6. Vorlesung 3. Genregulation (Phänomene und Datenquellen) Eigenschaften metabolischer Prozesse Genexpression Genwirkketten Modellierung des Promotors Vorlesung Modellierung & Simulation Überblick Ergebnis: Die DNA zeigt auf der Ebene der analysierten Strukturen komplexe Sprachkonstrukte. Zusammenfassende Darstellung der Eigenschaften: 1. Genom ist modular Anweisungen und Module können überlappen. 2. Metabolismus ist probabilistisch Operationsstärke einer 'elementar anwendbaren Anweisung‘. 3. Genom ist dynamisch Transposon, Genfähre, Rekombination und Mutation. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation 4. Simultane Aktivierung Nebenläufige Genexpression und katalyse. 5. Granularität der genetischen Prozesse Konzentration der Proteine etc. ist variabel. 6. Datenfluss Daten und Kontrollanweisungen steuern den Programmfluß. 7. Der genetische Speicher ist kein adressierbarer Raum. Genom repräsentiert auch evolutionärer Redundanz. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Modellierung der Genexpression 1944 Transformationsversuche DNA Träger der genetischen Information 1953 Watson und Crick Modell der DNA 1963 Jacob und Monod Modell der Genregulation 60er Genetischer Code Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Gen = Cistron (moderner Genbegriff) DNA-Abschnitt, der sich aus linear verknüpften Nukleotiden zusammensetzt und eine biochemische Funktion repräsentiert. Strukturgen DNA-Abschnitte, die in die primäre mRNA übersetzt werden (Transkription). Promotorgen DNA-Abschnitt mit Affinität zur RNA-Polymerase. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Transkription: 1. Genetischer Code: Triplets werden nichtüberlappend und kommafrei übersetzt. 2. Genetischer Code: Jedes tRNA Molekül trägt eine spezifische Aminosäure. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Operatorgene DNA-Abschnitt mit Affinität zu Regulatorproteinen. Terminatorgene DNA-Abschnitt zur Beendigung der Transkription. Regulatorgen DNA-Abschnitt codiert für ein Regulatorgen. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Induktives System Substrat inaktiviert den spezifischen Repressor direkt oder indirekt. Repressives System Regulatorgen codiert einen inaktiven Repressor, der erst durch Bindung eines Endproduktes einer Biosynthesekette aktiv wird. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Promotor Operator Docking / Repressor Transkription Start Strukturgen Terminator Regulator Transkription Stop siRNA AntisenseRNA microRNA rRNA tRNA Enzym Proteine Genwirkkette Promotor Operator Strukturgen S1 S2 S3 Terminator Regulator Transkription mRNA (primär) Splicen mRNA (sekundär) Translation Enzyme Substrat/Produktkette E1 E2 E3 Biosynthese Induktives System Promotor Operator Strukturgen S1 E1 S Substrat deaktiviert Repressor ! S2 E2 S3 Terminator E3 P Regulator Repressives System Promotor Operator Strukturgen S1 E1 S S2 E2 S3 Terminator Regulator E3 P Produkt aktiviert Repressor ! Klassisches Modell der Genregulation Grundlegend: Lac Operon (Jacob und Monod) Auf der Ebene der Transkription wird die Genregulation bruchstückhaft verstanden. Offene Frage: Kinetik der Genregulation: Wie häufig wird ein Strukturgen übersetzt ? Wie häufig wird ein Protein synthetisiert ? Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Zur Klärung dieser Fragen: - Konzentration der RNA-Polymerase, - DNA Sequenzen (Enhancer, Promotor etc.) legen die Affinität zwischen RNA Polymerase und Promotor fest, - Lebensdauer der mRNA, - Rolle der RNA, - Anzahl der Ribosomen, - Affinität mRNA/Ribosom und - Affinität DNA/Induktor/Repressor. Phänomen der Genregulation !? Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Verschiedene Ebenen der Genregulation: Struktur der DNA (Topoisomerase) DNA auf Histone und Nichthistone aufgewickelt, die in ihrer Struktur veränderbar sind (Methylierung, Acetylierung und Phosphorylierung). Topoisomerase – Modifikation des Verdrillungsgrades Granularität (RNA-Polymerase etc.) Genetische Information der RNA etc. unterliegt der Genregulation. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Verschiedene Ebenen der Genregulation: Transkription Fundamentale Ebene der Genregulation (Promotoraffinität). RNA - Antisense RNA Transkription auf Mutterstrang – Sense Strang (komplementär: Antisense). Splicen Lebensdauer Die mRNA hat unterschiedliche Lebensdauern: Minuten bis Tage. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Translation Affinität zu den Ribosomen. Amplifikation Zellstoffwechsel benötigt hohe Konzentration spezifischer Substanzen: Vervielfachung der Baupläne Attenuation (Abschwächung) Translation biochemisch bremsen. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Ebene der Transkription: Mensch: ca. 30.000 Strukturgene Komplexe Promotorsequenzen: Transkriptionsfaktoren Promotoraffinität: Enhancer Komplexe Gensteuerung: Homöogene (Bsp. Taufliege) Fundamental: Vorlesung Lac-Operon bei E. coli Modellierung & Simulation 3. Genregulation Lactoseverwertung Lactose-Permease (Y) -Galactosidase + Transacetylase (Z) Glucose Lactose Lactose (außerhalb der Zelle) (innerhalb der Zelle) Galactose Lac-Operon und sein Regulationsgen lacI P O Strukturgene: lacZ lac Y lac A lacZ lacY T lacA mRNA LacI P lacZ T P lacY lacA T Lac-Operon und seine Regulation Promotor LacI P lacZ T P lacY lacA T O mRNA Operator lac-Repressor P T RNA-Polymerase Kann nicht binden P O T Lac-Operon und seine Regulation P LacI T lacZ P lacY lacA T O mRNA lac-Repressor Repressor inaktiv Allolactose P T P O RNA-Polymerase kann binden T Transkription mRNA viele Lactose- alle Repressormoleküle haben moleküle Allolactose gebunden mäßige Menge an Lactosemoleküle sehr wenig Lactosemoleküle nur wenige Repressormoleküle haben Allolactose gebunden kein Repressor hat Allolactose gebunden Ende von lacI Promotor -35 CAP-Bindung Beginn von -10 lacZ Operator Glucose hemmt die cAMP-Synthese Glucose hemmt Adenin ATP Adenylcyclase Adenin zyklisches AMP CAP-cAMP stimuliert die Transkription CAP-Bindungsstelle frei P O lac-mRNA Niedriger Glucosespiegel CAP-cAMP P O Aktivierung der Transkription lac-mRNA Glucose Lactose Niedriger cAMP-Spiegel, CAP-Stelle frei P lacZ O lac-mRNA Glucose wird zuerst verbraucht CAP-cAMP P O hoher cAMP-Spiegel, CAP-Stelle besetzt lacZ Aktivierung der Transkription lac-mRNA Sequenzanalyse und Genregulation DNA-Sequenz = Wort über dem Alphabet {A,T(U),G,C}. = Folge von Zeichen (characters), deren Länge zwischen 1 und ca. 200.000 variieren kann. Durchschnittliche Länge (Datenbank) ca. 1000 Basen. Sind immer alle Basen einer Sequenz bekannt ? Mehrdeutigkeiten erfassen: Erweiterung des Arbeitsalphabets. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Symbol Bedeutung Symbol Bedeutung Y C oder T M A oder C W A oder T H A oder T oder C S G oder C K G oder T B G oder T oder C R G oder A V G oder A oder C D G oder A oder T X G oder A oder T . Lücke oder C Tabelle. Das Arbeitsalphabet IUPAC setzt sich aus den Basen und den hier dargestellten Zeichen zusammen. Symbol Bedeutung Symbol Bedeutung B A oder AA D C oder CC H G oder GG V T oder TT K C oder CX L T oder TX M A oder AX N G oder GX R A oder G Y C oder T X A oder G oder T - A oder G oder T oder C oder C 1 Lücke oder C 2 Lücke oder T 3 Lücke oder A 4 Lücke oder G 5 A oder C 6 G oder T 7 A oder T 8 C oder G Tabelle: Basenbezeichnung nach Roger Staden Jeder Forscher ist bemüht, diese Mehrdeutigkeiten bei der Aufklärung der Sequenzen zu beseitigen. Der internationale Mehrdeutigkeitscode beansprucht 4 Bits: Bitsequenz Symbol Bitsequenz Symbol 0000 . 1000 A 0001 T/U 1001 W 0010 G 1010 R 0011 K 1011 D 0100 C 1100 M 0101 Y 1101 H 0110 S 1110 V 0111 B 1111 X/N Sequenzanalyse und Probleme der EDV: - Einsatz der unterschiedlichen Datenformate, - Benutzung verschiedener Codes und - Fehlerraten. 1. Schritt: Lesen des Gels – automatische Ermittlung der Sequenz Konflikte (2 x lesen) markieren und vom Benutzer oder per Nachsequenzierung klären. Grundregel: Man erlaubt eine ca. 1%ige Fehlerrate pro Fragment. Sequenz ? DNA-Funktionseinheiten ermitteln. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation 2. Schritt: Automatische Identifizierung der Funktionseinheiten Zentrale Frage: Identifizierung der Transkriptionseinheiten Statistische Methoden charakteristische Sequenzen Konsensus-Sequenz. Solche Sequenzen extrahieren aus: - Literatur oder - Datenbanken (z.B. TRANSFAC). Heuristiken sind erforderlich ! Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Beispiel: Identifizierung von Transkriptionseinheit Algorithmische Identifikation – naiver Ansatz: - Identifikation der Start- und Stopptripletts; - Identifikation der Intron/Exon-Grenzen; - Identifikation der Promotoren; - Identifikation der Terminatorsequenzen; - Identifikation der Shine-Dalgarno-Sequenz. Identifikation dieser Strukturen ausreichend ? Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Prokaryonten:Hier ist die automatische Identifikation der Promotoren leichter, weil die bereits sequenzierten Promotoren statistisch eine recht einheitliche Sequenz aufweisen. Eukaryonten: Hier kennt man eine Vielzahl von Signalen, die in einer unüberschaubaren Kombination auftreten. RNA-Polymerase von Prokaryonten unterteilt sich in: - Sigmafaktor und - Core-Enzym. Sigmafaktor identifiziert den Promotor. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Sigmafaktoren, die verschiedene Promotorklassen erkennen: 1. RNA-Polymerase bindet locker an einen beliebigen Teil der DNA und wandert von dort aus den Strang entlang, bis ein Promotor gefunden wird, an dem dann eine feste Bindung stattfindet. 2. Sigmafaktor nur an der Initiation beteiligt. Für die Elongation wird dieser von dem Core-Enzym abgelöst, damit eine lockere Bindung an der folgenden DNA-Sequenz möglich ist. 3. RNA-Polymerase ohne Sigmafaktor - wandert die DNA entlang, bis ein Stoptriplett auftritt. Dann löst sich auch das Core-Enzym von der DNA und vereinigt sich erneut mit dem freiliegenden Sigmafaktor zum Holoenzym. Woran erkennt der Sigmafaktor nun den Promotor ? Jeder Promotor hat spezifische Subsequenzen ! Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Mindestlänge der Subsequenzen ? Solche Signale kommen in allen Promotoren vor; deshalb bezeichnet man sie auch als konserviert. Überlagerung aller bekannten Promotoren Konsensus-Sequenz ablesen. Nur wenige Promotoren entsprechen der exakten Struktur der Konsensus-Sequenzen, aber als Faustregel gilt: Je ähnlicher die jeweiligen Promotorabschnitte den KonsensusSequenzen sind, desto stärker ist der Promotor und umgekehrt. Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation Sequenzvergleich bei Prokaryonten hat an zwei Stellen eine Konsensus-Sequenz identifiziert: - 10 Nukleotidepaare stromaufwärts vom Transkriptionsstart (+1) liegt eine Sequenz von 6 Nukleotiden, die große Ähnlichkeit mit der Folge 5-TATAAT-3 aufweist, die auch als Pribnow-Box bezeichnet wird. - An der Position -35, mitten in einem AT-reichen Abschnitt, liegt meistens die Folge 5-TTGACA-3. Muster-Promotor des E-coli Genoms aufstellen: Position: Sinnstrang -35 -10 +1 5’ TCTTGACA--- TATAAT-- CAT-- Gegenstrang 3’ AGAACTGT-- ATATTA-- GTA-- 3’ 5’ Prominenteste Bindungsstelle: Pribnow Box Stormo: Veranschaulichung der Problematik Pribnow gibt die folgenden Bindungssequenzen an: TACGAT TATAAT TGTAAT GATACT TATGAT TATGTT Konsensus-Sequenz: Vorlesung TATAAT Modellierung & Simulation 3. Genregulation Statistik – Auftreten dieser Sequenz im Genom: Konsensus-Sequenz: TATAAT 1. Gleichverteilung der Basen: 2. 1x Mismatch zulassen: 3. 2x Mismatches zulassen: 4096 bp 170 bp 34 bp Verwendung von TATRNT Mismatch zulassen: 28 bp Stormo (2000) Vorlesung Modellierung & Simulation 3. Genregulation
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