VO#2: Wort als sprachliches Zeichen

VO#2/1: Wort als
sprachliches Zeichen
Lexikologie,Matej-Bel-Universität,
Banská Bystrica
Zuzana Tuhárska
Wortschatzkunde - eine der Teildisziplinen der
Lexikologie - das Lexikon – verschiedene
Aspekte
(semiotischer, grammatischer, kognitiver, sozialer,
kultureller und struktureller A.)
Semiotische Wortbetrachtung:
Semiotik = Zeichenlehre
das Wort unter semiotischer Perspektive =
(sprachliches) Zeichen
Zeichenmodelle in der Sprachwissenschaft:
Ferdinand de Saussure
- Sprache als ein Zeichensystem
- Wort als sprachliches Zeichen
1) Das bilaterale (zweiseitige) Zeichenmodell
Sprachzeichen = eine psychische, ganzheitliche
Entität
-Vorstellung (Bedeutung, sens, Signifikat,
signifié, Inhalt)
- Lautbild (Wert, Signifikant, signifiant,
Form)
2) Das triadische (dreiseitige) Zeichenmodell.
-die neue Komponente = Referent
-Referenten = die Gegenstände der Welt, auf
die wir Bezug nehmen, die wir mittels
Zeichens bezeichnen wollen
-Referenz = das Verhältnis zwischen
Gegenstände bzw. Erscheinungen dieser Welt
und sprachliche Zeichen mit ihrer Form und
Inhalt
-im Prozess der Referenz können wir
Gegenständer unserer Welt identifizieren
3) Das unilaterale (einseitige) Zeichenmodell:
Zeichen = Zeichenkörper, der allerdings die
Eigenschaft hat, die Bedeutung zu haben.
- Vorteil: die Mehrwortlexeme als Zeichen
mit einer Bedeutung
- Nachteil: die Idiomatizität und
Mehrdeutigkeit lassen sich nicht gut
abbilden bzw. sie gehen verloren
Charakter von Zeichen / Arten von Zeichen
1. ikonische Zeichen (Bildzeichen): direkter
Zusammenhang: Zeichen - das Bezeichnete
2. indexikalische Zeichen (Anzeichen): eine
mittelbare, indirekte Beziehung
3. Symbolische Zeichen (Symbole): kein
direkter, objektiver Zusammenhang
Symbole sind durch Konventionen entstanden.
Zeichenarten in der Sprache:
1. ikonische Zeichen:
- i.e.S. lautnachahmende Wörter
- i.w.S. grammatischen Ikonizität
Römer, Matzke (2004, 12): „Im weiteren Sinne wird
auch eine grammatische Ikonizität angenommen, wenn
einem Mehr an sprachllicher Form ein Mehr an
Bedeutung entspricht.“
2. indexikalische Zeichen:Deiktika (Ausdrücke, die
auf etwas hinweisen). Die Position, Lokalisation
der Tasche wird nur mittelbar - im Bezug auf die
angesprochene Person angegeben.
3. symbolische Zeichen: die Wörter, d.h. sie stehen
für etwas, die äußere Form eines Wortes, seine
Gestalt steht für einen Inhalt, wobei die Beziehung
zwischen der Form und Inhalt arbiträr (freiwillig,
beliebig) ist und auf Konventionen beruht.
In der Kommunikation:
-verbale Zeichen
-nonverbale Zeichen
-paraverbale (Stimme)
-nonverbale Zeichen i.e.S. (Gestik, Mimik).
Grundeigenschaften der sprachlichen Zeichen
A: nach Römer, Matzke
1. Sprachzeichen sind strukturierte Gebilde
(Bilateralität)
Sprachzeichen: Formativ (Zeichenkörper und
eine Zeichengestalt) und Bedeutung
- de Saussure: „Die Sprache ist ... vergleichbar mit einem
Blatt Papier: das Denken ist die Vorderseite und der Laut
die Rückseite; man kann die Vorerseite nicht
zerschneiden, ohne zugleich die rückseite zu
zerschneiden; ebenso könnte man in der Sprache weder
den Laut vom Gedanken noch den Gedanken vom Laut
trennen.“ (???)
2. Arbitrarität
- symbolische Zeichen: Zeichenform –
Zeicheninhalt: eine beliebige Beziehung,
Schwarz, Chur 2001, 23: „Aus dem Ausdruck können wir
nicht schließen, welche Eigenschaften die bezeichneten
Gegenstände haben. Die beiden Komponenten sind
innerhalb einer Gesellschaft konventionell miteinander
verbunden. Dies kann man sich auch mit einem Blick auf
andere Sprachen verdeutlichen: Im Französischen wird
derselbe Gegenstand abre und im Englischen tree
genannt.“
Ausnahme: Onomatopoetika
3. Neubildungen sind in der Regel motiviert
d.h. die Beziehung zwischen Formativ und
Bedeutung ist durchsichtig, lässt sich ableiten
Arten von Motivation.
a) natürlich (phonetisch) motiviert: der Kuckuck
b) morphologische M.: der Diskussionsbeitrag
c) figurative (semantische): die Maus (PC)
d) etymologisch motivierte Wörter: Bett –
indogermanisch *bhedh- (graben) – eine in den
Boden gegrabene Lagerstätte
4. Sprachzeichen sind in Zeichensystemen
angeordnet
Die Sprachzeichen bilden ein System und ihr
Wert ist nur im Zusammenhang mit dem ganzen
System, d.h. in Verbindung mit anderen Zeichen
vollständig. Erst wenn wir die Buchstaben
nacheinander setzen entsteht ein Wort.
5. Sprachzeichen sind unveränderlich und
veränderlich
a) Sprache: konstant - konventionalisierte
Bezeichnungen
Kommunikation in einer Sprachgemeinschaft
b) Sprache: entwickelt sich - Veränderungen
Im Laufe der Zeit ändert sich sowohl die Form als
auch die Bedeutung bei manchen Ausdrücken.
z.B.
Form: ahd. thenken (8. Jh.) – nhd. denken
Bedeutung: Arbeit – mhd. – Last, Belastung
6. Sprachzeichen sind allgemein (ein Typ) und
speziell (ein Token, ein Repräsentant eines
Typs)
Das Wort Baum
a) ein Typ:eine allgemeine Bedeutung:
beinhaltet alle typischen Eigenschaften eines
(beliebigen) Baumes
b) ein Token:ein konkreter Baum – (dieser
Baum) Repräsentant dieses Types
Grundeigenschaften der sprachlichen Zeichen
B: nach Ferdinand de Saussure:
1. Bilateralität
2. Arbitrarität
3. Linearität
4. Konventionalität
5. Repräsentativität
6. Materialität
Bünting 1996, 34: „Die Linearität bezieht sich auf den
Sprachkörper. Sprachliche Zeichen sind linear, weil sie
primär als akustische Signale manifestiert sind, die
einen zeitlichen Verlauf haben und in der Zeitdimension
wahrgenommen werden. An geschriebener Sprache
wird das noch deutlicher: man schreibt in einer
Richtung, je nach Konvention von links nach rechts,
oben nach unten usw. Andere Zeichen, z.B.
Verkehrsschilder, sind nicht linear strukturiert. … rein
linear angeordnet ist nämlich nur der Sprachkörper,
während die Inhalte oft nicht linear strukturiert sind; …
Das Satzzeichen Der Zug fährt gleich ab ist aus den morphologisch variierten - Wortzeichen der, Zug,
abfahren, gleich gebildet…“
Grundeigenschaften der sprachlichen
Zeichen
C: nach Thea Schippan
Reproduzierbarkeit
„Wörter sind reproduzierbare Einheiten aus Formativ
und Bedeutung, die als solche fixiert, gespeichert und
für die Bildung von Sätzen und Texten reproduziert
werden. Mit der Bedeutung werden auch Regeln der
Verwendung gespeichert.“ (Schippan 1992, 88)
Fazit:
„Das sprachliche Zeichen ist ein Laut- oder
Buchstabenkomplex (in besonderen Fällen auch ein
einzelner Laut oder Buchstabe), dem eine Bedeutung
zukommt. Es ist also die Verknüpfung von Form und
Inhalt, die an eine bestimmte Sprache gebunden ist. Im
Sinne der Zeichentheorie ist das Wort als Zeichen ein
sprachlicher Bedeutungsträger.“(Agricola 1969, 36)
Die einfachste Realdefinition des Wortes:
„Ein Wort ist der kleinste selbständige sprachliche
Bedeutungsträger.“ (Fleischer 1982, 31)