FAU Erlangen Nürnberg 11.01.2016 Institut für Soziologie HS- Moderne und Individualisierung Dozent: Prof. Dr. Michael v. Engelhardt Referentinnen: Sandra Rothmeier, Anna Hutzler Ulrich Beck - Zweite Moderne und Individualisierung Zweite Moderne einfache (1) Moderne: Traditionen werden rationalisiert (Industriegesellschaft) reflexive (2) Moderne: Rationalisierung der Rationalisierung der ersten Moderne (Risikogesellschaft) - Projekt ist die Aufhebung von Beschränkungen durch Geburt und die Eröffnung von Positionen durch eigene Entscheidungen und Leistung - Gesellschaft spaltet sich auf in ein in Institutionen geltendes Selbstbild und in eine Vielfalt lebensweltlicher Realitäten (Probleme/Risiken) Risikogesellschaft - Leitfrage: Wie vermeiden wir Risiken? Risikobewusstsein hat sein Zentrum in der Zukunft d.h. Fiktives wird Grundlage gegenwärtigen Handelns um Zukünftiges zu vermeiden ungleiche Verteilung von Risiken durch soziokulturellen Wandel , dadurch anwachsende Gefährdungslagen „neue Armut“ o Kennzeichen: Lebensphasenspezifische Verteilung (Vorübergehen/Langzeit) o Einzelschicksals statt Klassenschicksal (deshalb nicht sichtbar) o Wird „wegindividualisiert“ o Demokratisierung der Massenarbeitslosigkeit (kann jeden treffen) Die Individualisierung der sozialen Ungleichheit - - - - - setzt mit reflexiver Moderne ein → Mensch wird zum Gestalter seines Lebenslaufes Ungleichheitsrelationen zwischen großen Gesellschaftsgruppen sind gleich geblieben, jedoch allgemein verbesserte Lebensbedingungen(=„Fahrstuhl-Effekt“: Klassengesellschaft wird eine Stufe höher „gefahren“) Dreifache Individualisierung: o Herauslösung aus historisch vorgegebenen Sozialformen und -bindungen im Sinne von Traditionen (Freisetzung) o Verlust traditionaler Sicherheiten im Hinblick auf den Glauben und leitende Normen (Entzauberung) o Neue Art der sozialen Einbindung (Reintegration) Individualisierung ist historisch-soziologische, gesellschaftsgeschichtliche Kategorie (d.h. subjektives Bewusstsein tritt in den Hintergrund, objektive Lebenslage in den Vordergrund) Einhergehend mit Institutionalisierung von Biographiemustern (auf Enttraditionalisierung folgen neue Zwänge sekundärer Instanzen/Institutionen) Bastelbiographie (verschiedenste Kombinationen sein Leben zu gestalten) (Gross) Wert: Selbstfindung, „ausgefülltes Leben“ → Konsequenz: Selbstverunsicherung Individualisierung: Geschlechterverhältnisse innerhalb und außerhalb der Familie - Freisetzungen aus ständischen Zuweisungen des Geschlechts Ungleichverteilungen(v. Geld/Fam.-Beruf etc.) bei inzwischen gleichen Bildungsvoraussetzungen - - Durch mehr Gleichheit: bewusst werden der Ungleichheiten Ehe & Sexualität: mehr Scheidungen, weniger Hochzeiten->nichteheliche Lebensgemeinschaften= akzeptiert; mehr Alleinlebende => individuelle Lebensstile Bildung & Arbeitsmarkt: rechtliche Gleichstellung und Angleichung von Bildungschancen für Frauen; Aufstieg der Frauen gegenüber ihren Eltern; „Frauenjobs“ Perspektive der Männer: verbale Aufgeschlossenheit, ABER nicht in Verhalten widergespiegelt (kaum Beteiligung an Hausarbeit); wollen Anerkennung (<->Hausarbeit); wenig Akzeptanz des Rollentauschs (Konkurrenz!) Ambivalenzen: Familie-Karriere; Industriegesellschaft ist auf ungleiche Lagen angewiesen (Ewerbs- + Hausarbeit!) Auseinandersetzung mit Marx und Weber (Individualisierung & Klassenbildung) - Karl Marx: Klassenbildung durch Verelendung & Entfremdung o Beck: Bedingungen (z.B. Elend) müssen erst überwunden werden, damit Individualisierungsprozesse greifen → Individualisierungstendenzen & Aufhebung von Klassen sind gebunden an gesamtgesellschaftliche Rahmenbedingungen (Politik, Recht etc.) - Max Weber: Wende ins 20.Jhd.: Herauslösen aus Welt religiöser Bindungen -> Schaffung irdischer Sicherheit durch Bildung ; ständisch-marktvermittelte Vergemeinschaftung in soziale Klassen → Beck`s Fazit: beide Theorien unzureichend Denken & Forschen in traditionalen Großgruppenkategorien (Schicht, Klasse, Stand…) fragwürdig! Szenarien zukünftiger Entwicklungen - - - - - Entstehen nichtständischer Klassensolidaritäten o „neue Armut“ verschwindet und wächst in ihrer Stummheit ; gefährlich: Eindruck der Harmlosigkeit o Verunsicherungen in Geschlechter-/Familienbeziehungen o Kein Denken mehr in zusammengehörigen Klassen; Zusammenschluss durch materielle Verelendung & Entfremdungserfahrung o Kollektivität muss durch Individualisierung erst erkennbar gemacht werden Vom familialen zum politischen Privatismus o Arbeitsplatz & Betrieb als Ort der Konflikt-&Identitätsbildung verlieren an Bedeutung -> Übertragen in Gestaltung der privaten Sozialbeziehungen & Lebensformen durch Entfaltung der Privatsphäre o Zerfließende Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit Individualisierte Gesellschaft der Unselbstständigen o Unterbeschäftigung durch Flexible Arbeitsmarktbeziehungen/-zeiten: Lebensmittelpunkt in neuen Lebensstilen(statt in Arbeit) o Durch Individuen geschlossene Koalitionen zur Bewältigung gesellschaftlicher Problemlagen o anfällige Sozialstruktur für Massenmedien o Keine sozialen Klassenunterschiede mehr => Idee der sozialen Mobilität verblasst Entstandardisierung der Erwerbsarbeit (laut Beck: Selbstrevolution) o hoch-standardisiertes Beschäftigungssystems weicht auf, Folge: Ausbreiten einer Unterbeschäftigung o zweigeteilter Arbeitsmarkt: industriegesellschaftliche Vollbeschäftigung vs. Risikogesellschaftliche Unterbeschäftigung ABER: Ungleichheiten bleiben, werden nur individualisiert; „neue Unmittelbarkeit“ IndividuumGesellschaft: gesellschaftliche Probleme werden zu psychischen Problemen Quellen: o Beck, U. (1986) – Risikogesellschaft – Auf dem Weg in eine andere Moderne o Ebers, N. (1995) – „Individualisierung“ – Georg Simmel-Norbert Elias-Ulrich Beck
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