Umgang mit Experteninterviews im Rahmen wissenschaftlicher Arbeiten Falls Sie vor oder im Zuge Ihrer wissenschaftlichen Arbeit zum Ergebnis kommen, dass Sie durch Experteninterviews Informationen gewinnen können, die auf andere Weise nicht zu erlangen sind, sind dabei folgende Vorgaben zu berücksichtigen. 1. Das Lesen von Literatur über Experteninterviews (Definition von Experten, Verwendung von Leitfäden, Auswahl der Experten, Formulierung der Fragen, Auswertung der Interviews usw.) wird ausdrücklich empfohlen. Beispielsweise können Sie auf die folgende Literatur zurückgreifen: BRYMAN, A./BELL, E. (2015): Business Research Methods, 4. Auflage, Oxford University Press (ISBN: 978-0199668649). SAUNDERS, M./LEWIS, P./THORNHILL, A. (2015): Research Methods for Business Students, 7. Auflage, Pearson (ISBN: 978-1292016627). KAISER, R. (2014): Qualitative Experteninterviews. Konzeptionelle Grundlagen und praktische Durchführung, Springer VS (ISBN: 978-3658024789). GLÄSER, J./LAUDEL, G. (2010): Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse, 4. Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften (ISBN: 978-3531172385). 2. Die Auswahl der Experten gehört zu der eigenständigen Leistung im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit. Je nach Zielsetzung der Arbeit (qualitative vs. quantitative Datenauswertung, Themenstellung usw.) ist eine unterschiedliche Anzahl von Experten erforderlich. Es kann daher keine konkrete Anzahl an erforderlichen Interviews vorgegeben werden. 3. Experteninterviews sind nach dem Interview wortwörtlich zu verschriftlichen und dem Anhang der Arbeit hinzuzufügen. Bei mündlichen Interviews (bspw. Telefoninterviews) ist daher eine Aufzeichnung des Interviews erforderlich, um dieses anschließend Wort für Wort zu transkribieren. 4. Die Aufzeichnung des Interviews bedarf vorab einer Genehmigung des Experten. 5. Zur Nachvollziehbarkeit bedarf das Experteninterview einer schriftlichen Genehmigung des Experten am Ende der Abschrift. Es ist vorteilhaft dem Experten bereits vor Beginn des Interviews die Notwendigkeit einer schriftlichen Genehmigung aufzuzeigen. Dem Experten ist es erlaubt, getätigte Aussagen in der Abschrift zu streichen oder zu korrigieren. Die vom Experten unterzeichnete Abschrift ist dem Anhang der wissenschaftlichen Arbeit hinzuzufügen. Ausnahmen: Falls der Experte nach der Durchführung des Interviews unerwartet die schriftliche Unterzeichnung der Abschrift untersagt, können Sie von den folgenden Ausnahmen Gebrauch machen. Dabei ist die Ausnahme a) ausdrücklich der Ausnahme b) vorzuziehen. a) Lehnt der Experte die Unterschrift ab, erlaubt aber dennoch den Abdruck der Abschrift in der wissenschaftlichen Arbeit, kann statt der Unterschrift des Experten am Ende der Abschrift eine eigene Erklärung abgegeben werden. Hiermit erkläre ich, Vorname Zuname (geb. am XX.XX.XXXX), dass ich das oben aufgeführte Interview am XX.XX.XXXX geführt habe und über eine Erlaubnis zur Verwendung und zum Abdruck des Interviews im Rahmen dieser Arbeit verfüge. Ort, Datum Unterschrift b) Lehnt der Experte die Unterschrift und den Abdruck der Abschrift in der wissenschaftlichen Arbeit ab, willigt aber dennoch in die Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse aus dem Interview ein, sind die Erkenntnisgewinne aus den geführten Experteninterviews im Text der Arbeit ausdrücklich als fremdes Gedankengut zu kennzeichnen. In diesem Fall sollten die Argumentationsschwerpunkte Ihrer Arbeit nicht aus dem Interview stammen, sondern dessen Inhalte eher ergänzend oder unterstützend herangezogen werden. 6. Die Abschrift des Interviews soll Art, Datum und Länge des Interviews und weitere Informationen zum Experten (Vor- und Zuname, Unternehmenszugehörigkeit, Position im Unternehmen) erkennen lassen. Ausnahme: Unter Umständen ist der Experte nur bereit in die Verwendung des Interviews einzuwilligen, wenn keine Beziehung zu ihm als Person oder zum Unternehmen hergestellt werden kann. Stellt eine anonymisierte Abschrift des Interviews einen Mehrwert für die wissenschaftliche Arbeit dar, kann auf weitere Informationen zum Experten verzichtet werden. Auch in diesem Fall sollten die Argumentationsschwerpunkte Ihrer Arbeit nicht aus dem Interview stammen, sondern dessen Inhalte eher ergänzend oder unterstützend herangezogen werden. 7. Unter Umständen verlangt der Experte von Ihnen persönlich eine schriftliche Vertraulichkeitsvereinbarung. Eine solche Vereinbarung können Sie ohne Rücksprache mit Ihrem Betreuer der wissenschaftlichen Arbeit ausstellen. Wird darüber hinaus eine Vertraulichkeitsvereinbarung vom betreuenden Institut gewünscht, senden Sie Ihrem Betreuer wenn möglich eine vom Experten vorformulierte Vertraulichkeitsvereinbarung mit der Bitte um Unterzeichnung zu. Alternativ kann Ihr zuständiger Betreuer eine entsprechende Vereinbarung formulieren. 8. Bei der Zeitplanung der wissenschaftlichen Arbeit ist zu berücksichtigen, dass die Vorund Nachbereitung von Experteninterviews, die diesen Vorgaben entsprechen, Zeit in Anspruch nehmen. Daher dürfen Experteninterviews nicht zu spät durchgeführt werden. Gleichzeitig bedarf die Durchführung von Experteninterviews einer sorgfältigen Vorbereitung, sodass diese auch nicht zu früh konzipiert und durchgeführt werden sollten. Dieser Trade-Off ist bei der Entscheidung zur Durchführung von Experteninterviews zu berücksichtigen. 9. Fragen, die nicht durch diesen Leitfaden oder durch die spezifische Literatur beantwortet werden, sind bitte an den jeweiligen Betreuer zu richten.
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