Die Integration jüngerer Zugewanderter durch Bildung und die Kosten ihrer NichtIntegration von von Dr. Hans Dietrich von Loeffelholz, Essen ehemals Chefvolkswirt und Leiter der wirtschaftswissenschaftlichen Migrations- und Integrationsforschung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg Vortrag bei der VHS-Veranstaltung „Hattingen auf dem Weg zu einem gesamtstädtischen Integrationskonzept (INKO)" 30. Oktober 2015 im Rathaus Hattingen Folie 1 Stand: 02.11.2015 Gliederung Dr. von Loeffelholz 1. Einführung 2. Asyl, Flucht, Migration und Integration nichts Neues in Deutschland und in Hattingen 3. Bildung und Ausbildung von jüngeren MigrantInnen und aktuellen Flüchtlingen müssen Schwerpunkte der Integration bilden 4. Versäumnisse der Vergangenheit: hohe Kosten der Nicht-Integration 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Folie 2 Gliederung Dr. von Loeffelholz 1. Einführung Folie 3 1. Einführung • Seit meinem erstem Kontakt mit dem Hattinger Integrationskonzept 2012-13 Zuspitzung der Herausforderungen durch Flüchtlinge Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vor einer Woche verabschiedet und ab vergangenem Wochenende wirksam Migration und Integration sollen wieder näher zusammengebracht werden als „zwei Seiten einer Medaille“ (Schäuble 2005) Ohne Begrenzung und Steuerung der Fluchtmigration nach den Interessen der Bundesrepublik wird Integration auch der ansässigen MigrantInnen immer schwieriger Gefahren wachsen für die Willkommens- und Anerkennungskultur in den Kommunen Chancen im demografischen Wandel Anpassung des Integrationskonzepts der Stadt Hattingen wegen der Flüchtlinge • • • • • • Folie 4 Stand: 02.11.2015 Gliederung Dr. von Loeffelholz 1. Einführung 2. Asyl, Flucht, Migration und Integration sind nichts Neues in Deutschland und in Hattingen Folie 5 2. Wanderungen in die Bundesrepublik Deutschland 1947-2015 in 1.000 Personen Dr. von Loeffelholz deutsche Zuwanderer 950 ausländische Zuwanderer Nachkriegsflüchtlinge 750 Anwerbung 1955-1968 Mauerbau 550 1961 Wiedervereinigung 1990 Asylkompromiss 1993: Asylverfahrens- und Kriegsfolgenbereinigungsge setz Rückkehrhilfen 1983 Anwerbestopp 1973 Flüchtlingskrise 2015 EU-Erweiterungen 2004/2007/13 350 -50 1947 1949 1951 1953 1955 1957 1959 1961 1963 1965 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 150 -250 Folie 6 2. Erhöhte Integrationsanforderungen an die Kommunen, Vereine und Ehrenamt und hohe Kosten der Nicht-Integration • • • • • Auch die aktuellen Flüchtlinge bleiben erfahrungsgemäß längere Zeit und bedürfen über die kurzfristige Unterbringung und Versorgung hinaus längerfristiger Integrationsanstrengungen durch bürgerschaftliches Engagement Integrationsarbeit in Hattingen ist vorbildlich Engagement und Eigenverantwortung des Integrationsrates mit den Migrantenselbstorganisationen sind wichtig Verantwortung für die sieben Leitziele des I-Konzepts, von der Verbesserung des Zusammenlebens bis hin zur Überprüfung des Integrationsprozesses, auf allen Ebenen Andernfalls drohen hohe ökonomische und gesellschaftliche Kosten der Nicht-Integration in Hattingen Folie 7 Stand: 02.11.2015 Gliederung Dr. von Loeffelholz 1. Einführung 2. Asyl, Flucht, Migration und Integration nichts Neues in Deutschland 3. Bildung und Ausbildung von jüngeren MigrantInnen und aktuellen Flüchtlingen müssen mehr als bisher Schwerpunkte bilden auch wegen der ungünstigen demografischen Perspektiven Hattingens Folie 8 3. Junge MigrantInnen und Flüchtlinge Dr. von Loeffelholz • • • • Folie 9 45 % der Jugendlichen im Ennepe-RuhrKreis haben Migrationshintergrund, in Hattingen jeder zweite 80 % der Flüchtlingen sind zwischen 15 und 40 Jahre, meistens männlich Viele Kinder und unbegleitete Minderjährige Schnellere Sprachaneignung und allgemeine Bildungsintegration als in der Vergangenheit notwendig Stand: 02.11.2015 3. Konvergenz der Schulabschlüsse bei ausländischen gegenüber ansässigen SchulabsolventInnen und -abgängerInnen nach Abschlussarten muss schneller erfolgen als bisher: 1983-2012 Dr. von Loeffelholz 5,0 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 Linie der gleichen Abschlussrelationen bei Ausländern und Deutschen 1983/4 1992/3 2001/2 2002/3 2005/6 Hauptschule mit Beendigung der Schulpflicht dar.: ohne Abschluss Realschulabschluss Hochschulreife Eigene Darstellung anhand amtlicher Daten. 10 Lesebeispiel: In diesem Schuljahr haben mehr als doppelt (2,25) so viele junge Ausländer keinen Hauptschulabschluss erreicht wie Deutsche und nur die Hälfte so viele Abitur gemacht wie Deutsche 2012 3. Demografischen Wandel auch in Hattingen abfedern durch ansässige MigrantInnen und Flüchtlinge • • • • 11 Schrumpfung (-9 % bis 2030), Alterung (+4 Jahre auf fast 50 Jahre) und zunehmende Diversität der Stadtbevölkerung (30 % bzw. über 50 % mit Migrationshintergrund) stellen erhebliche Herausforderungen für alle dar Zuwanderung von jüngeren Flüchtlingen als Chance zur Weiterentwicklung im Stadtentwicklungsplan 2030 begreifen Land muss mehr LehrerInnen einstellen und der Bund SprachdozentInnen für Deutsch als Fremdsprache gewinnen Weitere interkulturelle Öffnung der Verwaltungen und Unternehmen Gliederung Dr. von Loeffelholz 1. Einführung: Neue Asylbeschlüsse in Kraft 2. Asyl, Flucht, Migration und Integration nichts Neues in Deutschland 3. Bildung und Ausbildung von jüngeren Flüchtlingen müssen mehr als bisher Schwerpunkte bilden 4. Von Anfang an Versäumnisse und hohe Kosten der Nicht-Integration vermeiden Folie 12 4. Von Anfang an Versäumnisse und hohe Kosten der Nicht-Integration vermeiden • Bildungs- und Ausbildungsversäumnisse durch Eltern und Schule in der Vergangenheit Erstmalige Analyse der Kosten Nicht-Integration für NRW vor 20 Jahren durch MAGS-Forschungsauftrag an den Referenten >2005 Einführung von Integrationskursen Auch heute vermeiden: - Mangelnde Bildungsabschlüsse - Viele Schul-, Ausbildungs- und Studienabbrecher - Relativ hohe Jugendarbeitslosigkeit - Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit - mehr Grundsicherung - Entgangene Wertschöpfung und Beiträge zum Gemeinwesen (Steuern und Sozialbeiträge) - Parallelstrukturen, Segregation und Marginalisierung - Kinder- und Altersarmut Integrieren von jungen Flüchtlingen heißt Investieren in sie und ihre Eltern • • • • • • Folie 13 Stand: 02.11.2015 Gliederung Dr. von Loeffelholz 1. Einführung: Neue Asylbeschlüsse in Kraft 2. Asyl, Flucht, Migration und Integration nichts Neues in Deutschland 3. Bildung und Ausbildung von jüngeren Flüchtlingen müssen mehr als bisher Schwerpunkte bilden 4. Versäumnisse und hohe Kosten der NichtIntegration 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Folie 14 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Dr. von Loeffelholz • Langjährige Herausforderungen durch Fluchtmigration nach Europa bzw. Deutschland stehen uns bevor • Erhaltung einer Willkommens-, Anerkennungs- und Bleibekultur zur besseren Integration von ansässigen Personen mit Migrationshintergrund (45% bzw. 25 % der (Jugend-)Bevölkerung) und nicht nur von qualifizierten „Einwanderern“ durch interkulturelle Öffnungen aller Strukturen, gerade auch der Unternehmen und Verwaltungen • Stärkere Ansprache und Einbindung der Migrantenselbstorganisationen • Umgang mit Flüchtlingen auch hier wichtig als Signal für die, die schon lange hier sind und die wir im demografischen und wirtschaftlichen Wandel brauchen („make it in Germany“) , für andere bedarf es ebenfalls eindeutiger Signale, um die Gesellschaft nicht zu überfordern noch 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Dr. von Loeffelholz • Erfolgreiche Flüchtlings-, wie generell Migrations- und Integrationspolitik, setzt verstärkte Bildungs- und Weiterbildungspolitik voraus: Mehr Mittel wären eine gute Investition für Prävention • Öffentlichkeitsarbeit stärken durch mehr Veranstaltungen wie diese in Hattingen • Alle Bildungseinrichtungen und –träger auf kommunaler und Landesebene besonders gefordert • „Integrieren heißt Investieren“ gilt heute mehr denn je auf Gemeindeebene: Weiterentwicklung und Anpassung des Hattinger Integrationskonzepts an die neuen Herausforderungen Dr. von Loeffelholz • Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! • Mehr Informationen unter www.bamf.de • email: [email protected] Folie 17
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