AufenthG – Die wesentlichen Änderungen

Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung
des Bleiberechts und der
Aufenthaltsbeendigung
PRO-ASYL-Tag
Schmerlenbach, 7. Mai 2015
Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
Übersicht
I.
Bleiberecht
II.
Einreise- und Aufenthaltsverbot
III.
IV.
Ausweisungsrecht
Abschiebungshaft
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
•
Änderung von § 25a AufenthG
•
Neuschaffung eines § 25b AufenthG
(= stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung)
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
§ 25a Abs. 1 AufenthG-E: „Einem jugendlichen
oder heranwachsenden geduldeten Ausländer soll
eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn
1. er sich seit vier Jahren ununterbrochen
erlaubt, geduldet oder mit einer
Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält,
2. er im Bundesgebiet in der Regel seit vier
Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder
einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss
erworben hat,
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
•
•
•
Antragstellung vor Vollendung des 21.
Lebensjahres (-> Einreise vor 17. Geburtstag)
Vier Jahre Voraufenthalt
Vier Jahre Schulbesuch oder Schul- oder
Berufsabschluss
•
Positive Integrationsprognose
•
Unbeschränkter Arbeitsmarktzugang (Abs. 4)
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
§ 25b AufenthG-E: Aufenthaltsgewährung bei
nachhaltiger Integration
(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend
von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine
Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er
sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der
Bundesrepublik Deutschland integriert hat.
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
•
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG:
Sicherung des Lebensunterhaltes
•
§ 5 Abs. 2 AufenthG:
Rechtmäßige Einreise
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
Dieses setzt regelmäßig voraus, dass der
Ausländer
1. sich seit mindestens acht Jahren oder, falls
er zusammen mit einem minderjährigen ledigen
Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit
mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet,
gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im
Bundesgebiet aufgehalten hat,
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
Dieses setzt regelmäßig voraus, dass der
Ausländer
1. sich seit mindestens acht Jahren oder, falls
er zusammen mit einem minderjährigen ledigen
Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit
mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet,
gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im
Bundesgebiet aufgehalten hat,
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
…, dass der Ausländer
2. sich zur freiheitlichen demokratischen
Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland
bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und
Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse
im Bundesgebiet verfügt,
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
Nummer 2 sieht vor, dass der zu begünstigende
Ausländer sich zur freiheitlichen demokratischen
Grundordnung bekennt und über Grundkenntnisse
der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der
Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt.
(vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 52)
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
3. seinen Lebensunterhalt überwiegend durch
Erwerbstätigkeit sichert oder bei der
Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-,
Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation
zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt
im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei
der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
3. seinen Lebensunterhalt überwiegend durch
Erwerbstätigkeit sichert oder bei der
Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-,
Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation
zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt
im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei
der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
•
4. über hinreichende mündliche
Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A 2 des
Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für
Sprachen verfügt und
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
•
5. bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren
tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen
ist für die Lebensunterhaltssicherung in der
Regel unschädlich bei
1. Studierenden sowie Auszubildenden,
2. Familien mit minderjährigen Kindern, die
vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen
angewiesen sind,
3. Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern,
denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1
Nummer 3 des Zweiten
Buches
(c) Rechtsanwalt
Tim W. KliebeSozialgesetzbuch
I. Bleiberecht
(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn
1. der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch
vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung
über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder
Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die
Mitwirkung bei der Beseitigung von
Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
§ 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG
„… er die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich
über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände
getäuscht oder behördliche Maßnahme zur
Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich
hinausgezögert oder behindert hat“
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn
1. …
2. ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54
Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht,
wobei Geldstrafen bis zu insgesamt 50
Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen
Straftaten, die nach diesem Gesetz oder dem
Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen
werden können, grundsätzlich außer Betracht
bleiben.
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz
2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der
Ausländer sie wegen einer körperlichen,
geistigen oder seelischen Krankheit oder
Behinderung oder aus Altersgründen nicht
erfüllen kann.
Nr. 3: Lebensunterhaltssicherung
Nr. 4: Deutschkenntnisse
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
I. Bleiberecht
Sonstiges:
•
•
•
Kernfamilie kann ebenfalls Aufenthaltstitel
erhalten, ohne zeitliche Voraussetzungen zu
erfüllen
Ausnahme von § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG (wenn
Asylantrag als offensichtlich unbegründet
abgelehnt)
Erteilung für 2 Jahre (abweichend von § 26 Abs.
1 S. 1 AufenthG)
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
•
Erwerbstätigkeit uneingeschränkt gestattet
Bleib er! Echt?
§ 26 Abs. 4 AufenthG-E sieht vor, dass Inhaber
von Aufenthaltstiteln nach Abschnitt 5 (hum. AT)
eine NE nach 5 (in Worten: fünf) Jahren erhalten
können!
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG:
„Ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben
oder abgeschoben worden ist, darf nicht erneut
in das Bundesgebiet einreisen und sich darin
aufhalten. Ihm wird auch bei Vorliegen der
Voraussetzungen eines Anspruchs nach diesem
Gesetz kein Aufenthaltstitel erteilt.“
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
§ 11 Abs. 1 AufenthG-E
„Ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben
oder abgeschoben worden ist, darf weder erneut
in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin
aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines
Anspruchs nach diesem Gesetz, ein
Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und
Aufenthaltsverbot).“
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
§ 11 Abs. 2 AufenthG-E
„Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist von
Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit
der Ausreise. Im Falle der Ausweisung ist die
Frist gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung
festzusetzen. Ansonsten soll die Frist mit der
Abschiebungsandrohung, spätestens aber bei der
Ab- oder Zurückschiebung festgesetzt werden.“
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
§ 11 Abs. 4 AufenthG-E
„Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur
Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers
oder soweit es der Zweck des Einreise- und
Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert,
aufgehoben oder die Frist nach Absatz 2 verkürzt
werden.“
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
Gesetzesbegründung:
„Eine Aufhebung des Einreise- und
Aufenthaltsverbots ist insbesondere angezeigt,
soweit die general- bzw. spezialpräventiven
Gründe für die Sperrwirkungen es nicht mehr
erfordern oder zur Wahrung der schutzwürdigen
Belange des Betroffenen. Dies dürfte
insbesondere bei Vorliegen der Voraussetzungen
für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach
Abschnitt 5 von Kapitel 2 des
Aufenthaltsgesetzes, insbesondere nach § 25
(c) Rechtsanwalt
W. Kliebe
Absatz 4a bis 5,
§ 25a Tim
und
§ 25b, der Fall
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
§ 11 Abs. 6 AufenthG-E
„Gegen einen Ausländer, der seiner
Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm
gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann
ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet
werden, es sei denn, der Ausländer ist
unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die
Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht
erheblich.“
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
Was ist bei:
•
anhängigem Eilantrag ohne Hängebeschluss?
•
laufendem Petitionsverfahren?
•
Eingabe an Härtefallkommission?
•
…
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
§ 11 Abs. 7 AufenthG-E
Gegen einen Ausländer,
1. dessen Asylantrag nach § 29a Abs. 1 des
AsylVfG bestandskräftig als offensichtlich
unbegründet abgelehnt wurde, dem kein
subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das
Vorliegen der Voraussetzungen für ein
Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 nicht
festgestellt wurde und der keinen
Aufenthaltstitel besitzt oder
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
Potentiell Betroffene:
•
•
Sichere Herkunftsstaaten (Bosnien &
Herzegowina, Ghana, Mazedonien, Senegal,
Serbien)
Antragsteller, die wiederholt erfolglose Folgeoder Zweitanträge stellen
-> Bosnien & Herzegowina, Mazedonien und Serbien
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
-> Kosovo, Albanien
… (= Westbalkan)
II. Einreise- und Aufenthaltsverbot
Folgen:
•
•
Keine visumfreie Einreise für
Besuchsaufenthalte 90 Tage innerhalb 180-TageZeitraum mehr möglich (Eintragung in SIS)
Beteiligung des BAMF zur Aufhebung des EAV
notwendig (§ 72 Abs. 3 S. 1 AufenthG-E)
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
III. Ausweisungsrecht
Ausweisungsinteresse
<->
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
Bleibeinteresse
III. Ausweisungsrecht
Ausweisungsinteresse
- wiegt besonders schwer:
Freiheitsstrafe von mehr als 2 Jahren
- wiegt schwer:
Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
Nicht nur vereinzelte oder geringfügige Verstöße
(c) Rechtsanwalt Tim W.oder
Kliebe gerichtliche oder
gegen Rechtsvorschriften
III. Ausweisungsrecht
Bleibeinteresse
-
wiegt besonders schwer
Besitz einer NE und fünfjährigem rm. Aufenthalt
-
wiegt insbesondere schwer
Minderjährige Ausländer mit AE
Die Belange oder das Wohl eines Kindes zu
(c) Rechtsanwalt
berücksichtigen
sind Tim W. Kliebe
III. Ausweisungsrecht
Überwiegt das Ausweisungsinteresse das
Bleibeinteresse wird ausgewiesen (§ 53 Abs.1
AufenthG-E)
Besonderer Ausweisungsschutz für Flüchtlinge,
ARB 1/80 und Daueraufenthalt-EU-Inhaber
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
IV. Abschiebungshaft
BGH, Beschl. v. 26.6.2014, (V ZB 31/14)
-> Keine Haft ohne Rechtsgrundlage
EuGH, Urte. v. 17.7.2014 (C-473/13, C-514/13, C474/13)
-> Abschiebungshaft getrennt von Straf- und
sonstiger Haft
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
IV. Abschiebungshaft
Anhaltspunkte für das Vorliegen von Fluchtgefahr
(gem. § 2 Abs. 14 AufenthG-E)
•
Untertauchen
•
Identitätstäuschung
•
•
Unterlassener Mitwirkung zur Feststellung der
Identität
Aufwendung erheblicher Mittel für einen
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
Schleuser
IV. Abschiebungshaft
§ 2 Abs. 15 Satz 2 AufenthG-E: „Ein
entsprechender Anhaltspunkt kann auch gegeben
sein, wenn der Ausländer einen Mitgliedstaat vor
Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur
Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines
Antrags auf internationalen Schutz verlassen
hat, und die Umstände der Feststellung im
Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er
den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit
nicht aufsuchen will.“
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
V. Fazit
•
•
•
•
Bleiberecht ok
Einreise- und Aufenthaltsverbot wird
ausgeweitet – genau beobachten
Ausweisungspraxis wird sich neu entwickeln
Abschiebungshaft wird kommen – und vielfach
rechtswidrig sein!
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
Fragen?
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
(c) Rechtsanwalt Tim W. Kliebe