PFLANZENPRODUKTION Saum- und Bandstrukturen (SABA) Die Agrarlandschaft mit Blühstreifen aufwerten Blühstreifen als Feldränder entlang von Ackerflächen bereichern die Agrarlandschaft in besonderem Maße. Über die vielfältigen Effekte dieser Streifen und die Ergebnisse der Begleituntersuchung zum Agrarumweltprogramm „Saum- und Bandstrukturen im Ackerbau“ informieren Pascal Paulen und Michael Trieschmann vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück. Bisher hat sich gezeigt, dass unabhängig von der Artenzahl in den Mischungen bei der Deckung die ausgebrachten Arten deutlich überwiegen und sich ackerbaulich unerwünschte Pflanzen nicht überFoto: Dr. G. Mattern mäßig in den Flächen verbreiten. D ie Agrarlandschaft ist traditionell ein Lebensraum, den sich der Mensch mit den unterschiedlichsten Tier- und Pflanzenarten teilt und teilen muss. Hierbei sind gerade die Wechselwirkungen zwischen blütenbestäubenden Insekten und den angebauten Kulturpflanzen von größter Bedeutung. Wirkungsvolle Beiträge der Landwirtschaft, um die Lebensräume dieser Insekten zu optimieren, sind daher in gegenseitigem Interesse. Neben der Anpassung der Fruchtfolge durch den Anbau von nektarbildenden Pflanzen, z. B. Raps, Sonnenblumen oder Kleegras, empfehlen sich insbesondere so genannte Blühstreifen. Gegenüber den Kulturpflanzen bieten sie einen sehr großen Vorteil für beispielsweise die blütenbestäubenden Insekten, denn durch die unterschiedliche Artenzusammensetzung der Mischungen ist das Nahrungsangebot nicht mit der Blüte der Kulturpflanzen beendet. Die Insekten finden auf den Streifen Übersicht: Ausgesäte mehrjährige Blühmischungen Nr. Bezeichnung der Aussaatmischung Hersteller 1 Bienenmischung (Wildarten heimischer Herkunft) Saaten Zeller 2 Lebensraum 1 (Wildarten heimischer Herkunft) Saaten Zeller 3 Wildacker - Wildäsung - Wilddeckung - trocken (Wildarten heimischer Herkunft) Rieger-Hofmann GmbH 4 Wildacker - Wildäsung - Wilddeckung - wechselfeucht (Wildarten heimischer Herkunft) Rieger-Hofmann GmbH 5 DSV-DJV Wildackermischung mehrjährig mit 5 % Kräutern Deutsche Saatveredlung AG 6 EU-Dauergrünbrache Revierberatungsstelle Wolmersdorf 7 Kräuter-Mähweide Becker-Schoell AG 8 Landschaftsrasen, Trockenlagen mit Kräutern Feldsaaten Freudenberger GmbH 9 Natur-Refugium Bayerische Futtersaatbau GmbH 10 Spezialeinsaat 5jährige Brache Drexler SamengroßhandelsVertriebs GmbH 11 Wildwiese/Rehwiese (4-5jährig) Feldsaaten Freudenberger GmbH 12 WPS-Mischung für fünfjährige Brache Appels Wilde Samen GmbH 13 Blühende Landschaft - mehrjährig Bienenweide Süddeutschland Rieger-Hofmann GmbH Seite 14 bis in den Spätsommer und Herbst eine Vielzahl an Blütenpflanzen und können dadurch stabilere Populationen ausbilden, was sich wiederum positiv auf die Bestäuberleistung auswirkt. Allein in Europa generiert die Bestäuberleistung der blütenbestäubenden Insekten einen jährlichen wirtschaftlichen Wert von etwa 14,2 Mrd € (Stand 2013). Blühstreifen können u. a. im Rahmen des EULLa (Entwicklung von Umwelt, Landwirtschaft und Landschaft)-Programmteils „Saum- und Bandstrukturen“ als ein- oder mehrjährige 5 - 20 m breite Streifen angelegt und gefördert werden. Die Blühstreifen bilden dabei künstlich geschaffene Biotope. Man bezeichnet sie auch als Saumbiotope, die zum einen bestehende Biotopstrukturen, wie Feldraine, Hecken oder Baumreihen, miteinander verbinden und zum anderen die Biodiversität der Flora und Fauna verbessern. Nicht nur die blütenbestäubenden Insekten profitieren von den Blühstreifen. Spinnen nutzen die vertikalen Strukturen zum Bau ihrer Netze, Raupen und Käfer finden darin eine Nahrungsquelle, ebenso wie kleinere Säugetiere. Außerdem profitiert die Vogelwelt von den Blühstreifen. Zum einen stellen die Pflanzen der Blühmischungen und deren Bewohner eine potenzielle Nahrungsquelle dar und zum anderen finden die Vögel in den Streifen wertvolle Brutplätze zur Aufzucht ihrer Jungtiere. Wind, Wildtiere und Vögel tragen zudem Samen wilder Pflanzen in die Flächen, wodurch sich diese ebenfalls in den Blühstreifen etablieren können. Auch wirkt sich das Vorhandensein von Blühstreifen sehr positiv auf das Landschaftsbild aus. Aus der Ferne bemerkt der Beobachter die BeRBZ - Nr. 18 / 2. Mai 2015 Abbildung 1: Deckungsgrad auf den SABA-Versuchsflächen (Ø der Standorte, Darstellung: Trieschmann, DLR RNH) reicherung durch die zusätzlichen Strukturen in der Landschaft. Tritt man näher an die Blühstreifen heran, erkennt man die bunte Farbvielfalt der unterschiedlichen Blütenpflanzen. Die Anlage von Blühstreifen erfüllt zudem eine Pufferfunktion. So wirken die Streifen als Erosionsschutz zwischen den einzelnen Schlägen oder können in der Nähe von Fließgewässern aktiv zum Gewässerschutz beitragen. Nicht zuletzt können Blühstreifen auch als ökologische Vorrangflächen (ÖVF) angerechnet werden und stellen somit ein wirksames und sinnvolles innerbetriebliches Instrument dar, um die Greening-Anforderungen zu erfüllen. Mehrjährige Blühmischungen untersucht Seit 2012 betreut das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück ein Projekt mit verschiedenen mehrjährigen Blühmischungen. Über einen Zeitraum von 5 Jahren werden insgesamt 13 Mischungen untersucht und bewertet. Dazu wurden Versuchsflächen an drei verschiedenen Standorten in Rheinland-Pfalz angelegt. In der Übersicht sind die auf den einzelnen Parzellen der Versuchflächen ausgesäten Blühmischungen dargestellt. Angelegte Kon- troll-Parzellen wurden der Selbstbegrünung überlassen. Zusätzliche werden unterschiedliche Pflegemaßnahmen durchgeführt. Hier werden eine Nullvariante ohne Pflege, eine Mulch- sowie eine Mahdvariante, bei der zusätzlich der Aufwuchs aus den Versuchsparzellen entfernt wird, untersucht. Die Pflegemaßnahmen erfolgen jeweils im Herbst. Zur Einschätzung der unterschiedlichen Mischungen werden botanische Erhebungen durch unabhängige Biologen durchgeführt. Erfasst werden die Pflanzenarten, deren Verbreitung und Deckungsgrade. Im Jahr 2013 wurde zudem die Attraktivität der Mischungen für ausgewählte Insektengruppen in den Mischungen im Rahmen einer Projektarbeit erfasst. Weiterhin werden aktuell an einem der Versuchsstandorte Untersuchungen zur Nutzung und Eignung der Blühmischungen für Niederwild durchgeführt. 쮿 Ergebnisse der botanischen Erhebung Die Ergebnisse der botanischen Erhebung bei den mehrjährigen Mischungen zeigen, dass sich die einzelnen Mischungen über die bisherigen Versuchsjahre unterschiedlich entwickeln. Die Anzahl der Arten ist seit der Aussaat 2012 bei den meisten Mischungen rückläufig, was auf das Aus- Abbildung 2: Mittlere Deckung der insektenbestäubten Blüten (Jahresmittel) auf den SABA-Versuchsflächen (Ø aller Standorte, mehrjährig, Darstellung: Trieschmann, DLR RNH RBZ - Nr. 18 / 2. Mai 2015 Seite 15 PFLANZENPRODUKTION Allein in Europa generiert die Bestäuberleistung der blütenbestäubenden Insekten einen jährlichen wirtschaftlichen Wert von etwa Foto: imago/blickwinkel 14,2 Mrd €. bleiben der ein- und zweijährigen Arten zurückzuführen ist. Diese Arten treten im zeitlichen Verlauf des Versuchs ohne die Störung der Keimruhe nur noch selten auf. Die Anzahl der ausgesäten und auf der Parzelle vorgefundenen Arten der unterschiedlichen Mischungen lag in 2013 noch zwischen 12 und 39. Ein Jahr später lag die Artenzahl mit 7 bis 29 deutlich niedriger. Grundsätzlich ist die Anzahl der möglichen aufgelaufenen Arten von den in den Saatgutmischungen enthaltenen Samen abhängig. Einige der Mischungen bleiben teilweise deutlich hinter den Zahlen, die durch den Inhalt in der Artenzusammensetzung erwartet wurde, zurück, während andere die Anzahl übertreffen. Was durch die Beimengung von Arten im Saatgut, die nicht vom Hersteller deklariert wurden, erklärt werden kann. Auf den Versuchsflächen treten weiterhin so genannte spontane Arten auf, die nicht in den Mischungen vorkommen, sondern deren Samenvorrat sich schon im Boden der Ackerfläche befindet. Von diesen Pflanzen geht i. d. R. keine negative Wirkung aus. Die Anzahl und Deckung der spontanen Arten, die in den einzelnen Parzellen des Versuchs mit auflaufen, ist grundsätzlich von der Begleitflora des Standorts und der Zusammensetzung der Mischung abhängig. Bei konkurrenzstarken ausgesäten Arten können sich nur wenige spontane Arten etablieren. Unabhängig vom Standort nimmt über die Jahre nach der Aussaat der Deckungsanteil der spontanen Arten bei fast allen Saatmischungen ab, während der Deckungsgrad mit den ausgesäten Arten zunimmt. Ebenfalls spontan treten Arten auf, die als Unkräuter definiert werden, weil sie aus unterschiedlichen Gründen unerwünscht sind und negative Auswirkungen haben können. Als unerwünscht wurden für den Versuch windblütige Arten mit Agrarumweltprogramme Blühstreifen können im Rahmen des EULLa-Programmteils „Saum- und Bandstrukturen“ als ein- oder mehrjährige 5 bis 20 m breite Streifen angelegt und gefördert werden. Informationen dazu mit detaillierten Angaben zu den Bewirtschaftungsfristen und einzuhaltenden Vorgaben sind im Internet auf der Homepage des DLR unter www.pflanzenbau.rlp.de (Rubrik Agrarumweltprogramme, Menüpunkt EULLa) zu finden. Dort sind auch die anderen EULLa-Programmteile aufgeführt und erläutert. Seite 16 hohem Vermehrungspotenzial, z. B. Melde, Ackerfuchsschwanz, Windhalm, Quecke, Trespe, definiert. Zudem wurde die Acker-Kratzdistel, trotz ihrer positiven Wirkung als Nektarquelle für Hautflügler und Schmetterlinge, negativ eingestuft, wegen der aus landwirtschaftlicher Sicht schwierigen Bekämpfungsmöglichkeiten. Alle anderen Distelarten, die teilweise sogar in Mischungen für Saum- und Bandstrukturen enthalten sind, können als unbedenklich angesehen werden und stellen keine Problemquelle dar. Ebenfalls zu den Unkräutern wurde das Klettenlabkraut gezählt, welches zur Bildung von Massenbeständen neigt. Über alle Versuchsstandorte betrachtet, war die Deckung der Verunkrautung bei den meisten Mischungen im Aussaatjahr 2012 auf deutlich höherem Niveau als in den Folgejahren. In 2014 war gegenüber 2013 ein Anstieg der Deckung der Unkräuter festzustellen. Im Agrarumweltprogramm Saum- und Bandstrukturen muss bei Überschreitung von bestimmten Deckungsgraden der Unkräuter ein Schröpfschnitt durchgeführt werden, der den Kreisverwaltungen anzuzeigen ist. Unterschiedliche Pflegemaßnahmen, die in definierten Teilbereichen des Versuchs durchgeführt werden, zeigen bei den unterschiedlichen Mischungen in der Pflanzendeckung bisher nur geringe Effekte. Dabei scheint es bislang relativ unerheblich, ob die Pflege durch Mulchen des alten Pflanzenbestands oder Mähen mit zusätzlicher Entfernung der Pflanzenreste erfolgt. Blütendeckung rückläufig Betrachtet man den Versuch insgesamt über die Standorte und die erhobenen Jahre, so zeigt sich, dass die Deckungsgrade der ausgesäten Arten bei allen Mischungen durchschnittlich immer über 65 % liegt (Abbildung 1), während die Flächendeckung der spontanen Arten mit bis zu 32 % maximal das halbe Niveau erreicht. Die Verunkrautung liegt in allen Varianten mit ausgebrachten Mischungen über die Jahre in einem Be- reich von 10 % oder weniger. Einzige Ausnahme mit anderen Verhältnissen bilden die Kontrollparzellen, die der Selbstbegrünung überlassen wurden. Damit zeigt sich über die bisherigen Versuchsjahre, dass unabhängig von der Artenzahl in den Mischungen bei der Deckung die ausgebrachten Arten deutlich überwiegen und sich ackerbaulich unerwünschte Arten nicht übermäßig in den Flächen verbreiten. Im Zeitraum von 2012 - 2014 wurde in den unterschiedlichen Mischungen und Varianten die Deckung der Blüten von nektarführenden Pflanzen erfasst, um die Bedeutung von Saum- und Bandstrukturen als Nahrungsquelle für blütenbestäubende Insekten darzustellen. Wie die Abbildung 2 im Überblick zeigt, ist die Blütendeckung der einzelnen Mischungen über die Jahre rückläufig. Das kann größtenteils auf die nicht mehr vorhandenen ein- und zweijährigen Mischungskomponenten zurück geführt werden. Ebenfalls zeigt sich, wie wichtig die Zusammensetzung der Mischungen für die Blütendeckung ist. Einige Mischungen verzeichnen starke Rückgänge von 2012 - 2014. Die Art der Pflege spielt auch bei diesem Parameter in dem bisher betrachteten Untersuchungszeitraum kaum eine Rolle. Die Veränderungen sind bei den meisten Mischungen relativ gering. Bei acht der untersuchten Mischungen liegt der Hauptzeitpunkt der Blüte im Juli. Die in 2013 von Kiefer & Berger durchgeführte Projektarbeit belegt zudem, dass die Nutzung durch blütenbestäubende Insekten von der Zusammensetzung der Mischung, den ausgesäten Arten und deren Anteilen abhängig ist. Mischungen mit weniger blühenden Arten sind somit deutlich unattraktiver für die Insekten. Als Fazit betrachtet, sollte bei der Anlage von Saum- und Bandstrukturen auf die örtlichen Gegebenheiten bezüglich Witterung, Wasserverfügbarkeit und Unkrautdruck geachtet werden. Gewünschte Effekte, um Insekten die Blüten als Nahrungsquelle zur Verfügung zu stellen, sollten bei der Auswahl mit einbezogen werden. 쏔 Artenvielfalt mit kommunalen Eh da-Flächen fördern Die Initiative „Innovation & Natur- kehrsinseln, Bahndämme, Geländestufen und viehaushalt“ des Forum Moderne Landwirt- les mehr. Die einfache und dennoch weitreischaft e. V. hat einen Praxisleitfaden für die chende Idee des Eh da-Konzepts besteht darin, Anlage und Pflege von kommunalen Eh da- solche Flächen mit geringem Aufwand gezielt aufFlächen in der Agrarlandschaft vorgestellt. Die Broschüre bietet nach Angaben des Herausgebers praktische Tipps und Handlungsvorschläge, mit denen Bürgermeister und engagierte Bürger in ihren Gemeinden die biologische Vielfalt schützen und entwickeln können. „Eh da“-Flächen sind Flächen, die in der offenen Landschaft „sowieso da“ sind und bisher keiner besonderen Nutzung unter- „Eh da“-Flächen wie z. B. Verkehrsinseln lassen sich mit geringem Aufliegen. Es sind Stra- wand gezielt aufwerten, um als Rückzugs- und Entwicklungsraum für Foto: imago/blickwinkel ßenböschungen, Ver- wildlebende Tier- und Pflanzenarten zu dienen. RBZ - Nr. 18 / 2. Mai 2015
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