Rebschutz Hessische Bergstraße 8-2015

Regierungspräsidium Darmstadt
Dezernat Weinbau
Wallufer Straße 19
65343 Eltville
Tel. 06123 - 9058-0
-
Fax 06123 - 9058-51
Integrierter Weinbau:
Ökologischer Weinbau:
Kellerwirtschaft:
Abonnement:
Berthold Fuchs
Claudia Jung
Mathias Schäfer
Christiane Haas
06123 - 9058-16
06123 - 9058-28
06123 - 9058-15
06123 - 9058-23
Tel. Ansagedienst Rebschutz:
Rheingau
Hess. Bergstraße
06123 - 9058-11
06123 - 9058-30
Nr. 8 - Hessische Bergstraße -
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
23.06.2015
Das feuchtkühle „Aprilwetter“ bremst vorrübergehend wieder die Rebentwicklung aus.
Je nach Sorte und Lage bewegen sich die Trauben derzeit zwischen BBCH 71 (Fruchtknoten beginnen sich zu vergrößern) und BBCH 75 (Erbsengröße der Beeren). Kompakte Sorten und Klone auf warmen Standorten beginnen sich schon sehr bald zu
schließen. Dort besteht bei dieser Spritzung nun die letzte Möglichkeit, das Stielgerüst
der Trauben noch einmal zu schützen.
BBCH 73
Die Gewitterniederschläge, die den Rheingau am 12.06. mit Mengen bis 65 Liter getroffen haben, sind zwar an der Bergstraße vorübergezogen, aber auch hier hat sich
die Wassersituation etwas entspannt. Bisher sind im Juni bei den Bergsträßer Messstationen 25-30 Liter gemessen worden. Diese Mengen sind zwar noch immer zu wenig,
hilfreich waren sie aber allemal.
REBSCHUTZ
Peronospora
Die Niederschläge der letzten Tage machen derzeit die Infektionslage etwas undurchsichtig. Zwar haben die
Niederschläge der letzten Tage wahrscheinlich nicht überall ausgereicht eine Primärinfektion auszulösen, wir
müssen aber davon ausgehen, dass punktuell Infektionen gesetzt wurden. Deshalb, und wegen der sehr unterschiedlichen Niederschlagsverteilung, ist die Gefährdungssituation momentan schwer einzuschätzen, sodass wir jetzt einen Wechsel von Kontaktmitteln zu tiefenwirksamen Fungiziden empfehlen. In Anbetracht des
Triebzuwachses, des Dickenwachstums der Beeren und der häufigen Niederschläge (Abwaschen des Spritzbelags) bieten diese Mittel ein Sicherheitspolster, das Sie jetzt nutzen sollten.
Oidium
Der Regen reduziert momentan zwar die Infektions- und Ausbreitungsgefahr von Oidium, eine konsequente
Fortführung der eingeleiteten Bekämpfungsmaßnahmen ist aber weiterhin unerlässlich. Die Empfehlungen
aus der Mitteilung Nr. 7 haben deshalb auch weiterhin Bestand, mit Einschränkungen bei dem Mittel Luna
(siehe Ausführungen auf der nächsten Seite).
Botrytis
Wenn sich die Trauben schließen, und das wird bei kompakten Sorten schon sehr bald sein, sollte zum Schutz
des Stielgerüstes ein Spezial-Botrytizid zugesetzt werden. Mit Ausnahme von Luna Privilege (siehe Warnhinweis nächste Seite) und dem Kombipräparat Melody Combi bieten alle, auf Seite 11 der RS-Broschüre aufgeführten Mittel, einen guten vorbeugenden Schutz gegen die Ausbreitung der Botrytis im Traubeninneren.
Traubenwickler
Der Flug der 2. Traubenwickler-Generation hat inzwischen eingesetzt, und in einigen Lagen schon hohe Fangzahlen erreicht. Ca. 8 Tage nach einem Flughöhepunkt sollte ein Insektizid (bei der ersten Behandlung vorzugsweise Runner) eingesetzt werden. Bei weiter anhaltendem Flug muss bei den Folgespritzungen, bis zum
Flugende, erneut ein Insektizid (dann Mimic, Steward, o.a.) zugesetzt werden. Die Fangzahlen in Ihrer Gemarkung können Sie beim mir erfragen, oder wenden Sie sich an Ihren örtlichen Rebschutzwart.
Chlorose
Geschädigte Weinberge werden sich mit den einsetzenden Niederschlägen, wenn überhaupt, nur zögerlich
erholen. Daher wird dort, jetzt nach Abschluss der Blüte, die Zugabe eines Eisenchelats wieder empfohlen.
-1-
Applikationstechnik
Der starke Triebzuwachs und die häufigen Niederschläge sorgen dafür, dass der aufgebrachte Spritzbelag
momentan nur einen verkürzten Zeitraum mit ausreichender Wirkung überdauern kann. Spritzintervalle sollten
an die Bedingungen angepasst, und jetzt auf max. 12 Tage verkürzt werden. Der Mittelaufwand rechnet sich
jetzt als Basisaufwand x Faktor 3. Das entspricht nach alter Rechenart 1200 l/ha bei einfacher Konzentration.
Ab der Spritzung zum Traubenschluss sollte dann auf Basis x Faktor 3,5 (alt: 1400 l/ha) gesteigert werden.
Blattdeformationen und Blütestörungen
Die ersten Meldungen über massive Blattdeformationen gingen
seit Anfang letzter Woche bei uns ein. Inzwischen hat sich aber
gezeigt, dass dies keine Einzelfälle, sondern Schädigungen mit
einer enormen Ausbreitung sind. Meldungen aus allen deutschen
Weinbaugebieten, aber auch aus Österreich, Italien und der
Schweiz gehen seit heute Montag kontinuierlich bei uns ein.
Die Symptombeschreibung ist überall gleich. Betroffen sind alle
Rebsorten, allerdings in unterschiedlicher Intensität - der Riesling
scheint eine der am meisten geschädigten Sorten zu sein. Die aufgetretenen Blattdeformationen erinnern an Schäden, wie man sie
nach einer fehlerhaften Anwendung von wuchsstoffhaltigen Herbiziden kennt (Abb. 1), wobei sich stark betroffene Blätter
quallenartig verwölben (Abb. 2).
Die Gescheine in geschädigten Anlagen verblühen stark verzögert,
häufig in der Spitze des Gescheins gar nicht (Abb. 3), und sie putzen sich kaum. Festsitzende, nekrotisierte Blütekäppchen auf den,
sich vergrößernden Fruchtknoten (Abb. 4) zeigen momentan sehr
deutlich sichtbar an, dass mit der Blüte etwas schiefläuft.
Schnell breitete sich der Verdacht aus, dass das Botrytizid Luna
Privilege etwas mit den Schädigungen zu tun haben könnten. Auch
die Firma BAYER will diesen Zusammenhang nicht mehr ausschließen und hat per Rundschreiben an Anwender, Handel und Beratung auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einer BotrytisAbschussspritzung im vergangenen Jahr, und den jetzt aufgetretenen Schäden hingewiesen und rät vorläufig von einer Anwendung
des Botrytizides ab. Dieser Warnung schließen wir uns in vollem
Umfang an.
Das Oidium-Fungizid Luna Experience wird von der Firma BAYER
weiterhin als unbedenklich eingestuft, da der darin enthalten Wirkstoff erheblich geringer dossiert ist als im Botrytis-Fungizid. Außerdem sei noch nicht klar, ob es tatsächlich am Wirkstoff oder an einem anderen Inhaltsstoff liegt. Wir raten dennoch zur Vorsicht.
Um einen Überblick über das ganze Ausmaß des Schadens in den
hessischen Weinbaugebieten zu erhalten, v.a. aber auch um die
Ursache möglicherweise besser eingrenzen zu können, bitten wir
Sie, uns Verdachtsfälle und konkrete Schäden zu melden. Dabei
benötigen wir von Ihnen Angaben zu der betroffenen Rebsorte,
dem geschätzten Flächenumfang und v.a. zu den 2014 eingesetzten Pflanzenschutzmitteln, insbesondere die, der BotrytisAbschlussspritzung.
Da noch lange nicht feststeht ob tatsächlich Luna Privilege ursächlich für den Schaden ist, oder ob vielleicht bestimmte Mittellkombinationen, Blattdünger oder andere Hilfsstoffe beteiligt sind, bitten
wir Sie, uns im Falle einer Schädigung wirklich umfassend Auskunft
zu Ihrem jeweiligen Spritzplan zu geben.
Berthold Fuchs, Weinbauberater
Tel.: 06123 - 905816. Mobil: 0178 - 4985863
-2-