Kapitel 12:
Kristallchemie
12.1 Gegenstand der Kristallchemie
12.2 Kristallstruktur - Strukturtyp
12.3 Polymorphie - Isomorphie Diadochie
12.4 Bindungstypen
12.5 Koordination
12.6 Kugelpackungen
12.7 Radien
12.8 Metallstrukturen - Lücken
Kristallchemie Gegenstand
Aufgabe der Kristallchemie ist es,
„festzustellen, welche gesetzmäßigen Beziehungen
zwischen der chemischen Zusammensetzung und
den physikalischen Eigenschaften kristalliner Stoffe
existieren und in welcher Weise die Kristallstruktur die Anordnung der Atome im Kristall - von der
chemischen Zusammensetzung abhängt.“
Victor Moritz Goldschmidt 1926
Kristallstruktur Definition
Unter Kristallstruktur eines Stoffes wird die Gesamtheit der
zeitlich gemittelten Koordinaten aller Atomkerne in Bezug auf
die Elementarzelle verstanden.
Kristallbaufehler werden entweder nicht oder gemittelt
berücksichtigt.
Besetzungswahrscheinlichkeiten werden berücksichtigt.
Kristallstruktur =
Gitter
+ Basis
Kristallstrukturen Daten
Beispiel Zinkblende-Strukturtyp:
RGr. F -43m
Position
x
y
z
w
S
0
0
0
1
Zn
1/4
1/4
1/4
1
Vertreter:
u.a.
Sphalerit
Hawleyit
Coloradoit
ZnS
CdS
HgTe
a0=543 pm
a0=582 pm
a0=645 pm
Gitterkonstanten sind
substanzspezifisch !
auch: GaAs, GaP, GaSb, InP, CdTe, ZnSe, AgI
Kristallstrukturen Daten
Beispiel Wurtzit-Strukturtyp:
RGr. P 63mc
Position
x
y
z
S1
0
0
0
S2
2/3
1/3
1/2
Zn 1
0
0
1/2+z
Zn 2
2/3
1/3
z
w
1
1
1
1 (z~1/8)
Vertreter:
Wurtzit
ZnS a0=385 pm, c0=629 pm Freie Parameter (wie z)
Zinkit
ZnO a0=325 pm, c0=519 pm sind substanzspezifisch !
c/a-Verhältnis: 1,634 bzw. 1,597
auch: ZnSe, AgI (Polymorphie !), GaN, InN...
Strukturtyp Definition
Zwei Kristallstrukturen gehören zum gleichen Strukturtyp,
wenn sie die gleiche Raumgruppe und eine gleiche
Besetzung von Punktlagen haben.
Es besteht Isotypie, bzw. sie sind isotyp.
Chemische Konstitution und Bindungstyp spielen bei
dieser Klassifizierung keine Rolle.
Kristallstruktur Begriffshygiene
Richtig:
NaCl-Struktur, NaCl-Strukturtyp,
Steinsalz-Struktur, Halit-Strukturtyp
Falsch:
Gitterstruktur
NaCl-Gitter, NaCl-Gittertyp
Na- bzw. Cl-Teilgitter
Cl-Gitterplatz
Polymorphie
Viele Kristalle können bei gleicher chemischer Zusammensetzung (unter verschiedenen thermodynamischen
Bedingungen) in verschiedenen Kristallstrukturen auftreten.
Diese Erscheinung nennt man Polymorphie.
Beispiele:
C
SiO2
ZnS
CaCO3
Diamant
Tief-Quarz
Cristobalit
nicht aber:
Sphalerit
Calcit
-
Graphit
Hochquarz
Coesit
Opal
Wurtzit
Aragonit
=> Es genügt nicht zu sagen: „ZnS-Kristallstruktur“!
-
Tridymit
Stishovit
Lechatellierit
-
Vaterit
Kristallchemische Begriffe
Homöotypie liegt vor, wenn zwei Strukturen sich in wesentlichen Zügen entsprechen. Der Begriff ist nicht streng definiert,
gestattet die Beschreibung struktureller Verwandtschaften.
Isomorphie bezeichnet eine so weitgehende kristallchemische
Verwandtschaft zweier Kristallphasen, daß zwischen beiden
lückenlose Mischbarkeit besteht (Mischkristallbildung).
z.B. Olivin: Forsterit Mg2SiO4 - Fayalit Fe2SiO4
Granate, Feldspäte, u.v.a.m.
Diadochie bezeichnet die gegenseitige Austauschbarkeit
einzelner Atome oder Ionen in einer Kristallphase.
z.B. silberhaltiger Galenit (Pb, Ag)S oder (Mg, Fe)2SiO4
Diadochie Möglichkeiten
Fe 2+
Co 2+
Ni 2+
S 2-
Ge 2+
Se 2-
As 3-
Te 2-
Sb 3-
Kristallchemie Grundprinzipien
1.
Prinzip der dichten Packungen
Die Bausteine streben eine Kristallstruktur mit möglichst
dichtester Raumerfüllung an.
2.
Symmetrieprinzip
Die Bausteine streben eine Struktur mit möglichst hoher
Symmetrie an.
3.
Wechselwirkungsprinzip
Die Bausteine streben die höchstmögliche Koordination an.
Bindungstypen
4 Grundtypen
metallisch
+
- +
+ - + + - +
+
van-der-Waals
ionar
(heteropolar)
+ - +
- + + - +
kovalent
(homöopolar)
Koordination
Die Koordinationszahl bezeichnet die Zahl der nächsten,
untereinander gleichartigen Nachbarn um ein Zentralatom.
Das durch die Verbindungslinien der gleichartigen Bausteine
um den Zentralbaustein gebildete Polyeder nennt man
Koordinationspolyeder.
Koordination
Nach Borchardt-Ott
Koordination
Nach Borchardt-Ott
Dichteste Kugelpackungen
2 Grundtypen
kubisch dichtest
hexagonal dichtest
Radien
4 Grundtypen
metallisch
van-der-Waals
ionar
(heteropolar)
kovalent
(homöopolar)
Beispiele (in pm)
Br
Sn
158 (12)
195
-
196(-1), 39(+7)
294(-4), 74(+4)
114
141
Radien
Grundregeln
Innerhalb einer Vertikalreihe des PSE nimmt der Radius
wegen steigender Elektronenzahl zu.
(Li+=70 pm -> Na+=98 pm -> K+=133 pm -> Rb+=152 pm ->
Cs+=170 pm)
Ein Ansteigen der Kernladung reduziert den Ionenradius
Metallstrukturen
Alpha-Po-Typ
W-Typ
Cu-Typ
Mg-Typ
Lücken
Cu-Typ
Nach Paufler/Leuschner
Lücken
Mg-Typ
Lücken
W-Typ