Mitteilungspflicht an die Krankenkasse und Codierung U69.10

ABRECHNUNGSTIPPS IGeL
der niedergelassene arzt 6/2015
Mitteilungspflicht bei Behandlungen in der Folge von IGeL
Mitteilungspflicht an die Krankenkasse und Codierung U69.10
Tätowierungen, Piercing und kosme­
tische Operationen sind mehr und mehr
en vogue. Damit stellt sich die Frage, ob
und wie Leistungen im Zusammenhang
mit derartigen kosmetischen Interventi­
onen abzurechnen sind. der niedergelassene arzt gibt dazu Hinweise.
D
ie Solidargemeinschaft der Versicher­
ten der Gesetzlichen Krankenkassen
ist vor unzumutbaren Belastungen zu
schützen. Arbeitsunfähigkeit darf gemäß
§ 3 Abs. 2 der Arbeitsunfähigkeitsricht­
linien bei kosmetischen Operationen, bei
Tätowierungen und Piercing nicht beschei­
nigt werden, da die Erkrankung selbst ver­
ursacht ist, besteht kein Anspruch auf Ent­
geltfortzahlung.
Vorgabe im Bundesmantel­
vertrag (BMV)
Dazu § 58, Abs.2 BMV: „Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass sich Versicherte eine
Erkrankung durch eine medizinisch nicht
indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen haben,
sind die an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden Ärzte verpflichtet, den Krankenkassen die erforderlichen Daten mitzuteilen. Die Versicherten sind über den Grund
der Meldung und die gemeldeten Daten zu
informieren“.
Folgerung: Begibt sich ein Patient mit
einer Erkrankung, die offensichtlich Folge
einer nicht indizierten ästhetischen Opera­
tion, einer Tätowierung oder eines Piercing
ist, in ärztliche Behandlung, muss der Arzt
die Krankenkasse informieren, eine beson­
dere ICD-10-Codierung (siehe unten) ist
anzugeben. Und weiter: Den Patienten
muss mitgeteilt werden, dass die Kranken­
kasse informiert wird, die Zustimmung des
Versicherten dazu ist nicht erforderlich.
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Besondere ICD-10-Codierung
Routinemäßige Nachbehandlungen, wie
zum Beispiel das Entfernen von Fäden,
sind ebenfalls als IGeL zu liquidieren.
Komplizierter ist der Sachverhalt bei Kom­
plikationen, wie zum Beispiel bei Verei­
terungen, allergischen Reaktionen und
so weiter. Wird als Erkrankung lediglich
eine allergische Reaktion auf Fremdmate­
rial oder die Behandlung einer sekundär
heilenden Wunde codiert, ist daraus nicht
ersichtlich, auf welcher Basis die Folge­
erkrankung entstanden ist. Deswegen ist
bei Erkrankungen, die Folge von kosme­
tischen/ästhetischen Eingriffen sind, die
zusätzliche Codierung U69.10 anzuge­
ben: „Andernorts ­klassifizierte Krankheit,
für die der Verdacht besteht, das sie Folge
einer medizinisch nicht indizierten ästhetischen Operation, einer Tätowierung oder
eines Piercings ist“. Nach dem Wortlaut der
Codierung U69.10 ist dieser Code begrenzt
auf Folgeerkrankungen bei ästhetischen
Operationen, Tätowierung oder Piercing.
Bei anderen Folgeerkrankungen, wie zum
Beispiel Folgeerkrankungen des Rauchens,
kann diese Codierung wegen der detaillier­
ten Beschreibung nicht angesetzt werden.
Verfahren in der Praxis
Die Liquidation von Folgeerkrankungen
nach IGeL ist nicht problemlos und wird
kontrovers erörtert. Nach Lage des Gesetz­
tes, § 52 Abs. 2 SGB V, hat die Krankenkasse
in derartigen Fällen die Versicherten an den
Kosten der Behandlung in angemessener
Weise zu beteiligen. Der Vertragsarzt ist
damit in der unbefriedigenden Situation,
dass er zunächst die in der Folge von IGeL
entstandenen Sekundärerkrankungen
gegenüber seiner KV mit den üblichen
Codierungen und dem Zusatz U69.10
abrechnen soll. Damit werden die abge­
rechneten Leistungen zunächst dem
Behandlungsbudget des Vertragsarztes
zugeschlagen. Ob die Krankenkassen von
WICHTIG
• Bei Folgeerkrankungen nach kosme­
tischen Operationen, Tätowierung oder
Piercing muss die Krankenkasse infor­
miert werden
• Die Versicherten sind zu informieren,
dass Meldung an die Krankenkasse
­gemacht wird
• Eine Zustimmung dazu durch den Versi­
cherten ist nicht erforderlich
• Bei Sekundärerkrankungen nach ästhe­
tischen Eingriffen neben der Codierung
für die Sekundärerkrankung den Code
U69.10 angeben
• Werden unbedeutende Folgeerkran­
kungen nach ästhetischen Operati­
onen, Piercing oder Tätowierungen
behandelt, der Krankenkasse zusätzlich
mitteilen, das die Behandlungen dieser
Erkrankungen per Behandlungsvertrag
geregelt und privat als IGeL liquidiert
werden
ihren Versicherten eine Beteiligung an den
Kosten verlangen und ob der die Behand­
lung ausführende Arzt beteiligt wird, ist
äußerst fraglich. Deswegen sollte zumin­
dest dann, wenn nur Bagatellerkrankungen
als Folge von IGeL behandelt werden, zu
Beginn der Behandlung ein ausführliches
Gespräch geführt werden. Dabei sollte auf
die gesetzlichen Vorgaben hingewiesen
werden, nämlich dass eine Meldung bei der
Krankenkasse erforderlich ist. Weiterhin
sollte in dem Gespräch klar gestellt werden,
dass eine Nachbehandlung nach IGeL eben­
falls nur per Liquidation als IGeL erfolgen
kann und zwar auf der Basis eines Behand­
lungsvertrages zwischen Arzt und Patient.
Der Krankenkasse sollte dann zusätzlich
zur Mitteilung gemäß § 58 Bundesmantel­
vertrag mittgeteilt werden, dass mit dem
Patienten ein Vertrag geschlossen wurde,
dass die Behandlung der Folgeerkrankun­
gen nach IGeL ebenfalls als IGeL liquidiert
werden.
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