Systeme und Mechanismen der Qualitätssicherung und

Systeme und Mechanismen der
Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung in
europäischen Gesundheitssystemen
Univ.-Prof. Dr.oec. Bernhard Güntert
curafutura, Bern / UMIT, Hall i.T.
Inhaltsübersicht
1) Qualität (im Gesundheitswesen) - einige Definitionen
2) Strukturqualität
3) Prozessqualität
4) Ergebnisqualität
5) Qualität-Label, Zertifizierung, Akkreditierung
6) HTA als Instrument der Qualitätssicherung
7) Governance in der Qualitätssicherung
8) Soll Qualität bezahlt werden?
9) Fazit – nachhaltiges Gesundheitswesen
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
1
1. Qualitätsdefinitionen
• Perspektive Kunde:
Qualität ist, wenn meine Erwartungen erfüllt oder übererfüllt
werden!
• Perspektive Unternehmung:
Qualität ist wenn der Kunde wieder kommt, nicht das
Produkt!
• Perspektive Health Professionals:
Qualität ist, wenn der Krankheit entsprechend adäquate
Leistungen nach dem aktuellen Stand des medizinischen
Wissens erbracht werden!
• Perspektive Krankenversicherung:
Qualität ist, wenn wirksame und zweckmässige Leistungen
wirtschaftlich erbracht werden! (WZW)
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
2
UNTERSCHIEDLICHE KUNDEN – UNTERSCHIEDLICHE
ERWARTUNGEN – UNTERSCHIEDLICHE Q-ASPEKTE
• Elemente der
Gesundheitsleistungen?
• Unterschiedliche Erwartungen
• Medizin
• Krankenkassen
• Patienten
• Staat / Gesellschaft
Qualität der
Kernleistung
(medizinisch,
pflegerisch,
therapeutisch)
Servicequalität
Beziehungsqualität
Qualitätsmanagement nach Donabedian (1980)
4
Systembetrachtung Gesundheitswesen
nach Busse R. et al., Management im Gesundheitswesen, 2014 (3. Aufl.)
2. Strukturqualität
• Ressourcen (Personal, Infrastruktur, Betten, Grossgeräte, KHPlanung)
• Ausbildung, Kompetenzen, Kompetenz-Mix
• Organisation, Aufgabenverteilung, Zuständigkeiten
Beispiele (Dichte-Kenngrössen, pro 1000 Einwohner, pro Bett)
 Krankenhausplanung (Bettenplanung, differenziert nach
Fachbereichen)
 Grossgeräteplanung
 Niedergelassene Ärzte (differenziert, oft über Kassenverträge,
damit unvollständig)
 Planungsansätze in den 60er Jahren in vielen Ländern,
viele Länder haben seit den 90ern reduziert (Umsetzungsproblem)
Österreich hat ausgebaut (ÖSG, RSG)
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
6
3. Prozessqualität
• Folge der DRG:
die neue Definition der Kernleistung und die finanzielle Abgeltung
eines Leistungsbündels muss zu Prozessdefinitionen führen.
• von „eminenzbasierter“ Prozessdefinition zu EBM/EBN
• Konsequenz: Eingriffe in Organisations- und Machtstrukturen
Beispiele
 verschiedenste Prozess-Indikatoren (Aufenthaltsdauer, Wartezeiten, vollständige Dokumentation, Information, Einzelleistungen)
 in house – Standards
 clinical pathways
 professional standards und guidelines
 in vielen Ländern werden Prozessindikatoren erhoben, ausgewertet, transparent gemacht, genutzt und/oder sanktioniert.
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
7
4. Ergebnisqualität
• Wertschöpfung im Gesundheitswesen ist nicht Erbringung von
Leistungen, sondern Veränderungen von Gesundheitszuständen
• Ergebnisse können (teilweise) gemessen werden (Kernleistung,
Serviceleistung, weniger einfach bei Beziehungsleistung)
• Patientenzufriedenheit kann gemessen werden
Beispiele
 verschiedenste Ergebnis-Indikatoren (harte Messungen bei Kernleistungen, Patientenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit)
 D: Qualitätsberichte der Krankenhäuser
 CH: Indikatoren
 verschiedenste Benchmarking mit Outcome-Messungen
 in vielen Ländern werden Ergebnis-Indikatoren (Outcome,
Performance) erhoben, ausgewertet, transparent gemacht, für
Führung genutzt, noch wenig sanktioniert.
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
8
5. Qualitäts-Label, Akkreditierungen, Zertifizierungen
• Mit neuer Leistungsdefinition (DRG) stieg Interesse an
Prozessdefinitionen
• In Anlehnung an Industrie stieg meist durch interessierte Health
Professionals
• Vielfältige Entwicklungen und Ansätze, wenig Vergleichbarkeit
• Zu Beginn viel „Eminenz“ und für Dritte nicht transparent, wenig
„Evidenz“
• Verbände versuchen nationale Standards zu setzen (D: KBV)
• Externe Anbieter im Gesundheitswesen (z.B. TÜV)
• Staat verpflichtet Leistungsanbieter zu QM oder zu bestimmten
Modell (D, A, CH, NL, S, GB)
• Europäische Initiativen (z.B. epa, KTQ)
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
9
Bundesebene
Verbandsebene
Ebene der Leistungserbringung
und -finanzierung
Gesundheit 2020
Qualitätsgesetz
EAK
ELGK
EAMGK
SDK
QUALAB
Register
SAMQ
H+
SAQH
ANQ
sanaCert
Verbände der
Leistungserbringer
EQUAM
QBM
MFA
QMN
Krankenversicherungsmarkt
Expertenmarkt
Leistungsanbieter
(Krankenhäuser, ArztEAP praxen usw.
GMP
KV-Verbände
Krankenversicherung
KTQ
EFQM ISO CIRS
SQS
Staat (Bund)
Patienten
Bevölkerung
Leistungsmarkt
6. HTA ist Teil der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen
• Qualität aus gesellschaftlicher Sicht bedeutet: WZW (wirksam,
zweckmässig, wirtschaftlich)
• Ein nachhaltiges Gesundheitswesen bedeutet: Vermeidung
von Unter-, Über- und Fehlversorgung
• Leistungen müssen darauf hin überprüft werden, nicht nur
neue, sondern auch (umstrittene) bestehende
• HTA ist Teil der Qualitätssicherung
• HTA muss dabei Good Governance-Ansätzen folgen
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
by Ely Lilly
11
7. Good Governance in der Qualitätssicherung
• Qualität betrifft viele, hat viele Dimensionen und kann daher
nicht Sache einer Stelle (z.B. staatliches Qualitätsinstitut) sein.
• Qualitätssicherung erfordert Partizipation
• Good Governance-Ansätze sind gefragt:
o offene, transparente Institutionen
o Partizipation von Programmauswahl bis Implementierung
o Klare Verteilung von Rollen und Verantwortung
o Evaluation
o Keine Widersprüche in Strategien und Arbeiten
 Bestimmung, Messung und
Nutzung von Qualitätsindikatoren
 Qualitäts-Labels
 HTA
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
12
8. Soll Qualität bezahlt werden?
• You get what you pay for! (Peter Drucker)
• In vielen Ländern werden Leistungen unabhängig von ihrer Qualität bezahlt.
(z.B. DRG
• Qualitätsnachweis (-messung) wäre Voraussetzung, sonst ist keine
Tarifdifferenzierung möglich
• In einigen Settings: Beispiele für Strukturqualität (CH: MC-Modelle)
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
13
Performance ist mehr
 Erweiterung zu Accountable Care (ACO) unter Einbezug gesellschaftsbezogener Leistungen zum Health Gain
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
14
9. Fazit – Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen
• Bewältigung der demografischen Entwicklung (Alterung,
Rekrutierungsprobleme) und der Morbiditätsentwicklung
erfordert hohe Qualität.
• Zu beobachten: Schwerpunktverschiebung
- von Struktur- über Prozess- zu Ergebnisqualität
- von der Perspektive der Health Professionals über jene der
Patienten zur gesellschaftlichen Perspektive
• Outcome- und Health Gain-Messungen werden mit viel
Aufwand verbessert und operationalisiert (big data)
• Good Governance schafft Akzeptanz und Transparenz
• Transparenz ermöglicht Qualitätswettbewerb
• Qualitätswettbewerb sichert Umsetzung und Weiterentwicklung
curafutura | Die innovativen Krankenversicherer
15