Staatsorganisationsrecht

Staatsorganisationsrecht
I.
Bundesregierung
Demokratie meint Herrschaft des Volkes. Das Volk übt die Staatsgewalt mithilfe von
Wahlen. Dabei ist der Bundestag das einzig direktdemokratisch legitimierte politische
Organ. Hinsichtlich der anderen Organe muss die Legitimationskette stets auf das Volk
zurückführbar sein, dies gilt für den Bundesrat als zweites Legislativorgan, den
Bundespräsidenten und der Bundesregierung als Exekutivorgan sowie das
Bundesverfassungsgericht als Judikative.
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler sowie den Bundesministern, die
auch als Kabinett bezeichnet werden.
Das Kanzlerprinzip (Art. 65 GG) bedeutet, dass der Bundeskanzler die Richtlinien der
Politik vorgibt und die Verantwortung für die politischen Entscheidungen trägt. Er leitet
die Geschäfte der Bundesregierung. Als Grundlage fungiert die Geschäftsordnung des
Bunderates, welche vom Bundespräsident zu genehmigen ist (Art. 65 S. 4 GG).
Das Kollegialprinzip besagt, dass der Kanzler gemeinsam mit seinen Ministern über
allgemeine politische Belange entscheidet. Das Gremium entscheidet insgesamt. Sollte es
zu unterschiedlichen Meinungen kommen, so geht es nach der Mehrheit.
Jeder Minister verwaltet sein Ressort eigenständig (Art. 65 GG). Auch der Kanzler darf
diese Eigenständigkeit der Minister nicht durch Vorgaben schmälern. Jedoch darf ein
Minister nur innerhalb der vom Kanzler vorgegebenen politischen Richtlinien tätig
werden.
Die Minister werden auf Vorschlag des Kanzlers ernannt und entlassen (Art. 64 GG). Das
Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers endigt in jedem Falle mit dem
Zusammentritt eines neuen Bundestages, das Amt eines Bundesministers auch mit jeder
anderen Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers (Art. 69 II GG). Ein Minister kann
auch zurücktreten, allerdings muss er u.U. die Geschäfte bis zur Ernennung eines neuen
Ministers weiterführen (Art. 69 III GG).
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II.
Bundestag:
Der Bundestag als Parlament hat drei verschiedene Funktionen, nämlich:
-
Legislativfunktion (Gesetzgebung),
Kreationsfunktion (Wahlfunktion, Wahl des Bundeskanzlers),
Kontrollfunktion (Kontrolle der Regierung).
Der Bundestag wird für vier Jahre gewählt (Art. 39 I 1 GG). Seine Wahlperiode endet mit
dem Zusammentritt eines neuen Bundestages (Art. 39 I 2 GG). Die Wahlperiode kann im
Wege der Verfassungsänderung (Art. 79 GG) verkürzt oder verlängert werden, jedoch
nur für die Zukunft. Eine Abänderung der laufenden Wahlperiode ist unzulässig (Art. 79
III i.V.m. Art. 20 II GG).
In den durch das Grundgesetz gezogenen Grenzen kommt dem Bundestag gemäß Art. 40
I 2 GG das Recht zu, seine Organisation und sein Verfahren selbst zu regeln, indem er
sich eine Geschäftsordnung1 (GOBT) gibt (Geschäftsordnungsautonomie).
1. Bundestagspräsident (nicht verwechseln mit dem Bundespräsidenten!)
Er ist der Präsident des Bundestages, leitet die Sitzungen des Bundestages und
repräsentiert diesen nach außen.
2. Vorzeitige Auflösung des Bundestage
Es gibt kein Selbstauflösungsrecht des Bundestages. Aus Gründen der politischen
Stabilität ist für vorzeitige Neuwahlen ein kompliziertes Verfahren in Gang zu setzen,
an dem mehrere Verfassungsorgane beteiligt sein müssen. Die Möglichkeit
vorzeitiger Neuwahlen besteht demnach nur, wenn nach Artikel 68 GG der
Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag innerhalb von 21
Tagen auflöst, nachdem die Mehrheit der Abgeordneten dem amtierenden
Bundeskanzler das Vertrauen verweigert hat (Vertrauensfrage). Solange der
Bundespräsident dies jedoch nicht verfügt hat - er ist an den Vorschlag des Kanzlers
keineswegs gebunden -, kann der Bundestag von der Möglichkeit des so genannten
konstruktiven Misstrauensvotums Gebrauch machen: Mit absoluter Mehrheit
muss der Bundestag den amtierenden Kanzler abwählen und zugleich einen neuen
Bundeskanzler wählen. Ist dieses Verfahren erfolgreich, wird der Bundestag nicht
aufgelöst.
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Art. 40 I 2 GG; GOBT regelt u.a. die Rednerzeit im Plenum, Verhaltensregeln der Abgeordneten; in der Praxis
wird meist die Geschäftsordnung der vorangegangenen Legislaturperiode(n) unverändert übernommen, obwohl
sich jeder Bundestag eigentlich eine neue GO geben sollte.
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a. Konstruktives Misstrauensvotum
Art. 67 GG
Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag sprechen ihr Misstrauen
gegenüber dem momentanen Bundeskanzler aus
der Bundeskanzler muss aus seinem Amt scheiden, da er das nötige Vertrauen
im Bundestag nicht länger hat
gleichzeitig (um eine Machtlücke zu vermeiden) muss ein neuer Kanzler
gewählt und vom Bundespräsidenten ernannt werden – während der alte
Kanzler vom Bundespräsidenten entlassen wird
früher in der Weimarer Republik: destruktives Misstrauensvotum
nachdem der alte Kanzler aus seinem Amt geschieden ist, wurde kein neuer
eingesetzt
der alte Kanzler kann beim konstruktiven Misstrauensvotum NICHT erneut
gewählt werden, denn das Misstrauensvotum fand gerade statt, um den
Kanzler abzusetzen
b. Vertrauensfrage
Art. 68 GG
unabhängig vom konstruktiven Misstrauensvotum, kann der Bundeskanzler
von sich aus die Vertrauensfrage stellen
um zu gucken, ob die Mehrheit der Parlamentsmitglieder noch hinter ihm
steht
ist dies nicht der Fall, gibt es verschiedene Möglichkeiten…
der Bundeskanzler kann dem Bundespräsidenten vorschlagen, den Bundestag
aufzulösen (dies ist lediglich ein Vorschlag, der Bundespräsident muss sich
nicht daran halten! andererseits kann der Bundespräsident ohne einen
Vorschlag des Kanzlers nicht von selbst tätig werden; in solch einem Fall
würde dann gar nichts passieren)
der Bundespräsident wiederum hat 21 Tage Zeit, um den Bundestag
aufzulösen und es sich zu überlegen
innerhalb dieser 21 Tage kann der Bundestag ein konstruktives
Misstrauensvotum (s.o.) durchführen und den Bundeskanzler absetzen
dann würde automatisch ein neuer Kanzler eingesetzt werden
KONSTRUKTIVES Misstrauensvotum
in diesem Fall würde der Bundestag selbstverständlich nicht aufgelöst
werden, denn es gäbe ja einen neuen Kanzler und der alte wäre weg
im Übrigen ist der Kanzler nicht gehindert die Vertrauensfrage erneut zu
stellen (natürlich vor Ablauf der 21 Tage und sofern es nicht bereits zu einem
konstruktiven Misstrauensvotum kam)
hat die Vertrauensfrage beim zweiten Mal ein positives Ergebnis (immerhin
denkbar), so erlischt das Auflösungsrecht in Bezug auf den Bundestag
ebenfalls
außerdem kann der Bundestag innerhalb der Frist der 21 Tage einen neuen
Kanzler wählen (entgegen dem Wortlaut von Art. 68 – „anderen“ – kann auch
der alte Kanzler wieder gewählt werden)
wenn der Bundestag aufgelöst wird, dann kommt es zu Neuwahlen
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III.
Direkte und indirekte Demokratie
Demokratie
Direkte Demokratie
Indirekte Demokratie
In der direkten Demokratie
entscheidet das grundsätzlich
das Volk durch Abstimmungen
über anstehende politische
Entscheidungen, insbesondere
über Gesetze.
In der indirekten (repräsentativen) wählt
das Volk seine Repräsentanten
(Abgeordnete), die dann in dessen
Auftrag (Mandat) pol. Entscheidungen
treffen, insbesondere Gesetze
beschließen.
Indirekte Demokratie
Parlamentarische Demokratie
Präsidialdemokratie
Dabei ist das vom Volk gewählte Parlament
sowohl Gesetzgeber als auch
entscheidendes Organ bei der
Regierungsbildung, d.h. dass die Regierung
nicht direkt vom Volk, sondern vom
Parlament gewählt wird. Bsp.: BRD
In dieser wird der Regierungschef (Präsident)
direkt vom Volk gewählt und übt seine Macht
unabhängig vom Parlament aus. Die vom
Präsidenten gebildete Regierung ist dann auch
von den Parlamentsmehrheiten kaum
abhängig. Bsp.: USA
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