Positionspapier Asyl und Integration (Stand: 07. November 2015) Die Herausforderung Sowohl in Österreich als auch in der EU bedarf es einer Umorientierung in Richtung einer effizienten und effektiven Asyl- und Integrationspolitik. NEOS spricht sich in diesem Rahmen klar für ein gemeinsames europäisches Asylwesen aus. Nur auf dieser Ebene können tragfähige Einigungen zur Aufnahmekapazität, zu einer fairen Verteilung und zu einer sinnvollen Erstregistrierung zur Feststellung des Asylstatus getroffen werden. Die Einhaltung der durch die EU-Gesetzgebung vorgegebenen Qualitätsstandards im Asylverfahren und in der Unterbringung von Asylwerber_innen muss dabei gewährleistet sein. Ziel ist es, steuerbare und sicherere Wege für legale Migration zu schaffen, Asylverfahren zu beschleunigen und ein faires Aufnahme- und Verteilungssystems zu schaffen, das die Einzelsituation der Asylwerber_innen berücksichtigt, um durch gezielte Zusammenführung direkter Angehöriger sowie sprachliche oder berufliche Fähigkeiten ihre Aufnahme und Integration zu erleichtern. Die unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche Integration bildet die Anerkennung unserer auf Grundrechten basierenden Werteordnung sowie die Eingliederung in die Gesellschaft. 1 Österreichs liberale Rechts- und Gesellschaftsordnung basiert auf Toleranz, Akzeptanz und Aufklärung sowie dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung. Integration erfordert daher Respekt und Achtung europäischer Grundwerte, wie insbesondere Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Säkularismus und Freiheit Da viele Schutzsuchende über geringe Sprachkenntnisse und Ausbildung verfügen, ist eine möglichst frühe und aktive Integration in das Bildungssystem und Qualifizierungsmaßnahmen sinnvoll und notwendig. Hier müssen infrastrukturell, konzeptionell und budgetär entsprechende Maßnahmen und Mittel eingeplant werden, um für die Dauer des Aufenthalts eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und auch die Aufnahme einer Erwerbsarbeit (gemäß der Bestimmungen) zu ermöglichen. Unsere Vision Menschenwürdiges Asylwesen und geregelte Integration Jenen, denen das Recht auf Asyl (bzw. auch das auf subsidiären Schutz) zusteht, ist eine menschenwürdige Inanspruchnahme desselben zu gewährleisten. Die Stellung eines Antrages auf humanitären Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist ein unumstößliches Menschenrecht, das nicht von Verwaltungsübertretungen wie etwa illegalem Grenzübertritt oder Meldepflichtverletzung abhängen darf. Als zweiter und essenzieller Schritt ist die Integration von Personen, denen das Recht auf Asyl und die Aufnahme in Österreich zugesprochen wurde, zu unterstützen und zu fördern, um ein gelingendes Zusammenleben zu ermöglichen. Personen, denen kein Recht auf Asyl zukommt, sind zeitnah und geordnet rückzuführen. 2 Leitlinien und Maßnahmen NEOS ist die Umsetzung der sich im Asylbereich aus dem Völker- und Europarecht ergebenden (menschen-)rechtlichen Verpflichtungen ein großes Anliegen. Zur Bewältigung globaler Krisen und die durch sie ausgelösten Flüchtlingsbewegungen bedarf es im Besonderen eines effizienten gesamteuropäischen Asylwesens, aber auch rein innerstaatlich muss es zu grundlegenden Verbesserungen des Systems kommen. Asyl Auf EU-Ebene spricht sich NEOS entschlossen für ein solidarisches Quotensystem aus, das gesamteuropäisch finanziert ist. Das österreichische Fremden- und Asylrecht ist zu einer unüberschaubaren und komplizierten Materie geworden. Bei dessen Novellierung muss die Effizienz und Effektivität der Asylverfahren und die Wahrung von Rechten im Zentrum der Überlegungen stehen. Die Qualität eines Verfahrens darf nicht unter dem Druck der gesamten Anzahl der Verfahren leiden. Österreich soll ein hochqualitatives Asylsystem gewährleisten, das auf beiden Seiten rasch zu Rechtssicherheit führt. In den folgenden Bereichen sind dringend Verbesserungen notwendig: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) • Obsorge und Betreuung für UMF ab dem Tag ihrer Ankunft in Österreich in der Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe • Angleichung der Tagessätze für UMF an die Beiträge der Kinder- und Jugendhilfe • Beibehaltung des Rechts auf kontrollierte Familienzusammenführung 3 Verfahrensbezogene Verbesserungen • Einzelfallprüfungen und Einhaltung von Qualitätsstandards auch im Kurzverfahren • Vereinfachung des nationalen Asyl- und Fremdenrechts nach vorhergehender Evaluierung • Qualitätsverbesserung und Beschleunigung der Verfahren beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl • Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung während des gesamten Verfahrens • Neuausschreibung der Rechtsberatung mit Bedachtnahme auf die Zurverfügungstellung ausreichender finanzieller Mittel, um eine qualitativ hochwertige Rechtsberatung sicherzustellen • Vorrangige Zuziehung von gerichtlich beeideten Dolmetschern • Aufbau eines Systems statistischer Erhebungen Grundversorgung und Betreuung • Die Grundversorgung muss Bundeskompetenz sein • Bundeseinheitliche Mindeststandards sind einzuhalten • An die Notwendigkeiten angepasste Erhöhung der Tagessätze • Ausbau der Selbstversorgerquartiere und der privaten Wohnmöglichkeiten • Nutzung leerstehender bundeseigener Gebäude sowie Kasernen • Verstärkte psychologische und psychotherapeutische Betreuung Betroffener • Effektive Maßnahmen zur Gewaltprävention, Bekämpfung des Schlepperwesens sowie des Menschenhandels (insbes. Opferidentifizierung) Solidarität in der EU • Ende des „Dublin-Systems“ und Einführung eines fairen Quotensystems, das die Aufnahmefähigkeit und verbindliche Aufteilung von Flüchtlingen in der EU unter Einhaltung gemeinsamer Mindeststandards und Berücksichtigung des Rechts auf kontrollierte Familienzusammenführung vorsieht 4 • Zur Umsetzung dieser solidarischen Quote in der Praxis erfolgt eine Koppelung finanzieller Leistungen an die Erfüllung der vereinbarten Asylwerber_innenquote • Schaffung gemeinsamer europäischer Erstaufnahmezentren vorrangig an den EU-Außengrenzen • Weiterentwicklung des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen zu einer gemeinsamen Asylbehörde • Verstärkte Teilnahme der EU an Resettlement-Programmen in Zusammenarbeit mit UNHCR • Etablierung einer effektiven und finanziell adäquat ausgestatteten Such- und Seenotrettungsmission im Mittelmeer • Stärkung und Schutz der europäischen Außengrenzen durch sowohl finanzielle als auch personelle Aufstockung und durch Ausbau der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Aktive Außenpolitik im Asylbereich • Ausbau der Teilnahme Österreichs an Resettlement-Programmen in Zusammenarbeit mit UNHCR • Verstärkte Unterstützung von UNHCR, UNICEF und FAO auch finanzieller Art, um die Situation in den Krisengebieten vor Ort zu verbessern • Schaffung legaler Einreisemöglichkeiten zur Asylantragstellung in der EU • Ermöglichung der Asylantragstellung in österreichischen sowie europäischen Außenvertretungen • Verbesserung geordneter Rückschiebungen durch Abschluss weiterer Rückführungsabkommen (durch Österreich und die EU) • Verstärkte Förderung der freiwilligen Rückkehr nach eingehender Information der Betroffenen 5 Integration Für ein geordnetes und friedliches Zusammenleben ist die Integration der Personen, die dauerhaft in Österreich bleiben werden, essenziell. Es gilt dabei, sie ab dem ersten Tag zu unterstützen und zu fördern, um adäquate Lebensbedingungen zu gewährleisten und Potentiale zu nutzen. Um das zu erreichen, bedarf es geeigneter und geregelter integrationspolitischer Maßnahmen. Den zunehmenden Sorgen der Bevölkerung vor Zuwanderung aus fremden Kulturen, vor der möglichen Einschleusung von Terroristen sowie der gefürchteten Arbeitsmarktkonkurrenz muss durch breite Informations- und Bewusstseinsmaßnahmen sowie verstärkte Maßnahmen zur raschen Integration begegnet werden. Arbeitsmarktkonkurrenz ist ernst zu nehmen. Dabei steht die Vermittlung europäischer Werte, wie vor allem der Grundsatz der Nichtdiskriminierung, im Vordergrund. Arbeitsmarkt Die Beschäftigung von erwerbsfähigen Menschen ist ein wichtiger Baustein für eine gute Integration in die Gesellschaft. Für die Ausübung einer Beschäftigung ist die individuelle Fähigkeit des Menschen letztlich von entscheidender Bedeutung. In der Regel haben Asylwerber_innen aufgrund der Art und Umstände Ihrer Flucht keine oder nur lückenhafte Ausbildungsnachweise zur Verfügung, so das die aktuell angewandten Verfahren zur Prüfung der Vergleichbarkeit der beruflichen Fähigkeiten nicht durchführbar sind. Um einerseits Asylwerber gut in die Gesellschaft zu integrieren und andererseits den gesellschaftlichen Erfordernissen zu genügen, halten wir eine individuelle Überprüfung der beruflichen Kenntnisse von Asylwerber_innen für notwendig. • Effektiver Arbeitsmarktzugang nach 6 Monaten • Anhebung der Zuverdienstgrenzen und keine Bestrafung arbeitender Asylwerber_innen 6 • Ausgehend von den Angaben der Asylwerber_innen soll eine individuelle Überprüfung durch zur Ausbildung berechtigten Personen im Rahmen eines Trainings on the Job, das einen hohen fachpraktischen Arbeitsanteil und einen ergänzenden theoretischen Lehranteil beinhaltet, erfolgen. • Asylwerber_innen Mangelberufen, mit ist erlernter der und Zugang angelernter zu Befähigung in Förderungsmaßnahmen wie Deutschunterricht mit Fokus auf die branchenspezifischen Fachtermini und Wirtschaftskunde verstärkt zu gewährleisten. Wohnraum • Erleichterung privater Unterbringungsmöglichkeiten (Bürokratieabbau) • Förderung kleinteiliger Unterbringung an Stelle von Massenunterkünften Bildung • Gerade Kinder und Jugendliche in neuer Umgebung müssen sich ohne Deutschkenntnisse an Schulen zurechtfinden. Hier ist die Hinzunahme von Muttersprachenlehrer_innen zu fördern. • Die finanziellen Mittel für Deutschkurse und Alphabetisierungsprogramme ab dem ersten Tag sind aufzustocken. • Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist der Schulbesuch und damit der Zugang zum Bildungssystem zu gewährleisten. • Bildungspersonal mit Bezug zu den Krisenregionen ist nach Bedarf schnellstmöglich in den Schulbetrieb zu integrieren und soll als Schnittstelle zw. den Lehrer_innen, Sozialpersonal und Schüler_innen dienen. • Die Anerkennung von Hochschulabschlüssen ist zu vereinfachen, die Dauer der Verfahren zu kürzen. 7
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