Verlag Dr. Otto Schmidt 23.11.2015 MDR 22/2015 1273 IMMOBILIENRECHT RA Wolfgang Barchewitz Die (häufig lästige) verdeckte Eigentümergrundschuld Gelegentlich bestehen gerade bei Grundstücken, deren Grundbuch seit längerem nicht aktualisiert wurde, erhebliche rechtliche Verwertungsschwierigkeiten. Obwohl die verdeckte Eigentümergrundschuld in der wirtschaftlichen Praxis unstreitig wegen der vorherrschenden Sicherungsgrundschuld nicht mehr die frühere Rolle spielt, kann ihre Aufdeckung auch heute noch ein lohnendes Unterfangen sein. Der folgende Beitrag beleuchtet die verdeckte Eigentümergrundschuld anhand ihrer Entstehung und Folgen in der kredit- und vollstreckungsrechtlichen Praxis. I. Ausgangslage Verwertungsschwierigkeiten bei Grundstücken, deren Grundbuch seit längerem nicht aktualisiert wurde, resultieren daraus, dass der Veräußerer seine im notariellen Veräußerungsvertrag übernommene Pflicht, die veräußerte Immobilie in Abteilung III lastenfrei zu liefern, nicht zeitgerecht erfüllen kann. Eine wirtschaftlich vergleichbare Situation tritt in Fällen der Vollstreckungs- oder Teilungsversteigerung auf. Oft bleiben hier Grundpfandrechte mit erheblichen Kapitalbeträgen als Teil des geringsten Gebotes bestehen (vgl. § 44 ZVG). Erfahrungsgemäß verunsichern fortbestehende Grundpfandrechte mit hohen Beträgen vorhandene Bietinteressenten. Diese sehen von Geboten ab, weil sie die Folgen der fortbestehenden Grundpfandrechte nicht abschätzen können oder aber den späteren Löschungsaufwand scheuen. In der weiteren Folge kommt es zu keinem zuschlagsfähigen Gebot (vgl. §§ 77, 85a ZVG), so dass sich das Versteigerungsverfahren stark verzögert oder im ungünstigsten Fall aufgehoben wird, ohne dass das Verwertungsobjekt einen neuen Eigentümer gefunden hat. (Mit)Ursächlich für diese Konstellation ist häufig die verdeckte (oft auch noch plastischer: verschleierte)1 Eigentümergrundschuld. Denn auch dieses Grundpfandrecht kann nur gelöscht werden, wenn der Inhaber des Rechtes die Löschung bewilligt und der Grundstückseigentümer zustimmt (vgl. §§ 875 sowie 1183 BGB). Dabei ist das Zustimmungserfordernis des Grundstückseigentümers nichts Besonderes. Dieser ist namentlich aus dem Grundbuch bekannt; seine Blockade kann notfalls im Prozesswege mit Hilfe des vorgemerkten oder gesetzlichen Löschungsanspruches durchgesetzt werden (s. dazu auch unten unter III. 3.). Problematisch ist dagegen die Mitwirkung des Inhabers der verdeckten Eigentümergrundschuld. Denn dessen Identität „verdeckt“ das Grundbuch ja; häufig wird die Sache dadurch noch komplizierter, dass es nicht nur einen, sondern mehrere (Mit) " 1 2 3 4 5 6 7 8 Der Autor ist selbständiger Rechtsanwalt und schwerpunktmäßig auf dem Gebiet der Immobilienfinanzierung- und -vollstreckung tätig; www.rechtsanwalt-barchewitz.de. Wörbelauer, NJW 1958, 1513. Siehe im Einzelnen Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2707. Siehe dazu Schöner/Stöber, s. Fn. 2, Rz. 2421. BGH v. 15.4.2010 – V ZR 182/09, MDR 2010, 856 – Internet. Ivo in Weirich/Ivo, Grundstücksrecht, 4. Aufl. 2015, Rz. 1490. Im Einzelnen: Eickmann in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2012, § 868 ZPO Rz. 15 ff. Schöner/Stöber, s. Fn. 2, Rz. 100d m.w.N. Siehe dazu Ivo, s. Fn. 5, Rz, 1409. Exemplar für Berechtigte gibt, deren Identität erst ermittelt werden muss. II. Fortdauernde praktische Relevanz der verdeckten Eigentümergrundschuld Möglicherweise reibt sich der versierte Bank- oder Sachenrechtler jetzt verwundert die Augen: Ist das Ganze nicht ein überholtes Scheinproblem von gestern? Die verdeckte Eigentümergrundschuld hat doch etwas mit der Hypothek zu tun, die in der wirtschaftlichen Praxis unstreitig von der Sicherungsgrundschuld verdrängt ist!? Doch dieser Einwand ist zu kurz gesprungen. 1. Hypothek als vorherrschendes Sicherungsmittel Viele Grundstücke, die in den Wirtschaftswunder-Jahren nach dem zweiten Weltkrieg bebaut wurden, werden jetzt vererbt und kommen erst jetzt wieder an den Grundstücksmarkt. Da z.B. die Hypothekenbanken zumindest bis Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts ihre Kredite durch Hypotheken absichern ließen, schlummern in den betroffenen Grundbüchern noch jede Menge verdeckte Eigentümergrundschulden. 2. Sicherungsgrundschuld und verdeckte Eigentümergrundschuld Des Weiteren stellt sich das Problem der verdeckten Eigentümergrundschuld partiell auch bei der Sicherungsgrundschuld. Zu denken ist beispielsweise an einen vorherigen Verzicht des (Fremd)Grundschuldgläubigers nach § 1192 Abs. 1 i.V.m. 1168 BGB2 oder an eine Ablösung der Fremdgrundschuld durch den Grundstückseigentümer.3 Schließlich entsteht eine verdeckte Eigentümergrundschuld, wenn der Eigentümer des Pfandobjekts die (ehemalige) Fremdgrundschuld erwirbt – etwa als Erbe oder Abtretungsempfänger – vgl. § 889 BGB.4 3. Heutige Einsatzfelder der Hypothek Die Hypothek als neu eingesetztes Sicherungsmittel ist im heutigen Wirtschaftsleben weniger „untot“ als sie oft dargestellt wird. So wird sie weiterhin zur Sicherung von familiären Ansprüchen oder als Restkaufgeldhypothek eingesetzt; darüber hinaus ist die Hypothek das einzige vollstreckungsrechtlich vorgesehene Grundpfandrecht (§§ 866, 932 ZPO; § 322 AO).5 Treten hier die Voraussetzungen des § 868 ZPO ein, sind wir sofort in den Untiefen der verdeckten Eigentümergrundschuld.6 Mit anderen Worten: Auch heute noch entstehen neue verdeckte Eigentümergrundschulden mit ihren spezifischen Problemen. 4. Zusätzliche Probleme durch Erbschaftswelle Die Erbschaftsfälle nehmen markant zu. Geht bei dieser Gelegenheit die verdeckte Eigentümergrundschuld auf eine Erbengemeinschaft über, von der im Extremfall im Rahmen der Globalisierung einzelne Mitglieder im Ausland leben, vervielfachen sich die Probleme. Denn die zur Grundbuchbereinigung erforderlichen Erklärungen müssen bekanntlich von allen Miterben abgegeben werden.7 Das ist besonders lästig bei den „Splitterrechten“, in die sich die Tilgungshypothek während der Tilgungsphase verwandelt8 (nachstehend auch als „Scheibe“ bezeichnet). Denn die durch die jeweilige Tilgungsleistung entste- Verlag Dr. Otto Schmidt 23.11.2015 1274 Barchewitz MDR 22/2015 Immobilienrecht hende verdeckte Eigentümergrundschuld steht demjenigen zu, der im Zahlungszeitpunkt Grundstückseigentümer war. Mit anderen Worten: Werden die Tilgungszahlungen im Laufe der Zeit von verschiedenen Eigentümern des Pfandobjektes geleistet, gibt es auch mehrere Inhaber der jeweils entstandenen „Eigentümergrundschuld-Scheiben“ innerhalb des Grundpfandrechtes.9 III. Maßnahmen gegen die Folgen der verdeckten Eigentümergrundschuld Die Entstehung der verdeckten Eigentümergrundschuld ist unabwendbar; die Entstehung kann mit dinglicher Wirkung nicht durch Vereinbarung verhindert werden.10 Es geht also darum, ihre Folgen zu „entschärfen“ oder sie praktisch handhabbar zu machen. 1. Frühzeitige Grundbuchbereinigung Hier ist schon viel geholfen, wenn nur der jeweilige aktuelle Grundstückseigentümer Inhaber aller aktuell bestehenden Eigentümergrundschulden-Scheiben ist. Das wird natürlich am besten dadurch erreicht, dass bei jeder rechtsgeschäftlichen Veräußerung des Pfandobjektes die Löschung der in der Hand des Veräußerers entstandenen Eigentümergrundschuld-Scheibe bewilligt und anschließend im Grundbuch vollzogen wird. Leider unterbleibt das in der Praxis häufig; die vom noch eingetragenen Fremdhypothekar erteilte Löschungsbewilligung wird zu den Unterlagen genommen – nicht aber zum Vollzug beim Grundbuchamt eingereicht. Sofern (z.B. aus Rationalisierungs- oder Kostengründen wegen Geringfügigkeit der entstandenen Scheibe) die Löschung des in der Hand des Veräußerers entstandenen Rechtes aktuell bewusst nicht durchgeführt werden soll, muss dieses zumindest an den Erwerber abgetreten werden.11 Dann tritt das Problem der Splitterrechte später nicht auf. Denn in der Abtretung lässt sich zugleich das Einverständnis des bisherigen Inhabers sehen, dass der Erwerber zur gegebenen Zeit (auch) der Aufhebung der Scheibe des Veräußerers zustimmt – § 185 BGB12 An dieser Stelle trifft die Notare eine erhöhte Überwachungs- und Belehrungspflicht bei der Beurkundung von Veräußerungsverträgen. 2. Löschung oder Wiederverwendung der verdeckten Eigentümergrundschuld? Besonders die institutionellen Kreditgeber mögen die verdeckte Eigentümergrundschuld nicht. Denn bei dieser sind sie der Gefahr ausgesetzt, nicht die „risikolose“ Löschungsbewilligung, sondern die „risikoreiche“ (weil haftungsträchtige) „löschungsfähige Quittung“ erteilen zu müssen.13 a) Eingetragene Löschungsvormerkung am eigenen Recht Zur Vermeidung dieser Gefahren vereinbarten die Geldgeber früher mit dem Besteller der Hypothek, dass von den Kreditinstituten nur die Mitwirkung bei der Löschung (= Aufhebung gem. § 875 BGB) des Rechtes – nicht aber bei der Wiederverwendung der verdeckten Eigentümergrundschuld (durch Erteilung einer löschungsfähigen Quittung) verlangt werden konnte. Diese Vereinbarung wurde verdinglicht durch eine Löschungsvormerkung am eigenen Recht.14 Das führte dazu, dass der vorgemerkte Löschungsanspruch selbst dann gegen den ursprünglichen Besteller des Grundpfandrechtes geltend gemacht werden konnte, wenn dieser zwischenzeitlich das Grundstückseigentum an einen Dritten veräußert hatte.15 Erfüllte der Schuldner den Anspruch nicht freiwillig, war Exemplar für allerdings Klage auf Löschung erforderlich. Vor diesem Hintergrund ließ sich der Gläubiger häufig noch in öffentlich beglaubigter Form bevollmächtigten, namens des Schuldners die nach § 1183 BGB/§ 27 GBO erforderliche Löschungserklärung gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben. Mit Hilfe dieser Vollmacht war der Gläubiger dann in der Lage, die Löschung der für ihn eingetragenen Hypothek, der er ja nicht mehr bedurfte, durchzusetzen, ohne auf die Mitwirkung des nicht kooperationswilligen Schuldners angewiesen zu sein.16 b) Gesetzlicher Löschungsanspruch nach § 1179b BGB Da mit der eintragungspflichtigen Löschungsvormerkung am eigenen Recht ein erheblicher Aufwand für alle Beteiligten verbunden war, konzediert der Gesetzgeber seit 1978 dem eingetragenen Hypothekengläubiger einen gleichsam automatischen, verdinglichten gesetzlichen Löschungsanspruch gem. § 1179b BGB („Löschungsanspruch am eigenen Recht“).17 Auch mit diesem Instrument kann die Löschung der verdeckten Eigentümergrundschuld durchgesetzt werden. Anders als früher kann es nunmehr aber nicht nur einen, sondern ggf. mehrere „Löschungsschuldner“ geben.18 Das trifft immer dann zu, wenn es mehrere Scheiben-Inhaber gibt. Der vorstehend geschilderte praktische Weg über die zusätzliche Löschungsvollmacht des Hypothekenbestellers führt heute also nur in den Fällen weiter, in denen der Vollmachtgeber im Löschungszeitpunkt alleiniger Inhaber sämtlicher bis dahin entstandener verdeckten Eigentümergrundschulden ist.19 3. Zivilrechtliche Klage auf Löschung Verweigern der eingetragene Grundpfandrechtsgläubiger und/oder der oder die Scheibeninhaber die freiwillige Mitwirkung bei der Löschung der Eigentümergrundschuld, muss der Löschungsberechtigte sie auf Mitwirkung bei der Löschung verklagen. Anspruchsgrundlage gegen den Scheibeninhaber ist der vorgemerkte oder gesetzliche Löschungsanspruch; der Anspruch gegen den (noch) eingetragenen Drittgläubiger ist in § 888 BGB begründet.20 9 Bohn, „Das Hypothekenrecht und die Zwangsvollstreckung in Grundstücke“, 8. Aufl. 1958, Rz. 738. 10 Vgl. Bassenge in Palandt/BGB, 74. Aufl., § 1163 Rz. 14 m.w.N. 11 Vgl. Ivo, s. Fn. 5, Rz. 1409; auch Schöner/Stöber, s. Fn. 2, Rz. 2740 ff. mit dem berechtigten Hinweis, dass dieses Verfahren auch für die vergleichbare Situation der Rückgewähransprüche bei der SicherungsGrundschuld anzuwenden ist, auch Rz. 3156. 12 Wolfsteiner in Staudinger/BGB, Bearb. 2009, § 1179 Rz. 51; auch Kaps, DR 1941, 412 ff. 13 Siehe Wolfsteiner in Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 22. Aufl. 2008, § 70 Rz. 22; Bohn, s. Fn. 9, Rz. 625 ff. 14 Ivo, s. Fn. 5, Rz. 1367. 15 Wolfsteiner, s. Fn. 12. 16 Vgl. Bohn, s. Fn. 9, Rz. 694; soweit heute noch bei vor 1978 bestellten Rechten eine solche Vormerkung am eigenen Recht eingetragen ist, kann es also durchaus Sinn machen, mit dem ausgewiesenen Gläubiger Kontakt aufzunehmen und zu klären, ob er (auch) über eine entsprechende Vollmacht verfügt; ggf. ist er dann – im Zweifel gegen entsprechende Freistellungserklärung – bereit, die Löschung seines nicht mehr valutierenden Rechtes „im Alleingang“ durchzusetzen; der Autor hat mit diesem Vorgehen bereits praktisch gute Erfahrungen gemacht. 17 Vgl. dazu Eickmann, s. Fn. 6, 6. Aufl. 2013, § 1179b BGB Rz. 1. 18 So Eickmann, s. Fn. 17, § 1179a Rz. 21 mit Hinweisen auch auf die Gegenmeinung. 19 So auch Eickmann, s. Fn. 17, § 1179a BGB Rz. 21. 20 Vgl. Bassenge, s. Fn. 10, § 1179 Rz. 15 m.w.N. Verlag Dr. Otto Schmidt 23.11.2015 MDR 22/2015 Barchewitz 1275 Immobilienrecht 4. Verdeckte Eigentümergrundschuld und Zwangsversteigerung Häufig schläft die verdeckte Eigentümergrundschuld einen Dornröschenschlaf, weil „in guten Tagen“ kein Beteiligter deren Löschung oder Offenlegung verlangt hat. Dieser Tiefschlaf wird erst unsanft beendet, wenn das Pfandobjekt versteigert wird. Spätestens jetzt werden die Beteiligten durch den Weckruf der Zwangsversteigerung wach und nutzen häufig die Zeit bis zum Versteigerungstermin, um die Grundbuchbereinigung – ggf. mit Hilfe des vorgemerkten oder gesetzlichen Löschungsanspruches – durchzuführen. Was aber geschieht mit der verdeckten Eigentümergrundschuld, wenn diese tatsächlich bis zum Versteigerungstermin als solche vor sich hinvegetiert?! a) Eigentümergrundschuld außerhalb des geringsten Gebotes . Der Erlös als Surrogat im Teilungsplan: Dieser Fall ist vergleichsweise einfach. Zwar weist das Grundbuch weder den Inhaber noch die genaue Höhe der Scheibe aus; dafür ist aber aus dem Grundbuch ohne weiteres die Höhe und der Inhaber der gesamten Fremdhypothek, die die Scheibe verdeckt, erkennbar. In aller Regel war die zugrunde liegende Hypothek zur Zeit des Eintrags des Zwangsversteigerungsvermerkes bereits im Grundbuch verlautbart; alsdann ist zur Rechtswahrung noch nicht einmal eine Anmeldung des Kapitals der (die Scheibe enthaltenden) Fremdhypothek erforderlich. Sofern der Versteigerungserlös groß genug ist und eine Zuteilung auf dieses Kapital zulässt, ist der Kapitalbetrag von Amts wegen in den Verteilungsplan aufzunehmen(§ 114 ZVG); der Kapitalbetrag ist das Surrogat für das erloschene Grundpfandrecht.21 Das Vollstreckungsgericht hat keine Ermittlungspflichten von Amts wegen, ob und ggf. inwieweit eine ausgewiesene Fremdhypothek zur verdeckten Eigentümergrundschuld geworden sein könnte. Der wahre Inhaber der verdeckten Eigentümergrundschuld wird im Teilungsplan also nur berücksichtigt, wenn der Rechtsübergang offensichtlich ist oder aber sich dem Versteigerungsgericht gleichsam „aufdrängt“.22 . Erlösrecht des Löschungsbegünstigten: Selbst wenn der wahre Inhaber der Eigentümergrundschuld – Scheibe im Teilungsplan als Hebungsberechtigter ausgewiesen ist, wird er sich jedoch in der Praxis nur sehr selten über den Erhalt des anteiligen Erlöses freuen können. Denn in aller Regel verhindert diese Freude der vorgemerkte oder gesetzliche Löschungsanspruch, sofern er spätestens bis zum Verteilungstermin angemeldet wird; die Anmeldung ist mit einem Widerspruch gegen die Zuteilung an den Scheiben-Inhaber zu verbinden. Denn immer dann, wenn der Löschungsberechtigte besser dastehen würde, wenn das löschungsbelastete Grundpfandrecht bereits gelöscht wäre,23 kann er 21 Zum Sonderproblem der dinglichen Zinsen: Stöber, ZVG Kommentar, 20. Aufl. 2012, § 114 ZVG Rz. 6.8 ff. 22 Stöber, ZVG-Handbuch, 8. Aufl. 2007, Rz. 435. 23 Zum Erfordernis des „rechtlichen Interesses“ sowie Beispiele dazu Eickmann, s. Fn. 17, § 1179 BGB Rz. 36. 24 Stöber, s. Fn. 21, § 114 ZVG Rz. 9.14. 25 Stöber, s. Fn. 22, Rz. 520 ff. 26 Stöber, s. Fn. 21, § 114 ZVG Rz. 9.16a. 27 Vgl. Ivo, s. Fn. 5, Rz. 1364. 28 Stöber, s. Fn. 22, Rz. 529; ZVG § 114 Rz. 9.8b. 29 Vgl. Stöber, s. Fn. 22, Rz. 534 h. Exemplar für der Zuteilung des Erlösanteils an den Scheiben-Inhaber unter Berufung auf den Löschungsanspruch widersprechen. Gleichwohl wird jedoch der ScheibenInhaber als Berechtigter des Erlösanteils im Teilungsplan ausgewiesen.24 Solange nicht klar ist, ob der Löschungsanspruch – und damit der Widerspruch gegen die primäre Zuteilung – durchgreift, wird der auf die Eigentümergrundschuld entfallende Erlösanteil als auflösend bedingter Anspruch nach §§ 119, 120 ZVG behandelt.25 Das führt letztlich zur Hinterlegung des Betrages. Dieser wird danach nur dann an den Löschungsberechtigten ausgezahlt, wenn der Scheiben-Inhaber dessen Anspruch im Teilungsverfahren anerkennt oder ein rechtskräftiges Urteil im Widerspruchsprozess (vgl. § 115 ZVG i.V.m. §§ 876 ff. ZPO) vorliegt, das den Anspruch des Löschungsberechtigten bestätigt.26 b) Eigentümergrundschuld bleibt als Bestandteil des geringsten Gebotes bestehen Unproblematisch ist der Fall, dass auch das löschungsberechtigte Recht fortbesteht. Denn alsdann wird die Rechtslage durch den Zuschlag nicht verändert; alles bleibt beim Alten.27 Schwieriger ist der Fall, wenn nur die verdeckte Eigentümergrundschuld fortbesteht – das begünstigte Recht aber erlischt. . Dann hilft manchmal ein Antrag auf abweichende Versteigerungsbedingungen dergestalt, dass das eigentlich fortbestehende Grundpfandrecht, das die Scheibe enthält, entgegen den gesetzlichen Versteigerungsgrundbedingungen doch erlöschen soll (§ 59 ZVG). Wird auf diese abweichende Versteigerungsbedingung der Zuschlag erteilt, verwandelt sich das eigentlich liegenbleibende Grundpfandrecht – und damit auch die Scheibe – in einen Anspruch auf Teilhabe am Versteigerungserlös. Damit gelten dann die soeben dargestellten Abwicklungsregeln über die Zuteilung des auf die Scheibe entfallenden Erlösanteils. . Ist dieser Weg nicht gangbar, bleibt der Löschungsberechtigte gleichwohl geschützt. Ist er – z.B. als Berechtigter eines nachrangigen Nießbrauchs – durch eine eingetragene Löschungsvormerkung geschützt, darf diese im Grundbuch selbst dann nicht gelöscht werden, wenn der „geschützte“ Nießbrauch in der Zwangsversteigerung (zumindest teilweise) ausgefallen ist.28 War der Berechtigte dagegen durch den (nicht im Grundbuch ausdrücklich eingetragenen) gesetzlichen Löschungsanspruch geschützt, erhält der Berechtigte nach dem Zuschlag über das Pfandobjekt erstmals eine im Grundbuch bei dem belasteten Recht einzutragende Löschungsvormerkung, wenn er diese Eintragung spätestens im Verteilungstermin beantragt und er nicht aus dem Versteigerungserlös voll befriedigt wurde29 (vgl. auch § 91 Abs. 4 sowie § 130a ZVG). . Der Ersteher übernimmt in diesem Fall also zunächst die fortbestehende Fremdhypothek einschließlich der dort verborgenen Scheibe. Er darf später keinen Vorteil daraus haben, wenn die Scheibe im Vollzug des gesetzlichen oder vorgemerkten Löschungsanspruches gelöscht wird. Denn er hat ja den Fortbestand des gesamten Grundpfandrechtes (also inklusive der verdeckten Eigentümergrundschuld) bei seinem Gebot berücksichtigt, auf das er den Zuschlag erhielt. Dieses Ziel wird verwirklicht durch § 50 Abs. 2 Ziff. 1 sowie § 125 Abs. 1 ZVG. Auf diesem Wege wird Verlag Dr. Otto Schmidt 23.11.2015 1276 Laumen MDR 22/2015 Schiedsrecht sichergestellt, dass der auf die Scheibe entfallende Betrag letztendlich beim Berechtigten ankommt.30 III. Fazit Die Probleme um die verdeckte Eigentümergrundschuld sind trotz Vorherrschaft der Sicherungsgrundschuld nicht tot. Alle Beteiligten tun gut daran, das Problem im Auge zu behalten und dieses frühzeitig „in guten Tagen“ anzuge- hen und zu lösen. Den Notaren kommt hier eine erhöhte Verantwortung zu. Auch wenn „die Jagd nach der verdeckten Eigentümergrundschuld“31 ein wenig an Attraktivität verloren hat, stellt die Scheibe bzw. der auf diese entfallende Erlösanteil in der Zwangsversteigerung immer noch ein interessantes Aktivum dar. Nur der, der mit der Scheibe richtig umgeht, sichert sich den dort verborgenen Wert. SCHIEDSRECHT Präsident des AG a.D. Dr. Hans-Willi Laumen Beweisführung und Beweisaufnahme im Schiedsverfahren Wie in Zivilprozessen vor einem staatlichen Gericht hängt die Entscheidung eines Schiedsverfahrens nicht selten vom Ausgang einer Beweisaufnahme ab. Das Beweisrecht der Schiedsgerichtsbarkeit unterscheidet sich aber zum Teil gravierend von einem üblichen ZPO-Verfahren. Der folgende Beitrag vermittelt einen Überblick über die Besonderheiten der Beweisführung und der Beweisaufnahme in Schiedsverfahren. I. Einführung Schiedsverfahren werden auch in Deutschland immer beliebter.1 Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Eine größere Flexibilität bei der Verfahrensgestaltung, regelmäßig kein Instanzenzug, kein gesetzlicher Richter – die Zusammensetzung des Schiedsgerichts liegt in der Hand der Schiedsparteien, und nicht zuletzt gibt es bessere Möglichkeiten des Geheimnisschutzes sowohl nach außen – keine Öffentlichkeit des Verfahrens – als auch unter den Schiedsparteien – weites Ermessen des Schiedsgerichts bei der Anordnung von Maßnahmen des Geheimnisschutzes.2 Wie im staatlichen Zivilprozess steht auch im Schiedsverfahren die Beweisaufnahme häufig im Mittelpunkt und ist oft entscheidend für den Ausgang des Rechtsstreits. Das Beweisrecht des Schiedsverfahrens unterscheidet sich allerdings zum Teil gravierend von den gewohnten ZPOVorschriften. Die Kenntnis dieser Besonderheiten ist für jeden, der als Partei, Anwalt oder Schiedsrichter an einem Schiedsverfahren beteiligt ist, unabdingbar. Diese Besonderheiten sollen im Folgenden etwas näher ins Auge gefasst werden, wobei man sich von vornherein darüber im Klaren sein muss, dass es das Beweisrecht des Schiedsverfahrens nicht gibt. Vielmehr haben die Schiedsparteien und auch das Schiedsgericht eine Fülle von Möglichkeiten, auf die Beweisführung und die Art der Beweisaufnahme Einfluss zu nehmen. II. Bestimmung des Beweisrechts durch die Parteien Eine ganz wesentliche Besonderheit der Schiedsgerichtsbarkeit besteht darin, dass nicht das Schiedsgericht, sondern in erster Linie die Schiedsparteien Herren des Verfahrens sind. Dies betrifft auch und gerade die Art und Weise der Beweisaufnahme. Sie können nämlich gem. § 1042 Abs. 3 ZPO das Verfahren selbst oder durch Be- Exemplar für zugnahme auf eine schiedsrichterliche Verfahrensordnung regeln.3 Eingeschränkt wird diese Befugnis lediglich durch einige in § 1042 Abs. 1 und 2 ZPO enthaltene zwingende Regeln. Zu beachten ist danach stets das Gebot der Gleichbehandlung der Parteien, der Grundsatz der Waffengleichheit, der die prozessuale Chancengleichheit der Parteien umfasst, das Gebot des rechtlichen Gehörs sowie die Gewährleistung anwaltlicher Vertretung.4 Unter Berücksichtigung dieser Regeln steht es den Schiedsparteien also frei, etwa die Beweisaufnahme nach den Regeln der ZPO zu gestalten (im Zweifel sind damit die §§ 1025 ff. ZPO gemeint) oder auf die Grundsätze des Common Law Bezug zu nehmen. Unabhängig von solchen umfassenden Verfahrensordnungen können sie sich auch über einzelne Elemente einer Beweisaufnahme einigen.5 So können sie etwa im Hinblick auf die dadurch entstehende Kostenbelastung vereinbaren, den Beweis durch Sachverständige völlig auszuschließen oder eine Beweisführung nur mit Urkunden zuzulassen.6 Ihnen steht es auch frei, einzelne Personen als Zeugen von vornherein auszuschließen. Entsprechende Vereinbarungen können die Parteien auch noch im Laufe des Schiedsverfahrens treffen oder getroffene Vereinbarungen einvernehmlich wieder abändern.7 30 Einzelheiten: Stöber, s. Fn. 22, Rz. 534 i ff. 31 Ivo, s. Fn. 5, Rz. 1362 mit Hinweis auf Westermann. " Der Autor ist Präsident des AG Köln a.D. 1 Zum Teil wird sogar der Rückgang der Zivilprozesse auf die Zunahme von Schiedsverfahren zurückgeführt, vgl. v. Olenhusen, AnwBl. 2014, 568. 2 S. dazu ausf. Pörnbacher/Knief in Eberl (Hrsg.), Beweis im Schiedsverfahren, 2015, Kap. 9 Rz. 17 ff. 3 Vgl. dazu Eberl/Eberl in Eberl, s. Fn. 2, § 1 Rz. 4; Voit in Musielak/ Voit, ZPO, 11. Aufl. 2015, § 1042 Rz. 33; Schütze in Wieczorek/ Schütze, ZPO, Bd. 11, 4. Aufl. 2014, § 1042 Rz. 23 ff.; Schütze, SchiedVZ 2006, 1 (2). 4 Zu diesen Grundregeln näher Prütting in Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl. 2015, § 1042 Rz. 5 ff.; Voit, s. Fn. 3, § 1042 Rz. 2 ff. 5 Münch in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. 2013, § 1049 Rz. 6; Schütze, s. Fn. 3, § 1042 Rz. 38; zu solchen Vereinbarungen in Schiedsverfahren mit internationalen Bezügen vgl. ausf. Varga, Beweiserhebung in transatlantischen Schiedsverfahren, 2006, S. 128 ff. 6 Für den Ausschluss des Sachverständigenbeweises vgl. nur Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 1049 Rz. 2; Hartmann in Baumbach/Lauterbach, ZPO, 74. Aufl. 2016, § 1049 Rz. 2; Wach/ Petsch in Eberl, s. Fn. 2, § 4 Rz. 72 ff.; für die Beschränkung auf den Urkundenbeweis Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 5. Aufl. 2012, Rz. 355 Fn. 101 m.w.N. 7 Münch, s. Fn. 5, § 1042 Rz. 77; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 1042 Rz. 14; Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 (204).
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