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DROSTE
D Ü S S E L D O R F
skizziert von
D Ü S S E L D O R F
anton heinen
D Ü S S E L D O R F
A
SKIZZIERT VON
N T O N
H
E I N E N
Mit einem Vorwort von Hugo Weidenhaupt
D R O S T E
V E R L A G
Ein Vorwort
n Bildbänden und reich illustrierten Büchern der verschiedensten
Art über Düsseldorf und seine Geschichte herrscht gewiß kein Mangel. Selbst jemand, der sich berufsmäßig mit der Geschichte der
Stadt und deren Darstellung beschäftigt, verliert in der Fülle der Neuerscheinungen fast den Überblick und wünscht sich zuweilen eine etwas größere Zurückhaltung bei Autoren und Verlegern.
Als mir aber Herr Anton Heinen vor Jahren eine erste Sammlung seiner
historischen Skizzen aus der Stadt zeigte, war ich fasziniert. Mir wurde
deutlich, daß hier wirklich einmal etwas Neues vorliegt, für das es bisher
nichts Vergleichbares gibt.
Ein eigenartiger Reiz geht von diesen Zeichnungen aus. In ihnen verbindet sich die Fähigkeit eines großartigen Zeichners mit einem lebendigen
Interesse an der Historie. Das Ergebnis sind die nun vorliegenden Skizzen,
die zugleich mit einer bewundernswerten Akribie, wie mit einer lebendigen
Fabulierlust, gestaltet sind. Sie vermitteln dem Betrachter auf den ersten
Blick freundliches Behagen, das bei genauerem Hinsehen zuweilen zu verblüfenden Erkenntnissen führt. Und das ist der Grund, der auch den nüchternsten Historiker veranlassen kann, sich mit diesen Skizzen zu befassen.
Auf literarischem Gebiet ist die »Historische Miniatur« längst gute,
oft erfolgreiche Sitte. Ich denke dabei zum Beispiel an »Die Renaissance«
von Arthur de Gobineau, ein Werk, das mit seinen »Scènes historiques«
seit über hundert Jahren vielleicht mehr gebildete Bürger Europas zum
Verständnis der Renaissance geführt hat als manches wissenschaftliche
Werk, oder – um ein anderes Beispiel, eines aus Düsseldorf, zu nennen – an
Herbert Eulenbergs instruktiv und abwechslungsreich formulierte »Schattenbilder«, die er eine »Fibel für Kulturbedürftige in Deutschland« genannt
hat. Diese Art, geschichtliche Gestalten und Ereignisse zu sehen und darzustellen, wird von Anton Heinen im vorliegenden Buch in eine ungewöhnlich ansprechende, mit den Augen erfahrbare Form gebracht.
Daß der Leser in diesem Buch keine umfassende Stadtgeschichte im
Bild indet, braucht nicht eigens betont zu werden, und daß, in den Zeichnungen wie im Text, zuweilen die Fabulierlust des Autors stärker ist als das
Mühen um historische Treue, soll auch nicht verschwiegen werden. So werden beispielsweise Ereignisse aus verschiedenen Zeiten in einer Zeichnung
vereinigt, oder eine historische Persönlichkeit erscheint mehrfach in demselben Bild (Seiten 5, 22, 29, 31 und 56). Einmal werden sogar historische
Persönlichkeiten gezeigt, deren Aufenthalt in Düsseldorf nicht nachweisbar
ist (Seite 3). Es wird also gelegentlich im Text und in der Darstellung recht
unhistorisch verfahren. Als Stadthistoriker hatte ich – das gestehe ich gern
– zunächst einige Mühe, meine Bedenken an diesem Verfahren, eine Art
»Simultanschau« der Geschichte vorzuführen, zurückzustellen.
Der Charme der Darstellung hat sich aber durchgesetzt – und auch die
Erkenntnis, daß in dieser bildlichen Darstellung etwas seinen Ausdruck
indet, das in unserer Vorstellung sich immer wieder abspielt, wenn wir historische Stätten erleben. Wer denkt nicht, wenn er die Wartburg sieht,
gleichzeitig an die heilige Elisabeth, die hier im 13. Jahrhundert lebte, und
an den Aufenthalt Luthers in dieser Burg im 16. Jahrhundert? Solche Vorgänge hat Anton Heinen in einigen Fällen – mit kluger Zurückhaltung,
aber um so reizvoller – optisch zum Ausdruck gebracht.
Mit dem Recht eines Fabulierers mit dem Zeichenstift hat er auch, um
ein historisches Gebäude einmal vollständig sichtbar zu machen, es ohne
seine nächste Umgebung gezeichnet. Auch dadurch hat er die historische
Wahrheit im strengen Sinne beiseite gerückt (Seiten 8 und 13). Der auf
diese Weise gewonnene Überblick, die Totale, macht aber die Veränderung
wieder wett, und mehr noch: Sie vermittelt einen Gesamteindruck, wie ihn
eine historische Bildquelle oft genug nicht bieten kann.
Weitaus die meisten dieser Skizzen stellen aber Szenen dar, wie sie
sich wirklich abgespielt haben könnten, Szenen aus dem Alltagsleben in
der Stadt, überwiegend aus dem 18. bis 20. Jahrhundert. Vertraut mit der
Geschichte der Stadt, in ihren Haupt- und Staatsaktionen ebenso wie in
ihrem Alltag, bei dem anekdotenhafte Züge keineswegs fehlen (Seiten 34,
59, 65 und 67), stellt Heinen sie dem Leser unserer Zeit in einer einzigartigen
Weise vor Augen. In Feder- und in Pinselführung und im Kolorit lassen
sich die Skizzen, die, wie ihr Schöpfer es selbst nennt, einen Spaziergang
durch die Stadt und ihre Geschichte vermitteln, nur mit den liebevoll gezeichneten Vorlagen für die farbigen Stiche des ausgehenden 18. und des
beginnenden 19. Jahrhunderts vergleichen.
Wer bei dem Versuch, sich Ereignisse aus der Vergangenheit der Stadt
Düsseldorf vorzustellen, für seine Phantasie eine Hilfestellung braucht, der
indet sie mühelos in den »Historischen Spaziergängen«, wie Anton Heinen
sie gesehen und gezeichnet hat.
Hugo Weidenhaupt
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unächst sei Bilk genannt, unser ältester
Stadtteil, 799 erstmals urkundlich erwähnt.
Karl der Große, 768–814, wird hier durchgeritten
sein. Er wird im Burghof oben Quartier genommen
haben, der Wächter kündigt sein Kommen an.
St. Martin im alten Bilk, 1019 zur Zeit Heinrich
II. erbaut, romanisch. Wir sehen den Sachsenkaiser
von rechts her einreiten. Zum Pfarrbereich von
Bilk gehörte bis 1206 das Dorf an der Düssel.
Die mittelalterlichen Gehöfte links und rechts
von der Kirche haben in der gleichen Art auch im
Düsseldorfer Raum gestanden.
D
ies ist die Stadt in ihren ersten 50 Jahren,
in ihrer Mitte die Dorfkirche von 1206
und die Stiftsimmunität, die von einer
eigenen Mauer umgeben ist. Links oben
das Tor nach Bilk und Flingern, unten das
Liebfrauentor und der Zwinger mit der
Gnadenkapelle »Unserer Lieben Frau«
und das Pilgerhaus.
Die Häuser der Bürger sind Fachwerk
mit Strohdächern. Noch geht der Plug
inmitten der Stadt, der Gemeindehirte treibt
das Vieh aus, und man hört die Dreschlegel
auf den Tennen. Noch ist der Bürger Bauer.
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ie Fläche der Stadt wird 1384 und 1394
auf mehr als das Fünfache erweitert.
Der neue Mauerbering wird aber wegen
der sich steigernden Artillerieeinwirkung
bald durch moderne Festungswerke wie
Bastionen, Ravelins, Gräben, Vorwerke
u.a. ersetzt werden, die Stadt wird Festung.
Zwei Probleme tun sich auf: Wie die
gewaltige neue Innenläche besiedeln?
Es muß geworben und es müssen Vorteile
geboten werden. Und wie die vielen Soldaten
für die neuen Festungswerke unterbringen?
Sie werden den Bürgern ins Quartier gelegt,
1617 z. B. kamen auf 4400 Einwohner 1722
Soldaten, Frauen und Kinder eingeschlossen.
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echts die Feudalität, das Schloß und im
Vordergrund Jan Wellem mit seinem Hof
und den aufgefahrenen Kutschen.
Er schenkt seinem Hofmaler Johann Franz
van Douven, dem Initiator der Gemäldegalerie,
das schöne Haus, vor dem die Szene spielt.
Links St. Lambertus und wiederum links
das Rosenkränzchen.