Keine Freiheit ohne Verantwortung

Rhein-Neckar-Zeitung 27./28.2.2016
Keine Freiheit ohne Verantwortung
FDP Weinheim begeht ihr 70. Jubiläum - Susanne Krüger für 40 Jahre Mitgliedschaft geehrt
Weinheim, (keke) Das Geburtstagskind
präsentierte sich im modernen magenta-gelbblauen Outfit und zeigte sich
auch ansonsten voll an liberalem Geist
und Tatendrang. „Mindestens" 70 Jahre
alt wurde jetzt der Weinheimer Orts
verein der FDP/DVP, wie Recherchen
von Stadtrat Günter Breiling ergeben
hatten. „Festgezurrt" hatte Breiling das
Geburtsdatum an dem aktenkundigen
Beleg, dass die damals noch als Demokratische Volkspartei (DVP) antretende
Partei am 27. Januar 1946 mit sieben
Kandidaten an der ersten Ratswahl
nach Kriegsende teilgenommen und 5,1
Prozent erreicht hatte. Es müsse aber
auch vorher liberale Köpfe und Ideen
in Weinheim gegeben haben, untermauerte der FDP-Fraktionsvorsitzende
seine Recherche. Die Bewerber seien
nicht einfach vom Himmel gefallen.
„Sie hatten die Zeit des Parteienverbots
ab 1933 überdauert und waren beim
Start des demokratischen Deutschlands
zur Stelle."
Lang war die Liste der Gratulanten,
die ins Alte Rathauses gekommen
waren. Auch OB Heiner Bernhard ließ
es sich nicht nehmen, sich aus Kassel
virtuell zuschalten zu lassen, um dem
Ortsverein zu gratulieren. Die liberale
Idee habe in Weinheim, auch dank der
„Galionsfigur Breiling", schon immer
eine herausragende Rolle gespielt.
Liberale seien „Überzeugungstäter,
die Verantwortung übernehmen wollen", reihte die Bezirksvorsitzende der
FDP Kurpfalz, Birgit Reinemund, die
Landtagskandidatin Andrea Reister in
die Reihe ihrer erfolgreichen Vorgänger Bernhard Scharf (Abgeordneter von
1988 bis 1996), Hans Freudenberg
(1996-1998),
Lieselotte
Schweikert
(1998-2001) und Birgit Arnold (20062011) ein. Das „klare Profil" der FDP
stellte der Kreisvorsitzende der Liberalen Rhein-Neckar, Hendrik Tzschaschel, heraus. Die FDP setze sich für
die
Bürgerrechte
„Liberale sind Überzeugungstäter": Birgit Reinemund (am Mikro), Bezirksvorsitzende der
FDP Kurpfalz, gratulierte dem Weinheimer FDP-Ortsverein. Foto: Kreutzer
des Einzelnen ein und schütze diese
vor staatlichen Eingriffen. Bis zum
„Markenkern" der Freien Demokraten
drang Reister vor: Die liberalen Gründungs-Väter und - Mütter hätten den
freiheitlichen Rechtsstaat in Deutschland aus den Trümmern des NSUnrechtsstaates aufgebaut. Nicht zuletzt sei im Liberalismus der Wunsch
des Menschen verankert, in seiner
individuellen Eigenständigkeit erkannt, angenommen und unterstützt
zu werden. Wer Freiheit wolle, müsse
Verantwortung übernehmen. Freiheit
ohne Verantwortung führe zu Willkür
und Machtmissbrauch. Vor allem deshalb sei die Besinnung auf den Einzelnen notwendig und die Gewissheit,
dass jeder den ihm möglichen Beitrag
freiwillig leisten kann. Darüber hinaus
stelle Freiheit die Möglichkeit dar, ohne
Zwang zwischen unterschiedlichen
Möglichkeiten auswählen zu können.
Unter dem Aspekt „Was wir an der
FDP
haben", beleuchtete der ehemalige
Ministerialdirektor
im
badenwürttembergischen Wirtschaftsministerium, Dr. Hans Freudenberg, die politische Lage.
Bei der Diskussion um das Beschneiden der Bargeldnutzung gehe es im
Grunde genommen um Freiheit und
Privatsphäre, sagte Freudenberg: Wer
Bargeld abschaffen wolle, so der FDPEhrenvorsitzende, tilge ein Stück sicherer Freiheit des Einzelnen. Ingibjörg
Schwarze (Cello) umrahmte den Festakt musikalisch. Der Bundestagsabgeordnete a. D. (1983-1998) und Landesvorsitzende
der
FDP
BadenWürttemberg
(1991-1995),
Roland
Kohn, übernahm die Laudatio für die
langjährige Stadt- und Kreisrätin,
Susanne Krüger, für 40-jährige FDPZugehörigkeit.
Weinheimer Nachrichten 22.2.2016
FDP: Der Ortsverband Weinheim feiert sein 70-jähriges Bestehen im Alten Rathaus / Susanne Krüger für 40 Jahre Mitgliedschaft geehrt / Festvortrag von Dr. Freudenberg
„Die Freiheit ist stets in Gefahr"
WEINHEIM. Freiheit - das war der
sagte Oberbürgermeister Heiner
zentrale Begriff, um den sich ein Bernhard (SPD), der zum Gruß eine
Großteil der Reden am Freitag- Videobotschaft an die Liberalen
abend im Alten Rathaus am Markt- sandte. Der Grund für seinen nur
platz drehte. Der Anlass: Die Wein- virtuellen Auftritt: Er war am Woheimer FDP hatte zur 70-Jahr-Feier chenende mit Schulleitern zu einer
Exkursion
geladen und das mitten in der hei- bildungspolitischen
nach
Kassel
gereist.
ßen Phase des Wahlkampfes zur
Landtagswahl in
Baden-Württemberg (13. März).
Die
liberale
Kandidatin
im
Wahlkreis,
Andrea Reister,
sagte vor rund 70
Gästen,
inzwischen
werde
Freiheit
von
vielen Menschen
fast als lästig
empfunden.
Aber: „Wir haben
Bild Gutschalk
in Deutschland
mit der Idee der Freiheit so vieles Keine Gründungsurkunde
geschafft", so Reister.
Breiling präsentierte den rund 70
FDP-Stadtrat Günter Breiling Zuhörern einen Überblick über die
sprach in einem kurzweiligen Vor- Entwicklung der Weinheimer Libetrag über die Historie seines Orts- ralen. Die Teilnahme der Demokraverbandes. Dabei war die Vorberei- tischen Volkspartei (DVP), dem
tung dazu offenbar gar nicht so ein- Vorläufer der FDP, an der
fach. „Wenig ist über die Anfänge Gemeinderatswahl am 27. Januar
der FDP in Weinheim bekannt. Ich 1946 war der aktenkundige Beleg
bin gespannt, wie Günter Breiling für die Existenz eines Ortsverbands
diese Herausforderung meistert", der heutigen FDP. „Eine eigentliche
Gründungsurkunde gibt es nicht",
so der Stadtrat. Zunächst waren die
Ortsgruppen eine „Art Anhängsel"
der Kreisverbände. Bei der Wahl
vor 70 Jahren erzielte die DVP nur
5,1 Prozent der Stimmen und
erhielt damit keinen Sitz im
Gemeinderat. In den heutigen
Ortsteilen waren die Liberalen
aber erfolgreicher. So
errang die DVP in
Oberflockenbach
damals
noch
eine
selbstständige
Gemeinde - drei Sitze.
„Ein Stimmenanteil von
sage und schreibe 75
Prozent", sagte Breiling
und erntete spontan
Applaus. Doch was
wäre eine Partei ohne
die Menschen hinter
den Programmen? „Als
unermüdlichen Arbeiter
am Wiederaufbau der
Parteiorganisation möchte ich an
dieser Stelle Karl Grathwohl
erwähnen, der in dieser Mission
von Nußloch aus bis in den
Odenwald hinein mit dem Fahrrad
unterwegs war", sagte der FDPStadtrat.
Auch ohne Gemeinderatsmandat
widmeten sich die Liberalen der
politischen Arbeit und am 3. No-
vember sprach sogar der spätere
Bundespräsident Theodor Heuss in
der Stadt unter den Burgen. Bei der
am
7.
Dezember
1947
durchgeführten Gemeinderatswahl
errang die DVP immerhin einen
Sitz.
Besonders hob Breiling den Vorstoß des FDP-Vorsitzenden von
Weinheim, Morgenbrod, für eine
Wiedervereinigung Deutschlands
hervor. Seit 1980 nun ist die FDP
kontinuierlich im Weinheimer Gemeinderat vertreten, und sie habe
in den vergangenen „35 Jahren
Stadtratstätigkeit eine ganze Reihe
wichtiger
Anstöße
für
die
Weinheimer
Kommunalpolitik
gegeben", sagte Breiling.
„Bargeld für Bürger wichtig“
Die anschließende Festrede hielt
der Ehrenvorsitzende, Dr. Hans
Freudenberg. Eingangs betonte er:
„Welche Legitimation hat der
Staat?Er hat die Aufgabe, die
Sicherheit und die Freiheit seiner
Bürger zu schützen". Die Freiheit
sei jedoch stets in Gefahr,
eingeschränkt oder abgeschafft zu
werden. Zum Beispiel beim Thema
Bargeld. „Bargeld ist für Bürger
wichtig." Es gehe zwar auch ohne,
doch die Cyber-Kriminalität würde
dann noch sprunghafter ansteigen.
Auch das Argument, ohne Bargeld
den
Terrorismus
besser
bekämpfen zu können, ließ
Freudenberg nicht gelten. „Für Kriminelle mit mehreren Pässen und
Identitäten und ohne festen Wohnsitz ist das kein Problem. Aber die
sesshaften
Bürger
werden
gläsern."
Nach
seiner
Argumentation
diene
der
Vorschlag nur den Banken dazu,
Negativ-Zinsen
durchsetzen zu
können. Das Thema habe eine
„handfeste Debatte im Bundestag
verdient", doch dort gebe es keine
liberale Position mehr. „Dazu
braucht
es
die
FDP",
so
Freudenberg.
Neben dem 70-Jährigen hatte
der Ortsverband aber noch etwas
zu
feiern:
Susanne
Krüger,
ehemalige Kreis- und Stadträtin,
wurde für 40 Jahre Mitgliedschaft
geehrt. Sie sei bereits als Elfjährige
durch ein Wahlplakat auf die FDP
aufmerksam geworden und habe
sich schon in der Schulzeit mit den
Ideen des Liberalismus beschäftigt,
sagte sie.
Musikalisch wurde die Feier von
Ingibjörg Schwarze am Cell
urahmt.
vmr
Rhein-Neckar-Zeitung 4.2.2016
In den FDP-Akten geblättert
Die FDP Weinheim begeht am 19. Februar ihren 70. Geburtstag - Die RNZ begab sich auf die Spuren der Liberalen
Von Günther Grosch
Weinheim. Der 27. Januar 1946 stellt für die
FDP Weinheim ein historisches Datum dar.
Vor 70 Jahren fand in der Zweiburgenstadt die
erste Gemeinderatswahl nach dem Zweiten
Weltkrieg statt. Sie stellt auch den aktenkundigen Beleg für die Existenz eines liberalen
Ortsverbands in Weinheim dar. Der heutige
FDP-Stadtrat Günter Breiling, mit mehr als 35
Jahren Stadtratstätigkeit die Speerspitze der
Partei im Gemeinderat, hat sich kundig gemacht - und ist mit der RNZ die Akten durchgegangen.
Bereits am 6. Januar 1946 war unter anderen
von Theodor Heuss und Reinhold Maier in
Stuttgart die „Demokratische Volkspartei"
(DVP) neu gegründet worden. Die Militärregierung von Württemberg-Baden hatte die
Bildung eines DVP-Landesverbands genehmigt. Die Partei stützte sich auf eine lange, bis
1864 zurückgehende demokratische Tradition.
Erst 1948 ging die DVP in der in Heppenheim
neu gegründeten und auf Bundesebene etablierten Freien Demokratische Partei (FDP) auf,
deren baden-württembergischer Landesverband heißt aber bis heute FDP/DVP.
Wie ein Weinheimer Liberaler in
die Schlagzeilen geriet
Geht man nach Wählerstimmen, erlebte die Weinheimer FDP zwischen 2009 und 2014 ihre besten Zeiten. Dieses Foto - es zeigt
Eine Gründungsurkunde der Weinheimer den damaligen FDP-Vorstand - entstand im Juli 2009. Vorne links: Stadtrat Günter Breiling, bis heute der Vorkämpfer der Liberalen.
FDP gibt es nicht", bedauert Breiling. Nach Foto: Dorn
der damaligen Satzung des Landesverbands
der DVP waren als unterste Gliederungsebene Stadtverbände das Aufsichtsrecht in den Orts- Kreisverbands Mannheim. Breiling: „Noch 1961
Bei der ersten Ratswahl erzielte die DVP einen
Orts- und Stadtgruppen vorgesehen. Doch und Stadtgruppen ihres Kreises aus." Die Orts- musste der Weinheimer FDP-Vorsitzende in Mann- Stimmenanteil von 5,1 Prozent, für einen Sitz im
heißt es darin auch: „Im Auftrag des Landes- gruppen waren damit ein Anhängsel der heim nachfragen, wer denn in Weinheim FDP- Gremium reichte es nicht. Anders sah es in den
verbands üben die Vorsitzenden der Kreis- und Kreisverbände, im Fall von Weinheim des Mitglied ist."
heutigen Weinheimer Ortsteilen aus, damals noch
selbstständige Gemeinden. In Oberflockenbach trat
die „Demokratische Partei" mit sieben Kandidaten an
und errang drei Ratssitze. Ein Sitz entfiel auf die
KPD. Breiling: „Die Demokratische Partei verfügte
über einen Anteil von 75 Prozent." Beispiel Rippenweier: Dort wurde ein gemeinsamer Wahl Vorschlag
aus einem SPD-und drei „demokratischen" Kandidaten aufgestellt. Weil dies genau der Stärke des zu
bildenden Rats entsprach, wurden die Bewerber ohne
Wahl verpflichtet. In Ursenbach, heute ein Schriesheimer Ortsteil, stellte die Demokratische Partei mit
vier Bewerbern den ganzen Gemeinderat.
Angesichts dieser Ergebnisse komme er nicht
umhin, so Breiling mit dem ihm eigenen Humor, die
Wählerschaft in den Odenwald-Ortsteilen dazu
aufzurufen, „bei den bevorstehenden Wahlen an die
demokratische Tradition von 1946 anzuknüpfen". In
Weinheim wurde die politische Arbeit auch ohne
Ratsmandate aufgegriffen. Am 3. November 1946
sprach hier der Kultusminister und spätere Bundespräsident, Theodor Heuss.
Zur zweiten Nachkriegswahl warfen 15 DVPKandidaten ihren Hut in den Ring. Ergebnis: 4,7
Prozent Stimmenanteil, ein Ratssitz. Die Gründung
der parteilosen Wählervereinigung unter Richard
Freudenberg machte den Aufbruch der Demokraten
aber
schnell wieder zunichte. Die Wählervereinigung
erzielte einen Stimmenanteil von 41 Prozent: „Da
blieb kein Platz für ein freidemokratisches Mandat."
Bei den folgenden Gemeinderatswahlen verzichtete die Partei darauf, eine Liste aufzustellen. Stattdessen
konzentrierte sich der Ortsverband auf landes- und
bundespolitische Themen. In diesem Zusammenhang
kam es 1956 zu einem bemerkenswerten Vorstoß des
damaligen Weinheimer FDP-Vorsitzenden. Ein gewisser Herr Morgenbrod nahm Kontakt zur LiberalDemokratischen Partei in Magdeburg auf,
um „über die Möglichkeit der Wiedervereinigung Deutschlands zu sprechen". Ihn leitete
die Überzeugung, dass ein Briefwechsel von
Verband zu Verband auf der unteren Ebene
ein Beitrag zur Aufsplitterung der starren
Fronten zwischen West und Ost sein könne.
Dieser Vorstoß führte zu einem am 4. August 1956 gesendeten Interview des DDRSenders „Deutschlandfunk" mit Weinheimer
FDP-Mitgliedern. Schon die Vorbereitung der
Aktion zog Aufmerksamkeit auf sich. Der
Weinheimer FDP-Mann handelte sich folglich
einen Rüffel des FDP-Landesverbands ein.
Die Süddeutsche Zeitung dagegen kommentierte: „Versuche dieser Art, die niemand verpflichten, sollte man weder verdächtigen noch
mit dem Holzhammer totschlagen."
Auf kommunaler Ebene kam es erneut
zu Veränderungen. Unter der Bezeichnung
„Mittelstandsblock" nahm eine neue parteilose Gruppierung erfolgreich an den Gemeinderatswahlen teil. 1962 kam es unter dem
FDP-Ortsverbandsvorsitzenden Horst Freudenberg zur richtungweisenden Listenverbindung „Mittelstandsblock/FDP". Die Folge:
Starke Wahlergebnisse. Mit der sozialliberalen Koalition im Bund (von 1969 an)
erlebte die FDP jedoch eine Zäsur.
An eine Fortsetzung der Weinheimer Listenverbindung war nicht mehr zu denken.
Viele kehrten der Partei den Rücken", so
Breiling. Eine Erneuerung und Verjüngung
der Mitgliederstruktur brachte der Aufbruch
in die Reformpolitik der 1970er Jahre. Bei
der Gemeinderatswahl 1980 gelang es der
FDP/D VP in Weinheim - nicht zuletzt durch
Günter
Breiling - erstmals wieder, ein Mandat zu
erobern: 33 Jahre nach dem ersten Mandatsgewinn 1947.
In den Folgejahren konnten die Liberalen
dieses Ergebnis ausbauen, 2009 hatte man
eine vierköpfige Ratsfraktion beisammen.
2014 kam die FDP - trotz weitaus schwächerer Ergebnisse im Bundestrend - in Weinheim auf zwei Sitze.
Die Liberalen stellen jetzt in zwei Ortsteilen je einen Ortschaftsrat. „Heute können
sich die Weinheimer Freien Demokraten als
ein stabiler Faktor in der Kommunalpolitik
begreifen", so Breilings Fazit. Nicht zuletzt
unter dem Aspekt, dass die FDP in den zurückhegenden 35 Jahren ihrer Stadtratstätigkeit eine ganze Reihe wichtiger Anstöße
gegeben habe.
(D Info: Die FDP begeht ihren 70. Geburtstag am Freitag, 19. Februar, 19 Uhr, mit
einer Feierstunde im Bürgersaal des Alten
Rathauses. Festredner ist der Ehrenvorsitzende, Landtagsabgeordnete a. D. und frühere Ministerialdirigent im Wirtschaftsministerium, Dr. Hans Freudenberg.
Weinheimer
Nachrichten 16.2.16
Landtagswahl: Der FDPFraktionsvorsitzende
und Spitzenkandidat Dr.
Hans-Ulrich
Rülke
spricht in Weinheim
über Bildung, Energie
und die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin
WEINHEIM. Raus aus den
Hinterzimmern, rein ins pralle
Leben - diese Vorgabe hat sich
die FDP für den Wahlkampf zur
Landtagswahl
in
BadenWürttemberg (13. März) gemacht. Deshalb lud die Kandidatin für den Wahlkreis Weinheim, Andrea Reister (54), am
Samstagnachmittag zum Kaffeeplausch ins Cafe Florian ein.
Dort war's zwar eng, aber eben
mittendrin
im
Marktplatzgeschehen. Und tatsächlich
spitzten neben den rund 20
FDP-auch die anderen FloGäste neugierig herein: Wer
spricht denn da? Und um was
geht's bei denen?
Redner und Star-Gast war der
Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat, Dr. Hans-Ulrich
Rülke, dessen Slogan „BadenWürttemberg ist das Hirn von
Deutschland. Lassen wir es
arbeiten" auch in Weinheim
derzeit auf Plakaten zu sehen
ist. Einer Ampelkoalition erteilte er eine ziemlich klare
Absage. Mit der SPD gehe es
möglicherweise, mit den Grünen nicht. „Die sind durchgefallen", sagte er. Mit der CDU
hingegen stimme man „in 80 bis
85 Prozent" überein.
Der Pforzheimer sprach auch
über die drei großen Themen
Flüchtlingspolitik, Bildung und
Energie. Beim Thema Asylbewerber stehe die FDP auf einer
„differenzierten Position" zwischen der „naiv-einladenden"
Bundesregierung
und
der
„plumpen" Rechten. „Wir wollen Menschen, die von Kriegs
handlungen bedroht sind, hel-
sagte Rülke. Viel Applaus erntete er für sein Fazit: „Wir sind
gegen die Flüchtlingspolitik der
Kanzlerin aber wir sind nicht
gegen Flüchtlinge." Dieses
Thema dominierte neben der
Windkraft auch die Fragen nach
Rülkes Vortrag.
Rülke stellte klar: Man brauche ein gewisses Maß an Zuwanderung. „Denken Sie nur an
den Pflege-Bereich", sagte er
und warb für den FDPVorschlag der verkürzten Dualen Ausbildung, bei der Flüchtlinge ein Jahr lang pro Woche je
zwei Tage in einem Betrieb die
Praxis lernen und zwei Tage in
der Schule unter anderem
Deutsch büffeln.
In diesem Zusammenhang
betonte die Weinheimer Kandidatin Reister: „Bei den Sprachprüfungen sollte es eine Abstufung geben." Gerade im Bereich
Pflege gebe es nach ihrer Information viele Kandidaten, die
trotz hoher fachlicher Kompetenz an der Sprachprüfung
scheiterten. „Da müssen wir
nochmal rangehen", so Reister.
Viel diskutiert wurde am Ende auch über das Thema Energiewende. Windkraft lehnt die
FPD zwar nicht per se ab, für
Baden-Württemberg
jedoch
schon, waren sich Reister und
Rülke einig. „Wenn die EnerGilt als hervorragender Redner: FDP-Fraktionschef und Spitzenkangiewende funktionieren soll,
didat Dr. Hans-Ulrich „Uli“ Rülke. Am Sonntagnachmittag sprach er dann muss sie vernünftig funkvor rund 20 FDP-Anhängern im Café Florian am Marktplatz
tionieren", betonte Rülke. BaBild: Gutschalk
fen", so der 54-jährige Politiker,
der sich bemühte, die FDP als
„demokratische Alternative" zur
Regierung von Angela Merkel
darzustellen. Trotzdem müsse
der Zustrom von Asylsuchenden
begrenzt werden.
Doch nicht nur mit der Kanzlerin, auch mit der badenwürttembergischen Regierung
ging Rülke wie im Wahlkampf
üblich - hart ins Gericht. „Ich
erwarte auch von unserem Land
künftig eine andere Praxis. Wir
hatten
2015
in
BadenWürttemberg 25000 Aus
reisepflichtig aber nur 2000
Abschiebungen. Das ist deutlich
zu wenig. Wir erleben ein Politikversagen sowohl auf Bundes, als auch auf Landesebene“,
den-Württemberg habe von
allen Bundesländern das geringste Windaufkommen. Es
könne nicht angehen, dass die
Bürger im Ländle den Strom aus
Windkraft - unter anderem aufgrund der staatlichen Förderung
durch Steuergelder - quasi
mehrmals bezahlen. Deshalb sei
er gegen den „sinnlosen und
subventionierten Ausbau der
Windkraft", so Rülke und warb
gleichzeitig für speicherfähige
und kontinuierlich zur Verfügung stehende Energieformen
wie beispielsweise moderne
Gaskraftwerke. Rülkes klare
Position beim Thema Bildung:
„Die Gemeinschaftsschule kann
unser vielgliedriges und differenziertes Schulsystem gerne
ergänzen, aber keinesfalls ersetzen." In jedem Fall müssten die
Privilegien für Gemeinschaftsschulen zurückgenommen werden. „Ein Gemeinschaftsschüler
ist der grün-roten Regierung
7000 bis 8000 Euro pro Jahr
wert, ein Realschüler nur 4000
Euro", schimpfte er und erntete
auch dafür viel Applaus. Vmr