. a. von der Universität
von Papua-Neuguinea, der Hanshin-Universität in Korea,
dem Nanjing Theological Seminary in der VR China, dem
Gurukul Theological Seminary in Indien. „Gottesgabe“, eine
umfangreiche Festschrift zu seinem 65. Geburtstag 2005 ehrt
sein wissenschaftliches Werk.
Mit seiner Pensionierung war dieses allerdings nicht
abgeschlossen. Trotz der ernsten Erkrankung, die sich bereits
2012 erstmalig meldete, hatte er bis zuletzt engagiert weitergearbeitet. Noch im März 2015 konnte er seine letzte Publikation „Einwürfe, Missionswissenschaftliche Studien“ in
der Reihe „Studien zu interkultureller Theologie an der
Missionsakademie“ veröffentlichen. Sie fasst noch einmal
zusammen, was ihm wichtig war.
Am 16. September 2015 ist Theodor Ahrens zu Hause in
Hamburg im Kreis seiner Familie gestorben. Die Nordkirche
in ihren weltweiten Partnerschaftsbeziehungen bleibt ihm für
seinen wegweisenden Beitrag zur Mission der Kirche dankbar
verpflichtet.
Goroka-Show,
Papua-Neuguinea
Der Missionstheologe Theodor Ahrens,
em. Professor für
Missionswissenschaft und ökumenische Beziehungen
der Kirchen an der
Universität Hamburg, ist im Alter
von 75 Jahren
gestorben.
Er war für mehrere
Jahre im damaligen
Nordelbischen
Missionszentrum,
zunächst als
Indienreferent und
anschließend als
Referent für
Papua-Neuguinea
tätig. Seine neueste
Publikation „Einwürfe“ wird auf S. 35
vorgestellt.
weltbewegt
31
Nachrichten
Nachrichten
Nachruf auf Dr. Martin
Brückner
Ökumenische Netzwerke sind gerade heute nötig
Tagung der VIII. Generalsversammlung in Breklum
D
ie Situation von Flüchtlingen
stand im Mittelpunkt der Eröffnung der VIII. Generalversammlung in Breklum. So rief ihr Vorsitzender Landesbischof Gerhard
Ulrich, in seiner Predigt Christinnen und Christen dazu auf, sich für
Flüchtlinge und gegen Fremdenhass
einzusetzen. Ulrich ermutigte dazu,
sich durch Gottes Auftrag bewegen
zu lassen: „Der Glaube, von Gottes
Geist bewegt, lässt sich nicht beruhigen angesichts der Ereignisse vor
Flüchtlingsunterkünften, angesichts
von Hass, der bereits Häuser und
Menschen in Flammen gesetzt hat –
hier bei uns!“, sagte der Bischof und
betonte zugleich: „Ich bin dankbar,
für die vielen Engagierten, die ihre
Herzen und Türen für Flüchtlinge
öffnen und mit denen teilen, die
nicht wissen wohin. Ich bin dankbar
für die, die nicht zuerst nach
sicheren Herkunftsländern fragen,
sondern die Not sehen und das
Gerechte tun. Sie werden Ängste
überwinden helfen.“ Ebenso wichtig
sei aber auch die langfristige Arbeit
der Nordkirche in den weltweiten
ökumenischen Netzwerken mit
ihren Partnerkirchen. Das seien
„bewährte Kontakte“, die angesichts
von Gewalt, Vertreibung, Hunger,
von Korruption und Abschottung
für die Arbeit am Frieden „dringend
gebraucht werden“, so Ulrich.
32
weltbewegt
Die Delegierten kamen in dieser
Zusammensetzung zum letzten Mal
zur turnusmäßigen Sitzung vom
4. bis 5. September in Breklum zusammen. Die Amtszeit der für sechs
Jahre zunächst noch in Nordelbien
und dann im Zuge der Fusion aus
Mecklenburg und Pommern hinzugewählten insgesamt 116 Delegierten
wird im Frühjahr beendet sein. Zum
kommenden April werden alle Kirchenkreise der Nordkirche, die Synode, der Missionskonvent sowie der
Verein der Freunde der Breklumer
Mission neue Mitglieder für das
Gremium nennen. Dem höchsten
Leitungsgremium des Zentrums für
Mission und Ökumene werden zukünftig 73 Personen angehören.
Auch der Vorstand wird neu gewählt
werden. Der bisherige Vorstandsvorsitzende Propst em. Jürgen Bollmann
wird auf eigenen Wunsch dann nicht
mehr für den Vorsitz kandidieren.
Kirchen in Nordamerika
stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie wir
In seinem Bericht aus der Arbeit
informierte Jürgen Bollmann über
aktuelle Entwicklungen im Zentrum
für Mission und Ökumene. Am
Abend gab es für die Teilnehmenden
die Gelegenheit, sich über ihre
Erfahrungen und ihr ökumenisches
Engagement in der Nordkirche auszutauschen. Am nächsten Tag stand
die „Nordamerikaarbeit der Nordkirche“ im Zentrum der Tagung.
Die Beziehungen der Nordkirche zu
den beiden Partnerkirchen in Nordamerika, der Southern Ohio Synod
der Evangelical Lutheran Church in
America (ELCA) und der Michigan
Conference der United Church of
Christ (UCC), sollen zukünftig im
Zentrum für Mission und Ökumene
verankert werden. Der vom Gremium verabschiedete Beschluss sieht
vor, bestehende Partnerschaften,
Beziehungen und Aktivitäten zwischen der Nordkirche und kirchlichen Partnern in Nordamerika
weiterhin zu fördern. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit, wird
zukünftig von Dr. Karen Bergesch
im Rahmen ihrer Beauftragung für
Ökumenisches Lernen koordiniert.
Inhaltlich wird vor allem die gemeinsame Verantwortung für Bereiche wie Friedenssicherung und Klimagerechtigkeit im Mittelpunkt stehen. Im Austausch mit den nordamerikanischen Partnern könne man
viel lernen, erklärte Direktor Dr.
Klaus Schäfer, weil „die Kirchen in
Nordamerika vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie wir, im
einerseits immer mehr säkularisierten, andererseits immer multireligiöser werdenden Europa“.
Fotos: C. Wenn (3), Grützmann (1)
Claudia Ebeling/Ulrike Plautz
Als letzte Station in seinem aktiven
Dienst hat Dr. Martin
Brückner eine
theologische Lehrtätigkeit in Papua-Neuguinea angestrebt. Im
Februar 2015 wurde
der Pastor durch das
Zentrum für Mission
und Ökumene als
theologischer Dozent
an das Martin-LutherSeminar in Lae
berufen. Martin
Brückner hatte eine sehr genaue
Vorstellung von seiner Aufgabe.
Lae war ihm bereits bekannt. So
war er von 1996 bis 2003 im
Auftrag des Leipziger Missionswerkes als Dozent für die EvangelischLutherischen Kirche von PapuaNeuguinea (ELC-PNG) tätig. Dabei
hat er die Menschen und ihre
Kirche nicht nur kennen, sondern
auch lieben gelernt.
Seine akademische Ausbildung
hatte Martin Brückner als Mathematikstudent begonnen. Nach
einigen Semestern wechselte er
jedoch zur Evangelischen Theologie. Im Juni 1984 promovierte er
zum Doktor der Theologie und
arbeitete bis 1988 als wissenschaftlicher Assistent an der
Universität Rostock. Nach seinem
Vikariat in der Kirchengemeinde
Jördenstorf trat er seinen Dienst in
der Kirchengemeinde Wismar St.
Marien/St. Georgen an, bis er 1996
zusammen mit seiner Familie als
ökumenischer Mitarbeiter nach
Papua-Neuguinea zog. Dort wurde
er mit offenen Armen aufgenommen. Gerne erinnerte er sich an
seinen Dienst in Papua-Neuguinea,
so wie man sich dort gerne an ihn
erinnerte.
Man freute sich nach seiner
erneuten Berufung auf den
kenntnisreichen Theologen. Als
Dozent konnte er eine große Freude
dabei empfinden, dem Wissensdurst und dem Lerneifer der
neuguineischen Theologinnen und
Theologen zu begegnen. Man
freute sich aber auch
auf den Christenmenschen Martin
Brückner. Er wurde
geschätzt als ein
Mann, der von einem
großen Gottvertrauen getragen
war und die Gründe
seines festen Glaubens auf die ihm
eigene besonnene,
ebenso freundliche
wie bestimmte Weise zur Sprache
bringen konnte.
Pastor Kinim Siloi, Ökumene- und
Partnerschaftsdezernent im
Kirchenamt des ELC-PNG,
charakterisierte Martin Brückner als
einen bodenständigen, gradlinigen
Pastor und sehr guten Missionar:
„Er war allen ein Freund und
niemandes Feind.“
Noch während sich Martin Brückner in Australien auf seinen Dienst
in Lae vorbereitete, erkrankte er
völlig unerwartet und musste nach
Hamburg zurückkehren. Mehr als
nur ein bloßes Dach über dem Kopf
fand er im Haus des Ökumenischen
Forums in der HafenCity. In der Gemeinschaft dort wurde er umsorgt
und begleitet. Am letzten Ende
seines Lebens standen mehrere
Krankenhausaufenthalte und
zuletzt die Aufnahme im Hospiz Helenenstift. Es war beeindruckend zu
erleben, wie aufgeräumt, zielstrebig
und bewusst Martin Brückner auch
seinen allerletzten Lebensabschnitt
als einen Weg gehen konnte, von
dem er wusste, dass Gott allein in
der Lage sein würde, ihn zum Ziel
zu führen. Am 3. September 2015
ist Martin Brückner im Alter von 61
Jahren gestorben.
Martin Haasler ist Referent für
Papua-Neuguinea und Pazifik
sowie für Partnerschaften.
Schwerpunkt
Norma Noemi Castillo
gestorben
Die Partnerschaftsreferentin der
Lutherischen Kirche in El Salvador
(ILS), Norma Noemi Castillo ist
am 25. August 2015 nach schwerer
Krankheit gestorben. Die 44-jährige Pastorin hinterlässt drei Töchter
und ihren Mann Rafael Menjívar,
Pastor und Öffentlichkeitsreferent
der Kirche. Norma Castillo war
bereits mehrmals zu Besuch in der
Nordkirche. Sie beeindruckte als
feinfühlige und engagierte Theologin. Bei internationalen Begegnungen galt sie als gefragte und
verlässliche Gesprächspartnerin,
die ihre Position klar benennen
konnte. In El Salvador leitete sie
außerdem eine Gemeinde mit
vorwiegend jungen Menschen, die
im gefährlichsten Stadtteil San
Salvadors lag. Neben der herausfordernden Arbeit nahm sie die
Verantwortung für ihre Familie sehr
ernst. Norma Castillo war durchdrungen von dem Wunsch nach
Gerechtigkeit. Sie unterstütze ihre
Kirche und ihr Landsleute dabei
mit aller Kraft. Nicht von ungefähr
hatte Bischof Fernando Gómez sie
nun als eine der „Heiligen“ der
Kirche bezeichnet. Die Trauer in El
Salvador aber auch in den deutschen El Salvador-Partnerschaftsgruppen ist groß.
Norma Castillo
Bärbel Fünfsinn war von 1993 bis
2012 Lateinamerikareferentin im
Zentrum für Mission und Ökumene.
Infostelle Klimagerechtigkeit
Anja Urbanek arbeitet seit
Oktober in der Infostelle Klimagerechtigkeit im Zentrum für Mission
und Ökumene. Sie wird als
Bildungsreferentin bis zum August
2016 die Elternzeitvertretung von
Judith Meyer Kahrs übernehmen.
Anja Urbanek war in Bremen als
Projektleiterin im Bereich „Nach-
Anja Urbanek
weltbewegt
weltbewegt
33
33
Service
Veranstaltungen
Missionskonvent
Holzdecke im
Stift Bethlehem,
Ludwigslust
Seine Herbsttagung hielt
der Missionskonvent in
diesem Jahr am 7. November im Stift Bethlehem in Ludwigslust ab. In
einem altehrwürdigen Saal
unter dem Dach mit laut
knarzendem Holzfußboden wurden einerseits die
Wahlen zur Generalversammlung zum Vorstand
des Zentrums für Mission
und Ökumene durchgeführt, andererseits von der
Partnerkirchenkonsultation im September berichtet. Dabei
ging es vor allem um ihre Auswirkungen für die Nordkirche. Zunächst berichtete Oberkirchenrat
Andreas Flade über die Vorbereitungen und Ziele der Konsultation.
Danach konnten Teilnehmende auf
einem Podium, auf dem leider
Ehrenamtliche fehlten, ihre Eindrücke schildern. Im Anschluss
diskutierten Arbeitsgruppen über
einzelne Themen der Konsultation
oder machten Vorschläge, wie in
Zukunft ähnliche Veranstaltungen,
was Vorbereitung, Durchführung
und Nachbereitung betrifft, eine
größere Wirkung in der Nordkirche
entfalten können.
Tobias Gottesleben ist Pastor der
Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde
Neumünster.
34
weltbewegt
weltbewegt
Weltgebetstag 2016
Kuba steht
im Mittelpunkt des
Weltgebetstages, den
Frauen aus
aller Welt am
4. März
2016 feiern. Er steht unter dem
Motto „Nehmt Kinder auf und ihr
nehmt mich auf“. Frauen aus Kuba
haben die Gottesdienstordnung für
den Weltgebetstag verfasst und
geben Einblick in ihren Alltag. Das
zentrale Thema des Gottesdienstes
ist „einander anzunehmen und
füreinander zu sorgen“.
Die Kubanerinnen begrüßen, dass
nun die jahrzehntelange Isolation
Kubas beendet ist, fragen aber
auch, wie das die wirtschaftliche
Situation und den Zusammenhalt in
der Gesellschaft verändern wird.
Kubanerinnen sind seit der Revolution zwar gleichgestellt und gut
ausgebildet, aber an Spitze von
Parteien und Regierung kaum
vertreten. Ein Grund liegt in der
Mehrfachbelastung. Sie müssen
nach wie vor viel Improvisationstalent haben, um den Lebensunterhalt
der Familie zu sichern. Kubas
Kirchen bemühen sich zunehmend,
die Gemeinden zu stärken und
Menschen zu befähigen, aktiv zur
Entwicklung der Gesellschaft beizutragen.
Auch in diesem Jahr gibt es zusätzlich zu den Gottesdiensten in Gemeinden einen Ökumenischen Weltgebetstagsgottesdienst mit einem
internationalen Frauenteam aus der
Arbeitsgemeinschaft Christlicher
Kirchen in Hamburg (ACKH) am 4.
März um 19 Uhr in der Hauptkirche
St. Petri mit Hauptpastorin Martina
Severin-Kaiser und Uta Gerstner.
Mehr Informationen zum Weltgebetstag, vorbereitenden Veranstaltungen, Workshops und Gottesdiensten
sind zu finden unter: www.weltgebetstag.de.
Erklärung des LWB zum
Terrorismus
fairen, solidarischen und nachhaltigen Gesellschaft zu gestalten, so
Tietze weiter. Der Eine-Welt-Preis
wurde 1996 von der Nordelbischen
Kirche ins Leben gerufen und wird
seitdem alle zwei Jahre vergeben.
Weitere Informationen:
www.ked-nordkirche.de
„Der Lutherische Weltbund ist
schockiert über die jüngsten
Anschläge und verurteilt diese
abscheulichen Taten aufs Schärfste“, so Bischof Munib A. Younan,
Präsident des Lutherischen
Weltbundes (LWB) in einer Erklärung vom 14. November. Diese Zeit
rufe Anhänger verschiedener
Religionen dazu auf, zusammen für
die Achtung vor dem menschlichen
Leben einzutreten. Anschläge wie
diese sollten nicht entmutigen.
Menschen aller Glaubensrichtungen
sollten sich vielmehr noch entschiedener für den Frieden innerhalb und
zwischen ihren Gemeinschaften
einsetzen, heißt es weiter. „Wenn
Gewalt mit religiösen Motiven gerechtfertigt gibt, kann es nur eine
Antwort geben: Nein!“ (s. Interview
mit Bischof Younan S. 18-19)
Rezensionen
Einwürfe
Eine-Welt-Preis
Fotos: S. Roß (1), C. Wenn (1), Weltgebetstag der Frauen - Deutsches Komitee (1)
haltiger Konsum“ tätig und
arbeitete als selbstständige
Beraterin. Im Bereich ihres Studiums an der Carl-von-Ossietzky
Universität in Oldenburg beschäftigte sie sich u. a. mit Nachhaltigkeitsmanagement, Ökobilanzierung
und Umweltmanagement. Anja
Urabnek, die außerdem ein
Auslandssemester an der Sichuan
Universtität in China absolviert
hatte, „freut sich nun auf die neuen
Herausforderungen“.
Am 29. Januar 2016 werden die
Gewinner des Eine-Welt-Preises
2016 im Rahmen eines großen
Festes in der Christianskirche in
Hamburg-Ottensen bekannt
gegeben. Den ersten Preisträgern
wird traditionell eine geschnitzte
„Goldene Giraffe“ überreicht. Die
offizielle Verleihung der Preise
erfolgt auf der Tagung der Landessynode im Februar 2016 in LübeckTravemünde.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche
in Norddeutschland (Nordkirche)
hat den Eine-Welt-Preis 2016
ausgeschrieben. Mit ihm sollen
Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen aus Hamburg, SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern ausgezeichnet werden, die
sich für mehr Gerechtigkeit in der
Welt einsetzen. „Gerade in der aktuellen Situation, in der Flüchtlinge
aus Eritrea oder Syrien bei uns eine
bessere Zukunft suchen, wird deutlich, wie wichtig das ehrenamtliche
Engagement für mehr Gerechtigkeit
ist“, sagte Dr. Andreas Tietze,
Präses der Landessynode der
Nordkirche. Der Eine-Welt-Preis
würdige diesen Einsatz und
motiviere andere Menschen, den
notwendigen Wandel hin zu einer
In seinem aktuellen Buch „Einwürfe,
Missionswissenschaftliche Studien“
beschäftigt sich Theodor Ahrens mit
Themen des Interkulturellen Dialogs
aus einer missionswissenschaftlichen Perspektive. Dabei setzt sich
der emeritierte Professor für Missionswissenschaften mit vielen
grundsätzlichen Fragen auseinander: Wie wurden Probleme des
Verstehens über kulturelle „Grenzen“ hinweg bearbeitet? Wie ließe
sich heute damit umgehen? Wenn
eigene Identitätssehnsüchte einer
echten Begegnung mit dem
Fremden im Wege stehen – was
bedeutet das für die Praxis interkultureller kirchlicher Zusammenarbeit?
Welche Wechselwirkungen zwischen kulturell unterschiedlichen
Wissenswelten lassen sich in der
Schularbeit der Missionen ausmachen? Gibt es ein „Recht auf
Provinzialität“ in einer kosmopolitischen Ökumene? Wie anschlussfähig ist Luthers Theologie des
„radikalen Umsonst“ im Kontext
aktueller Debatten über den
Stellenwert der Gabe in einer
Marktgesellschaft? Wie hat
missionarische Verkündigung auf
das Beziehungsfeld zwischen
Lebenden und Toten – kulturübergreifend ein menschliches Grundthema – eingewirkt? Welche
theologischen Grundentscheidungen stehen hinter der jüngsten
Missionserklärung des Ökumenischen Rates der Kirchen? Auch in
diesem Buch wird Theodor Ahrens
seinem Ruf als „Wanderer zwischen
Schwerpunkt
den Welten“ gerecht, der seine
Anliegen mit klarer Sprache auf den
Punkt bringt. Hier fasst der Autor
noch einmal zusammen, was ihm
wichtig war. (s. auch Nachruf S.
30-31)
Wo kämen wir denn hin?
Die Theologin und Musikerin Bärbel
Fünfsinn hat aus einer Fülle an
„Lieblingsliedern“ 17 bekannte und
weniger bekannte Stücke aus acht
Ländern und in fünf Sprachen
eingespielt. Die Lieder singen von
Sehnsucht und Widerstand, von
Lebensfreude und Hoffnungen, das
ist bei den alten, biblischen
Psalmen und Pilgerliedern nicht
anders als bei den Chansons und
Kirchenliedern unserer Zeit. Bärbel
Fünfsinn spürt diesen Emotionen
nach, lässt sie erklingen, durch sich
durchklingen. Dabei wird sie genial
begleitet von einem Dreierteam aus
Piano, Bass und Schlagzeug.
Musikalisch ist dieses Team nicht
festgelegt, es gibt Tango, Swing
und Choräle, auch zwei Eigenkompositionen von Bärbel Fünfsinn,
und ein jazziger Hauch durchweht
alle Stücke. Das Booklet bringt alle
Liedtexte im Original und in
deutscher Übersetzung und
vermittelt einiges zu den Hintergründen.
Das Buch in der
Reihe „Studien zu
interkultureller
Theologie an der
Missionsakademie“
ist im Juni 2015 im
Missionshilfe Verlag
erschienen und kostet
24,80 Euro,
www.Missionhilfe
Verlag.de
Antje Röckemann, Pastorin in
Gelsenkirchen
Bärbel Fünfsinn: Wo
kämen wir denn hin?
Bärbel Fünfsinn
(Gesang), Bertold
Becker (FIügel),
Joachim Fitzon (Bass),
Peter Weissink
(Schlagzeug), MusikCD, 16 Euro. Erhältlich
bei studio-schulte.de.
oder unter www.
baerbelfuenfsinn.com.
weltbewegt
35
sandt. Jedes weitere Magazin kostet € 0,15 plus Vers
(zu erfragen beim Behelfsdienst, tel. aus Österreich:
Andere Konditionen gelten für Österreich (zu erfragen
0732. 76 10 - 38 13) und die schweiz (tecum, tel. aus
behelfsdienst, tel. aus Österreich: 0732. 76 10 - 38 13
der schweiz: 052 720 73 81).
die schweiz (tecum, tel. aus der schweiz: 052 720 73
Wir freuen uns über jede spende: evangelische darle
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genossenschaft Kiel (edg), Konto 317 659, BlZ 210 6
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nächsteAusgabe
Ausgabe
DieDienächste
erscheint am 1. erscheint
Oktober
2012
erscheint
am
Thema
Ökumene
1. März
2016
amzum
1.am
Dezember
2015
2013
Wenn
Elternam
gestorben
sindKilimanjaro,
oder ihre
Unser
Projekt
In dem Ort
Mwika,
des
gibtBuenos
esverlassen
eineindider
Das
Gebiet
derFuße
Jeypore-Kirche
imFamilien
Süden
des
Quilmes
ist eine
Vorstadt
am
Rande
von
Unser aktuelles
aktuelles
Projekt
Unser
aktuelles
Projekt in Indien
haben,
bleiben
in
ländlichen
Regionen
Chinas
meist
nur
renommiertesten
theologischen
Hochschulen
der
Evangeschen
Bundesstaates
zu den
ärmsten
Aires. Hier
leben cirka Odisha
500 000gehört
Menschen
– sehr
in
die Großeltern,
die sich
um die Kinder
in China
Tansania
Buenos Aires/Argentinien
lisch-Lutherischen
Kirche
in Tansania.
Hierkümmern
werdenkönnen.
Pasto-
Seite_2.indd 1
Regionen
Indiens.
Vonzahlreichen
den Auswirkungen
wirtschaftvieledurch
von ihnen
in den
Elendsvierteln.
Die
Oft
ein
arbeitsreiches,
hartes Diakone
Leben selbst
körperrinnen und
Pastoren,
Evangelisten
sowie
für
ihre
Arlichen
Wachstums
profitiert
dieser
Landesteil
kaum,
Lage
der
armen
Familien
hat
sich
in
den
vergangelich Gemeinden
geschwächt, ausgebildet.
erwirtschaftenSeit
sie kaum
genug,
um sich
beit in den
einem
Jahr
arbeitet
denn
die
Bevölkerungsmehrheit
in OdishaIn lebt
in
nen die
30Uwe
Jahren
kontinuierlich
verschlechtert.
den
und
ihnenNissen
anvertrauten
Kinder
durchzubringen.
Obals
neben Pastor
auch Pastorin
Gabriele Mayer
Dörfern
und
wird von
staatlicher
Entwicklung
oder
wenigsten
Familien
gibt
esviele
jemanden
einer
festen
oder
Winterschuhe,
auf
dem
DozentinSchulgeld,
in Mwika.Arztbesuch
Sie hat bereits
Jahre mit
in Tansania
geVersorgung
kaum
erreicht.
ist und
die unzureichende
Zahlder
der
AnalArbeit.
Hunger,
Mangelernährung
stellen
diese
Dinge
die So
Pflegefamilien
Waisenlebt und Lande
unterrichtet
in
den
Sprachen
Kisuaheli
und Englisch.
phabeten
ineine
Odisha
eine
der finanzielle
höchsten
inStaatliche
ganz Seit
Indien
kinder
oft vor
unüberwindbare
Ihre Fächer
decken
große
Bandbreite
der Hürden.
theologischen
Gesundheitsversorgung
sind
die Folgen.
und
auch
Gesundheitsversorgung
ist alles
andere
2002
unterstützt
die Amity
Foundation
Ausbildung
für
diedie
verschiedenen
Jahrgangsstufen
ab.Waisen
Sozialvorsorge
gibt
es kaum.
So sindländliche
die
Lebensperals
ausreichend.
In
einigen
Gebieten
liegt
die
durchAn der Hochschule
durch
diedieBegegnung
Menund
ihre Pflegefamilien
– meist
Großeltern
–von
ganz
spektiven
fürentsteht
Kinder und
Jugendliche
in Argentinien
schnittliche
Lebenserwartung
unter
37
Jahren.
Krankschen mit
unterschiedlichem
kulturellem
Hintergrund
für
beigezielt.
Im ganzen Land gibt es chinesischen Regierungsschlecht.
de
Seitenwie
ein
belebender
Dialog.
Nicht
seltensind
diskutiert
heiten
Hepatitis,
Typhus
und
Malaria
noch
statistiken
zufolge
570 000
Waisen,
von
denen
ein
Drittel
Die Evangelische
Gemeinde
in Quilmes
versucht,
ein
Gabriele
Mayer
mit Studentinnen
und Studenten
auch
immer weit
verbreitet.
dringend
Unterstützung
benötigt. Besonders
betroffen
ist
Zeugnis
der Liebe
Gottes
für die
Kinder greifbar
über
die
Frage,
was
eigentlich
„lutherisch“
bedeutet,
In den
zweiHenan,
großen
christlichen
die
Provinz
denn
hier gibt esKrankenhäusern
durch einen Blut-der
werden zu
lassen.
In den
Kindertagesstätten
welche
diebeiden
reformatorische
Tradition
spendeskandal
in den neunziger
Jahren
viele Aids-WaiRegion,Konsequenzen
in Bissamcuttack
und
Nowrangpur,
wird für
„Los
Angelitos“
(Die
Engelchen)
und
„El
Arca
de los
für
die
eigene
Lebenswirklichkeit
hat.
Ein
wichtiges
sen.
alle Bedürftigen – unabhängig von Herkunft
oder
Themenfeld,
nicht
zuletzt
auch
aufgrund
der
Tatsache,
Niños“
(Die
Kinderarche)
werden
125
Kinder
von
drei
Neben
der
finanziellen
Unterstützung
legt
die
Amity
Glaube – eine gute medizinische Versorgung geleisdass
die
Evangelisch-Lutherische
Kirche
in
Tansania
Monaten
bis
sechs Jahren
betreut.
Sie erhalten
drei
Foundation
besonderen
Wert
auf
die seelische
Betreuung
tet.
Das Besondere
bei
der
medizinischen
Behandmittlerweile
die
größte
Kirche
im
Lutherischen
WeltMahlzeiten,
Gesundheitsbetreuung
und
eine
umfasder
Kinder.
Durch
gegenseitigen
Austausch,
Weiterbillung
in kirchlichen
Einrichtungen
sind
die
fairen
bund
ist.
dung
und
Gemeindearbeit
sollen
die
sozialen
Fähigkeiten
sende Förderung.
Paralleldenn
dazueine
gibt Krankenversichees Programme
Preise.
Das
ist
wichtig,
Für diese tansanische Kirche ist die Entsendung von
der
Kinder
gefördert
und in
ihre
seelische
für die
Eltern:
Beratung
Erziehungsfragen
und Inrung,
wie
in
Deutschland,
gibt
fürWiderstandskraft
die
meisten
Gabriele
Mayer
als Dozentin
einees
große
Unterstützung.
gestärkt
werden.
„Ziel
ist
es
auch,
den
Kindern
wieder
Angebote,
dieGradwanderung,
Gemeinschaft
stärken.
der
nicht. die
Schon
kleinere Unfälle
oder Krankheiten
Sie
meistert
eine
indem
sie zum eieine
positive
zu vermitteln“,
sagt
Wang
Da den
die
staatlichen
Zuschüsse
und
können
die Lebenseinstellung
finanzielle
Existenz
derausreichend
Familien
gefährnen
kulturellen
Kontext
dernicht
Menschen
in Tansania
Wei,
bei
der
Amity
Foundation
für
das
Projekt
zuständig.
aufnimmt
und
zum
andern
eigene
Impulse
und
neue
auch nur unzuverlässig fließen, ist die Kita-Arbeit in
den.
Erkenntnisse
lässt.durch
So wird
im Zeitalter
der
Die
engagierte
und mitmenschliche
Betreuung
durch
Quilmes
auf einfließen
Unterstützung
Spenden
angewieHelfen Sie mit Ihrer
Spende!
Globalisierung
neben
der
fundierten
Wissensvermittdie
Hospitäler
setzt
sich
auch in fördert
dem dasen.christlichen
Dasreichen
Zentrum
für Mission
und
Ökumene
25 Euro
für diezur
Unterrichtsmaterialien
lung
eine
Grundlage
Verständigung
undeines
Zusamran
angeschlossenen
ländlichen
Gesundheitsdienst
die Arbeit
derSchuljahr,
kirchlichen
Partner
in Buenos Aires
Kindes
für
ein
30
Euro
gewährleisten
die
menarbeit zwischen Menschen unterschiedlicher Kulfort,
der abgelegenere
Regionen
erreicht.
Das Zenund bittet
in der jetzigenund
Krise
um Mithilfe
Gesundheitsversorgung
90 Euro
deckendurch
die
turen
erarbeitet.
trum
für Mission
und eines
Ökumene
fördert
die
GesundSpenden.
Wir würden
uns Sie
freuen,
mit
uns
Lebenshaltungskosten
Kindes
für
einSie
Jahr.
Durch
Ihre Spende
können
den wenn
Einsatz
von
Pastoheitsarbeit
auch
in
mobilen
Kliniken
und
mit
der
Vergemeinsam
die Kita in Quilmes
in dieser schwierigen
rin
Mayer in Mwika/Tansania
fördern.
sorgung
von
Kindern
und
alten
Menschen.
Dafür
Wir
freuen unterstützen.
uns über
IhreJede
Unterstützung!
Spendenkonto
des Zentrums
für
Mission
Situation
Spende
hilftund
denÖkumene:
Kinbitten
wir
Sie
um
Ihre
Unterstützung
und
Spende.
Konto
27375
BLZ: 21060237
EDG Kiel
dern und
Familien
in Quilmes.
Waisen in China/Amity (Projekt 5520)
Kirchliche
GesundheitsLutherische
Theologie
Hilfe
für
arbeit
in
Odisha/Indien
Kindertagesstätten
der
am
Kilimanjaro
Waisenkinder
Evangelischen Gemeinde
Quilmes
Unterricht in der theologischen Hochschule der
Gesundheitsarbeit
in entlegenen
Die Kinder werdenauch
von den
kirchlichen Kitas in Quilmes
Evanglisch-Lutherischen Kirche in Tansania in Mwika,
gut betreut.
Gebieten
des Bundesstaates Odisha,
an der Gabriele Mayer (Mitte) als Dozentin tätig ist.
hier
der Einsatz einer
mobilen
Die tansanische
Kirche
gehörtWaage.
mit 53 Millionen
Mitgliedern zur größten evangelischen Kirche des
Lutherischen Weltbundes.
36
28
weltbewegt
weltbewegt
Spendenkonto
des
Zentrums
für Mission
Mission
und Ökumene:
Ökumene:
Spendenkonto
des Zentrums
für Mission
und
Spendenkonto
des Zentrums
für
und
Projekt
1200
Gesundheitsarbeit
Odisha
Ökumene:
Projekt Nähere
2100 Informationen
Theol. Ausbildung
Tansania
auch auf den Seiten 12 bis 13.
BIC:
Evangelische
Konto 27375, BLZ:
210 602 37Bank
EDG
Kiel,
BIC: GENODEF1EK1
GENODEF1EK1
Evangelische
Bank
IBAN:
DE77
520
604
100
000
111
333
IBAN: DE77
604 100
111 6104)
333
Kitas 520
in Buenos
Aires000
(Projekt
Foto: Quilmes (1), Titel:Foto:
C. Wenn,
Titelfotos:
Freiwilligenprogramme (3), L. Paulsen (1), J. Gerundt (1), L. Borghorst (1), T. Kleyer (1), C. Kienel (1), C. Beyer (1), D. v. Eye (1), S. Aghte (1), D. Lünse (1)
U.C.
Plautz
(1)
Fotos:
Magdalena
(1), Titel:
Wenn
Foto:
G. MayerAdolf
(1), Titel:
C. Wenn
(1), Flaggengrafik:
Shutterstock
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