Blick über den Tellerrand Eine Reise durch Italien – in Groß-Gerau Fotos: (3) Oeser Opelvillen im Koffer besuchen an Demenz erkrankte Menschen im Pflegeheim Jennifer Konrad trägt den Sonnenhut für die Überfahrt nach Capri. D er ist ja nur ein Jahr älter als ich“ – Erna F. ist begeistert, dass sie eine Gemeinsamkeit entdecken kann mit dem italienischen Fotografen Pietro Donzelli. Ob sie tatsächlich nur ein Jahr jünger ist als der 1915 Geborene? Darauf kommt es in der Runde in der Seniorenresidenz Am Kastell in Groß-Gerau gar nicht an. Hier stehen die wunderbaren Schwarz-Weiß-Fotografien im Mittelpunkt, die Donzelli, ein spätberufener italienischer Fotograf, überall in seiner Heimat Italien aufgenommen hat. 2015 hatten die Opelvillen zahlreiche seiner Aufnahmen in einer ihm gewidmeten Ausstellung gezeigt. Die italienischen Landschaften in ihrer jeweiligen Eigenart arbeitete er heraus, und irgendwo darinnen immer der Mensch. So etwa bei der Aufnahme aus der Po-Ebene. Ein Angler sitzt neben seinem ins Gras geworfenen Fahrrad am Ufer und schützt sich mit einem Regenschirm gegen die sengende Sonne. „Den hab ich schon mal gesehen, der angelt immer hier unten am Main“, ist sich Erna F. sicher. Jennifer Konrad, die von den Opelvillen in Rüsselsheim 54 mit einem alten Koffer und den großformatigen Fotografien angereist ist, umschifft diese Klippe: „Ja, am Main kann man wunderbar angeln.“ Seit 2013 bieten die Opelvillen in ihren Ausstellungen spezielle Führungen für Menschen mit einer Demenzerkrankung an, die auch gut nachgefragt werden. „Wir haben aber festgestellt, dass es für viele ältere Menschen sehr beschwerlich ist, zu uns zu kommen. Und so hatten wir die Idee, die Ausstellung in einen Koffer zu packen und zu den alten Menschen zu gehen“, erläutert Jennifer Konrad. Zusammen mit ihrer Kollegin Kathinka Tischendorf, die wie sie Kunsthistorikerin ist, bringt sie in ihrem alten abgewetzten Lederkoffer noch einiges mit, was die Menschen in dem Alten- und Pflegeheim neben den Bildern auch anregt. Es sind Gegenstände, die mit den Darstellungen auf den Bildern korrespondieren. Weiße Handschuhe Das Detailfoto, das eine Frauenhand mit weißem Handschuh zeigt, die einen Koffer und ein Geschenkpaket trägt, löst bei Mathilde M. sofort et- was aus: „So schöne Handschuhe hatte ich nie.“ Als Jennifer Konrad aus ihrem Koffer ein paar zarte weiße Handschuhe herausholt und sie überzieht, ist die alte Dame auch sicher: „Die passen mir sowieso nicht.“ Und sie hat recht. Die kleine Hand von Jennifer Konrad nimmt sich geradezu kindlich aus vor den langen aber starken Fingern dieser alten Dame. Die alten Menschen, die zum Teil die Bilder zunächst ein bisschen lethargisch anschauen, werden spätestens dann wacher, wenn Kathinka Tischendorf herumgeht und ihnen etwa unterschiedliche Stoffe in die Hand gibt: zarte Seide, kräftige Spitze und schweren Paillettenstoff. Herr K. kommt ins Erzählen: Wie auch er genäht hat als junger Mann. Aber nicht wie der Schneider auf dem Foto von Donzelli, sondern mit viel stärkerem Garn und robusten Stoffen hat er Möbel gepolstert und bezogen. Und ein wenig wehmütig fügt er hinzu: „Diesen Beruf gibt’s heute fast nicht mehr.“ Mitgebracht haben die jungen Frauen nur fünf Fotos. Die Fülle von Donzellis Werk würde die alten MenSenioren Zeitschrift 1|2016 Kultur schen überfordern. Sie können sich so auf die wenigen Szenen konzentrieren. Das letzte gezeigte Bild – ein Foto von einer Fahrt mit dem Boot nach Capri, auf dem eine junge Frau mit einem Sonnenhut sich den Wind um die Nase wehen lässt – verbreitet Urlaubsstimmung. Und lässt bei Mathilde M. die Erinnerung an viele große Reisen aufkommen, die sie im Pietro Donzellis Fotografien bergen viele Details. Laufe Lebens gemacht hat: „Nur Dieihres Kleinmarkthalle kocht in Südamerika war ich noch nicht, da Rezepte, Tipps und Bilder aus der Frankfurter Kleinmarkthalle komme ich auch nicht mehr hin.“ Als Jennifer Konrad dazu noch „Wo olio Schurickes den Handkäse eine CDdas mit Rudi „Capri-umarmt – Allen, die schon lange und immer in der Kleinmarkthalle einkaufen, und allen, die sie zum ersten Mal betreten wollen, ist dieser Führer zu fischern“ auflegt, singen Etliche aus empfehlen.“ der Runde mit: Die Worte „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer verFrankfurter Rundschau sinkt …“ sind ganz präsent. Lieselotte Wendl „... die ganz persönlichen Lieblingsrezepte der Damen und Herren an den Ständen wurden nun in diesem sehr schön gestalteten und bebilderten Buch zusammengefasst. Man muss kein Profi sein, um diese klar fomulierten und gut leserlichen Rezepte nachzukochen.“ Dank der Förderung des Hessischen Journal Frankfurt Ministeriums für Soziales und Integration kann das Projekt für die teilneh240 Seiten, 120 Abbildungen, menden Einrichtungen kostenfrei angeboten 17 x 24 werden. cm, Hardcover, Mehr Informationen gibt es bei der in den Hessen Shops, oder direkt beim Verlag 24,90 Euro im Buchhandel, Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen www.nizzaverlag.de Rüsselsheim unter Telefon: 06142 / 83 59 07, Kathinka Tischendorf zeigt jedem einzelnen Besucher die Fotos. [email protected], www.opelvillen.de. Anzeige Die Kleinmarkthalle kocht 150 Rezepte, Tipps und viele Bilder aus der Frankfurter Kleinmarkthalle „Wo das Olio den Handkäse umarmt – Allen, die schon lange und immer in der Kleinmarkthalle einkaufen, und allen, die sie zum ersten Mal betreten wollen, ist dieses Buch zu empfehlen.“ Frankfurter Rundschau 240 Seiten, 120 Abbildungen, Hardcover www.nizzaverlag.de 1|2016 Senioren Zeitschrift 24,90 Euro im Buchhandel, in den Hessen Shops, oder direkt beim Verlag: 55
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