Landtag von Baden-Württemberg Antrag Stellungnahme

Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7618
15. Wahlperiode
27. 10. 2015
Antrag
der Abg. Andreas Glück u. a. FDP/DVP
und
Stellungnahme
des Ministeriums für Integration
Erstaufnahmestandorte bedarfsgemäß ertüchtigen
Antrag
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1.wie viele Flüchtlinge im September und Oktober durchschnittlich pro Tag in
Baden-Württemberg ankamen, bei denen eine medizinische Eingangsuntersuchung stattfinden muss (mit Angabe, wie lange es derzeit durchschnittlich
dauert, bis ein Flüchtling tatsächlich eingangsuntersucht wurde);
2.an wie vielen und welchen der Erstaufnahmestandorte im Land (in LEA und
BEA) die technischen und personellen Voraussetzungen gegeben sind, um die
Eingangsuntersuchungen durchzuführen (mit Angabe, wie das für die Untersuchungen notwendige Personal in den Erstaufnahmestellen gewonnen, versichert und entlohnt wird);
3.wie sie das Konzept der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg
zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern bewertet
(mit Angabe, an welchen medizinischen Einrichtungen bisher Eingangsuntersuchungen vorgenommen werden, wenn diese Untersuchungen nicht in einer Erstaufnahmeeinrichtung stattfinden);
4.wie die Versorgung und Anlieferung mit Medikamenten in den Erstaufnahmestellen gesichert wird;
5.zu welchem Zeitpunkt die geplanten 40 „Verfahrensstraßen“, in denen die
Flüchtlinge auch ihre Erfassung und Gesundheitsuntersuchung durchlaufen sollen, vollumfänglich zur Verfügung stehen und wie viele Röntgenuntersuchungen dann im Drehkreuz Patrick-Henry-Village pro Tag durchgeführt werden
können;
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Eingegangen: 27. 10. 2015 / Ausgegeben: 26. 11. 2015
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7618
6.ob sie plant, die Erstaufnahmestandorte (LEA und BEA) im Land – außer dem
Drehkreuz in Heidelberg – hinsichtlich ihrer Ausstattung weiter zu ertüchtigen;
7.welche Erkenntnisse ihr über gesundheitliche Gefährdungslagen – beispielsweise durch multiresistente Keime, HIV, Hepatitis, Tuberkulose oder Poliomyelitis – vorliegen und welche Schlussfolgerungen für die allgemeine ärztliche
Versorgung sowie den öffentlichen Gesundheitsdienst – auch im Hinblick auf
Impfungen und Therapien – sie ziehen wird;
8.inwieweit ihr bekannt ist, dass es aufgrund von europäischen Vergaberichtlinien zu Verzögerungen insbesondere bei der Beschaffung von Röntgengeräten
kommt.
27. 10. 2015
Glück, Dr. Rülke, Dr. Timm Kern, Haußmann,
Dr. Goll, Dr. Bullinger, Reith FDP/DVP
Begründung
Die Asylverfahren sollen weiter beschleunigt werden. Dazu müssen hinreichende
Möglichkeiten gegeben sein, um die gesundheitliche Eingangsuntersuchung zeitnah bei jedem Flüchtling vornehmen zu können. Inwieweit der Ausbau der Erstaufnahmestandorte im Land entsprechend dieser Prämisse geschieht, soll dieser
Antrag klären. Darüber hinaus muss ein Augenmerk auf mögliche Gefährdungslagen durch teilweise wesentlich höhere Prävalenz für bestimmte Krankheiten je
nach Herkunftsland gerichtet werden, um rechtzeitig geeignete Schritte einleiten
zu können.
Stellungnahme
Mit Schreiben vom 19. November 2015 Nr. 2-0414.5/15/7618 nimmt das Ministerium für Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und
Wirtschaft, dem Innenministerium und dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1.wie viele Flüchtlinge im September und Oktober durchschnittlich pro Tag in
Baden-Württemberg ankamen, bei denen eine medizinische Eingangsuntersuchung stattfinden muss (mit Angabe, wie lange es derzeit durchschnittlich
dauert, bis ein Flüchtling tatsächlich eingangsuntersucht wurde);
Zu 1.:
Alle Flüchtlinge, die nach der Registrierung nicht in andere Bundesländer weitergeleitet werden, sind gemäß § 62 Absatz 1 des Asylgesetzes (AsylG) einer Gesundheitsuntersuchung zuzuführen. Die Untersuchungen beinhalten sowohl eine ärztliche Inaugenscheinnahme als auch eine Röntgenaufnahme der Atmungsorgane.
Die Durchführung der Untersuchung obliegt den örtlich zuständigen Gesundheitsämtern. Im Rahmen der Registrierung wird in der Regel innerhalb eines Zeitraums
von drei Tagen ein Termin zur Inaugenscheinnahme durch das zuständige Gesundheitsamt vergeben. Die zwingend notwendige Röntgenuntersuchung findet – mit
Ausnahme für Schwangere und Kinder unter 14 Jahren – meist direkt im Anschluss
an die Inaugenscheinnahme statt, andernfalls wird sie zeitnah noch während des
Aufenthalts in den Erstaufnahmeeinrichtungen nachgeholt.
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Im Monat September 2015 belief sich der Zugang von Flüchtlingen mit Verbleib
in Baden-Württemberg auf 15.030, im Oktober 2015 auf 17.508 Flüchtlinge. Dies
entspricht einem täglichen Durchschnitt von 533 Personen, die einer Erstuntersuchung in Baden-Württemberg zugeführt werden müssen bzw. mussten.
Die durchschnittliche Zeitspanne zwischen Erstaufnahme und Gesundheitsuntersuchung kann nur für Flüchtlinge ermittelt werden, die sich derzeit (Stand:
16. November 2015) noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung befinden. Auf der
Grundlage der bereits registrierten, gesundheitsuntersuchten und untersuchungsbeschiedenen Personen, vergehen derzeit im Durchschnitt 16 Tage (arithmetisches
Mittel) zwischen Registrierung und komplettem Abschluss der Gesundheitsuntersuchung (GU). Bei der Hälfte der Flüchtlinge ist die GU jedoch bereits nach
10 Tagen (Median) vollständig abgeschlossen.
2.an wie vielen und welchen der Erstaufnahmestandorte im Land (in LEA und
BEA) die technischen und personellen Voraussetzungen gegeben sind, um die
Eingangsuntersuchungen durchzuführen (mit Angabe, wie das für die Untersuchungen notwendige Personal in den Erstaufnahmestellen gewonnen, versichert und entlohnt wird);
Zu 2.:
Insgesamt obliegt acht Gesundheitsämtern in Baden-Württemberg die Durchführung der Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylG als Dienstaufgabe. Dazu
zählen nach den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums zum
Vollzug des § 62 AsylVfG (neu: AsylG) vom 29. Mai 2007 sowie ergänzender
Schreiben die für die Erstaufnahmestandorte in Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg,
Wertheim, Ellwangen, Meßstetten, Sigmaringen und Donaueschingen/VillingenSchwenningen zuständigen Gesundheitsämter. Die vorgenannte Verwaltungsvorschrift ist formal durch Zeitablauf außer Kraft getreten, die inhaltlichen Vorgaben
bleiben jedoch innerbehördlich bis zum Inkrafttreten der Neufassung verbindlich.
Die Personalverantwortung für die Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern
unterliegt dem Sozialministerium. Die Personalgewinnung erfolgt über öffentliche
Ausschreibungen. Die Beschäftigung der Ärztinnen und Ärzte erfolgt in der Regel im Rahmen zeitlich befristeter tariflicher Beschäftigungsverhältnisse. Bei der
Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylG handelt es sich um eine hoheitliche
Tätigkeit, insofern greift hier die Amtshaftung (Staatshaftung).
Sofern eine Arztstelle nicht schnell genug besetzt werden kann (beispielsweise
weil Kündigungsfristen eingehalten werden müssen), stehen Haushaltsmittel für
die temporäre Beschäftigung von Honorarärzten (externe Dienstleister) zur Verfügung. Hierbei schließen die Gesundheitsämter Honorarverträge in eigener Zuständigkeit. Die Kosten hierfür werden vom Sozialministerium erstattet. Auch bei
Honorarkräften, die bei der Durchführung der Gesundheitsuntersuchung eingesetzt
werden, greift im Außenverhältnis die Staatshaftung, da es sich bei der Eingangsuntersuchung um eine hoheitliche Aufgabe handelt, die die Honorarkräfte im staatlichen Auftrag erfüllen. Allerdings ist der Innenregress gegenüber Honorarkräften
– anders als gegenüber Angestellten des öffentlichen Dienstes und Beamten – nicht
auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt. Somit können Honorarkräfte im
Innenverhältnis unbeschränkt in Regress genommen werden und sollten daher für
Ihre Tätigkeit für die Gesundheitsämter entsprechend berufshaftpflichtversichert
sein.
Die Hilfskräfte (mittlerer/gehobener Dienst) sowie die Sachmittel für die Gesundheitsuntersuchungen einschließlich der Röntgenuntersuchungen sind nach
§ 52 Landkreisordnung formal von den Kreisen bereitzustellen. Die Beschäftigung des notwendigen Hilfspersonals erfolgt entsprechend durch die Kreise. Das
Sozialministerium erstattet den Kreisen die hierfür entstehenden Kosten über eine
Pauschale pro untersuchtem Flüchtling außerhalb der geltenden Kostentragungsregelungen.
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3.wie sie das Konzept der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg zur
medizinischen Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern bewertet (mit
Angabe, an welchen medizinischen Einrichtungen bisher Eingangsuntersuchungen vorgenommen werden, wenn diese Untersuchungen nicht in einer Erstaufnahmeeinrichtung stattfinden);
Zu 3.:
Das von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) am
21. September 2015 vorgelegte Konzept ist aus Sicht der Landesregierung eine
Möglichkeit, die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen zu organisieren. Es
zielt in erster Linie auf Sammelunterkünfte ab circa 50 Personen ab, könnte nach
Auffassung der KVBW aber auch für Erstaufnahmeeinrichtungen umgesetzt werden. Nach der Vorstellung der KVBW könnte in jeder Sammelunterkunft eine Sanitätsstelle eingerichtet werden, die sowohl von Vertragsärztinnen und -ärzten als
auch von Nichtvertragsärztinnen und -ärzten stundenweise besetzt würde. In diesem Zusammenhang wurde auch vorgeschlagen, pensionierte Ärztinnen und Ärzte
einzusetzen. Diese Möglichkeit besteht, da pensionierte Ärztinnen und Ärzte in der
Regel ihre Approbation behalten und daher grundsätzlich jederzeit wieder (zumindest Privat-)Patientinnen und Patienten behandeln können. Einige Vorschläge des
Konzepts werden bereits in verschiedenen Erstaufnahmeeinrichtungen praktiziert.
Die näheren Einzelheiten, wie beispielsweise Abrechnungs- und Vergütungsfragen
müssen zwischen den Vertragspartnern der vertragsärztlichen Versorgung und den
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden geklärt werden. Das
Integrationsministerium hat im Einvernehmen mit dem Sozialministerium hierzu
die beteiligten Akteure für den 23. November 2015 zu einer Besprechung des Konzeptes eingeladen. Hier werden das weitere Vorgehen sowie Möglichkeiten der
Realisierung der im Konzept enthaltenen Vorschläge besprochen.
Die Flüchtlinge werden in der Regel nicht vor Abschluss der Gesundheitsuntersuchung in die Stadt- und Landkreise verlegt. Im Rahmen vorübergehender Regelungen, beispielsweise im Winter 2014/2015, wonach Asylbewerber aus einigen
Herkunftsländern vor Abschluss der Röntgenuntersuchung in die Kreise verlegt
wurden, wurde die Röntgenuntersuchung durch die Gesundheitsämter sichergestellt. Die Durchführung der Röntgenuntersuchung erfolgte dabei zu einem kleinen
Teil in den Gesundheitsämtern, zum weit überwiegenden Teil in Kooperation mit
Krankenhäusern oder radiologischen Praxen.
4.wie die Versorgung und Anlieferung mit Medikamenten in den Erstaufnahmestellen gesichert wird;
Zu 4.:
Die Arzneimittelversorgung in den Erstaufnahmeeinrichtungen wird derzeit unter
Einbeziehung der bestehenden Strukturen, insbesondere der öffentlichen Apotheken und der Rettungsdienste, sichergestellt.
5.zu welchem Zeitpunkt die geplanten 40 „Verfahrensstraßen“, in denen die
Flüchtlinge auch ihre Erfassung und Gesundheitsuntersuchung durchlaufen
sollen, vollumfänglich zur Verfügung stehen und wie viele Röntgenuntersuchungen dann im Drehkreuz Patrick-Henry-Village pro Tag durchgeführt werden können;
Zu 5.:
Derzeit werden im Zentralen Registrierungszentrum im Patrick-Henry-Village
in Heidelberg die baulichen Voraussetzungen geschaffen, um mit 40 Registrierstationen einschließlich der zugehörigen Gesundheitsuntersuchungen und der
Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die geplante
Kapazität zu erreichen. Die baulichen Maßnahmen für die Inaugenscheinnahme
und das Röntgen sowie für die ersten 20 Registrierstationen sind abgeschlossen.
Die weiteren 20 Registrierstationen können bis Ende des Jahres in Betrieb genommen werden.
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Danach kann die Kapazität beim Einsatz von 20 Registrierstationen, die derzeit bei
rund 300 Personen pro Tag liegt, weiter erhöht werden. Mit 40 Registrierstationen
können 600 Personen pro Tag aufgenommen werden. Ziel ist es, diese Kapazität
bis Ende des Jahres zu erreichen. Dann werden die bei dieser Personenzahl auch
erforderlichen Röntgenuntersuchungen täglich durchgeführt.
6.ob sie plant, die Erstaufnahmestandorte (LEA und BEA) im Land – außer dem
Drehkreuz in Heidelberg – hinsichtlich ihrer Ausstattung weiter zu ertüchtigen;
Zu 6.:
Eine weitere Einrichtung von zentralen Registrierungseinrichtungen einschließlich
der zugehörigen Gesundheitsuntersuchung entsprechend der Erstaufnahmeeinrichtung im Patrick-Henry-Village in Heidelberg ist derzeit von der Landesregierung
nicht geplant. Allerdings erfolgen auch an den in der Antwort zu 2. genannten
LEA-Standorten alle Verfahrensschritte. Die hierfür erforderlichen Ressourcen
werden bedarfsorientiert angepasst.
7.welche Erkenntnisse ihr über gesundheitliche Gefährdungslagen – beispielsweise durch multiresistente Keime, HIV, Hepatitis, Tuberkulose oder Poliomyelitis – vorliegen und welche Schlussfolgerungen für die allgemeine ärztliche
Versorgung sowie den öffentlichen Gesundheitsdienst – auch im Hinblick auf
Impfungen und Therapien – sie ziehen wird;
Zu 7.:
Zur Frage der gesundheitlichen Gefährdungslage aufgrund der epidemiologischen
Situation von Infektionskrankheiten in den Hauptherkunftsländern der Asylbewerber wird auf die Stellungnahme zu Frage 1 des Antrags der Abgeordneten
Dr. Bernhard Lasotta u. a. CDU „Sicherstellung der Gesundheitsuntersuchung von
Flüchtlingen durch das Land“ (Drucksache 15/5980) verwiesen.
Die Möglichkeit des Imports von hierzulande seltenen Infektionskrankheiten
durch Flüchtlinge und Asylsuchende nach Deutschland wird vom Robert KochInstitut (RKI) aktuell als sehr gering eingeschätzt. Nach Einschätzung des RKI
sind Asylsuchende grundsätzlich durch die gleichen Infektionskrankheiten gefährdet wie die ansässige Bevölkerung. Aufgrund der anstrengenden Reise, des oft
fehlenden Impfschutzes und der engen räumlichen Situation in den Aufnahmeeinrichtungen ist die Gruppe der asylsuchenden Menschen jedoch empfänglicher
gegenüber Infektionskrankheiten. Insofern stellen Asylsuchende eher selbst eine
gefährdete Gruppe dar als eine Gruppe, von der für andere eine Gefahr ausgeht.
Diese Einschätzung spiegelt sich wider in den verfügbaren Daten zu meldepflichtigen Infektionskrankheiten. Eine erste Auswertung der Meldedaten für Asylsuchende, die aufgrund der Ende September 2015 vonseiten des RKI veranlassten
Erfassung zusätzlicher Angaben auf Grundlage des § 11 Absatz 1 Nummer 6 des
Infektionsschutzgesetzes (IfSG) möglich ist, zeigt, dass neben Tuberkulose, insbesondere Windpocken und verschiedene Magen-Darm-Erkrankungen wie Rotavirus-Erkrankungen und Norovirus-Erkrankungen bei Asylsuchenden gemeldet
werden. Aufgrund des aerogenen Übertragungswegs, der Schwere der Erkrankung
sowie der Häufigkeit kommt dabei der Tuberkulose mit 142 Fällen bei Asylbewerbern von insgesamt 582 Tuberkulosefällen im Jahr 2015 (bis zum Stichtag
5. November 2015) die größte Bedeutung zu.
Im Hinblick auf multiresistente Erreger, HIV und Hepatitiden liegen auf der
Grundlage der Meldedaten nach dem IfSG keine spezifischen Erkenntnisse für
Asylbewerber vor. Es ist jedoch bekannt, dass Infektionen mit diesen Erregern in
einigen Herkunftsländern deutlich häufiger vorkommen als in Deutschland.
Die wichtigste Maßnahme zur Prävention von Infektionskrankheiten ist die
Sicherstellung des Impfschutzes entsprechend der STIKO-Empfehlung (Ständige
Impfkommission beim Robert Koch-Institut). Insofern kommt dem Hinwirken auf
einen möglichst umfassenden Impfschutz sowohl bei der ansässigen Bevölkerung
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als auch bei Asylsuchenden durch niedergelassene Ärzte sowie den Öffentlichen
Gesundheitsdienst eine große Bedeutung zu. In den Erstaufnahmeeinrichtungen
wird derzeit ein flächendeckendes systematisches Impfangebot etabliert.
Bei sexuell übertragbaren Krankheiten, zu denen u. a. HIV und Hepatitis B zählen, ist die Aufklärung über geeignete Schutzmaßnahmen von zentraler Bedeutung.
Entsprechende Informationsangebote bieten die Gesundheitsämter.
Zur Prävention und Kontrolle von (multi-)resistenten Krankheitserregern in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen liegen Empfehlungen der Kommission
für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert KochInstitut vor. Bei der risikobasierten Empfehlung zur Durchführung von Screening-Maßnahmen bei Aufnahme in ein Krankenhaus wird u. a. die Herkunft aus
Regionen mit bekannt hohem Vorkommen an (multi-)resistenten Krankheitserregern berücksichtigt.
8.inwieweit ihr bekannt ist, dass es aufgrund von europäischen Vergaberichtlinien zu Verzögerungen insbesondere bei der Beschaffung von Röntgengeräten
kommt.
Zu 8.:
Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über Verzögerungen bei der Beschaffung von Röntgengeräten aufgrund von europäischen Vergaberichtlinien vor.
In Karlsruhe erfolgte eine Ausschreibung der gesamten Röntgenleistungen im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylG (Durchführung der Röntgenuntersuchung mit eigenem Personal und Befundung, einschließlich der Aufstellung
eines Röntgengerätes in der dortigen Landeserstaufnahmeeinrichtung). Aufgrund
der europäischen Vergaberichtlinien gestaltete sich das Ausschreibungsverfahren
einschließlich der erforderlichen juristischen Vorprüfungen entsprechend aufwändig, was zu einer zeitlichen Verzögerung des Vergabeverfahrens führte.
Öney
Ministerin für Integration
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