Präsentation

NORMEN UND STAND
DER TECHNIK IN DER
VERWALTUNGSRECHTSPRECHUNG
Fachtagung "Normen und Stand der Technik in der Öffentlichen Verwaltung“
12. November 2015
Barbara Leitl-Staudinger
Inhalt
1. Stand der Technik als Rechtsbegriff
2. Konkretisierung des Standes der Technik durch
Durchführungsverordnung
3. Konkretisierung des Standes der Technik im
Verwaltungsverfahren
a. Technische Regelwerke/ÖNORMEN als generelle Gutachten
b. Konkretisierung von Auflagen durch Verweise auf ÖNORMEN
STAND DER TECHNIK ALS
RECHTSBEGRIFF
 Legaldefinitionen (zB § 71a GewO 1994, § 2 Abs 8 AWG 2002,
§ 2 Z 25 Oö BauTG; Besonderheit IPPC-Anlagen)
 Fehlt Legaldefinition (wie etwa im UVP-G 2000), ist „Stand der
Technik“ ein unbestimmter Gesetzesbegriff und im Sinne der
Einheit der Rechtsordnung wie in den inhaltlich weitgehend
übereinstimmenden Legaldefinitionen anderer Gesetze
auszulegen.
 StRspr VwGH (24.06.2009, 2007/05/0101): "Stand der Technik"
ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen
beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer
Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, deren
Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist.
STAND DER TECHNIK ALS
RECHTSBEGRIFF
 Legaldefinitionen (zB § 71a GewO 1994, § 2 Abs 8 AWG 2002,
§ 2 Z 25 Oö BauTG; Besonderheit IPPC-Anlagen)
 Fehlt Legaldefinition (wie etwa im UVP-G 2000), ist „Stand der
Technik“ ein unbestimmter Gesetzesbegriff und im Sinne der
Einheit der Rechtsordnung wie in den inhaltlich weitgehend
übereinstimmenden Legaldefinitionen anderer Gesetze
auszulegen.
 StRspr VwGH (24.06.2009, 2007/05/0101): "Stand der Technik"
ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen
beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer
Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, deren
Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist.
STAND DER TECHNIK ALS
RECHTSBEGRIFF
 Legaldefinitionen (zB § 71a GewO 1994, § 2 Abs 8 AWG 2002,
§ 2 Z 25 Oö BauTG; Besonderheit IPPC-Anlagen)
 Fehlt Legaldefinition (wie etwa im UVP-G 2000), ist „Stand der
Technik“ ein unbestimmter Gesetzesbegriff und im Sinne der
Einheit der Rechtsordnung wie in den inhaltlich weitgehend
übereinstimmenden Legaldefinitionen anderer Gesetze
auszulegen.
 StRspr VwGH (24.06.2009, 2007/05/0101): "Stand der Technik"
ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen
beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer
Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, deren
Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist.
STAND DER TECHNIK ALS
RECHTSBEGRIFF
 Legaldefinitionen (zB § 71a GewO 1994, § 2 Abs 8 AWG 2002,
§ 2 Z 25 Oö BauTG; Besonderheit IPPC-Anlagen)
 Fehlt Legaldefinition (wie etwa im UVP-G 2000), ist „Stand der
Technik“ ein unbestimmter Gesetzesbegriff und im Sinne der
Einheit der Rechtsordnung wie in den inhaltlich weitgehend
übereinstimmenden Legaldefinitionen anderer Gesetze
auszulegen.
 StRspr VwGH (24.06.2009, 2007/05/0101): "Stand der Technik"
ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen
beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer
Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, deren
Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist.
STAND DER TECHNIK ALS
RECHTSBEGRIFF
 Legaldefinitionen (zB § 71a GewO 1994, § 2 Abs 8 AWG 2002,
§ 2 Z 25 Oö BauTG; Besonderheit IPPC-Anlagen)
 Fehlt Legaldefinition (wie etwa im UVP-G 2000), ist „Stand der
Technik“ ein unbestimmter Gesetzesbegriff und im Sinne der
Einheit der Rechtsordnung wie in den inhaltlich weitgehend
übereinstimmenden Legaldefinitionen anderer Gesetze
auszulegen.
 StRspr VwGH (24.06.2009, 2007/05/0101): "Stand der Technik"
ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen
beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer
Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, deren
Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist.
STAND DER TECHNIK ALS
RECHTSBEGRIFF
 Dynamischer Begriffsinhalt, der technologischen
Weiterentwicklungen unterworfen ist
 Normen können Erkenntnisstand abbilden, sind von Gesetzes
wegen aber nicht als verbindlich erklärt
 Insbesondere besteht keine gesetzliche Gleichsetzung von
ÖNORMEN und Stand der Technik, dies ergibt sich auch aus § 2
Abs 2 Z 4 NormenG, wonach ÖNORMEN ua an den jeweiligen
Stand der Technik rechtzeitig anzupassen sind
KONKRETISIERUNG DURCH
DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG
 zB § 12a WRG
(1) Der Stand der Technik im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der auf den
einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand
fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, deren
Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der
Technik sind insbesondere jene vergleichbaren Verfahren, Einrichtungen oder
Betriebsweisen heranzuziehen, welche am wirksamsten zur Erreichung eines
allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt sind. Bei der Festlegung
des Standes der Technik sind unter Beachtung der sich aus einer bestimmten
Maßnahme ergebenden Kosten und ihres Nutzens und des Grundsatzes der Vorsorge
und der Vorbeugung im Allgemeinen wie auch im Einzelfall die Kriterien des Anhangs
G zu berücksichtigen.
(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
kann durch Verordnung für bestimmte Wasserbenutzungen sowie für diesem
Bundesgesetz unterliegende Anlagen und Maßnahmen den maßgeblichen Stand der
Technik bestimmen.
KONKRETISIERUNG DURCH
DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG
 Verordnungsermächtigungen, den maßgeblichen Stand der
Technik zu bestimmen, sind keine verfassungswidrigen
formalgesetzlichen Delegationen (VfSlg 18.142/2007 zu § 73
TKG)
 Rechtsbegriff Stand der Technik legaldefiniert bzw der
Auslegung zugänglich
 Gesetzesziele determinieren Verordnungsermächtigung
 Verordnungsgeber hat einschlägigen technischen Standard mit
Hilfe einschlägiger Richtlinien und Empfehlungen zu
bestimmen
 Häufig verweisen solche Verordnungen auf ÖNORMEN oder
andere technische Regelwerke und erklären sie für verbindlich
KONKRETISIERUNG DURCH
DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG
 VfSlg 19.805/2013 (Schienenverkehrslärm-EmissionsschutzVO):
 Änderung von technischen Regelwerken und Standards, auf
die in Rechtsvorschriften (statisch) verwiesen wird, ziehen die
Pflicht des Normsetzers nach sich, die Rechtsvorschriften in
angemessener Frist, wenn auch nicht sofort, an die neueren
Gegebenheiten anzupassen.
 (statische) Verweisungen, die sich auf technische Normen und
Standards beziehen, sind daher fallweise daraufhin zu
überprüfen, ob sie noch dem Stand der Technik entsprechen.
 Von einer solchen Unterlassung der Überprüfung geht der
VfGH jedenfalls dann aus, wenn sich im Verordnungsprüfungsverfahren ergibt, dass die Verweisungen tatsächlich
nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen.
KONKRETISIERUNG IM
VERWALTUNGSVERFAHREN
 Mangels Konkretisierung durch G und/oder VO muss Behörde
Stand der Technik ermitteln
 ist auf Sachverhaltsebene zu klären, wobei dies entsprechende
Fachkenntnis erfordert  Sachverständigengutachten idR
erforderlich
 Sachverständige können als Grundlage für die Beurteilung des
Standes der Technik einschlägige Regelwerke, wie zB
ÖNORMEN, als objektivierte, generelle Gutachten heranziehen
(stRspr VwGH, zB VwGH 17.6.2010, 2009/07/0037).
KONKRETISIERUNG IM
VERWALTUNGSVERFAHREN
Folgen:
 Auch wenn weder G noch VO bestimmte technische Normen als
verbindlich erklären, können sie über den Rechtsbegriff Stand der
Technik mittelbar über SV-Gutachten zur Anwendung kommen.
 „generelles Gutachten“
 Äußerung von Personen oder Einrichtungen mit besonderer
Sachkenntnis
 Kein SV-Gutachten iSd § 52 AVG
 Wird es einem SV-Gutachten zugrunde gelegt, unterliegt es
den gleichen rechtlichen Anforderungen wie dieses selbst und
 ist ebenso widerlegbar.
KONKRETISIERUNG IM
VERWALTUNGSVERFAHREN
 Anforderungen der Judikatur, wenn SV ÖNORM als Bestandteil
seines Gutachtens heranzieht:
 Inhalt der ÖNORMEN und die daraus gezogenen
Schlussfolgerungen sind als Teil einer nachvollziehbaren
Begründung des Gutachtens näher darzustellen (VwGH
26.6.2013, 2012/05/0187).
 Herangezogene ÖNORM hat den Stand der Technik
abzubilden und muss für das zu beurteilende Vorhaben
relevant sein.
 Die in objektivierten Gutachten getroffenen Aussagen müssen
auch auf den zu beurteilenden konkreten Einzelfall zutreffen
(VwGH 21.6.2005, 2001/06/0052); dies ist, ausgenommen bei
Offensichtlichkeit, vom Gutachten bzw von der Behörde zu
begründen (VwSlg 15.282 A/1999)
KONKRETISIERUNG IM
VERWALTUNGSVERFAHREN
 Konkretisierung von Auflagen durch Verweise auf technische
Regelwerke/ÖNORMEN
 grundsätzlich zulässig
 mit Verweis wird ÖNORM im betreffenden Einzelfall verbindlich
(VwGH 24.03.1998, 97/05/0003)
 Nur ausdrückliche Nennung der ÖNORM stellt sicher, dass die
Anforderungen der ÖNORM eingehalten werden müssen
 „Türen sind brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850
auszuführen.“
 „Verkaufsraum ist feuerhemmend abzuschließen.“
KONKRETISIERUNG IM
VERWALTUNGSVERFAHREN
 Bestimmtheitsgebot für Auflage umfasst auch Verweis auf
ÖNORM
Beispiel Auflage „Stiegenläufe mit mehr als 3 Stufen sind gemäß ÖNORM B 5371 mit Anhaltevorrichtungen in einer Höhe von ca 85 cm
zu versehen“: Der die "Umwehrung" bei Treppen und Podesten
betreffende Punkt 12 der ÖNORM B 5371 umfasst vier Unterpunkte
(u.a. Umwehrungshöhe und Kinderschutz), wobei drei dieser
Unterpunkte zwei oder mehrere Absätze umfassen. Die Behörde
müsste präzise zum Ausdruck bringen, auf welche Anordnung oder
Anordnungen des Punktes 12 der angeführten Richtlinie sie sich
bezieht. Eine derartige Konkretisierung des Auftrages erfolgte nicht.
(VwGH 8.6.2011, 2009/06/0213)
VIELEN DANK FÜR
IHRE
AUFMERKSAMKEIT!
JOHANNES KEPLER
UNIVERSITÄT LINZ
Altenberger Straße 69
4040 Linz, Österreich
www.jku.at