Eidgenössisches Schwingund Älplerfest Estavayer 2016 BEILAGE DER FREIBURGER NACHRICHTEN SAMSTAG, 22. AUGUST 2015 Inhalt «In dieser Arena zu sein, ist das Höchste, die grosse Attraktion.» Albert Bachmann, Präsident des Organisationskomitees von «Estavayer 2016» Seite 21 «Wer an die Spitze will, muss mindestens 190 m gross und 110 kg schwer sein.» Matthias Sempach, Schwingerkönig 2013 Seite 23 Bilder Charles Ellena In einem Jahr ist Estavayer Hochburg der Schwinger CHRISTOPH NUSSBAUMER n zwölf Monaten ist es so weit: Vom 26. bis 28. August 2016 empfängt Estavayer-le-Lac die Schwinger- und Steinstösser-Elite des Landes zum Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest. Intensiv haben die Mitglieder des Organisationskomitees in den letzten drei Jahren auf den Anlass hingearbeitet. Ein Jahr vor dem grössten regelmässig ausgetragenen Schweizer Sportanlass treten die Vorbereitungen nun in die entscheidende Phase. Das ist für die Freiburger Nachrichten Grund genug für einen Tour d’Horizon, den wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, heute präsentieren. rär grössten Sportstadion der Schweiz. Schon bald spriesst dort der Rasen und nach und nach wird alles auf den Platz gebracht, was es für ein erfolgreiches Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest braucht: Eine kaum vorstellbare Infrastruktur und Logistik ist notwendig, um Hunderttausende Menschen nicht nur auf das Festgelände und in die Region von Estavayer-le-Lac zu bringen, sondern sie dort an den drei Festtagen auch zu verpflegen, zu unterhalten und falls gewünscht unterzubringen. «Für sie stellen wir eine ganze Stadt auf», sagt Generaldirektorin Isabelle Emmenegger (Seite 29) und verdeutlicht damit die gigantischen Dimensionen dieses Anlasses. Diesen Sommer haben auf dem Gelände des Militärflugplatzes Payerne die Arbeiten für den Aufbau der gigantischen Schwinger-Arena begonnen. Über 50000 Zuschauerinnen und Zuschauer werden Platz finden im tempo- Jenseits der organisatorischen Herausforderung stellt die Austragung des Eidgenössichen Schwing- und Älplerfestes für Freiburg die Chance dar, seinem Ruf als Brückenkanton alle Ehre zu machen. Den vielen Besucherinnen I und Besuchern aus der Deutschschweiz wolle Estavayer ein Fest mit «Romandie-Ambiance» bieten, sagt OK-Präsident Albert Bachmann im Interview (Seite 21). Jedoch nicht nur fürs Image, sondern auch wirtschaftlich kann sich die Region einiges erhoffen. So sind laut Thomas Steiner vom Freiburgischen Tourismusverband Direkterträge von gut 30 Millionen Franken zu erwarten – Einnahmen aus den Ticketverkäufen nicht eingerechnet (Seite 27). Diese Schätzung verdeutlicht die grosse Popularität des Schwingsportes. Das Interesse an den «Gladiatoren der Moderne», wie die Schwinger bisweilen auch genannt werden, ist immens. Schwingerkönige sind Stars – von den Fans verehrt und von den Sponsoren umworben. So sehr, dass manch ein Spitzenschwinger heute nicht mehr ohne Management zurechtkommt. Das Schwingen steht nicht mehr bloss für urchigen Schwei- zer Traditionssport. Es hat sich wie jede andere Sportart professionalisiert. Gleichsam ist das Eidgenössische zum Spektakel für die Massen geworden – zum grossen Treffpunkt der ländlichen und der urbanen Schweiz. Es definiert ein gewichtiges Stück Schweizer Identität und es ist dabei gleichzeitig auch ein Millionengeschäft. Man kann nun diese Entwicklung kritisch hinterfragen. Klar ist, dass sich die Schwinger dadurch in den letzten Jahren zu absoluten Spitzenathleten entwickeln konnten. Dies hat letztlich auch den Sport selbst weitergebracht. «Wir müssen dafür schauen, dass der Muni nicht zu fett wird und in Form bleibt.» Alexandre Papaux, Züchter des Siegermunis Seite 27 Fest steht jedenfalls schon heute, dass am kommenden Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest erneut sportliche Höchstleistungen zu erwarten sind. Mit der heutigen Sonderbeilage eröffnen die Freiburger Nachrichten den Berichterstattungs-Countdown im Hinblick auf Estavayer 2016. Wir wünschen Ihnen gute Lektüre! Impressum Redaktion Murten: Tel. Geschäftsstelle Murten: Tel. Fax Abonnemente: Tel. FN Verlag Freiburg: Tel. 026 672 34 41 026 672 34 40 026 672 34 49 026 347 30 00 026 347 30 01 Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest Estavayer 2016 Samstag, 22. August 2015 Freiburger Nachrichten 21 «Die Deutschschweizer kommen zu ihren Schwingerfreunden in der Romandie» Der Präsident des Organisationskomitees des Eidgenössischen Schwingfestes 2016 in Estavayer-le-Lac, Albert Bachmann, freut sich auf den Grossanlass. Zur Biografie Albert Bachmann, Chef-Organisator Albert Bachmann (1957) führte einen Bauernbetrieb. 1994 wurde er Gemeinderat in Estavayer-le-Lac und dann Gemeindepräsident. Von 2001 bis 2011 war er FDPGrossrat. 2011 kandidierte er als Unabhängiger für den Staatsrat. Seit 2012 führt er das Organisationskomitee des Eidgenössischen Schwingfestes in Estavayer. Im September 2013 wurde er Direktor der Kehrichtverbrennungsanlage Saidef. fca FAHRETTIN CALISLAR (TEXT) UND CHARLES ELLENA (BILDER) Albert Bachmann hat jahrelang dafür gekämpft, dass das nächste Eidgenössische Schwing- und Älplerfest, der grösste und traditionsreichste Sportanlass in der Schweiz, im Jahr 2016 in der Freiburger Kleinstadt Estavayer-le-Lac stattfindet. Bachmann hat schon die Kandidatur von Estavayer mitverantwortet, nun freut er sich, als Präsident die Umzüge vom Grossanlass im nächsten Jahr und des Vorfestes am nächsten Wochenende anführen zu dürfen. Sie haben als Präsident des Organisationskomitees ein gleichermassen begehrtes wie auch arbeitsintensives Amt. Was sprach für Sie? Ich hatte schon als Syndic von Estavayer-le-Lac einen starken Bezug zum Schwingen. Ich wurde angefragt, ob ich mich dafür einsetzen wolle, den Anlass in die Region zu holen. Ich stieg ein und wurde Präsident der Kandidatur. Ich habe zuvor das Westschweizer Schwingfest und das kantonale Musikfest von 2000 verantwortet. Ich habe einen guten Kontakt zu den Leuten, geniesse ihre Unterstützung und habe Freude an dieser Aufgabe. Sie sind Direktor der Kehrichtverbrennungsanlage Saidef in Posieux und hatten viele politische Ämter inne, unter anderem als Grossrat. Und jetzt sind Sie OK-Präsident. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut? Als ich mich bei der Saidef als Direktor bewarb, machte ich meine Arbeitgeber auf meine Verpflichtungen gegenüber dem Schwingfest aufmerksam. Ich habe alle meine anderen Ämter, namentlich die politischen, abgegeben. Das wird bis mindestens 2017 so bleiben. Das schätze ich. Übrigens habe ich durch diese Neuorientierung auch meine Familie wieder entdeckt. Früher kam ich oft spätabends nach Hause. Heute geschieht das auch noch ab und an, doch ich kann oft mit meiner Familie zusammen sein. Obwohl meine Kinder schon erwachsen sind, sind sie oft samt Anhang bei uns zu Hause. Es kommt vor, dass wir uns zum Beispiel um zehn Uhr abends noch beim Pool versammeln. Das gibt Energie, ich geniesse das. Was haben Sie für einen Bezug zum Schwingen? Ich bin nicht Schwinger, ich war nie im Schwingerklub. Aber wir haben in Estavayer einen Verein, der grosse Schwinger hervorgebracht hat, denken wir an Manu Crausaz, der 1995 in Chur Vizekönig war. Ich interessierte mich für den Verein. Dort traf sich der der, wenn ich in der Deutschschweiz bin: «Albert, gäu, mir wei eis zäme näh?» Sie wollen gemeinsam mit uns die Romandie-Ambiance erleben. Dafür kommen sie. Ich erinnere mich an Nyon, das war kein Riesenfest. Aber ein gemütliches Beisammensein. Albert Bachmann, Ex-Syndic von Estavayer-le-Lac, führt das Organisationskomitee des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfestes 2016. Bauer aus der Landschaft mit dem Fan aus Estavayer, das ist spannend. Ich habe mich während 15 Jahren als Ammann für die Einrichtung des Schwingerkellers eingesetzt. Was war dann am Schluss entscheidend? Für Estavayer sprach vor allem die bestehende Infrastruktur des Flughafens Payerne. Und wir haben erfolgreich geweibelt, vor allem unter den Ehrenmitgliedern. Alle warben um deren Stimmen: Sie wurden eingeladen und erhielten eine Führung durch die zukünftigen Kampfstätten. Die Emotion war also da, das Lobbying hat funktioniert. Das Eidgenössische kommt ja nur alle 15 Jahre in die Romandie, und das letzte Schwingfest in Freiburg war 1958. Unsere Kandidaturen schieden 2001 gegen Nyon und 1986 gegen Sitten aus. Diesmal war der Druck gross: Sobald wir ein gutes Dossier vorlegen, können wir uns gute Chancen ausrechnen. Aber wir mussten kämpfen. Wir warben an den verschiedenen Schwingfesten für unsere Kandidatur. Das hat sicher eine positive Wirkung gehabt. Wir haben gezeigt: Wir können das organisieren, haben unsere Traditionen und auch eine Schwingtradition. Das Schwingfest findet eigentlich ja nicht in Estavayer selbst, sondern auf dem Flugplatz Payerne VD statt. Wie wichtig ist die Frage des Standortes? Das ist den Schwingern und den Fans egal, die wollen auf den Festplatz. Die Deutschschweizer wissen ja nicht, in welchem Kanton Estavayer liegt und in welchem Payerne. Sie wollen an ihr Schwingfest. Sie erwarten Seeblick. Diesen werden wir ihnen über die Leinwand überbringen. Und wenn wir es genau nehmen: Mehr als die Hälfte des Flughafengeländes liegt im Kanton Freiburg, auf dem Gebiet der Gemeinden Bussy, Morens und Rueyres. Und diese Gemeinden werden ab 2017 Teil der erweiterten Gemeinde Estavayer sein. Estavayer wird dann also bis zum Flughafen reichen. Und: Burgdorf 2013 fand ja auch auf dem Gemeindegebiet von Kirchberg statt. Oft werden Sie darauf angesprochen, dass die Schwingertradition in der Romandie zu wenig verankert ist. Was sagen Sie dazu? Das Schwingfest wird ein Tor von der Deutschschweiz in die Romandie. Die Westschweiz gehörte noch nie zu den erfolgreichsten Teilverbänden. Die Romandie hat sich dennoch immer wieder mit guten Schwingern einen Namen gemacht. Denken wir an Gaby Yerly, an Hans-Peter Pellet, Stefan Zbinden, Ruedi Schläfli, Emmanuel Crausaz. Das waren äusserst erfolgreiche Schwinger. Pellet ist ein national bekannter Sportler. Er war mit 137 Kränzen Rekordhalter. Wenn er auftritt, erhält er Standing Ovations. Als er bei der Taufe des Siegermunis, Mazot de Cremo, als Götti dem Muni Milch gab, tobten die Leute vor Begeisterung. Er ist einer der Grossen in der Szene. Und unser Verband hat einen guten Ruf. Höhen und Tiefen gehören halt dazu. Mal ist man stärker, mal schwächer. Uns fehlen zurzeit nur die guten Leute. Das ist bei den anderen nicht anders. Worauf freuen sich die Deutschschweizer am meisten? Die Deutschschweizer kommen zu ihren Schwingerfreunden in der Romandie, um gemeinsam ein Fest durchzuführen. Ich höre das immer wie- Was macht denn diese «Romandie-Ambiance» aus? Wir in der Romandie nehmen die Sachen weniger todernst, wir nehmen sie cooler. Und wenn wir eigentlich nach Hause gehen sollten, sagen wir: «Ein Glas haben wir noch immer genommen.» Und bevor wir mit dem Essen beginnen, nehmen wir ein Apéro. Das ist bei uns so. Und darauf freuen sich unsere Freunde aus der Deutschschweiz. Und genau das werden wir ihnen in Estavayer 2016 bieten. Wie bereit ist die lokale Bevölkerung für den Grossanlass vor ihrer Haustür? Die Kommunikation ist eine meiner grossen Herausforderungen. Wir machen Ende August in Estavayer ein Fest – ein Jahr vor dem Schwingfest. Wir merken, die Leute und die Sponsoren beginnen, über das Fest zu sprechen. Ich will, dass alle dabei sind. Wir wollen in die Schulen. Wir wollen, dass sich die Begeisterung verbreitet. Und am Freitagabend, 26. August 2016, werden schon alle hier sein. Wir werden für die Dauer des Festes ein dichtes Transportnetz aufziehen, damit der ganze Kanton zu einem günstigen Preis, dafür winde ich den Freiburger Verkehrsbetrieben TPF ein Kränzchen, zu jeder Tages- und Nachtzeit ans Fest und wieder nach Hause kommt. Natürlich hoffen wir, dass unsere Gäste so lange wie möglich bleiben. Aber wenn jemand noch Kühe zu melken hat, kommt er rechtzeitig nach Hause. Sie werden alle kommen. Sie haben unlängst eine Premiere angekündigt: eine Eröffnungszeremonie in der Arena. Welche Absicht verfolgen Sie? Ein jeder soll ans Fest und einmal in die Arena kommen können. Denn in dieser Arena zu sein, ist das Höchste, die grosse Attraktion. Und die Fans sind enttäuscht, wenn sie kein Billett für die Wettkämpfe in der Arena erhalten. Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten? Ich hoffe natürlich, dass wir am Fest schönes Wetter haben. Doch dafür kann ich natürlich nichts anderes machen, als zu beten. Ich würde mich freuen, wenn alles klappen würde. Aber das Grösste für mich ist der Start des Festes: der Empfang der Verbandsfahne in Estavayer am Hafen. Sie wird per Schiff ankommen. Und das wird für mich als Präsident ein unvergesslicher Augenblick sein. Der Umzug durch die geschmückte Stadt mit den ganzen Gästen, die begeisterte Bevölkerung: Dabei wird mein Herz höher schlagen, das weiss ich jetzt schon. Die sportlichen Höhepunkte, die Krönung des Königs, die offizielle Zeremonie, auf all das freue ich mich. Bratwurst oder Fisch-Friture? Weisswein oder Bier? Was wird es am Schwingfest zu essen und zu trinken geben? Alles. Es muss alles auf den Platz. Egli, Felchen, Bratwurst, Rösti, Bier und der Schnaps am Morgen früh im Schwingerstübli. Diese Traditionen gehören dazu. Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest: «Ein Fest von Schwingern für Schwinger» D as Eidgenössische Schwing- und Älplerfest Ende August 2016 findet in Estavayer-le-Lac statt. Der Freiburger Schwingerverbands (FSV) hat sich mit seiner Kandidatur «Estavayer 2016» vor drei Jahren in Aigle gegen die Kandidaturen der Neuenburger und Genfer durchgesetzt. Erstmals seit 1958 findet das «Eidgenössische», der grösste Sportanlass im Land, wieder auf Freiburger Boden statt. Das Motto der Kandidatur und des Schwingfestes auf dem Flugplatz Payerne lautet: «Ein Fest von Schwingern für Schwinger». Die Westschweizer Schwinger wollen ihren Deutschschweizer Freunden ein sportliches Fest und Emotionen bieten. Das Fest beginnt schon am Morgen des Freitags, 26. August 2016, mit der Ankunft der Delegationen und der Verbandsfahne im Hafen von Estavayer. Nach dem Umzug laden die Verantwortlichen die Fans am Freitagabend zur ersten Eröffnungszeremonie in der Geschichte des «Eidgenössischen» ein. 800 Sportler in den Disziplinen Schwingen, Hornussen und Steinstossen aus allen Ecken des Landes werden in Estavayer ihre Besten und den «König» ausmachen. In der Arena werden 52 000 Schwingerfreunde Platz haben, rund herum wird eine Fest- und Zeltstadt für total 250 000 Besucher aufgebaut. Am Samstag kurz vor acht Uhr morgens treten die Schwinger in die Sägemehl-Ringe und beginnen mit dem ersten Gang. Am Sonntag wird der «König» gekrönt, der beste Schwinger des Landes und der Nachfolger von Matthias Sempach. Dem Sieger winkt als Preis der Jungstier Mazot de Cremo. Vorfest am Samstag Um die Bevölkerung der Standortgemeinde und der beiden beteiligten Kantone Freiburg und Waadt auf das Fest gluschtig zu machen, organisieren die Verantwortlichen genau ein Jahr vor dem Grossanlass ein Vorfest. In der Altstadt von Estavayer erhalten die Fans des Schwingfestes nächsten Samstag, am 29. August, einen ersten Eindruck von all dem, was sie ein Jahr danach erwartet. fca Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest Estavayer 2016 Samstag, 22. August 2015 Freiburger Nachrichten 23 «Ich musste lernen, auch mal Nein zu sagen» Am 1. September 2013 wurde Matthias Sempach beim Eidgenössischen Schwingfest zum Schwingerkönig gekürt. Der Titel hat sein Leben auf den Kopf gestellt, der Terminkalender des 29-Jährigen ist seither randvoll. Manchmal wünscht sich Sempach, ein «normaler» Schwinger zu sein. MICHEL SPICHER ningsfreie Zeit verbringe ich lieber bei der Arbeit, als irgendwo mit Kollegen abzuhängen oder zu gamen. Bezüglich Sponsoring hat sich in den letzten Jahren vieles verbessert. Wir Schwinger stehen im Vergleich mit anderen Sportarten heute gar nicht so schlecht da. Vor knapp zwei Jahren wurden Sie in Burgdorf zum eidgenössischen Schwingerkönig gekürt. Wie hat dieser Titel Ihr Leben verändert? Ich konnte schon vor Burgdorf schwingerische Erfolge feiern und war dadurch den Umgang mit Medien und Sponsoren etwas gewohnt. Insofern kannte ich das Leben rund um den Spitzensport bereits ein bisschen. Mit dem Titel des Schwingerkönigs hat das ganze Drumherum eine andere Dimension angenommen. Alles ist viel intensiver geworden. Wer Schwingerkönig wird, braucht ein gutes Umfeld und eine professionelle Betreuung. Sonst gibt es ein riesiges Chaos. Wie sieht Ihr Umfeld aus? Zu einen habe ich meine Partnerin Heidi, die mir im administrativen Bereich hilft. Zum anderen habe ich ein Management, das mir viele Arbeiten abnimmt. Das meiste kann ich auf andere Schultern verteilen, sodass ich Zeit für das Wichtigste habe: die Erholung und das Training. Dennoch ist es mir wichtig, dass ich in alles Einblick habe und sehe, was auf mich zukommt, seien es Die Kommerzialisierung hat den Schwingsport in den letzten Jahren stark verändert. Das Eidgenössische 2013 war ein gigantischer Anlass mit 300 000 Besuchern. Es gibt viele kritische Stimmen, die diese Entwicklung hin zum Gigantismus bedauern. Dadurch gehe der Reiz des Schwingens, das Bodenständige, das Urchige verloren. Können Sie die Kritik nachvollziehen? Mir ist es wichtig, dass Schwingen bodenständig bleibt, das macht den Reiz der Sportart aus. Ich sehe darin aber keinen Widerspruch zur aktuellen Entwicklung. Burgdorf 2013 war für mich ein per- Schwingerkönig Matthias Sempach wird beim Eidgenössischen in Estavayer-le-Lac als Titelverteidiger antreten. Bild key/a Matthias Sempach Schwingerkönig «Es ist wichtig, dass Schwingen bodenständig bleibt.» fektes Fest. Dass der dreitägige Anlass, der ein Budget von 25 Millionen Franken aufwies, am Ende einen Gewinn abgeworfen hat, ist fantastisch. Klar geht durch die Grösse das eine oder andere verloren, das vor zwanzig, dreissig Jahren besser gewesen ist. Man darf diese negativen Begleiterscheinungen nicht ausblenden, aber man sollte nicht nur davon reden. Alles in allem ist die Entwicklung positiv. Matthias Sempach Schwingerkönig Treffen mit Sponsoren, Medientermine oder andere Verpflichtungen. Mit meinem Management arbeitete ich schon seit 2010 zusammen. Wir waren vertraut und eingespielt, als es nach dem Königstitel richtig losging. Das war ein grosser Vorteil. Sie sind ein gefragter Mann, rennen von Termin zu Termin. Bleibt da noch Zeit für die Familie? Es ist wichtig, dass man sich die Zeit nimmt. Ich musste lernen, auch mal Nein zu sagen. Nur so kann ich für mich und meine Familie Freiräume schaffen. Ein Nein des Königs kommt aber sicherlich nicht überall gut an … Die Zusammenarbeit mit Medien und Sponsoren braucht Zeit und muss professionell sein. Das bedeutet aber nicht, dass ich rund um die Uhr für alle verfügbar sein muss. Es braucht eine gewisse Erfahrung und ein gutes Fingerspitzengefühl bei der Auswahl der Termine. Als Schwingerkönig stehen Sie im Fokus der Öffentlichkeit. Wie gehen Sie damit um? In jungen Jahren war ich manchmal etwas zu offensiv in meinen Aussagen. Das ist nicht überall gut angekommen, obwohl ich immer ehrlich gewesen bin. Als öffentliche Person muss man aufpassen, was man sagt und wie man es sagt. Deshalb habe ich mich mit einem Medientraining geschult. «Viele Jungschwinger können keinen richtigen Purzelbaum schlagen.» Matthias Sempach (r.) wirft beim Freiburger Kantonalfest William Haeni ins Sägemehl. Bild key/a In Ihrer Vorbildrolle sind ausschweifende Partys ja wohl tabu … Man wird schon beobachtet, und es wird geschaut, was man macht. In Zeiten von iPhone, Facebook, Twitter und Instagram verbreiten sich Neuigkeiten schnell. Mir ist aber wichtig, dass ich bleibe, wie ich bin, und mich deswegen nicht verändere. Ich war zum Glück auch in jungen Jahren nicht einer, der gross über die Stränge geschlagen hat. Ich habe schon immer versucht, mich positiv zu verhalten, damit ich abends mit einem guten Gewissen ins Bett kann. Schwingen in den letzten Jahren an Popularität gewonnen hat. Wo sehen Sie die Gründe für den anhaltenden Boom? Swissness ist in den letzten Jahren sehr populär geworden. Nicht nur das Schwingen, Traditionen wie Jodeln, Volksmusik, Alphorn, auch Chüeli-Gurte sind allgemein im Trend. Die Gesellschaft sucht wieder vermehrt das Urschweizerische, das Bodenständige. Wünschen Sie sich manchmal, ein «normaler» Schwinger zu sein? Diese Momente gibt es, aber sie sind eher selten. Ich bin gelernter Landwirt und Metzger, ich bewege mich gerne, schwinge gerne. Den Nachmittag im Büro zu sitzen und Sachen wie Buchhaltung oder Terminplanung zu machen, gehört nicht zu meinen Lieblingsaufgaben. Aber es gehört halt dazu. Unter dem Strich überwiegen dennoch die positiven Momente deutlich. Matthias Sempach Schwingerkönig Der Rummel um Ihre Person macht deutlich, wie sehr das «Swissness ist in den letzten Jahren sehr populär geworden.» Zudem hat das Schwingen in den letzten Jahren gute Figuren wie Christian Stucki oder Kilian Wenger hervorgebracht, die das Schwingen attraktiv gemacht haben. Und sicherlich profitiert das Schwingen von den zum Teil negativen Schlagzeilen, die andere Sportarten in den letzten Jahren hervorgebracht haben. Der Boom findet in erster Linie neben dem Platz statt und weniger im Sägemehl selbst. Marc Guisolan (l.) ist im Schlussgang des Freiburgischen gegen Schwingerkönig Sempach chancenlos. Warum ist es so schwer, Nachwuchs zu finden? Die Jungen haben heute ein breiteres Freizeitangebot, alles muss Spass machen. Es ist schwierig, junge Knaben zu finden, die die nötige Härte haben, um sich durchzubeissen. Sie verbringen ihre Zeit oft lieber auf Facebook als im Training. Vielen fehlt die Leidenschaft für ein Hobby, egal ob das Schwingen oder etwas anderes ist. Ich war früher auch im Ausgang, aber für eine Party ein Training sausen zu lassen, das kam für mich nie infrage. Zudem fällt mir im Training mit Jungschwingern immer wieder auf, dass viele keinen richtigen Purzelbaum schlagen können. Das stimmt mich nachdenklich. Kritiker sagen, dass es heute genüge, ein paar wenige Schwünge zu beherrschen. Früher sei das undenkbar gewesen … Es gab auch früher schon Schwinger, die nur zwei Schwünge beherrschten. Insgesamt ist das Schwingen athletischer geworden. Wer heute konstant vorne mitschwingen will, muss mindestens 1,90 Meter gross und 110 Kilogramm schwer sein. Gegen so gross gewachsene Athleten ist Bild key/a es schwierig, x verschiedene Schwünge anzuwenden. Schwingen wird immer professionellerer. Die Kluft zwischen den Top-Schwingern, die Geld verdienen, ihr Arbeitspensum reduzieren und mehr Zeit fürs Schwingen haben, und den anderen, die neben ihrem Sport Vollzeit arbeiten müssen, wird immer grösser … Bevor jemand profitieren kann, muss er erst investieren. Das ist sowohl im Sport so als auch im Berufsleben: Wer sich beruflich ständig weiterbildet, verdient später auch mehr als derjenige, der sich nach einer dreijährigen Lehre nicht fortbildet. Mir ist nichts in den Schoss gefallen, meine heutige Stellung habe ich mir hart erarbeitet. Ich habe zwei Lehren gemacht, in dieser Zeit gab es für mich nur selten Ausgang. Bis ich 22-jährig war, habe ich neben dem Schwingen zu 100 Prozent gearbeitet. Erst mit 23 Jahren hatte ich meinen ersten Sponsor. Als Schwingerkönig könnten Sie sich Profitum leisten. Dennoch arbeiten Sie zwei Tage pro Woche. Warum? Ich bin überzeugt, dass mir die Arbeit gut tut. Meine trai- Was erwarten Sie vom Eidgenössischen Schwingfest 2016 in Estavayer-le-Lac? Ich denke, dass es von der Grösse her in einem ähnlichen Rahmen sein wird wie zuletzt in Burgdorf. Mein Ziel ist die Titelverteidigung. Momentan bin ich noch verletzt (Sempach hatte sich im Mai beim Oberaargauischen Schwingfest eine Sprunggelenks-Sprengung mit mehreren Bänderrissen am Innenknöchel zugezogen, Red.), die Heilung verläuft aber sehr zufriedenstellend. Es wird noch bis Oktober dauern, bis ich wieder zu 100 Prozent einsatzfähig bin. Ich hoffe, dass meine Verletzung für die Vorbereitung auf Estavayer-le-Lac keinen Einfluss hat. Zur Person Matthias Sempach Geburtsdatum: 10. April 1986 Grösse: 194 cm Gewicht: 110 kg Schwingklub: Kirchberg Beruf: Landwirt und Metzger Hobbys: Sport allgemein, Reisen, Viehzucht Kranzgewinne: 93 Kränze, davon 3 eidgenössische Siege: 31 Kranzfestsiege, 25 Regionalfestsiege Grösste Erfolge: Sieger Eidgenössisches Schwingfest 2013, Sieger Kilchberg-Schwinget 2014 24 Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest Estavayer 2016 25 Samstag, 22. August 2015 Freiburger Nachrichten Bild Thomas Guérin Estavayer 2016: Leidenschaft und Emotionen Praktische Informationen Die Grossveranstaltung findet von Freitag bis Sonntag, 26. bis 28. August 2016, auf dem Areal des Flugplatzes Payerne statt. Das Fest beginnt am Freitagmorgen mit dem Empfang und einem Fahnenumzug durch die Stadt Estavayer-leLac. Am späten Nachmittag folgt dann in der Arena die Eröffnungsfeier für das breite Publikum. Das hat es im Rahmen des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfestes noch nie gegeben. Das Fest wird am Sonntagabend mit der Krönung des Schwingerkönigs zu Ende gehen. Für alle Besucher, die die Wettkämpfe der Hornusser und Steinstosser mitverfolgen wollen, ist der Zugang zum Festplatz frei und kostenlos. Eine Eintrittskarte ist hingegen unerlässlich, um die Schwingerwettkämpfe in der Arena hautnah mitzuerleben. Die Besucher werden vor Ort die Möglichkeit haben, die Schwingerwettkämpfe auf Grossleinwand mitzuverfolgen. Gleichzeitig werden sie sich auch verpflegen und an unterhaltsamen Animationen teilnehmen können. Wie erreiche ich den Festplatz? Alle zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel werden für Estavayer 2016 im Einsatz stehen, um den Besuchern einen flüssigen Personenverkehr zu garantieren. 32 Sonderbuslinien, zwei Spezialbuslinien, sechs besondere Nachtbuslinien und sechs Parkplatzzonen werden für die Besucher bereitgestellt. Die Sonderbusse stellen auch das direkteste Verkehrsmittel dar, um zum Festplatz zu gelangen. Die Region Payerne ist natürlich auch mit der Eisenbahn zu erreichen. Der Langsamverkehr kann für die Schwingerfans ebenfalls eine kostengünstige Option darstellen. Für die Autofahrer werden mehrere Parkplätze in der Nähe des Festgeländes eingerichtet. Alle Informationen bezüglich der zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel (Bahn, Bus, Privatfahrzeug, Motorräder und Langsamverkehr) sowie die Anreiserouten oder die Parkplatzpreise werden zu gegebener Zeit auf der Webseite www.estavayer2016.ch bekannt gegeben. Falls Sie eine sinnvolle Geste zugunsten der Umwelt leisten möchten, dann bevorzugen Sie einfach die angebotenen Mitfahrgelegenheiten. Wo schlafen? Den Besuchern, die das ganze Fest miterleben wollen, stehen verschiedene Unterkunftsmöglichkeiten in der Region oder in unmittelbarer Nähe des Festgeländes zur Verfügung: Klassische Hotellerie, Parahotellerie, Campingplätze und Kontaktplattformen von Privaten bieten reichlich Unterkünfte an. Online-Souvenirshop Zahlreiche Andenken werden schon heute im Onlineshop Estavayer 2016 zum Verkauf angeboten. Darunter befinden sich Artikel wie T-Shirts, Polos, Jacken, Schirmmützen, Hüte, Tassen, Brillen, Taschen, Kappen und Handschuhe. Verschiedene Artikelsets können ebenfalls bestellt werden. Helden unter den eidgenössischen Schwingern und besonders die junge Generation in Szene setzen. Ein guter Ansatz, um aufzuzeigen, welche wichtige Bedeutung dem Nachwuchs in unserem Land beigemessen wird. Weitere Informationen und Bestellungen erfolgen über die Webseiten www.dieboesen.ch und www.estavayer2016.ch. Die Freiburgischen Verkehrsbetriebe TPF sind der Verkehrspartner von Estavayer 2016. Ein globales Verkehrskonzept wurde erstellt, um die Besucher aus der ganzen Schweiz zu empfangen. Das Konzept beruht auf folgenden vier Hauptverkehrsarten: Bus, Bahn, Privatfahrzeuge und Langsamverkehr. Die Flugplatzpiste Payerne wird zum grössten Busbahnhof der Schweiz für ungefähr 500 Busse umgewandelt. 55 000 Parkplätze werden in der Region zur Verfügung gestellt und das Bahnnetz wird bis zur maximalen Kapazität ausgenutzt. Bild Andy Mettler Werden Sie «Freund von Estavayer 2016» Der Schwingerkalender 2016 wird im Verlaufe des Monats September zur Verfügung stehen. Er wird die «Bösen», die Bild Monika Flueckiger Bild Andy Mettler Schwingerkalender Sport Personenverkehr Verpflegung Unterkünfte Freiwillige Das Organisationskomitee wird vom Präsidenten Albert Bachmann und der Direktorin Isabelle Emmenegger geleitet. • Mehr als 200 Personen sind Mitglied des Organisationskomitees. Zahlreiche Athleten werden erwartet: • 280 Schwinger • 400 Hornusser • 120 Steinstosser. Mehrere Kantinen werden auf dem Festgelände errichtet. Den Besuchern, die das Fest vollständig miterleben wollen, stehen verschiedene Unterkunftsmöglichkeiten in der Region oder in unmittelbarer Nähe des Festgeländes selbst zur Verfügung. • 4000 Freiwillige (insgesamt 70 000 Helferstunden) • Armee und Zivilschutz leisten insgesamt 10 000 Manntage. Finanzen Die Arena auf dem Areal des Flugplatzes Payerne umfasst 52 016 Plätze. Das Verkehrskonzept beruht auf den vier wichtigsten Verkehrsträgern: Bus, Bahn, Privatfahrzeuge und Velos. • 32 Sonderbuslinien • 2 Spezialbuslinien • 6 besondere Nachtbuslinien • 6 Parkplatzzonen werden für die Besucher bereitgestellt. • Ungefähr 500 Busse werden die Piste des Flugplatzes Payerne für den Transitverkehr benutzen. Das Eidgenössische Schwingund Älplerfest ist die grösste und die meistbesuchte Sportveranstaltung der Schweiz, mit • rund 250 000 Zuschauern und • einem Budget von ungefähr 25 Millionen Franken. Die TPF als Verkehrspartner Die «Freunde von Estavayer 2016» sind die grosszügigen Gönner. Dank ihrer wertvollen Beteiligung tragen sie zum Erfolg dieses unvergesslichen Festes bei. Eine Einzahlung von 300 bis 500 Franken garantiert den Gönnern, eine beziehungsweise zwei Eintrittskarten kaufen zu können, um die spannenden Gänge der Bösen in der Arena mitzuerleben. Dies ist gleichzeitig das beste Mittel, um sich einen Platz in der Arena zu sichern. Organisation Bild Andy Mettler Bild Monika Flueckiger Bild Monika Flueckiger Infrastruktur Auf dem Festplatz: • 500 m3 Holzspäne • 8000 m2 Wabenplatten • 8000 m2 Abrollbahnen • 170 Elektroverteiler • 75 WC-Container • 450 WC-Schüsseln • 60 Duschen. Getränke: • 230 000 Liter Bier • 40 000 Liter Apfelsaft • 80 000 Liter Mineralwasser • 95 000 Liter Süssgetränke • 18 000 Flaschen Wein • 65 000 Tassen Kaffee • 25 000 Tassen SchwingerKaffee • 5000 Liter Schnaps. Fleisch (nicht vollständig): • 45 000 Würste. • Ungefähr 15 000 Übernachtungen auf dem Campingplatz • Ungefähr 15 000 Übernachtungen in Hotels • Unzählige Übernachtungen bei Privaten. Feinbäckereien und Brot (nicht vollständig): Webseite und Festführer • 4 Tonnen Brot • 33 000 Gipfeli • 20 000 Nussgipfel. • 20 Millionen Besuche auf der Webseite • 65 000 Festführer. Gewisse Zahlen richten sich an den Erfahrungswerten des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfestes 2013 in Burgdorf. www.estavayer2016.ch Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest Estavayer 2016 Samstag, 22. August 2015 Freiburger Nachrichten 27 Ein fürstlicher Preis für den Schwingerkönig Der traditionelle Hauptpreis für den Schwingerkönig an einem «Eidgenössischen» ist ein Muni, ein junger Stier. Passend zum Austragungskanton Freiburg ist der Siegermuni von 2016 ein schwarz-weiss gefleckter Holstein und hört auf den Namen Mazot de Cremo. FAHRETTIN CALISLAR Zahlen und Fakten Vom Meeresgott zur Käsespezialität Es ist ein eindrücklicher Anblick, wenn der mächtige Bulle majestätisch über die Wiese oberhalb des Tales bei Le Crêt mit der Aussicht über die Freiburger Voralpen schreitet. Heute wiegt er rund 800 Kilogramm. Wenn Mazot de Cremo, heute zwei Jahre alt, nächstes Jahr ausgewachsen ist, bringt es der Jungstier wohl auf rund 1100 Kilogramm Gewicht und sein prächtiger Rücken ist mannshoch. Der trotz aller Kraft ruhige und ausgeglichene Muni mit dem aristokratisch anmutenden Namen ist der Fürst der Weiden und der traditionelle Lebendpreis für den zukünftigen Schwingerkönig. Als auffälliges Kennzeichen trägt er zwischen seiner weiss-schwarzen Färbung jeweils zwei bis drei Zentimeter breite graue Linien. «Das ist eine Laune der Natur», sagt Philippe Currat, einer der drei Züchter des Jungstiers. «Er trinkt, er schläft» Der Muni ist zurzeit ganz allein auf dem Hof. Laut Züchter Alexandre Papaux hat das Tier einen angenehmen Tagesablauf: «Er ist in seiner Box, er trinkt, er schläft.» Der Rest der rund 400 Tiere der Betriebsgemeinschaft sind auf dem Hauptbetrieb von Papaux in Les Ecasseys oder auf der Alp. Damit wolle man auch vermeiden, dass der Muni den Kühen zu nahe kommt und aggressiv wird, so Papaux. «So reduzieren wir das Risiko.» Als Züchter sind die Partner erfolgreich, was die vielen Auszeichnungen, Pokale und Urkunden an der Wand zeigen. Jedes Jahr behalten sie Stiere für die Zucht zurück. Die beiden damit beauftragten Zuchtverbände legten dem Schwingfest-Organisationskomitee mehrere Vorschläge vor, die Tiere mussten verschiede- Der Jungstier Mazot de Cremo macht seine Züchter Philippe Currat (links) und Alexandre Papaux stolz. nen fachlichen Kriterien entsprechen. «Ausserdem sollte es auch ein schönes Tier sein», sagt Papaux. Poseidon, später Mazot de Cremo, habe die Verantwortlichen begeistert und seine etwa fünf Gegner ausgestochen. Seit seiner Wahl werde das Tier jeden Tag gehegt und gepflegt. Natürlich seien sie froh, dass sie den zukünftigen Siegermuni stellen dürfen, sagt Papaux während der Führung durch den Betrieb. Das sei auch gut für ihr Image als Züchter und natürlich auch ein wirtschaftlicher Gewinn. Allerdings betreiben die Partner für ihren Muni auch einen grossen Aufwand. «Wir tun alles, dass er in einem Jahr in Topform ist», so Papaux. Der Jungstier werde Estavayer präsentiert sich von der Schokoladenseite « Die Gemeinde Estavayerle-Lac hat beschlossen, das Schwingfest finanziell zu unterstützen. Wir kümmern uns auch um die Dekoration und um die Werbung, wie dem plakatierten Wasserturm eingangs der Stadt, den wir Mitte Juli präsentiert haben, oder die Holzkühe, die wir entlang eines Strassenzugs aufstellen. Der hauptsächliche Vorteil dieses Festes für unsere Gemeinde liegt auf der Hand: Wir können unsere schöne Stadt einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Wir können zeigen, dass wir eine exzellente Lebensqualität und touristisch viel zu bieten haben. Wir schmücken unsere Stadt und wollen uns so von unserer schönsten Seite zeigen. Natürlich ist Estavayer schon bekannt, doch wir können nie genug dafür machen. Wir müssen uns ständig anstrengen.» André Losey, Syndic von Estavayer-le-Lac. Bild awi/a alle zwei Monate frisiert, regelmässig gewaschen, dies, damit er sauber sei und sein Fell gut aussehe. «Wir müssen zum Beispiel bei der Ernährung schauen, dass er nicht zu fett wird und dass er in Form bleibt.» Am Tag erhält Mazot de Cremo bis zu 20 Kilogramm konzentriertes Weizen- und Maistrockenfutter kredenzt. Mazot de Cremo hat auch einen eigenen kleinen Stall, «damit er sich nicht mit anderen Stieren rauft oder an die Kühe geht und sich dabei verletzt», sagt Papaux. Ab und zu wird er dann auch auf die Weide geführt, damit er das Defilieren lernt. «Wir sind dabei aber vorsichtig, denn es sind unberechenbare Tiere und könnten entweichen.» Bild Aldo Ellena Der ganze Aufwand wird nur geleistet, damit sich das stolze Tier in einem Jahr des Schwingerkönigs würdig erweise. Steckbrief Der siegreiche Muni für den Schwingerkönig «Das ist eine Kunst» Name: Mazot de Cremo Kennzeichen: Graue Linien um die Flecken Geboren als: Poseidon Geboren am: 13. September 2013 Geburtsort: Les Ecasseys Name der Mutter: Gauloise Name des Vaters: Dempsey Züchter: Alexandre Papaux, Philippe Currat, Benoît Piller, Isabelle Piller Rasse: Holstein Aktuelles Gewicht: 800 Kilogramm Zielgewicht: 1100 Kilogramm Schultermass: 160 Zentimeter «Zurzeit sieht alles gut aus», sagt Papaux. Der Muni habe seine Qualitäten schon an mehreren Anlässen unter Beweis gestellt, unter anderem am kantonalen Schwingfest in Matran. «Er ist ruhig, er ist brav.» Und das sei eine der wichtigsten Faktoren: «Denn wenn er sich plötzlich als bösartig erweisen sollte, würde er ausgewechselt», so Papaux. Die Auftritte seien ein wichtiges Training. «Er gewöhnt sich an die Menschen und den Lärm, damit er nicht schreckhaft und schnell nervös wird.» Der Siegermuni des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfestes von Ende August 2016 in Estavayer-le-Lac wurde am 13. September 2013 als reinrassiger Holstein geboren und hörte zuerst auf den Namen Poseidon. Dann im September 2014 wurde er auf den Namen Mazot de Cremo getauft. Das ist eine traditionelle Raclette-Käsesorte der Freiburger Grossmolkerei Cremo – der Sponsorin. Der Muni sei der würdige Preis für einen Schwinger, den Gladiatoren der Moderne, sagte Cremo-Generaldirektor Paul-Albert Nobs. «Der Muni ist ein Symbol der Macht und physischer Kraft.» Wie ein Züchter auch müsse der Schwinger naturverbunden, beflissen, gewissenhaft und zugleich anpassungsfähig und kompromissbereit sein. Auch zeichne ihn grosser Respekt vor dem sportlichen Gegner aus. Die Freiburger CVP-Nationalrätin Christine BulliardMarbach und Ex-Spitzenschwinger Hans-Peter Pellet waren die Paten bei der Taufe. Der Muni gehört heute den Veranstaltern des Schwingfestes und lebt auf dem Hof von Philippe Currat in Le Crêt-sur-Semsales. Geboren wurde er als Sohn der erfolgreichen Holstein-Kuh Gauloise und des aus Kanada stammenden Vaters Dempsey. Die Züchter, eine Betriebsgemeinschaft, betreiben auf 930 Metern Höhe mit rund 100 bis 120 Kühen Milchwirtschaft und stellen Gruyère AOC und Vacherin her. Insgesamt haben sie 300 bis 340 Tiere auf ihrem 117 Hektar-Betrieb. fca www.cremo-estavayer2016.ch Das Schwingfest bringt das ganze Land zusammen 30 Millionen Franken für den Freiburger Tourismus « « Das Schwingfest ist der grösste wiederkehrende Sportanlass und eines der wichtigsten Volksfeste im Land. Es wird Zehntausende in den Kanton locken. Frauen und Männer jeden Alters und aller Berufsgruppen werden in Estavayer-le-Lac und auf dem Flugplatz willkommen sein und unsere Region als sympathisch wahrnehmen. Der Tourismus und die Gastronomie werden direkt profitieren. Die lokale Wirtschaft erhält ein Schaufenster, in dem sie sich präsentieren kann. Durch das Schwingfest werden sich zwar im Kanton keine neuen Unternehmen niederlassen. Aber es werden sich viele Besucher auch noch in zehn oder zwanzig Jahren mit Freude an den Grossanlass zurückerinnern. Und sie werden gerne wieder in unsere Region zurückkehren.» Jean-Luc Mossier, Direktor kantonale Wirtschaftsförderung. Bild vm/a Das Schwingfest wird ein wichtiger Ertragspfeiler für den Tourismus. In Burgdorf sind 300 000 Besucher ans Fest gekommen. 85 000 haben dort übernachtet. Ich gehe davon aus, dass 2016 knapp dieselben Frequenzen erzielt werden dürften. Da ein Tagestourist durchschnittlich 73 Franken ausgibt, schätzen wir, dass deren Direktausgaben um die 16 Millionen Franken erreichen könnten. Die Ticketerträge sind dabei nicht eingerechnet. Hinzu kommen die Ausgaben der Übernachtungsgäste. Es ist im Voraus schwierig zu sagen, ob es 2016 wieder 85 000 sein werden. Ist dem so, dürften weitere 11 bis 17 Millionen Direkterträge anfallen. Das Schwingfest dürfte touristisch gesehen 27 bis 33 Millionen direkt an die Wirtschaft beisteuern. Dies entspräche einer Wirtschaftsleistung von 39 bis 47 Millionen Franken.» Thomas Steiner, Direktor Freiburgischer Tourismusverband. Bild ce/a 28 Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest Estavayer 2016 Samstag, 22. August 2015 Freiburger Nachrichten Hühnerhaut in der Schwingfest-Arena Brauereipferde, die Bierwagen ziehen, lösen bei ihrem Auftritt oft Emotionen aus. Die sechs belgischen Kaltblüter der Aargauer Brauerei Feldschlösschen werden am Vorschwingfest von nächster Woche in Estavayer-le-Lac für glänzende Augen bei Gross und Klein sorgen. FAHRETTIN CALISLAR In seiner Ecke steht Nero. Er bringt fast 1000 Kilogramm Lebendgewicht auf die Waage. Nero ist ein Belgischer Kaltblüter und das schwerste Pferd im Fuhrpark der Grossbrauerei Feldschlösschen im Rheinfelden AG. Fuhrmann Peter Nussbaumer bindet ihn gerne hinter die Deichsel des grossen Wagens, eines Sechsspänners. Denn: «In einem Mehrspänner hat man die schweren Pferde hinten, denn diese müssen in einer Kurve am meisten ziehen können.» Und um den – beladen – drei Tonnen schweren Bierwagen bewegen zu können, brauche es «Pfupf». Die anderen sieben Pferde tragen so klingende Namen wie Lord, Geronimo und Aramis. Aramis, Sohn der einzigen Stute im Stall, Pouliche, ist laut Nussbaumer der «Prinz vom Schloss». Aramis erblickte als erstes Pferd seit 135 Jahren im «Schlossstall» das Licht der Welt, die anderen Tiere sind in Belgien zugekauft und wurden für grosse Umzüge ausgebildet. Ein Fest für Gross und Klein Nächsten Samstag reist der Tross von Rheinfelden nach Estavayer. Dort wird der Sechsspänner eine der Attraktionen des Vorschwingfestes sein. Für die Fahrt werden ein grosser Pferdetransporter, ein Lieferwagen für die Ausrüstung und ein Anhänger mit dem Bierwagen eingesetzt. Eine Stunde nach der Ankunft seien Pferde und Männer bereit, und das Bier komme kalt aus dem Zapfhahn, sagt Nuss- Zum Programm Für Laien wie auch für Eingefleischte Die Brauereipferde sind fast ein Markenzeichen des Getränkekonzerns Feldschlösschen. baumer, der ein vierköpfiges Team leitet. Dieses freue sich immer auf Anlässe wie das Eidgenössische Schwingfest. «Wenn wir in die Arena einfahren, erzeugt es bei uns und den Zuschauern Hühnerhaut», weiss der Fuhrmann. «Ich hatte schon Tränen in den Augen bei einem solchen Anlass. Auch die Pferde geniessen die Auftritte, haben Freude an den begeisterten Menschen», sagt er. «Wenn wir mit dem Wagen durch die Stadt fahren, haben wir die Aufmerksamkeit von Gross und Klein.» So etwas könne man mit einem Lastwagen nicht auslösen. Die Brauerei liefere seit ihrer Gründung vor 139 Jahren Bier mit Pferdewagen aus. «An dieser Tradition wollen wir festhalten», so Nussbaumer. Die Folge: Die Stallungen aus der Gründerzeit entsprechen heute dem modernsten Stand. In der Regel liefert ein kleinerer Bierwagen drei Mal pro Woche in Rheinfelden Getränke aus. «Die Pferde lernen den Einsatz in einer Stadt, inmitten vieler Menschen, und im Verkehr.» Die Fahrten haben auch den Vorteil, sagt Nussbaumer, «dass wir das Zusammenspiel der Pferde abstimmen können. Nicht jede Konstellation funktioniere gleich gut. «Das ist bei Menschen ja nicht anders. Wir müssen das Gespür dafür bekommen, wie und mit wem es am besten geigt.» «Sie haben Spass daran» Die Pferde haben an den heissen Tagen dieses Sommers regelmässig eine Dusche erhalten. «Wir kühlen sie ab, dann ist ihnen auch wohler. Das ist bei Pferden nicht anders als bei uns.» Diese geniessen die Behandlung offensichtlich. Sie sind eindrückliche, aber gmögige Tiere, die nicht auf Tempo oder Sprünge spezialisiert sind: «Sie können während Stunden im Schritttempo eine schwere Last ziehen.» Das mache ihnen Spass. Die Wagen sind ein Stück Brauereikultur in der Schweiz. Wer sich dafür interessiert, kann in Rheinfelden alte Kutschen anschauen. Zwar haben nur wenige andere Brauereien einen eigenen Fuhrpark. Der Sechsspänner ist der grösste seiner Art. Nussbaumer betont, dass die «Brauirösser» in der Land- und Forstwirtschaft gerne und immer häufiger ein- Bilder Charles Ellena gesetzt werden. Auch die acht aus der Brauerei helfen ab und zu beim Heuen. Als Reaktion auf die gestiegene Nachfrage biete Feldschlösschen als einzige Brauerei in der Schweiz neu den Lehrberuf Pferdefachperson Fachrichtung Gespannfahren an. Nussbaumer hofft, dass er nächstes Jahr den ersten Auszubildenden begrüssen kann. «Fuhrmann ist ein Traumberuf», so Nussbaumer. «Aber Sie können einen Sechsspänner nicht einfach so mal fahren.» Das brauche jahrelange Übung. Er habe als Bauernsohn, Gotthardpostkutscher und als Mehrspännerfahrer im Nationalgestüt oft mit Pferden gearbeitet. «Ich bin ein Rösseler. Das ist ein Virus, den kriegt man nicht weg.» Das Vorschwingfest vom Samstag, 29. August, in der Altstadt von Estavayer-le-Lac beginnt um neun Uhr. Unter den sportlichen Darbietungen sind Schwingdemonstrationen im Beisein von Schwingprominenz wie dem amtierenden «König» Matthias Sempach, eine Präsentation des Steinstossens durch den seit Jahren besten Steinstösser der Schweiz, Peter Michel, und der verwendeten Steine, und einer Einführung für Kinder in die drei vertretenen Sportarten Schwingen, Hornussen und Steinstossen. Ausserdem erklären Tafeln deren Regeln. Um 10.30 Uhr findet der offizielle Teil mit der Vorstellung der Lebendpreise des Schwingfestes statt. Unter anderem tauft der Sponsor Feldschlösschen ein Fohlen. Dann folgt ein Umzug. Als Rahmenprogramm sind Fahnenschwinger, Jodler, Alphornbläser, die Musikgesellschaft La Persévérance und das Quintett Lyoba eingeladen. Der traditionelle Senfmacher-Wettbewerb von Estavayer ist in das Fest integriert, die Verantwortlichen offerieren um 12.15 Uhr einen Umtrunk, und ab 14 Uhr gibt es eine Einführung in das traditionelle Kilbi-Menü. Dieses wird auch im zentralen Festzelt auf dem Kirchenplatz serviert. fca www.feldschloesschen.com/Brauereibesuch/Brauereipferde Das Hoffen der Freiburger auf einen Kranz Zu den Favoriten gehören die Freiburger Schwinger 2016 in Estavayer definitiv nicht. Aber es gibt immerhin den einen oder anderen, der von einem Kranz träumen darf. Am ehesten zuzutrauen ist das momentan Benjamin Gapany, Michael Nydegger und Steven Moser. Berücksichtigt man die jüngsten Resultate, gehört Benjamin Gapany zweifellos zu den grössten Freiburger Hoffnungen für Estavayer 2016. Vor einem Jahr hatte er mit dem Gewinn des Bergkranzes am Schwarzsee das erste Mal für Furore gesorgt. 2015 startete der erst 20-jährige Schwinger aus Marsens dann so richtig durch. Nicht weniger als sechs Kränze hat sich Gapany in dieser Saison bereits gesichert. Der bisher grösste Erfolg war gewiss der Sieg beim Waadtländer Kantonalen im letzten Juni in Aigle. Es war der erste Kranzfestsieg in der Karriere des Modellathleten (189 cm/105 kg). Damit liegt Gapany in der Jahreswertung schweizweit auf dem 24. Zwischenrang. Das Ziel des Bauern ist denn auch ganz klar der Kranz beim Eidgenössischen. Um dies zu erreichen, hat Gapany sein Arbeitspensum auf 60 Prozent reduziert. Nachdem er schon immer trainingsfleissig gewesen war, hat er seit dem Winter nochmals eine Schippe draufgelegt. Viermal die Woche ist er im Schwingkeller anzufinden, hinzu kommen fünf oder sechs Fitnesseinheiten. «Ich arbeite nicht nur weniger, damit ich trainieren kann, sondern auch, um mich besser erholen zu können», sagt Benjamin Gapany, der damit unter anderem Verletzungen vermeiden will. Und um mit dem Druck, den er sich selbst auferlegt, besser umgehen zu können, arbeitet Gapany zudem mit einem Mentaltrainer zusammen. fs/Bild ce Michael Nydegger ist der einzige aktive Freiburger Schwinger, der schon einmal an einem Eidgenössischen Schwingfest einen Kranz gewonnen hat. Nur zu gerne würde er nach Aarau 2007 nächstes Jahr in Estavayer nachdoppeln. «Jeder mit Ambitionen will den Kranz», sagt der bald 30jährige Sensler. Um damit liebäugeln zu können, muss Nydegger aber zunächst einmal längere Zeit gesund bleiben. Der Oberschroter, der nach den Rücktritten von Hanspeter Pellet und Stefan Zbinden lange als unangefochtener Leader der Südwestschweizer galt, hat zwei äusserst schwierige Jahre hinter sich. Die letzte Saison musste er wegen einer Schambeinentzündung frühzeitig abbrechen. Die aktuelle fiel für ihn letztlich sogar ganz aus, anfangs Juli musste er sich mit einer langwierigen Ellenbogen-Blessur eingestehen, dass er in dieser Saison nicht mehr ins Sägemehl steigen kann. So kommt es, dass der letzte Kranzgewinn des einst erfolgsverwöhnten Senslers vom Juni 2014 datiert. Die mangelnde Wettkampfpraxis ist im Hinblick auf Estavayer sicherlich ein Nachteil. «Optimal ist es nicht», sagt Michael Nydegger. «Aber wenn man nach längerer Zeit ohne Wettkampf zurückkommt, ist die Motivation meist fast noch grösser. Diesen Schwung werde ich versuchen mitzunehmen.» Bleibt er längere Zeit verletzungsfrei, gehört Nydegger 2016 definitiv wieder zu den gefährlichsten Freiburgern. fm/Bild ae Anfang August war es beinahe so weit und Steven Moser hätte beim Walliser Kantonalen in Troistorrents seinen ersten Kranzfestsieg bejubeln können. Weil der 19jährige Sensler im Schlussgang nicht über einen gestellten Gang hinauskam, muss er weiter auf die Premiere warten. Dass der Brünisrieder früher oder später an einem Kranzfest triumphieren wird, steht ausser Frage. Die Qualitäten dafür bringt Moser allemal mit. Fast täglich trainiert der achtfache Kranzgewinner, der eine Ausbildung zum Polymechaniker absolviert. Um von den Besten zu lernen, führt ihn sein Weg zuweilen auch in die bernische Nachbarschaft, wo er bereits einmal mit seinem Vorbild, dem amtierenden Schwingerkönig Matthias Sempach, trainieren konnte. «Manchmal habe ich im Sägemehl noch zu grossen Respekt vor den Eidgenossen. Mit der Erfahrung aus den Trainings kann ich gelassener in solche Kämpfe gehen.» Parallel zum Schwingen ist der Sensler weiter im Ringen aktiv. Im Frühling wurde er Schweizer Juniorenmeister im Ringen in der Kategorie bis 120 Kilogramm (Greco sowie Freistil). «Insbesondere für den Bodenkampf und die Kondition ist das Ringen ein sehr gutes Training.» Ein Manko sieht Moser noch in seiner fehlenden Explosivität. Das müsse sich bis Estavayer noch ändern, wolle er am Eidgenössischen mit der Spitze mithalten können und solle der Traum vom Kranz nicht eine Illusion bleiben. fs/Bild ce Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest Estavayer 2016 Samstag, 22. August 2015 Freiburger Nachrichten 29 Die Dirigentin des Schwingfest-Orchesters Die Generaldirektorin des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfestes Estavayer 2016, die Kerzerserin Isabelle Emmenegger, gibt Vollgas. Sie ist dafür zuständig, dass am Samstag, 28. August 2016, wenn das Fest frühmorgens richtig losgeht, alles bereitsteht und funktioniert. FAHRETTIN CALISLAR Seit bald drei Jahren arbeitet das Team von Generaldirektorin Isabelle Emmenegger an der Organisation des Schwingfestes in Estavayer. Sie seien im Plan, die strategischen Entscheide seien gefällt, sagt die Kerzerserin. Und: «Es wird immer konkreter, interessanter, abwechslungsreicher, intensiver.» Nun, ein Jahr vor dem Fest sei allen Beteiligten klar, dass der Countdown laufe. «Zuvor konnte ich sagen: Das Fest ist erst übernächstes Jahr. Und plötzlich weiss ich: Es ist schon nächstes Jahr.» Sie wisse, wie schnell dieses Jahr vorbeigehen kann, und: «Wir sind bereit.» Trotz der kleinen Probleme, die es ständig zu lösen gelte, funktioniere alles wie am Schnürchen. « Erstaunlich ist, dass man trotz der Grösse des Projekts und aller Überraschungen immer weiss, wo man steht.» Insbesondere freue sie sich über die vielen Kontakte mit den Schwingern und der Bevölkerung. «Sie alle freuen sich. Und das ist das Schöne: Es gibt nichts Schöneres, als für einen Anlass zu arbeiten, worauf sich die Leute freuen.» Das stelle sie auf. Erste Arbeiten im Juli Seit Mitte Juli wird in Payerne gebaut. Leitungen wurden und werden noch gezogen. Das Terrain sei aufgeschüttet und für die Arena bereit gemacht worden, sagt Emmenegger. «Wir müssen den schönen, heiligen Rasen ansäen.» Das müsse ein Jahr vor dem Fest geschehen. «Es war aufregend zu sehen, wie die Maschinen auf dem Platz auffuhren.» Die Organisatoren können laut Emmenegger von Zur Person Die vielen Jobs von Isabelle Emmenegger Die gebürtige Luzernerin Isabelle Emmenegger ist 38-jährig und lebt seit vielen Jahren im Kanton Freiburg. Sie ist die erste Frau in der Geschichte der Eidgenössischen Schwingfeste an der Spitze der Organisation. Nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin studierte sie an der Universität Freiburg Rechtswissenschaft. Nach dem Studium war sie mehrere Jahre im Bundesamt für Sport in Magglingen tätig und war zuständig für Rechtsfragen und Controlling in der Projektorganisation des Bundes für die Euro08. Dann war sie für die Reorganisation des Freiburger Kantonsgerichts verantwortlich. Sie hat ihre Stelle in Estavayer 2012 angetreten. fca Isabelle Emmenegger, Direktorin «Estavayer 2016». der Infrastruktur des Flugplatzes und den Erfahrungen der Flugschau Air14 profitieren. Emmeneggers wichtigste Funktion ist die Koordination. Sie müsse den Überblick wahren und ihren Mitarbeitenden in den verschiedenen Abteilungen die richtige Unterstützung zum richtigen Zeitpunkt geben. «Es gibt viele Schnittstellen zwischen den Abteilungen. Die Gastronomie kommt nicht voran, wenn die Infrastruktur nicht bereit ist.» Sie müsse wie eine Dirigentin eines Orchesters dafür sorgen, dass die Register stimmig und effizient zusammenspielen. Das sei nur schon aus finanziellen Gründen wichtig. «Wir müssen die goldene Mitte finden zwi- Bild Alain Wicht schen dem Nötigen und Wünschenswerten, weil diese Entscheidungen Einfluss auf das Budget haben.» Grossstadt für drei Tage «Wir stellen für 300 000 Menschen und für drei Tage eine ganze Stadt auf.» Das Fest braucht viel Infrastruktur: eine Arena für 52 000 Zuschauer, Toiletten, Restaurants, genügend Wege. Es braucht vor allem für die Arena Unmengen an Material. «Da arbeiten wir natürlich mit Profis zusammen.» Das erfordere umfangreiche Vorbereitungen und ein gutes Zusammenspiel der verschiedenen Akteure. Doch da sei das Team auch am weitesten fortgeschritten, so Emmenegger. «Das musste so sein und hat dem Projekt das Fundament gegeben.» Gesunder Druck nütze dem Projekt. Neben den Bauten gibt es vier grosse Herausforderungen für die Organisatoren: WCs, Gastronomie, Mobilität und Abfall. «Die Toiletten sind die Visitenkarte eines Festes. Das müsse einfach klappen. «Es muss genug WCs auf dem Platz haben, und sie müssen sauber sein.» Das OK wolle in Estavayer mehr Toiletten aufstellen als in Burgdorf standen. Die Verpflegung: «Sie ist an einem Schwingfest mindestens so wichtig wie die Arena.» Sie dürfe einfach sein, aber sie müsse klappen. «Das Bier muss kalt sein, die Bratwurst muss warm auf dem Grill bereitliegen.» Und das sei nicht einfach. «Entscheidend ist die Logistik dahinter. Sie sorgt dafür, dass das Bier kalt und die Wurst warm ist.» Da wirkt laut Emmenegger ein Heer von Spezialisten im Hintergrund. «In diesem Bereich können wir uns keine Fehler leisten.» Herausforderung Mobilität Und auch beim Abfall arbeite das OK an einem umfangreichen Konzept. «Abfall ist ein Problem, doch wir können ihn beeinflussen.» Zwar seien die traditionellen Besucher von Schwingfesten in der Regel respektvoll und diszipliniert. «Sie werfen den Abfall nicht einfach auf den Boden.» Und das OK werde genug Abfallkübel aufstellen. Doch: «Das Problem beginnt, wenn diese voll sind. Die Herausforderung wird es sein, sie rasch genug zu leeren – und dies ohne den Einsatz von Maschinen, mit Muskelkraft.» Denn es könne nicht einfach mal ein Mülllastwagen aufs Gelände fahren. Wichtig seien zudem ein funktionierendes Rückgabesystem für Glasflaschen und die Sensibilisierung der Sponsoren, zum Beispiel bei der Verteilung von Werbegeschenken. «Es ist in unserem Interesse, dass das funktioniert.» Für das Mobilitätskonzept steht laut Emmenegger im Vordergrund, die über 50 000 Schwingfreunde und die Schwinger am Samstagmorgen, um 7.30 Uhr, wie von diesen gewünscht, auf Platz zu haben. Das Problem: Das Transportsystem in Payerne ist im Vergleich zu den Vorgängerstandorten Frauenfeld und Burgdorf ungenügend, was die Erfahrungen von Air14 aufgezeigt haben. Die Züge weisen mit etwa 8000 Passagieren pro Stunde eine zu ge- ringe Kapazität auf. Weil es nicht möglich ist, Doppelstockwagen von Freiburg aus Richtung Payerne zu führen, müssen diese Züge einen Umweg über Kerzers fahren. Ein Fünf-Minuten-Takt, wie es nötig wäre, um die Nachfrage zu befriedigen, ist in der Broye unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Das Mobilitätskonzept setze neben dem Zug und dem Auto stärker auf Extrabusse aus allen Ecken des Landes und – für die Besucher aus der Region – auf das Velo. «Wir werden die Besucher einladen, früher anzureisen und unsere riesige Campinganlage zu benützen. Das ist für sie und für uns angenehmer.» Die Nachfrage gerade aus der Deutschschweiz sei schon gross. «Viele wollen die Reise ans Fest mit Ferien in der Region verbinden.» Keine Tests möglich Während dreier Tage und Nächte wird nächstes Jahr in Estavayer-le-Lac gefeiert. Und man sei gut unterwegs: «Ich mache mir momentan kaum Sorgen.» Doch trotz intensiver Vorbereitungen: Erst am Samstag, 28. August, könne sie sagen, ob alles klappt. «Wir können das Konzept ja nicht testen.» Bis dahin werde ihr Herz etwas höher schlagen. «Wir haben nur ein Wochenende, um unsere Besucher glücklich zu machen. Es muss auf Anhieb funktionieren, wir können nichts korrigieren.» Die Organisatoren von Air14 konnten nachbessern. Und im Gegensatz zu den Machern der Flugschau, die am Abend die Tore schlossen, ist auf dem Gelände des Flugplatzes während dreimal 24 Stunden Betrieb. Eine weitere von vielen Herausforderungen. «Es gibt keinen Konflikt mit dem Flugbetrieb» Der Flugplatz Payerne, immerhin der grösste Stützpunkt der Schweizer Luftwaffe, ist nächstes Jahr der Standort des Eidgenössischen Schwingfestes Estavayer 2016. Schon heute wird auf dem Gelände gearbeitet. Doch der Flugbetrieb wird vom Grossanlass nicht tangiert. FAHRETTIN CALISLAR (TEXT) UND CHARLES ELLENA (BILDER) PAYERNE «Wir können gut mit dem Schwingfest leben», sagt Benoît Studemann, Kommandant des Flugplatzes Payerne, auf dessen Gelände der Grossanlass von Ende August 2016 stattfinden wird. Vielmehr freue er sich sogar darauf. Der Flugplatz habe sich anlässlich der Flugschau Air14 letztes Jahr als geeigneter Standort für Grossanlässe erwiesen. Und die dort gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse konnten in die Planung des Schwingfestes einfliessen. «Wir starten nicht mit nichts», betont Studemann. Das Gelände des Schwingfestes ist fast identisch mit demjenigen von Air14. Für das Hornussen, die riesige Zeltstadt und für die Parkplätze wird privater Boden benützt. Wird ohnehin geschlossen Zuerst habe das Departement VBS reserviert reagiert gegenüber der Anfrage aus Estavayer, doch als der Departementsvorsteher angegangen wurde, waren die Würfel gefallen. «Bundesrat Ueli Maurer konnte nicht Nein sagen», er- des Flugplatzes breit. Ab Mitte Juni 2016 beginnen dann die Arbeiten an der Arena selbst. Diese überschneiden sich laut Studemann zwar leicht mit der Flieger-Rekrutenschule vom nächsten Jahr. «Doch diese ist dann erst in den Anfängen und es lässt sich eine Lösung finden.» Per 1. August 2016 wird der Flugplatz plangemäss geschlossen. «Es wird deshalb keine Konflikte mit dem Flugbetrieb geben.» Abbau geht schneller Die Arena für das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2016 wird laut Flugplatzkommandant Benoît Studemann auf der südlichen Seite der Start- und Landebahn aufgebaut. Bild Charles Ellena innert sich Studemann. Wichtig: Der Flugplatz wird im Sommer ohnehin während eines Monats geschlossen, so steht den Organisatoren nächstes Jahr der ganze August zur Verfügung für Arbeiten, ohne dass deshalb der Flugbetrieb zusätzlich eingeschränkt wäre. «Die Luftwaffe weicht wie üblich auf die anderen Plätze aus», so Stude- mann. Das sei schon dieses Jahr der Fall. Arbeiten werden gestaffelt Mitte Juli fuhren in unmittelbarer Nähe der Flugplatzanlagen, südlich der Piste, die Bagger auf. Die Konturen der zukünftigen Arena waren schon rasch zu sehen, wie auch die Röhren, welche für die Versorgung des Festplatzes vor allem mit Wasser eingegraben werden. In der Zwischenzeit wurde der Rasen der Arena gesät, der in den nächsten zwölf Monaten wachsen soll. «Er soll so schön sein wie derjenige von Wimbledon», so Studemann, und das sei für die Schwingfans wichtig. Schritt für Schritt erobert sich das Schwingfest sozusagen das Terrain und macht sich langsam auf dem Gelände Eine Besonderheit im nächsten Jahr gegenüber der Flugschau: Als zentraler Pfeiler des Mobilitätskonzepts werden Busse aus allen Ecken des Landes Zuschauer nach Payerne bringen. Und dafür wird die 2700 Meter lange und 40 Meter breite Flugpiste zum Busbahnhof umfunktioniert. Aufgeteilt nach Herkunftskantonen werden Terminals eingerichtet, Platz sei ja genug vorhanden. Am Montag nach dem Schwingfest wird abgebaut. Und das gehe rascher voran als der Aufbau, weiss Studemann. Ein Lastwagen nach dem anderen werde nach Ende des Schwingfestes das Material ab- führen. Dennoch wird die Schliessung des Flugplatzes ausnahmsweise um eine Woche verlängert, damit man sich nicht in die Quere komme. So bald als möglich sollen dann auch die beiden Flugzeughallen dem Flugplatz wieder zur Verfügung stehen, die zentrale Pfeiler der Gastronomie am Schwingfest sind. Platz ist nicht gratis Fazit: Das Schwingfest ist für die Verantwortlichen des Flugplatzes ein Koordinations- und Managementproblem und keine gravierende Störung, wie der Kommandant festhält. Die Armee stelle den Standort auch nicht für Gottes Lohn zur Verfügung, das OK des Schwingfestes zahle Miete. Und Studemann schliesst mit der Ankündigung an die Fans, dass die Patrouille Suisse den Besuchern von Estavayer 2016 wohl ihre Aufwartung machen werde, als «ziemlich sicher». Benoît Studemann (59) ist Generalstabsoberst und seit 1998 Betriebsleiter und dann Kommandant des Flugplatzes Payerne. Der gebürtige Freiburger wohnt in Schönenwerd SO und arbeitete früher als Vermessungsingenieur bei der Messinstrumente-Firma Kern in Aarau.
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