„War on Cash“ – findet (noch) nicht statt!

MA NAG E M E N T
UNITI Cards- und Automations-Forum 2016
Jahreserhebung 2015
„War on Cash“ – findet
(noch) nicht statt!
Wie bezahlen Kunden in der Tankstelle? Was bewirken Debit- und Kreditkarten,
Flotten- und Truckerkarten? Und wie können Tankstellenbetreiber von
neuen Zahlungssystemen wie mobil oder kontaktlos profitieren? Die Zahlen
und Daten zu POS und Zahlsystemen an Tankstellen in Deutschland.
W
er über Bezahlsysteme entscheidet, muss Zahlen kennen. Viele Zahlen. Gut, dass
in der Tankstellenbranche Jens Stolte von
der Firma stolte consult die Zahlen und
Daten rund ums Bezahlen sammelt, ordnet und bewertet. Seit elf Jahren leistet der
Experte die mühselige Arbeit, um die
Ergebnisse auf dem alljährlichen UNITI
Cards- und Automations-Forum in Hamburg zu präsentieren. 280 Forumsteilnehmer – so viele wie nie zuvor – wollten sie
in diesem Januar als Erste und aus erster
Hand erfahren.
50
© UNITI
Jens Stolte von stolte
consult in Hamburg
stellte die aktuellen
Branchenzahlen vor.
13.259 Tankstellen wertete Jens Stolte
für seine Jahreserhebung 2015 aus, das
sind mehr als 90 Prozent aller Straßentankstellen. Was zeigt, dass die allermeisten Mineralölgesellschaften und Netzbetreiber seine „Fleißarbeit“ unterstützen
und wertschätzen, denn ihre eingereichten Daten ergeben ja erst die Branchenzahlen. Stolte: „Ich danke allen sehr herzlich, die ihre Daten und Zahlen einreichen. Erst dadurch erlangen die Branchenzahlen ihre Relevanz!“
Um Äpfel nicht mit Birnen zu vergleichen, teilt der langjährige Branchenken-
ner die Gesellschaften in drei Kategorien
ein: Kategorie 1 umfasst Tankstellennetze
mit mehr als 800 Stationen, die Mittelstandskategorie 2 200 bis 800 Stationen
und Kategorie 3 sind kleinere Netze mit
weniger als 200 Tankstellen.
„Ich habe ein sehr positives Bild von der
wirtschaftlichen Situation der Tankstellen
gewonnen“, begrüßte Jens Stolte die
Forumsteilnehmer im Konferenzzentrum
des Grand Elysée Hotels in Hamburg. Stationen aller drei Kategorien haben seiner
Analyse zufolge im abgelaufenen Jahr 2015
bei den Ottokraftstoff- und Dieselabsätzen
ebenso gut abgeschnitten wie bei den Shopumsätzen mit den wesentlichen Kategorien
Getränke und Tabakwaren. Und das, nachdem über viele Jahre der Benzinverkauf
zurückgegangen ist. Doch im vergangenen
Jahr ist dieser Abwärtstrend zum Stehen
gekommen – nach Einschätzung Stoltes
speziell wegen der starken Position des
Mittelstands im Benzingeschäft. Im Hinblick auf die derzeit niedrigen Kraftstoffpreise könnte es in 2016 sogar wieder zu
einer Absatzzunahme kommen, hofft der
Experte.
t W KOMPAKT
Kartenzahlungen an Tankstellen
stagnieren bei rund 62 Prozent, Bargeld
hält sich stabil bei rund 38 Prozent vom
Gesamtumsatz. Tankstellen und Kreditwirtschaft fehlen zündende Ideen, um
Kunden von bargeldlosen Innovationen
wie kontaktlos oder mobil zu begeistern.
tankstellenWelt
2016 (3)
UNITI Cards- und Automations-Forum 2016 MAN AGEM E N T
tankstellenWelt
2016 (3)
Anteile der Zahlungsarten am Gesamtumsatz
Flottenkarten
15,1%
Barzahlung
37,8%
Truckerkarten
9,1%
Kreditkarten
© stolte consult
11,7%
Debitkarten
27,2%
KATEGORIE 1
JAHRESERHEBUNG 2015 (KATEGORIE 2)
Anteile der Zahlungsarten am Gesamtumsatz
Ring-/Stationskarten
0,3%
Rechnungen
0,0%
Sonstige
0,2%
Flottenkarten
5,9%
Barzahlung
40,2%
Truckerkarten
5,0%
Kreditkarten
12,1%
© stolte consult
KARTENZAHLUNGEN STAGNIEREN
TROTZ GUTER GESAMTSITUATION
In der Kategorie 2 ist der Anteil der
Flotten- und Truckerkarten deutlich geringer (zusammen 10,9%), dafür der Anteil des Bargeldes (40,2%) und der Debitkarten (36,4%) größer. Ring- und Stationskarten spielen mit 0,3 Prozent eine
noch geringe, aber immerhin schon merkbare Rolle. Bei den kleineren Netzen der
Kategorie 3 dominieren die Debitkarten
mit 40,7 Prozent, die Ring- und Stationskarten spielen mit 2,4 Prozent vom Gesamtumsatz schon eine größere Rolle.
Die Debitkarten liegen über alle Netzgrößen hinweg mit gut 33 Prozent sehr
konstant. Auch der Bargeldanteil ist über
alle Kategorien in etwa gleich stark, liegt
gesamt bei knapp 38 Prozent und hat sich
damit im Grunde seit Jahren nicht verändert. Für Jens Stolte ist dies vor dem Hintergrund beachtenswert, dass den aktuellen Zahlen ja eine sehr gute gesamtwirtschaftliche Situation zugrunde liegt und
es in der Branche seit mindestens drei
Jahren massive Versuche gibt, den Bargeldanteil zurückzudrängen und den Kartenanteil zu steigern. Stoltes Fazit: „Anders als im allgemeinen Handel ist das der
Tankstellenbranche bislang nicht gelungen! Nach drei Jahren ohne Zuwächse
muss sich unsere Branche eingestehen,
dass das Kartengeschäft stagniert. Der
vielbeschworene „War on Cash“ [Angriff
auf das Bargeld; Red.] findet einfach nicht
statt!“ Stichwort Bargeld: Dessen Anteil
von 37,9 Prozent am Gesamtumsatz setzt
sich zu 85 Prozent aus Einkäufen unter
20 Euro und sogar zu 93 Prozent mit Bons
unter 50 Euro zusammen.
Für Stolte heißt das im Umkehrschluss:
„Wer in der Tankstelle im Kartenbereich
Wachstum erzeugen möchte, der muss〱
JAHRESERHEBUNG 2015 (KATEGORIE 1)
Debitkarten
36,4%
KATEGORIE 2
JAHRESERHEBUNG 2015 (KATEGORIE 3)
Anteile der Zahlungsarten am Gesamtumsatz
Flottenkarten
Ring- und Stationskarten
2,4%
2,5%
Truckerkarten
Barzahlung
37,2%
3,1%
Kreditkarten
14,0%
© stolte consult
Die großen Tankstellengesellschaften
haben einen hohen Anteil an Trucker(8,1%) und Flottenkarten(15,1%). Diese
machen fast ein Viertel des Gesamtumsatzes aus. Geringer ausgeprägt sind Debitzahlungen (27,2%) und Barzahlungen
(37,8%). Relativ konstant ist der Anteil an
Kreditkartenbezahlung (11,7%). Auch das
Shopgeschäft erweist sich als Domäne der
großen Gesellschaften mit ihren Shopkonzepten – plus 7,1 Prozent zum Vorjahr
bei Getränken und Tabak.
Debitkarten
KATEGORIE 3
40,7%
51
MA NAG E M E N T
UNITI Cards- und Automations-Forum 2016
sich auf diesen hohen Bargeldanteil von
gut zwei Dritteln konzentrieren und hierbei auf die Kleineinkäufe. Stolte: „Das wurde im Markt bisher nicht umgesetzt!“
JAHRESERHEBUNG 2015 (KATEGORIE 1-3 GEW.)
Anteile der Zahlungsarten am Gesamtumsatz
Sonstige
0,2%
Ring- und Stationskarten
0,9%
Flottenkarten
9,4%
Truckerkarten
6,0%
Barzahlung
Kreditkarten
12,5%
© stolte consult
37,9%
Debitkarten
33,1%
KATEGORIE 1-3 gew.
JAHRESERHEBUNG 2015
„Bargeld-Spread“ Tankstellen
70 %
67,96
Umsatz-Anteil
Trx-Anteil
60 %
50 %
40 %
33,44
30 %
16,54
12,04
8,18
10 %
0%
21,48
17,31 16,50
5,03
1,53
Wert <
10 €
Wert <
20 €
Wert <
50 €
Wert <
80 €
Wert ≥
80 €
© stolte consult
20 %
JAHRESERHEBUNG 2015
ec cash Umsatzanteile Tankstellen
86 %
ec cash Umsatzanteile
Tankstellen
84 %
82 %
80 %
78 %
76 %
72 %
52
2011
2012
2013
2014
2015
© stolte consult
74 %
ZWÖLF GIROGO-ZAHLUNGEN AN
EINER TANKSTELLE. IM MONAT!
Damit stellen die nackten Zahlen den
Innovationen im Bereich des mobilen und
des kontaktlosen Bezahlens ein vernichtendes Zeugnis aus: girogo beispielsweise,
die kontaktlose Bezahloption bis 20 Euro
Bonwert, wurde im Durchschnitt der beteiligten Tankstellen je Station nur 11,9
Mal genutzt – im Jahr! Also etwa ein Mal
im Monat! Die bis zur Wertgrenze 25 Euro
geltenden Alternativen PayPass (MasterCard) und PayWave (Visa) bringen es auf
143 beziehungsweise 104 Mal im Jahr,
werden in der einzelnen Tankstelle also
rund zehn Mal im Monat gezückt. Zum
Vergleich: Eine durchschnittliche Tankstelle wickelt im Jahr rund 40.000 Transaktionen mit Debit- oder Kreditkarten ab.
Stolte: „Bei diesen Verhältnissen ist es
unerheblich, ob ein Zahlungssystem 100
oder 300 Transaktionen im Jahr generiert.
Das ist auf jeden Fall viel zu wenig, um
von einem Erfolg sprechen zu können
oder gar davon, das Bargeld zurückzudrängen. Das gilt erst recht, wenn man
berücksichtigt, mit welch hohem Aufwand diese Systeme propagiert und in den
Markt eingeführt worden sind.“
Forum-Moderator Frank Braatz, Chefredakteur des Spezialinformationsdienstes
„Source“, bezeichnete das Abschneiden der
mobilen und kontaktlosen Bezahlsysteme
spontan als dramatisch: „girogo sieht da ja
aus wie eine Position auf der Liste bedrohter Arten“, forderte er Forums-Teilnehmerin Sybille Strack vom Deutschen
Sparkassen- und Giroverband auf zu erklären, weshalb „ihr“ girogo, trotz der gewaltigen Zahl an ausgegebenen Kontaktloskarten, so schlecht abschneide.
Strack bestätigte, dass die Institute inzwischen alle ihre Kundenkarten mit der
Kontaktlosfunktion ausgestattet haben –
allerdings erst seit November. Überhaupt
habe man die Aktivitäten in 2015 „eher auf
die Business-Seite gelegt“, also darauf, Handel und Händler über girogo zu informieren und für das System zu gewinnen. Für
2016 habe man sich vorgenommen, nun
die Kunden für girogo zu begeistern. Was
tankstellenWelt
2016 (3)
© UNITI
UNITI Cards- und Automations-Forum 2016 MAN AGEM E N T
Die Branchenzahlen sorgten für Diskussionen unter den Teilnehmern des Forums.
Jens Stolte inhaltlich unterstützt: „Ich halte
girogo aus Händlersicht für das effizienteste System, was die Bündelung, Einreichung der Zahlungen und so weiter angeht.“ Seiner Meinung nach zeigen die
Zahlen daher, wie wenig man erreicht habe
und welche Wegstrecke noch bevorstehe.
Und welche Anstrengungen die Kreditwirtschaft gemeinsam mit den Mineralölgesellschaften noch unternehmen müssten,
um kontaktloses oder mobiles Bezahlen
selbstverständlich zu machen.
Bei Betrachtung der Debitkartenzahlungen bestätigt sich der Trend der ver-
gangenen Jahre: ec cash verliert an Marktanteil, liegt beispielsweise bei den großen
Netzen schon bei deutlich unter 70 Prozent.
Stolte: „Dort finden 30 Prozent der Transaktionen im ec-Lastschriftverfahren (ELV)
statt.“ Denn ELV, das Zahlungsverfahren
mit Karte und Unterschrift, ist für den
Händler billiger. Auch das Konzentratormodell der Mineralölbranche befördere
„die Etablierung des garantierten ELV-Verfahrens als einzige wettbewerbliche Alternative zum PIN-basierten ec cash. So nehmen, laut Stolte, auch im Mittelstandsbereich ec-Lastschriften mit derzeit 15,5
Prozent am Debitumsatz weiter zu. Er sieht
das ELV auch bei den kleinen Tankstellennetzen im Kommen: „Das Unterschriftsverfahren ‚kaskadiert‘ so langsam durch
den gesamten Markt.“ Was der Fachmann
an einer beeindruckenden Kurve zeigte:
Der Umsatzanteil des jahrzehntelang dominierenden ec-cash-Systems an Tankstellen rutschte seit 2008 von 97 Prozent um
20 Prozent ab. 〱
Manfred Ruopp
www.uniti.de; www.stolte-consult.de
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