KBL19#0023_Kosch_Muster_Erzbistum 29.04.15 13:40 Seite 3 Konradsblatt in der Schule 23 Foto: privat Die 6. Religionsklasse des Mannheimer Elisabeth-Gymnasiums beim Besuch in der Landeserstaufnahmestelle. Hintere Reihe (von rechts): Carina Enslin von der Caritas Mannheim, Lehrer Peter Eich, ein Asylbewerber aus Gambia, der Leiter der LEA, Joachim Cavallaro, und Schulleiterin Manuela Weiss. Ein Zwischenziel auf einem langen Weg Sechstklässer des Elisabeth-Gymnasiums aus Mannheim besuchen die Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber Die Religionsklasse 6 des Elisabeth-Gymnasiums Mannheim besuchte mit ihrem Religionslehrer Peter Eich und ihrer Schulleiterin, Manuela Weiss, die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in der Mannheimer Neckarstadt. Der Eingang ist gut gesichert: Nur mit Voranmeldung beim Regierungspräsidium und tatkräftiger Unterstützung des Standortleiters Joachim Cavallaro, Beamter des Regierungspräsidiums Karlsruhe, konnten die Sicherheitskontrollen am Eingang der Landeserstaufnahmestelle in Mannheim passiert werden. Das Gebäude ist ein altes Industriegebäude aus Backstein mit einem weiten Innenhof. Es liegt neben der Bahnlinie in einem reinen Industriegebiet. Im Januar ist es garstig kalt, Schneeregen und Wind begleiten den Besuch. Joachim Cavallaro und Carina Enslin, Sozialarbeiterin beim Caritasverband Mannheim, empfangen die Schülerinnen und Schüler zum Gespräch um einen großen Tisch. Die vorbereiteten Fragen werden kaum benötigt. Die zwei Gesprächspartner verschaffen einen lebendigen Eindruck vom Schicksal der hier ankommenden Menschen. Etwa 700 Neuankömmlinge sind hier untergebracht. Landesweit wurden im Jahr 2014 insgesamt 25 624 Menschen aufgenommen. Zunächst werden die Asylbewerber in den LEAs vorläufig aufgenommen. Im Schnitt sind sie drei bis sechs Wochen in der Erstaufnahme untergebracht. Die Gründe, aus der Heimat zu fliehen, sind vielfältig: Flucht vor politischer, religiöser, ethnischer oder sexueller Unterdrückung. Oft haben die Menschen eine lange, gefährliche Reise hinter sich, sind froh, lebendig angekommen zu sein. Mancher hat viel Geld an Schlepper bezahlt und einen lebensgefährlichen Weg hingelegt. Für manchen haben Verwandte Geld zusammengelegt, damit irgendwann einmal von Deutschland aus das Leben in der Heimat unterstützt werden kann. Nach medizinischen und juristischen Prüfungen erfolgt die Weiterleitung der Asylbewerber an die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg. Dort warten sie die Entscheidung über den Asylantrag ab. Die Mannheimer LEA ist somit eine Art Bahnhof, ein kurzes Zwischenziel, zur Abschlussunterbringung in der Zeit des Asylverfahrens. Die Zahlen der Neuankömm- linge sind stark gestiegen. Aus der bisherigen Interimslösung der Außenstelle für die Karlsruher LEA wird die Mannheimer Einrichtung nun zu einer Dauereinrichtung umgewandelt. Außenstellen sind zusätzlich in der Mannheimer BenjaminFranklin-Village und in der Heidelberger Henry-Patrick-Village untergebracht. Beides sind große von den US-Streitkräften hinterlassene Soldatensiedlungen im Rhein-Neckar-Raum. In Mannheim kommen überwiegend junge Männer an. Aber auch ganze Familien werden hier erstmals versorgt. Die Männer wohnen bis zu sechst in einem Zimmer. Familien erhalten ein eigenes Zimmer. Viele Spenden zeigen auch die Hilfsbereitschaft Caritas und Diakonie haben zwei volle Stellen zur Betreuung eingerichtet, die aber von sieben Kräften geteilt wird. Ein privater Betreiber sorgt für die Logistik und Sicherheit in der Einrichtung. Essen und Trinken werden fertig abgepackt angeliefert und verteilt. Ein junger Mann aus Gambia in Nordwestafrika war bereit, aus seinem Leben zu erzählen. Seit sieben Wochen wartet er nun hier in Mannheim auf seine Zuweisung in eine Gemeinde in Baden-Württemberg, ehe die ganzen verwaltungstechnischen und medizinischen Voruntersuchun- gen zum Asylverfahren abgeschlossen sind. Heute ist sein letzter Tag. Morgen in der Frühe wird er nach Pforzheim gefahren. Zuhause in Gambia war er Schneider. Er möchte gerne hier in Deutschland arbeiten, hat bereitwillig immer wieder kleinere Aufgaben in der Einrichtung übernommen. Am liebsten würde er in Mannheim bleiben, wo er Vertrauen zu den Mitarbeitern der Einrichtung gefasst hat und gut zurechtkommt. Gespannt hören die Schüler von seinem langen Weg nach Europa. Beim abschließenden Rundgang durch den großen Innenhof der Einrichtung werden die Räume zur Kinderbetreuung, die Kleiderkammer und die Essensausgabe besucht. Viele Spenden und ehrenamtliche Helfer zeigen, dass vielen Menschen das Schicksal der Fremden in unserem Land nicht gleichgültig lässt und sie bereit sind, selbst aktiv zu werden. Mit freundlicher Unterstützung durch 19 · 2015 Konradsblatt
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