Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender Dr. Immanuel Stieß ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, Frankfurt am Main Fachtagung „Klima braucht Wandel: Potenziale der Genderforschung nutzen“ Berlin , 1. März 2016 Die persönliche CO2-Bilanz n Pro Person werden in Deutschland ca. 11 t CO2EQ im Jahr erzeugt. n Mehr als die Hälfte davon werden direkt oder indirekt durch private Haushalte verursacht. n Die meisten Emissionen entfallen auf die Bereiche Ø Konsum Ø Mobilität Ø Heizung Ø Ernährung Quelle: UBA 2010 Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 2 Konsum und Alltag n Fokus auf alltägliche Handlungen („Praktiken“) Ø Kollektiv geteilte Handlungsweisen Ø Aktivitäten zur Befriedigung physiologischer, sozialer, kultureller etc. Bedürfnisse (sich ernähren, wohnen, sich fortbewegen etc.) n Praktiken als habitualisierte „Handlungsprogramme“, die im Alltag spontan ausgeführt werden Ø gestützt auf handlungsentlastende Routinen Ø in der Regel nur wenig bewusst Ø orientiert an normalisierten, kollektiven Verhaltenserwartungen (z.B. Komfortstandards, Erreichbarkeiten) Ø eingebettet in technische Infrastrukturen (Versorgungssysteme) Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 3 Einsparpotenziale durch verändertes Alltagshandeln pro Haushalt und Jahr n ca. 260 kg CO2 Umstellung auf einen traditionellmediterranen Ernährungsstil n ca. 250 kg CO2 Kauf ausschließlich von Bio-Lebensmitteln n ca. 500 kg CO2 Wechsel zu Ökostrom (1.000 kWh/a) n ca. 220 kg CO2 Verlagerung von Pkw-Fahrten auf Rad/zu Fuß (1.000 km/a) n ca. 500 kg CO2 Verzicht auf einen 3.000 km Fernflug (Öko-Institut 2010) Quelle: Bürger 2009: 85 nach Berechnungen des Öko-Institut Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 4 Alltägliche Lebensführung n Strukturiert durch die raum-zeitliche Organisation der alltäglichen Lebensführung Ø Geprägt durch geschlechtsspezifische Arrangements der Alltagsorganisation n Einbindung in soziale Netzwerke: Unterschiedliche Anforderungen (Beruf, Familie) müssen unter einen Hut gebracht werden n „Stimmigkeit“ von Praktiken in unterschiedlichen Handlungsfeldern durch übergreifende Lebensstil-Orientierungen („story-telling“) n Alltagsorganisation als Möglichkeit und Grenze für nachhaltige Konsumpraktiken Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 5 Zeitverwendung und Alltagsorganisation Quelle: Eurostat 2004 n Unterschiedliche Verteilung von Aufgaben im Alltag n Frauen sind überwiegend zuständig für Ø Ø Ø Ø Kochen und Geschirrspülen Putzen und Aufräumen Wäsche waschen Einkauf n Männer verbringen mehr Zeit mit Ø Basteln und Reparaturen im Haus Ø Gartenarbeit Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 6 Ernährungsverantwortung im Haushalt n Ernährungsverantwortung ist nicht gleichmäßig auf Frauen und Männer verteilt n Häufig alleinige Zuständigkeit der Frauen für Ø Einkaufen Ø Kochen Ø Bewirtung von Gästen Ø Planung und Organisation der Ernährung im Haushalt n Ernährungsverantwortung nicht nur für sich, sondern für alle Haushaltsmitglieder Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 7 Handeln Frauen klimafreundlicher? n Wohnen / Energie Ø Energieeffiziente Alltagsroutinen: Nur geringe Unterschiede zwischen Frauen und Männern, am ehesten bei Energieeffizienz als Kriterium beim Gerätekauf Ø Investive Entscheidungen werden überwiegend gemeinsam getroffen Ø Aber: Frauen haben teilweise andere Informationsbedürfnisse und Ansprüche an die Sanierungsberatung (Fischer o.J.) n Ernährung Ø Frauen achten weitaus stärker auf klimafreundliche Ernährungspraktiken Ø Geringerer Fleischkonsum, häufigerer Kauf von Bio-, saisonalen, regionalen Lebensmitteln n Mobilität Ø Geringere Wegelängen mit eigenem PKW Ø Häufigere Kompensation der CO2-Emissionen bei Flugreisen Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 8 Klimaverhaltenstypen im Überblick Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 9 Fazit n Klimaschutzmaßnahmen sollten Frauen und Männer zu klimafreundlichem Handeln befähigen n Geschlechtsspezifische Konsumverantwortlichkeiten und -kompetenzen unterscheiden sich je nach Bedürfnisfeld n Informations- und Beratungsangebote sollen die unterschiedlichen Alltagsroutinen, Konsumkompetenzen und -verantwortlichkeiten von Frauen und Männern berücksichtigen n Handlungsfähigkeit für klimafreundliche Alltagspraktiken entsteht an der Verschränkung von Gender und weiteren Aspekten sozialer und kultureller Vielfalt n Männer und Frauen nicht als homogene Gruppen behandeln n Keine geschlechtsspezifischen Stereotypen verwenden Klimafreundliche Alltagspraktiken und Gender | Immanuel Stieß | 1. März 2016 10
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