Blick ins Buch - St. Benno Verlag

Leseprobe
Papst Franziskus
Mit den Augen der Barmherzigkeit
Ein Begleiter durch das Heilige Jahr
378 Seiten, 11 x 16,5 cm, gebunden, durchgehend in einer
Schmuckfarbe gestaltet
ISBN 978-3-7462-44532
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© St. Benno Verlag GmbH, Leipzig 02015
pApst frAnziskus
Mit den Augen der
Barmherzigkeit
Ein Begleiter durch das Heilige Jahr
Jesus Christus ist das Antlitz
der Barmherzigkeit des Vaters –
Hinführung
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
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ISBN 978-3-7462-4453-2
© St. Benno Verlag GmbH, Leipzig
Zusammenstellung: Volker Bauch, Leipzig
Umschlaggestaltung: Ulrike Vetter, Leipzig
Umschlagfoto: © Stefano Spaziani
Gesamtherstellung: Kontext, Lemsel (A)
Jesus Christus ist das Antlitz der Barmherzigkeit des Vaters. Das Geheimnis des christlichen Glaubens scheint
in diesem Satz auf den Punkt gebracht zu sein. In Jesus
von Nazaret ist die Barmherzigkeit des Vaters lebendig
und sichtbar geworden und hat ihren Höhepunkt gefunden. Der Vater, der „voll des Erbarmens“ ist (Eph
2,4), der sich Mose als „barmherziger und gnädiger
Gott, langmütig, reich an Huld und Treue“ (Ex 34,6) offenbart hatte, hat nie aufgehört auf verschiedene Weise und zu verschiedenen Zeiten in der Geschichte seine
göttliche Natur mitzuteilen. Als aber die „Zeit erfüllt
war“ (Gal 4,4), sandte Er, seinem Heilsplan entsprechend, seinen Sohn, geboren von der Jungfrau Maria,
um uns auf endgültige Weise seine Liebe zu offenbaren. Wer Ihn sieht, sieht den Vater (vgl. Joh 14,9). Jesus
von Nazaret ist es, der durch seine Worte und Werke
und durch sein ganzes Dasein1 die Barmherzigkeit Gottes offenbart.
Dieses Geheimnis der Barmherzigkeit gilt es stets neu
zu betrachten. Es ist Quelle der Freude, der Gelassenheit und des Friedens. Es ist Bedingung unseres Heils.
Barmherzigkeit – in diesem Wort offenbart sich das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Barmherzigkeit ist der letzte und endgültige Akt, mit dem Gott uns
entgegentritt. Barmherzigkeit ist das grundlegende
Gesetz, das im Herzen eines jeden Menschen ruht und
den Blick bestimmt, wenn er aufrichtig auf den Bruder und die Schwester schaut, die ihm auf dem Weg
des Lebens begegnen. Barmherzigkeit ist der Weg, der
Gott und Mensch vereinigt, denn sie öffnet das Herz
5
für die Hoffnung, dass wir, trotz unserer Begrenztheit
aufgrund unserer Schuld, für immer geliebt sind.
Es gibt Augenblicke, in denen wir aufgerufen sind, in
ganz besonderer Weise den Blick auf die Barmherzigkeit zu richten und dabei selbst zum wirkungsvollen
Zeichen des Handelns des Vaters zu werden. Genau
darum habe ich ein außerordentliches Jubiläum der
Barmherzigkeit ausgerufen. Es soll eine Zeit der Gnade
für die Kirche sein und helfen, das Zeugnis der Gläubigen stärker und wirkungsvoller zu machen.
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Schreiben von Papst Franziskus,
mit dem zum außerordentlichen
Jubiläum der Barmherzigkeit
der Ablass gewährt wird
Die Tatsache, dass das Außerordentliche Jubiläum der
Barmherzigkeit nunmehr bevorsteht, erlaubt mir, einige Punkte in den Blick zu nehmen, deren Behandlung
mir wichtig zu sein scheint, damit die Feier des Heiligen Jahres für alle Gläubigen ein echter Moment der
Begegnung mit der Barmherzigkeit Gottes sein kann.
Denn mein Wunsch ist es, dass das Jubiläum eine
lebendige Erfahrung der Nähe des Vaters sei, seine
Zärtlichkeit gleichsam mit Händen greifen zu können,
damit der Glaube aller Gläubigen gestärkt und so das
Zeugnis stets wirksamer werde.
Meine Gedanken gehen zuerst zu allen Gläubigen,
die in den einzelnen Diözesen oder als Rompilger die
Gnade des Jubiläums leben werden. Ich möchte, dass
der Jubiläumsablass jeden als wirkliche Erfahrung der
Barmherzigkeit Gottes erreicht, der allen mit dem Antlitz eines Vaters entgegenkommt, der annimmt und
vergibt, indem er die begangene Sünde vollkommen
vergisst. Um den Ablass zu leben und zu erlangen,
sind die Gläubigen aufgerufen, als Zeichen der tiefen
Sehnsucht nach wahrer Umkehr einen kurzen Pilgergang zur Heiligen Pforte zurückzulegen, die in jeder
Kathedrale oder vom Diözesanbischof bestimmten
Kirche und in den vier päpstlichen Basiliken in Rom
geöffnet wird. Ebenso lege ich fest, dass der Ablass
auch erlangt werden kann in den Wallfahrtskirchen,
wo die Pforte der Barmherzigkeit geöffnet wurde, sowie in den traditionell als Jubiläumskirchen ausgewiesenen Gotteshäusern. Es ist wichtig, dass dieser Mo7
ment vor allem mit dem Sakrament der Versöhnung
und der Feier der heiligen Eucharistie einschließlich
einer Reflexion über die Barmherzigkeit verbunden
ist. Es wird nötig sein, dass diese Feiern das Glaubensbekenntnis ebenso umfassen wie das Gebet für mich
und für die Anliegen, die mir am Herzen liegen zum
Wohl der Kirche und der ganzen Welt.
Darüber hinaus denke ich an all jene, denen es aus
unterschiedlichen Gründen nicht möglich sein wird,
sich zur Heiligen Pforte zu begeben, in erster Linie an
die Kranken und die alten, einsamen Menschen, die
häufig das Haus nicht verlassen können. Für sie wird
es eine große Hilfe sein, Krankheit und Leid als Erfahrung der Nähe zum Herrn zu leben, der im Geheimnis
seines Leidens, seines Todes und seiner Auferstehung
den Königsweg aufzeigt, um dem Schmerz und der
Einsamkeit einen Sinn zu verleihen. Mit Glauben und
freudiger Hoffnung diesen Moment der Prüfung zu
leben, indem sie die Kommunion empfangen oder an
der heiligen Messe und am gemeinschaftlichen Gebet
– auch über die verschiedenen Medien – teilnehmen,
wird für sie die Weise sein, den Jubiläumsablass zu
erlangen.
Meine Gedanken gelten auch den Gefangenen, die
die Einschränkung ihrer Freiheit erleben. Das Jubiläum
war stets Anlass zu einer umfassenden Begnadigung,
bestimmt für jene, die eine Strafe verdient haben, sich
aber des begangenen Unrechts bewusst geworden
sind und den aufrichtigen Wunsch haben, sich wieder
in die Gesellschaft einzugliedern und ihren ehrlichen
Beitrag zu leisten. Sie alle möge die Barmherzigkeit
des Vaters konkret erreichen, der denen nahe sein
will, die seine Vergebung am meisten brauchen. Den
Ablass werden sie erlangen können in den Gefängniskapellen und jedes Mal, wenn sie durch die Tür ihrer
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Zelle gehen und dabei ihre Gedanken und ihr Gebet
an Gottvater richten. Möge diese Geste für sie den
Durchgang durch die Heilige Pforte bedeuten, denn
die Barmherzigkeit Gottes, die in der Lage ist, die
Herzen zu verwandeln, kann auch die Gitter in eine
Erfahrung der Freiheit verwandeln.
Es ist mein Wunsch, dass die Kirche in dieser Zeit des
Jubiläums den in den leiblichen und geistlichen Werken der Barmherzigkeit enthaltenen Reichtum wiederentdecken möge. Denn die Erfahrung der Barmherzigkeit wird sichtbar im Zeugnis konkreter Zeichen,
wie Jesus selbst es uns gelehrt hat. Jedes Mal wenn
die Gläubigen eines oder mehrere dieser Werke selbst
tun, werden sie sicherlich den Jubiläumsablass erlangen. Daraus ergibt sich die Pflicht, aus der Barmherzigkeit zu leben, um die Gnade der vollkommenen
und umfassenden Vergebung durch die Kraft der
Liebe des Vaters zu erlangen, der niemanden ausschließt. Es wird sich daher um einen vollkommenen Jubiläumsablass handeln, Frucht des Ereignisses
selbst, das mit Glaube, Hoffnung und Liebe gefeiert
und gelebt wird.
Der Jubiläumsablass kann ebenso für Verstorbene
erlangt werden. Mit ihnen sind wir verbunden durch
das Zeugnis des Glaubens und der Liebe, das sie uns
hinterlassen haben. Wie wir ihrer in der Eucharistiefeier gedenken, so können wir im großen Geheimnis
der Gemeinschaft der Heiligen für sie beten, damit
das barmherzige Antlitz des Vaters von jeglicher Restschuld befreie und sie in nie endender Seligkeit an
sich ziehen kann.
Ein gravierendes Problem unserer Zeit ist sicherlich
die veränderte Beziehung zum Leben. Eine sehr verbreitete Mentalität hat mittlerweile zum Verlust der
persönlich und gesellschaftlich geschuldeten Sensi9
bilität gegenüber der Annahme eines neuen Lebens
geführt. Das Drama der Abtreibung wird von manchen mit einem oberflächlichen Bewusstsein erlebt,
so dass sie sich über das schwerwiegende Übel, das
ein solcher Akt mit sich bringt, fast nicht im Klaren
sind. Viele andere dagegen, die diesen Moment zwar
als Niederlage erleben, meinen, keinen anderen Ausweg zu haben. Ich denke vor allem an alle Frauen, die
eine Abtreibung haben durchführen lassen. Ich weiß
um den Druck, der sie zu dieser Entscheidung geführt
hat. Ich weiß, dass dies eine existentielle und moralische Tragödie ist. Ich bin sehr vielen Frauen begegnet,
die in ihrem Herzen die Narben dieser leidvollen und
schmerzhaften Entscheidung trugen. Was geschehen ist, ist zutiefst ungerecht. Und doch: Nur wenn
man es in seiner Wahrheit versteht, ist es möglich, die
Hoffnung nicht zu verlieren. Die Vergebung Gottes
für jeden Menschen, der bereut, kann diesem nicht
versagt werden, besonders wenn er mit ehrlichem
und aufrichtigem Herzen das Sakrament der Vergebung empfangen will, um Versöhnung mit dem Vater
zu erlangen. Auch aus diesem Grund habe ich, ungeachtet gegenteiliger Bestimmungen, entschieden,
für das Jubiläumsjahr allen Priestern die Vollmacht zu
gewähren, von der Sünde der Abtreibung jene loszusprechen, die sie vorgenommen haben und reuigen Herzens dafür um Vergebung bitten. Die Priester mögen sich auf diese große Aufgabe vorbereiten
und Worte der echten Annahme mit einer Reflexion
zu verbinden wissen, die hilft, die begangene Sünde
zu begreifen. Ebenso sollen sie auf einen Weg echter
Umkehr verweisen, um die wahrhaftige und großherzige Vergebung des Vaters verstehen zu können, der
durch seine Gegenwart alles erneuert.
Eine abschließende Überlegung gilt den Gläubigen,
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die aus verschiedenen Gründen die von den Priestern
der Bruderschaft St. Pius X. betreuten Kirchen besuchen. Dieses Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit schließt
niemanden aus. Von verschiedener Seite haben mir
einige bischöfliche Mitbrüder vom guten Glauben
und der guten sakramentalen Praxis dieser Gläubigen
berichtet, allerdings verbunden mit dem Unbehagen,
in einer pastoral schwierigen Situation zu leben. Ich
vertraue darauf, dass in naher Zukunft Lösungen gefunden werden können, um die volle Einheit mit den
Priestern und Oberen der Bruderschaft wiederzugewinnen. Bewegt von der Notwendigkeit, dem Wohl
dieser Gläubigen zu entsprechen, bestimme ich in der
Zwischenzeit in eigener Verfügung, dass diejenigen,
die während des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit
das Sakrament der Versöhnung bei den Priestern der
Bruderschaft St. Pius X. empfangen, gültig und erlaubt die Lossprechung von ihren Sünden erlangen.
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DEZEMBER
8
Dienstag Hochfest der ohne Erbsünde empfangene Jungfrau und Gottesmutter Maria
Öffnung der Heiligen Pforte in der
Petersbasilika
Das Heilige Jahr wird am 8. Dezember 2015, dem
Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau
und Gottesmutter Maria, eröffnet. Dieses liturgische
Fest weist darauf hin, wie Gott seit Anbeginn unserer Geschichte gehandelt hat. Nach dem Sündenfall
Adams und Evas wollte Gott die Menschheit nicht
allein lassen und dem Bösen überlassen. Darum wollte und erwählte er Maria, heilig und untadelig in der
Liebe (vgl. Eph 1,4), um sie zur Mutter des Erlösers
des Menschen zu machen. Auf die Schwere der Sünde antwortet Gott mit der Fülle der Vergebung. Die
Barmherzigkeit übersteigt stets das Maß der Sünde,
und niemand kann der verzeihenden Liebe Gottes
Grenzen setzen. Am Festtag der Unbefleckten Empfängnis Mariens werde ich die Freude haben, die
Heilige Pforte zu öffnen. Sie wird eine Pforte der
Barmherzigkeit sein, und wer durch diese Pforte hindurchschreitet, kann die tröstende Liebe Gottes erfahren, welcher vergibt und Hoffnung schenkt.
9
Mittwoch Ich habe den 8. Dezember als Eröffnungstermin gewählt, weil er eine große Bedeutung in der jüngsten
Kirchengeschichte hat. Ich werde nämlich die Heilige
Pforte genau fünfzig Jahre nach dem Ende des II. Va12
DEZEMBER
tikanischen Ökumenischen Konzils öffnen. Die Kirche
spürt das Verlangen, diesen Moment lebendig zu erhalten. Für sie begann damals ein neuer Weg in ihrer
Geschichte. Die Konzilsväter hatten stark – wie ein
wahres Wehen des Geistes – die Notwendigkeit verspürt, zu den Menschen ihrer Zeit in einer verständlicheren Weise von Gott zu sprechen. Mauern, die
die Kirche allzu lange in einer privilegierten Festung
eingeschlossen hatten, wurden eingerissen, und die
Zeit war gekommen, um das Evangelium auf neue
Weise zu verkünden. Eine neue Etappe der immer
anstehenden Evangelisierung hatte begonnen. Eine
neue Verpflichtung für alle Christen, mit verstärktem
Enthusiasmus und voller Überzeugungskraft Zeugnis
für ihren Glauben abzulegen. Die Kirche spürte die
Verantwortung, in der Welt das lebendige Zeichen
der Liebe des Vaters zu sein.
10
Mittwoch Es kommen uns die bedeutungsschweren Worte des
heiligen Johannes XXIII. in Erinnerung, die dieser bei
der Eröffnung des Konzils gesprochen hatte und mit
denen er dessen Richtung vorgab: „Heute dagegen
möchte die Braut Christi lieber das Heilmittel der
Barmherzigkeit anwenden als die Waffen der Strenge. … Die katholische Kirche, während sie durch dieses ökumenische Konzil die Leuchte der katholischen
Glaubenswahrheit hoch hält, will sich damit als eine
sehr liebevolle, gütige und geduldige Mutter aller erweisen, voller Erbarmung und mit Wohlwollen für ihre
Kinder, die von ihr getrennt sind2“. Auf der gleichen
Linie liegt der selige Paul VI., als er zum Abschluss des
13
JANUAR
JANUAR
6
MITTWOCH Erscheinung des Herrn
In diesem Jubiläumsjahr finde in der Kirche das Wort
Gottes Echo, das stark und überzeugend erklingt als
ein Wort und eine Geste der Vergebung, der Unterstützung, der Hilfe und der Liebe. Die Kirche werde
nie müde, Barmherzigkeit anzubieten, und sie sei stets
geduldig im Trösten und Vergeben. Sie mache sich zur
Stimme eines jeden Mannes und einer jeden Frau und
wiederhole voll Vertrauen und ohne Unterlass: „Denk
an dein Erbarmen, Herr, und an die Taten deiner Huld;
denn sie bestehen seit Ewigkeit“ (Ps 25,6).
7
DONNERSTAG
Es ist mein aufrichtiger Wunsch, dass die Christen
während des Jubiläums über die leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit nachdenken. Das wird
eine Form sein, unser Gewissen, das gegenüber dem
Drama der Armut oft eingeschlafen ist, wachzurütteln und immer mehr in die Herzmitte des Evangeliums vorzustoßen, in dem die Armen die Bevorzugten
der göttlichen Barmherzigkeit sind. Die Verkündigung
Jesu nennt uns diese Werke der Barmherzigkeit, damit wir prüfen können, ob wir als seine Jünger leben
oder eben nicht. Entdecken wir erneut die leiblichen
Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen und
die Toten begraben. Und vergessen wir auch nicht die
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geistigen Werke der Barmherzigkeit: den Zweifelnden recht raten, die Unwissenden lehren, die Sünder
zurechtweisen, die Betrübten trösten, Beleidigungen
verzeihen, die Lästigen geduldig ertragen und für die
Lebenden und Verstorbenen zu Gott beten.
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FREITAG
Wir können uns nicht den Worten des Herrn entziehen, auf deren Grundlage wir einst gerichtet werden:
Haben wir dem Hungrigen zu essen gegeben und
dem Durstigen zu trinken? Haben wir Fremde aufgenommen und Nackte bekleidet? Hatten wir Zeit, um
Kranke und Gefangene zu besuchen? (vgl Mt 25,3145). Genauso werden wir gefragt werden, ob wir geholfen haben, den Zweifel zu überwinden, der Angst
schüren und oft auch einsam machen kann. Waren
wir fähig, die Unwissenheit zu besiegen, in der Millionen Menschen leben, besonders die Kinder, denen
es an der notwendigen Hilfe fehlt, um der Armut entrissen zu werden? Waren wir denen nahe, die einsam und bekümmert sind? Haben wir denen vergeben, die uns beleidigt haben, und jede Art von Groll
und Hass abgewehrt, die zur Gewalt führen? Hatten
wir Geduld nach dem Beispiel Gottes, der selbst so
geduldig mit uns ist? Und schlussendlich, haben wir
unsere Schwestern und Brüder im Gebet dem Herrn
anvertraut? In einem jeden dieser „Geringsten“ ist
Christus gegenwärtig. Sein Fleisch wird erneut sichtbar in jedem gemarterten, verwundeten, gepeitschten, unterernährten, zur Flucht gezwungenen Leib …,
damit wir Ihn erkennen, Ihn berühren, Ihm sorgsam
35
JANUAR
JANUAR
beistehen. Vergessen wir nicht die Worte des heiligen
Johannes vom Kreuz: „Am Abend unseres Lebens
werden wir nach der Liebe gerichtet werden.“12
gerufen sind zu geben. Dabei begleitet uns das Apostelwort: „Wer Barmherzigkeit übt, der tue es freudig“
(Röm 12,8).
9
10
SAMSTAG
Im Lukasevangelium finden wir einen weiteren wichtigen Aspekt, der hilft, das Jubiläum im Glauben zu
leben. Der Evangelist berichtet, wie Jesus nach Nazaret zurückkehrt und, wie es Brauch war, am Sabbat
in die Synagoge ging. Sie baten ihn, aus der Schrift
vorzulesen und diese auszulegen. Es handelte sich um
den Abschnitt aus dem Propheten Jesaja, wo es heißt:
„Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir, denn der
Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich
den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile,
deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen
die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe“
(Jes 61,1-2). Ein „Gnadenjahr des Herrn“ ist es, das
vom Herrn verkündet wird und das wir leben wollen.
Dieses Heilige Jahr bringt den Reichtum der Sendung
Jesu mit sich, so wie es in den Worten des Propheten anklingt: den Armen ein Wort und eine Geste des
Trostes bringen, denen, die in den neuen Formen der
Sklaverei der modernen Gesellschaft gefangen sind,
die Freiheit verkünden, denen die Sicht wiedergeben,
die nicht mehr sehen können, weil sie nur noch auf
sich selbst schauen, denen die Würde zurückgeben,
denen man sie geraubt hat. Die Verkündigung Jesu
wird in der Antwort aus dem Glauben erneut sichtbar werden, d.h. im Lebenszeugnis, das die Christen
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SONNTAG Taufe des Herrn
Ein Jubiläum bringt es mit sich, dass wir auch auf den
Ablass Bezug nehmen. Dieser gewinnt besondere
Bedeutung im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit. Die
Vergebung unserer Sünden durch Gott ist grenzenlos.
Im Tod und in der Auferstehung Jesu Christi lässt Gott
seine Liebe sichtbar werden, die selbst die Sünden der
Menschen zerstört. Sich mit Gott zu versöhnen wird
möglich aufgrund des Paschamysteriums und durch
die Vermittlung der Kirche. Gott zeigt sich immer bereit zur Vergebung, und er wird nicht müde, sie immer wieder neu und in unerwarteter Weise anzubieten. Dennoch machen wir die Erfahrung der Sünde.
Wir wissen, dass wir zur Vollkommenheit berufen
sind (vgl. Mt 5,48), aber wir spüren die schwere Last
der Sünde. Während wir die Macht der Gnade wahrnehmen, die uns verwandelt, merken wir auch, wie
sehr uns die Kraft der Sünde bestimmt. Trotz der Vergebung ist unser Leben geprägt von Widersprüchen,
die die Folgen unserer Sünden sind. Im Sakrament
der Versöhnung vergibt Gott die Sünden, die damit
wirklich ausgelöscht sind. Und trotzdem bleiben die
negativen Spuren, die diese in unserem Verhalten und
in unserem Denken hinterlassen haben. Die Barmherzigkeit Gottes ist aber auch stärker als diese. Sie wird
zum Ablass, den der Vater durch die Kirche, die Braut
Christi, dem Sünder, dem vergeben wurde, schenkt
37
JANUAR
JANUAR
und der ihn von allen Konsequenzen der Sünde befreit, so dass er wieder neu aus Liebe handeln kann
und vielmehr in der Liebe wächst, als erneut in die
Sünde zu fallen.
11
MONTAG
Die Kirche lebt die Gemeinschaft der Heiligen. In der
Eucharistiefeier vollzieht sich diese Gemeinschaft, die
ein Geschenk Gottes ist, als geistliches Band, das uns
Glaubende mit der unzählbaren Schar der Heiligen
und Seligen verbindet (vgl. Offb 7,4). Ihre Heiligkeit
kommt unserer Gebrechlichkeit zu Hilfe, und so kann
die Mutter Kirche mit ihren Gebeten und ihrem Leben der Schwachheit der einen mit der Heiligkeit der
anderen entgegenkommen. Den Ablass des Heiligen
Jahres zu leben heißt also, sich der Barmherzigkeit des
Vaters anzuvertrauen in der Gewissheit, dass seine
Vergebung sich auf das gesamte Leben der Gläubigen auswirkt. Der Ablass bedeutet, die Heiligkeit der
Kirche zu erfahren, die teilhat an allen heilbringenden
Früchten der Erlösung durch Christus und die diese
in der Vergebung weitergibt bis in die letzte Konsequenz hinein, denn die Liebe Gottes reicht auch dorthin. Leben wir intensiv dieses Jubiläum, indem wir
den Vater um die Vergebung der Sünden bitten und
um die Ausbreitung seiner barmherzigen Nachsicht.
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12
DIENSTAG
Die Barmherzigkeit ist auch über die Grenzen der
Kirche hinaus bedeutsam. Sie verbindet uns mit dem
Judentum und dem Islam, für die sie eine der wichtigsten Eigenschaften Gottes darstellt. Das Volk Israel hat als erstes diese Offenbarung erhalten, die in
der Geschichte als der Beginn eines unermesslichen
Reichtums bleibt, den es der ganzen Menschheit anzubieten gilt. Wie wir gesehen haben, sind die Seiten
des Alten Testamentes voll von Barmherzigkeit, denn
sie erzählen von den Werken des Herrn, die dieser für
sein Volk in den schwierigsten Momenten seiner Geschichte vollbracht hat. Der Islam seinerseits zählt zu
den Namen für den Schöpfer auch den Namen Allerbarmer und Allbarmherziger. Diese Anrufung ist oft
auf den Lippen der gläubigen Muslime, die sich in der
täglichen Schwachheit von der Barmherzigkeit begleitet und getragen wissen. Auch sie glauben, dass niemand der göttlichen Barmherzigkeit Grenzen setzen
kann, denn ihre Tore stehen immer offen.
Dieses Jubiläumsjahr, das wir im Geist der Barmherzigkeit leben, mag die Begegnung mit diesen Religionen und mit anderen ehrwürdigen religiösen Traditionen fördern. Es mache uns offener für den Dialog,
damit wir uns besser kennen und verstehen lernen.
Es überwinde jede Formen der Verschlossenheit und
Verachtung und vertreibe alle Form von Gewalt und
Diskriminierung.
39
S eptember
uns niemals geschlagen, was auch immer geschehen
mag. Nichts soll stärker sein als sein Leben, das uns
vorantreibt.
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FREITAG
Hirten zu sein bedeutet auch Bereitschaft, mitten unter der Herde zu gehen sowie hinter ihr herzugehen:
fähig, die stille Erzählung des Leidenden anzuhören
und die Schritte derer zu unterstützen, die fürchten,
es nicht zu schaffen; aufmerksam bemüht, aufzurichten, zu beruhigen, Sicherheit zu geben und Hoffnung
einzuflößen. Aus dem Austausch mit den Demütigen
und Einfachen geht unser Glaube immer gestärkt hervor: Schieben wir also jede Art von Hochmut beiseite,
um uns über die zu beugen, die der Herr unserer Sorge anvertraut hat.
O ktober
1
SAMSTAG
Die Schöpfung ist ein Geschenk. Sie ist ein wunderbares Geschenk, das Gott uns gegeben hat, damit wir
für sie Sorge tragen und sie zum Wohl aller gebrauchen, stets mit großer Achtung und Dankbarkeit. Die
zweite falsche Haltung ist die Versuchung, bei den
Geschöpfen stehenzubleiben, so als wären sie die
Antwort auf alle unsere Erwartungen. Mit der Gabe
der Erkenntnis hilft uns der Heilige Geist, nicht in diesen Fehler zu verfallen. Ich möchte jedoch auf den
ersten falschen Weg zurückkommen: über die Schöpfung zu herrschen, statt sie zu bewahren. Wir müssen
die Schöpfung bewahren, denn sie ist eine Gabe, die
der Herr uns geschenkt hat, sie ist Gottes Geschenk
an uns; wir sind Hüter der Schöpfung. Wenn wir die
Schöpfung ausbeuten, zerstören wir das Zeichen der
Liebe Gottes. Die Schöpfung zerstören bedeutet zu
Gott zu sagen: „Sie gefällt mir nicht.“ Und das ist
nicht gut: Das ist die Sünde.
2
SONNTAG 27. Sonntag im Jahreskreis
Erntedank
Die Bewahrung der Schöpfung ist die Bewahrung
von Gottes Geschenk, und es bedeutet, zu Gott zu
sagen: „Danke, ich bin der Hüter der Schöpfung, aber
um sie fortschreiten zu lassen, und niemals, um dein
Geschenk zu zerstören.“ Diese Haltung müssen wir
gegenüber der Schöpfung einnehmen: sie zu bewahren, denn wenn wir die Schöpfung zerstören, wird die
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247
O ktober
Schöpfung uns zerstören! Vergesst das nicht. Einmal
war ich auf dem Land und habe etwas gehört, das
ein einfacher Mensch sagte, der Blumen sehr mochte
und sie pflegte. Er sagte zu mir: „Wir müssen diese
schönen Dinge bewahren, die Gott uns gegeben hat;
die Schöpfung ist für uns da, damit wir guten Nutzen
aus ihr ziehen; nicht um sie auszubeuten, sondern
um sie zu bewahren, denn Gott vergibt immer, wir
Menschen vergeben manchmal, aber die Schöpfung
vergibt nie, und wenn du sie nicht bewahrst, wird sie
dich zerstören.“ Das muss uns zu denken geben und
uns den Heiligen Geist um die Gabe der Erkenntnis
bitten lassen, um zu verstehen, dass die Schöpfung
das schönste Geschenk Gottes ist. Er hat viele gute
Dinge geschaffen für das Beste von allem: den Menschen.
3
MONTAG
Im 10. Kapitel des Lukasevangeliums lesen wir das
berühmte Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
Wer war dieser Mann? Es war irgendjemand, der auf
der Straße, die die Wüste von Judäa durchquert, von
Jerusalem nach Jericho hinabging. Kurz zuvor war
ein Mann von Räubern überfallen, geplündert, niedergeschlagen und halb tot liegengelassen worden.
Vor dem Samariter kommen ein Priester und ein Levit
vorbei, das heißt zwei Personen, die für den Kult im
Tempel des Herrn zuständig sind. Sie sehen jenen armen Mann, doch sie gehen weiter, ohne anzuhalten.
Als dagegen der Samariter jenen Mann sah, „hatte
er Mitleid“, sagt das Evangelium (Lk 10,33). Er ging
248
O ktober
zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und
verband sie; dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte
ihn zu einer Herberge und zahlte für ihn… Er sorgte also für ihn: er ist das Beispiel der Nächstenliebe.
Warum aber wählt Jesus einen Samariter als Hauptperson des Gleichnisses? Weil die Samariter aufgrund
unterschiedlicher religiöser Traditionen bei den Juden
verachtet waren; und dennoch lässt Jesus erkennen,
dass das Herz jenes Samariters gut und großherzig ist
und dass er – im Unterschied zum Priester und zum
Leviten – den Willen Gottes in die Praxis umsetzt, dem
mehr an Barmherzigkeit als an Opfern liegt (vgl. Mk
12,33). Gott will immer die Barmherzigkeit und nicht
die gegen alle gerichtete Verurteilung.
Er will die Barmherzigkeit des Herzens, weil er barmherzig ist und unsere Armseligkeiten, unsere Schwierigkeiten und auch unsere Sünden gut zu verstehen
weiß. Gib uns allen dieses barmherzige Herz! Der
Samariter tut genau das: er ahmt die Barmherzigkeit
Gottes nach, die Barmherzigkeit gegenüber den Bedürftigen.
4
DIENSTAG
Wo nimmt der Weg des heiligen Franziskus zu Christus seinen Anfang? Beim Blick des gekreuzigten Jesus. Sich von ihm anschauen lassen in dem Moment,
in dem er sein Leben für uns hingibt und uns zu sich
zieht. Franziskus hat diese Erfahrung in besonderer
Weise in der kleinen Kirche von San Damiano gemacht, als er vor dem Kruzifix betete, das auch ich
heute noch verehren werde. Auf diesem Kreuz er249
O ktober
scheint Jesus nicht tot, sondern lebend! Das Blut
fließt aus den Wunden der Hände, der Füße und der
Seite herab, doch dieses Blut drückt Leben aus. Jesus
hat die Augen nicht geschlossen, sondern geöffnet,
weit offen: ein Blick, der zum Herzen spricht. Und
der Gekreuzigte spricht uns nicht von Niederlage, von
Scheitern. Paradoxerweise spricht er uns von einem
Tod, der Leben ist, der Leben hervorbringt, denn er
spricht uns von Liebe, weil er die Mensch gewordene
Liebe Gottes ist. Und die Liebe stirbt nicht, nein, sie
besiegt das Böse und den Tod.
5
MITTWOCH
Wer sich vom gekreuzigten Jesus anschauen lässt,
wird gleichsam neu erschaffen, wird eine „neue
Schöpfung“. Das ist der Ausgangspunkt von allem: Es
ist die Erfahrung der verwandelnden Gnade, unverdient geliebt zu sein, obwohl man Sünder ist. Darum
kann Franziskus wie der heilige Paulus sagen: „Ich
aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen“ (Gal 6,14). Wir wenden uns an
dich, heiliger Franziskus, und bitten dich: Lehre uns,
vor dem Gekreuzigten zu verweilen, uns von ihm anschauen zu lassen, uns von seiner Liebe vergeben und
neu erschaffen zu lassen.
Im Evangelium gibt es diese Worte: „Kommt alle zu
mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen
habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein
Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig
und von Herzen demütig“ (Mt 11,28-29).
250
O ktober
6
DONNERSTAG
Das ist das Zweite, was Franziskus uns bezeugt: Wer
Christus nachfolgt, empfängt den wahren Frieden,
den nur er uns geben kann und nicht die Welt. Der
heilige Franziskus wird von vielen mit dem Frieden
verbunden, und das ist recht so, doch wenige gehen
in die Tiefe. Welches ist der Friede, den Franziskus
empfangen und gelebt hat und den er an uns weitergibt? Es ist der Friede Christi, der den Weg über
die größte Liebe, die des Kreuzes, genommen hat. Es
ist der Friede, den der auferstandene Jesus den Jüngern schenkte, als er in ihrer Mitte erschien (vgl. Joh
20,19.20).
7
FREITAG
Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz
Der franziskanische Friede ist keine Gefühlsduselei.
Bitte, diesen heiligen Franziskus gibt es nicht! Und er
ist auch nicht eine Art pantheistischer Harmonie mit
den Energien des Kosmos… Auch das ist nicht franziskanisch. Auch das ist nicht franziskanisch, sondern
eine Idee, die einige entwickelt haben! Der Friede des
heiligen Franziskus ist der Friede Christi, und diesen
Frieden findet, wer Christi „Joch auf sich nimmt“,
nämlich sein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch
geliebt habe (vgl. Joh 13,34; 15,12). Und dieses Joch
kann man nicht mit Arroganz, mit Überheblichkeit,
mit Hochmut tragen, sondern nur mit Gütigkeit und
Herzensdemut kann man es tragen. Wir wenden uns
251
O ktober
an dich, heiliger Franziskus, und bitten dich: Lehre
uns, „Werkzeuge des Friedens“ zu sein, jenes Friedens, der seine Quelle in Gott hat, des Friedens, den
Jesus, der Herr, uns gebracht hat.
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SAMSTAG
Samstag und Sonntag nach dem
Rosenkranzfest
Marianisches Jubiläum
Der Blick! Wie wichtig ist er! Wie viel kann man mit
einem Blick sagen! Zuneigung, Ermutigung, Mitleid,
Liebe, aber auch Vorwurf, Neid, Stolz, sogar Hass. Oft
sagt ein Blick mehr als Worte oder sagt das, was Worte nicht zu sagen vermögen oder wagen. Auf wen
blickt Maria? Sie blickt auf uns alle, auf einen jeden
von uns. Und wie schaut sie uns an? Sie schaut uns an
wie eine Mutter, voll Zärtlichkeit, Barmherzigkeit und
Liebe. So hat sie ihren Sohn angeschaut in allen Momenten seines Lebens – in den freudenreichen, den
lichtreichen, den schmerzhaften und den glorreichen
Momenten, wie wir sie in den Geheimnissen des Rosenkranzes betrachten – und zwar einfach voll Liebe.
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O ktober
auf Maria und spüren ihren Blick, der zu unserem
Herzen spricht: „Nur Mut, mein Kind, ich bin da und
stütze dich!“ Die Muttergottes kennt uns gut, sie ist
eine „Mama“ und weiß wohl, welche unsere Freuden
und Schwierigkeiten, unsere Hoffnungen und Enttäuschungen sind. Wenn wir die Last unserer Schwachheit, unserer Sünden spüren, dann schauen wir auf
Maria, die zu unserem Herzen spricht: „Steh auf, geh
zu meinem Sohn Jesus, bei ihm findest du Aufnahme,
Barmherzigkeit und neue Kraft, um den Weg weiterzugehen.“
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MONTAG
Der Blick Marias richtet sich nicht nur auf uns. Unter
dem Kreuz, als Jesus den Apostel Johannes und mit
ihm uns alle ihr mit den Worten: „Frau, siehe dein
Sohn“ (Joh 19,26) anvertraut, da ist der Blick Marias
fest auf Jesus gerichtet. Und Maria sagt uns wie bei
der Hochzeit zu Kana: „Was er euch sagt, das tut“
(Joh 2,5). Maria weist auf Jesus hin; sie lädt uns ein,
Jesus zu bezeugen; sie führt uns immer zu ihrem Sohn
Jesus, denn nur in ihm ist Heil, nur er kann das Wasser
der Einsamkeit, der Schwierigkeit und der Sünde in
den Wein der Begegnung, der Freude und der Vergebung verwandeln. Er allein.
SONNTAG 28. Sonntag im Jahreskreis
Samstag und Sonntag nach dem
Rosenkranzfest
Marianisches Jubiläum
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Wenn wir müde und entmutigt sind, wenn wir von
den Problemen erdrückt werden, dann schauen wir
„Selig ist die, die geglaubt hat!“ (Lk 1,45). Maria ist
selig wegen ihres Gottvertrauens, wegen ihres Glau-
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DIENSTAG
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