Werner, Joseph (der Jüngere), Justiz und Weisheit, 160 x 106 cm, Kunstmuseum Bern Bearbeitungstiefe Name Werner, Joseph (der Jüngere) Lebensdaten * 22.7.1637 Bern (Taufe), † um 1710 Bern Bürgerort Bern Staatszugehörigkeit CH Vitazeile Maler, spezialisiert auf Miniaturen, sowie Zeichner und Radierer. Schüler von Matthäus Merian dem Jüngeren in Frankfurt am Main. Tätig in Rom, Paris, Augsburg, Bern. Erster Akademiedirektor in Berlin Tätigkeitsbereiche Malerei, Miniaturmalerei, Zeichnung, Ölmalerei, Radierung, Tapisserie Lexikonartikel Sohn des Flachmalers und Malers Joseph Werner des Älteren und der Maria Weyermann. Werner erhielt seine ersten künstlerischen Unterweisungen im Atelier seines Vaters. Schon als Zwölfjähriger erteilte er dem sechs Jahre jüngeren Wilhelm Stettler, der auch später noch zu seinen Schülern zählte, Zeichenunterricht. Die höhere Schule besuchte Werner in Basel, wo er einem Mathematiker in Pension gegeben wurde. 1650 ging er für vier Jahre als Lehrling in das Atelier des Malers und Verlegers Matthäus Merian des Jüngeren nach Frankfurt am Main. Werners Bildnisse blieben zeitlebens dem Porträtstil Merians verpflichtet. Seite 1/7, http://www.sikart.ch Sein an die Lehrzeit anschliessender mehrjähriger Italienaufenthalt ist kaum dokumentiert. Vorstellbar sind Kontakte zu den römischen Malern klassizistischer Prägung Andrea Sacchi (1599–1661) und Carlo Maratti (1625–1713). Möglicherweise fand er Einlass in die Zeichenschule Pietro da Cortonas (1596–1669). Ab 1648 weilte auch Salvator Rosa (1615–1673) in Rom, auf dessen Spuk- und Genreszenen Werner insbesondere in seinen Zeichnungen Bezug nahm. Sein Spezialgebiet stellte zunehmend die Miniatur dar, die Themen waren vor allem allegorisch-mythologisch orientiert. Wohl durch seinen Gesandten in Rom wurde Ludwig XIV. auf Werner aufmerksam und bestellte ihn 1662 nach Versailles zu sich an den Hof. Die Reise führte Werner über Bern, wo er der Stadt ein Bild mit der Allegorie auf die Gerechtigkeit (Kunstmuseum Bern) schenkte, durch das er dort in Erinnerung zu bleiben hoffte. In Paris (1662–67) entstanden vor allem Miniaturen, darunter einige Allegorien, die der Verherrlichung des Königspaares dienten. Für den Sammler Eustache Quinault malte er eine Reihe Miniaturen mit Mythologien, worauf Quinault einen Werner und sein Werk preisenden Gedichtzyklus verfassen liess. Aus einfacheren Verhältnissen stammend und einen Hang zu Äusserlichkeiten bekundend, zeigte sich Werner beeindruckt vom Leben am Hof Ludwigs XIV. Trotz seiner Erfolge blieb ihm der Zutritt zu dem engsten Kreis um den König verwehrt. Sein Auftraggeber im eigentlichen Sinn war der Leiter der Akademie, Charles Le Brun (1629–1690). Ein gegenüber Le Brun empfundenes Konkurrenzverhältnis und dessen angebliche Intrigen gegen ihn bewogen Werner zum Verlassen Frankreichs. 1667 liess er sich in Augsburg nieder, einem der damaligen künstlerischen Zentren in Süddeutschland. Dort heiratete er noch im gleichen Jahr Susanna Mayr, die Schwester des Augsburger Malers und Rembrandtschülers Johann Ulrich Mayr (1630–1704). Durch seinen Schwager lernte Werner wohl auch den Maler und Kunstakademiegründer Joachim von Sandrart (1606–1688) kennen, mit dem er die Begeisterung für den Akademiegedanken, die Lehrbarkeit der Kunst, teilte. Zur selben Zeit weilte in Augsburg Johann Heinrich Schönfeld (1609–um 1683), dessen manieristisch wirkender, überlängter Figurenstil in Werners Zeichnungen einen Reflex findet. Von Augsburg aus arbeitete Werner für Henrietta Adelaida Kurfürstin von Bayern und wohl auch noch für weitere Residenzen im süddeutschen Raum. Im Schloss Nymphenburg schuf er 1672–73 ein allegorisches Seite 2/7, http://www.sikart.ch Deckengemälde. Vermutlich schon 1680 kehrte er nach Bern zurück; dokumentiert ist sein Aufenthalt dort aber erst ab 1682. In der Zwischenzeit waren in Wien Bildnisminiaturen der kaiserlichen Familie entstanden (München, Residenzmuseum). Enttäuschend war für Werner die mangelnde Wertschätzung, die seiner akademischen Kunst in Bern entgegengebracht wurde. Das sittenstrenge reformierte Bürgertum Berns wusste mit Werners barocker Allegorienvielfalt und seinem Hang zur Mythologisierung wohl wenig anzufangen. Neben einigen wenigen Aufträgen für die Stadt – darunter der Entwurf des Hugenottenteppichs (1686, Bern, Bernisches Historisches Museum) – war die Porträtmalerei seine wichtigste Erwerbsquelle. Eine von ihm nach dem Vorbild Sandrarts privat gegründete Malakademie fand dagegen grosse Anerkennung und wirkte wegweisend für ein neues Kunstverständnis in Bern. Diese Hausakademie stand nicht nur Schülern offen, wie zum Beispiel Johann Rudolf Huber (der Ältere), Johann Grimm und David Dick, sondern – das war damals aussergewöhnlich – auch Frauen. Namentlich bekannt ist Anna Waser aus Zürich. 1695 erreichte Werner der Ruf des Kurfürsten von Brandenburg, der ihm die Direktion der erstmalig einzurichtenden Maler- und Bildhauerakademie Berlins anvertraute. Vermittelnd hatte hier der Berner Numismatiker Andreas Morell gewirkt, der den Minister Eberhard von Dankelmann für den Künstler interessieren konnte. 1696 zog Werner mit seiner auf zehn Personen angewachsenen Familie nach Berlin. Der Position nach entsprach seine Berliner Stellung nun derjenigen Le Bruns in Versailles, doch stellte sich bald heraus, dass Werner diesen vielfältigen Aufgaben nicht gewachsen war. Nachdem sein Fürsprecher Dankelmann 1697 die Stellung verloren hatte, war es für Werner zunehmend schwieriger, sich gegen seine zahlreichen Gegenspieler im Lehrerkollegium der Akademie durchzusetzen. 1699 wurde er seines Direktorenamtes enthoben; gleichwohl gehörte er noch einige Jahre dem Rektorat an. Um 1707 kehrte er nach Bern zurück. Von Werners künstlerischem Schaffen erfuhren seine Miniaturen die grösste Wertschätzung. Leider sind davon nicht viele erhalten. Stilistisch sind sie von einem an Poussin geschulten französischen Klassizismus geprägt. Thematisch beschäftigten ihn in dieser Gattung Bildnisse, mythologische Szenen und religiöse Darstellungen. Eine seiner frühesten Arbeiten, ein Selbstporträt (1662, London, Victoria and Albert Seite 3/7, http://www.sikart.ch Museum) in Gouache, zeigt den Künstler in prachtvoller Gewandung vor einer Staffelei, auf der eine grosse Tuschfederzeichnung mit einer allegorischen Anspielung auf die Malerei steht. Werner gibt hier nicht nur Zeugnis von seiner selbstbewussten Persönlichkeit und seinem akademischen Verständnis der Malerei, sondern auch von seinem technischen Können, indem er zwei verschiedene Maltechniken in einem Bild kontrastierend gegenüberstellt. Die Bildnisminiaturen sind meist ganzfigurig, mit Landschaftshintergrund, der oder die Dargestellte wird mit allegorischem Beiwerk überhöht und manchmal sogar mit einer mythologischen Person identifiziert. Der Bildaufbau der szenischen Miniaturen verweist auf eine barocke Kulissenbühne, wobei die Personen im Vordergrund auf der Rampe agieren und der Hintergrund in mehrere Ebenen gestaffelt erscheint (Urteil des Paris, 1670, Kunstmuseum Bern). Die Zeichnungen dürfen als eigenständige Werkgruppe angesehen werden. Einen eigenen Komplex bilden hier die von Salvator Rosa inspirierten Schatzgräber- und Zauberszenen. Die in wild bewegter Linienführung mit flottem Pinselstrich ausgeführten Szenen vermitteln ihren grotesken Bildinhalt überzeugend. Ihre Irrationalität steht in spannungsvollem Kontrast zum übrigen akademischen Schaffen des Künstlers, ebenso wie ihre dynamisch wirkende Ausführung kalligrafisch genauen, Kupferstichen gleichenden Zeichnungen gegenübersteht. In seinen letzten Schaffensjahren verlegte sich Werner fast gänzlich auf die Ölmalerei, wo er jedoch nicht die in den Miniaturen erreichte Qualität erlangte. Die Porträts von Berner Persönlichkeiten lassen eine geschäftsmässige Routine erkennen. Im Katharina Perregaux-von Wattenwyl-Zyklus (1690, Schloss Jegenstorf) wird brisantes Zeitgeschehen dokumentiert und gleichsam allegorisch überhöht. Die streng auf Achsenbezüge angelegte Komposition verleiht dem dramatischen Geschehen eine gewisse Statuarik. Diese Kompositionsweise ist auch besonders an Werners späteren Allegorien (Berna mit den Allegorien der Felicitas und Fides, 1682, Bern, Bernisches Historisches Museum) festzustellen. Aus seinen letzten fünfzehn Lebensjahren sind keine Werke mehr bekannt. Werke: Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett; Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett; Kunstmuseum Bern; Bern, Bernisches Historisches Museum; Schloss Jegenstorf; Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett; London, Victoria and Albert Museum; München, Seite 4/7, http://www.sikart.ch Bayerische Staatsgemäldesammlung; Staatliche Graphische Sammlung; Residenzmuseum; Weimar, Staatliche Kunstsammlungen Schlossmuseum; Wien, Graphisches Sammlung der Albertina; Kunsthaus Zürich, Grafische Sammlung; Zürich, Schweizerisches Nationalmuseum, Landesmuseum; Zürich, Zentralbibliothek, Graphische Sammlung und Fotoarchiv Daniela Nieden 1998, aktualisiert 2011 Literaturauswahl Seite 5/7, http://www.sikart.ch - Alte Meister. Zeichnungen und Aquarelle aus der Graphischen Sammlung, Texte von Marc Fehlmann [et al.], Ausst.-Kat. Kunstmuseum Bern, 14.6.-10.9.2000. - Im Schatten des Goldenen Zeitalters. Künstler und Auftraggeber im bernischen 17. Jahrhundert. Kunstmuseum Bern, 1995. Hrsg.: Georges Herzog, Elisabeth Ryter und Johanna Strübin. Bern, 1995, 2 Bde. - Zeichen der Freiheit. Das Bild der Republik in der Kunst des 16. bis 20. Jahrhunderts, herausgegeben von Dario Gamboni und Georg Germann unter Mitwirkung von François de Capitani, (Kunstausstellung des Europarates 21), Ausst.-Kat. Bernisches Historisches Museum; Kunstmuseum, Bern: Stämpfli, 1991. - Hans-Christoph von Tavel: «Joseph Werner d. J. (1637-1710): Odysseus überlistet den als junge Frau verkleideten Achill im Palast von König Lykomedes». In: Bericht der Gottfried Keller-Stiftung, 1988-1992, S. 54-58 - Jürgen Glaesemer: Joseph Werner 1637-1710. München: Prestel, 1974 (Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft. Oeuvrekataloge Schweizer Künstler 3) - Augsburger Barock. Holbeinhaus Augsburg; Rathaus Augsburg, 1968. Redaktion: Christina Thon. 2. Auflage. Augsburg, 1968 - Deutsche Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts. Berlin, Orangerie des Schlosses Charlottenburg, 1966. Berlin: Mann, 1966 - Irene Kunze: «Joseph Werner». In: Pantheon, 30, 1942. S. 163-167 - Joachim von Sandrart: Teutsche Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste. Nürnberg, 1675-1679 [Neudruck in ursprünglicher Form, Einleitung: Christian Klemm. Nördlingen: Alfons Uhl, 1994], 3 Bde. - Jean Bahier: «Peinture poétique des tableaux de miniature de M. Quinot faits par Joseph de Werner». In: Jean de la Fontaine: Recueil de poésies chrestiennes et diverses dédié à Mgr le prince de Conty [...]. Volume 2. Paris, 1671 [Réédité dans: Jürgen Glaesemer: Joseph Werner 16371710. München: Prestel, 1974, p. 92] Nachschlagewerke - E. Bénézit: Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous les pays par un groupe d'écrivains spécialistes français et étrangers. Nouvelle édition entièrement refondue sous la direction de Jacques Busse. Paris: Gründ, 1999, 14 vol. - Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne; Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde. - The Dictionary of Art. Edited by Jane Turner. 34 volumes. London: Macmillan; New York: Grove, 1996 - Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Unter Mitwirkung von Fachgelehrten des In- und Auslandes herausgegeben von Ulrich Thieme und Felix Becker. 37 Bände. Leipzig: Seemann, 1907-1950 [Taschenbuchausgabe: München: DTV, 1992] - Schweizerisches Künstler-Lexikon, hrsg. vom Schweizerischen Kunstverein, redigiert unter Mitwirkung von Fachgenossen von Carl Brun, 4 Bde., Frauenfeld: Huber, 1905-1917[Reprint: Nendeln: Kraus, 1982]. - Johann Caspar Füesslin: Joh. Caspar Füesslins Geschichte der besten Künstler in der Schweitz. Nebst ihren Bildnissen. Zürich: Orell, Gessner, Füessli, 1769-1779. 5 Bde - Johann Caspar Füssli: Geschichte und Abbildung der besten Mahler in der Schweiz. 2 Theile. Zürich: David Gessner, 1755 & 1757 [erste Lieferung 1754] Direktlink http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4022851&lng=de Normdaten GND 118767135 | Deutsche Biographie Letzte Änderung 23.04.2015 Disclaimer Alle von SIKART angebotenen Inhalte stehen für den persönlichen Eigengebrauch und die wissenschaftliche Verwendung zur Verfügung. 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