02.12.2015 Dr. Markus Fratz, Fraunhofer IPM: Holographie – nicht

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02.12.2015
Dr. Markus Fratz, Fraunhofer IPM: Holographie – nicht nur
für spiegelglatte Oberflächen
SAVE THE DATE
LASER World of PHOTONICS
Datum: 26. - 29.6.2017
Für die Produktionskontrolle entwickelt das Fraunhofer IPM optische
Systeme und bildgebende Verfahren, mit denen sich Oberflächen
und 3D-Strukturen im laufenden Produktionsprozess analysieren und
Prozesse regeln lassen. Dr. Markus Fratz ist Projektleiter am FraunhoferInstitut für Physikalische Messtechnik IPM, Freiburg.
1. Ohne Qualitätskontrollen kommt keine Produktion aus. Wie
sind da aktuell die Standards, etwa in der Luft- und Raumfahrt, der
Medizintechnik oder der Automobilindustrie?
Dr. Markus Fratz: So vielfältig die genannten Industriezweige sind, so
unterschiedlich sind auch die Ansprüche an die Qualitätssicherung. In
vielen Bereichen dominiert hier nach wie vor die visuelle Sichtprüfung.
Aber gerade wenn es um funktionswichtige Bauteile in hohen
Stückzahlen geht, wird die Sichtprüfung schon seit einiger Zeit durch
automatisierte Vision-Inspektions-Systeme verdrängt.
Neben den wirtschaftlichen Vorteilen spielt da sicher auch die
Möglichkeit der Dokumentation eine große Rolle. Doch die steigenden
Anforderungen an die Güte verschiedenster Komponenten führen mehr
und mehr dazu, dass reine Bildverarbeitungssysteme oft nicht mehr
ausreichen. Der Wunsch nach echter 3D-Vermessung ist in vielen
Bereichen erkennbar. Doch echte quantitative Messergebnisse im
Produktionstakt sind nach wie vor für die meisten Messverfahren nur in
den wenigsten Fällen erreichbar. Dort setzt unser HoloTop-System an.
2. Mit HoloTop und HoloFlash hat Fraunhofer schon 2010 Systeme
zur holografischen Oberflächenmessung vorgestellt. Wurde jetzt vor
ein paar Wochen eine Weiterentwicklung von HoloTop präsentiert?
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Dr. Markus Fratz: Wir haben in den letzten Jahren eine Reihe Projekte
im Bereich der Mehrwellenholographie bearbeitet. Nun war es mal
wieder an der Zeit, den aktuellen Stand unserer Entwicklungen zu
präsentieren. Die größten Fortschritte haben wir sicher hinsichtlich der
Messgeschwindigkeit und Auflösung gemacht. 2010 waren wir bei einer
Messrate von einer Messung pro Sekunde, wobei eine Messung aus
1,4 Millionen Messpunkten bestand. Der aktuelle Sensor liefert bis zu
11 Messungen pro Sekunde und das bei gut 9 Millionen 3D-Punkten pro
Messung.
3. Welche Technologie liegt HoloTop zugrunde?
Dr. Markus Fratz: HoloTop basiert auf dem Prinzip der
Mehrwellenlängen-Holographie. Dazu wird eine zu vermessende
Oberfläche zunächst mit Laserlicht einer Wellenlänge beleuchtet. Das
reflektierte oder gestreute Licht wird dann mit einer Referenzwelle
zur Überlagerung gebracht. Eine hochauflösende Industriekamera
zeichnet das so entstehende Interferogramm auf. Dieser Ablauf wird
mit einer oder mehreren weiteren Laserwellenlängen wiederholt.
Die aufgenommenen Interferogramme unterscheiden sich leicht, so
dass anhand der Unterschiede der Interferogramme die Form der zu
vermessenden Oberfläche bestimmt werden kann.
4. Üblicherweise werden zur Oberflächenkontrolle
interferometrische Verfahren eingesetzt. Welche Vorteile hat da die
digitale Mehrwellenlängen-Holographie?
Dr. Markus Fratz: Auf der einen Seite nutzen wir eben mehr als
eine Wellenlänge. Gegenüber der klassischen EinzelwellenlängenInterferometrie bietet das vor allem den Vorteil, dass wir auch an rauen,
nicht-spiegelnden Oberflächen messen können. Denn an solchen
Oberflächen entsteht bei der Beleuchtung mit Laserlicht die typische
Lasergranulation, auch Speckles genannt.
Misst man nur bei einer Wellenlänge, zerstören die Speckles die
Phaseninformation des Laserlichts. Eine 3D-Messung wird dadurch
unmöglich. Führt man die Messungen aber mit mehreren leicht
unterschiedlichen Laserwellenlängen nacheinander durch, kann man
die 3D-Information der Objektoberfläche von den störenden Speckles
trennen. Erst dadurch werden interferometrische Messungen an rauen
Oberflächen möglich.
Der zweite Vorteil versteckt sich im Wort Holographie: Anhand
der Interferogramme kann die Form der Lichtwellen, die von der
Objektoberfläche kommt, vollständig bestimmt werden, also in Amplitude
und Phase. Mit dieser Information lässt sich die Form der Lichtwelle dann
nicht nur in der Schärfe-Ebene des Sensors bestimmen, sondern mit
Hilfe numerischer Methoden auch in anderen Ebenen. Das heißt, es gibt
die Möglichkeit auf verschiedene Ebenen scharf zu stellen, ohne den
Sensor, das Messobjekt oder auch nur eine Linse im Sensor verschieben
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zu müssen. Das lockert die Anforderungen an die Positioniergenauigkeit
der Prüflinge und reduziert zudem die Rüstzeiten.
5. Schnelligkeit ist eine der Hauptanforderungen an InlineInspektionssysteme. Wie erreichen sie die kurzen Messzeiten?
Dr. Markus Fratz: Wenn man nach Verfahren sucht, die ähnliche
Spezifikationen hinsichtlich Anwendungsgebiet und Messgenauigkeit
vorweisen können, stößt man in der Regel auf Weißlichtinterferometer
und konfokal messende Systeme. Dort werden die gleichen Kameras
eingesetzt wie in der Mehrwellenlängenholographie. Der entscheidende
Unterschied der Mehrwellenlängen-Holographie liegt in der Anzahl der
Kamerabilder, die für eine Messung nötig sind.
Unser aktueller Sensor hat einen Messbereich von etwa 0,5 mm.
Für eine Messung benötigt das Holotop-System nur 9 Kamerabilder,
die auch bei 3072 x 3072 Bildpunkten in rund 60 ms reiner Messzeit
aufgenommen werden können. Sowohl für die Weißlichtinterferometrie
als auch für konfokale Methoden sind für einen so großen Messbereich
um Größenordnungen mehr Bilder nötig.
Dazu kommt, dass auch die Auswertung mit der kurzen Messzeit Schritt
halten muss. Einen entscheidenden Beitrag zur Auswertegeschwindigkeit
leistet dabei die Verwendung moderner Grafikkarten. Die
Auswertealgorithmen wurden bei Fraunhofer IPM mit Hilfe der CUDAPlattform zur Grafikkartenprogrammierung hochgradig parallelisiert.
Auf diese Art dauert auch das Erzeugen der 3D-Daten aus den
Kamerabildern nur noch rund 140 ms.
6. Werden solche Systeme schon in der Industrie eingesetzt?
Dr. Markus Fratz: Ja. Wir schließen beispielsweise gerade ein
Projekt ab, bei dem ein Holographie-Sensor Präzisionsdrehteile vollautomatisiert im Sekundentakt vermisst. Verschiedene geometrische
Merkmale werden erfasst und mit vorgegebenen Toleranzen verglichen.
Unser Kunde nutzt den Sensor zur 100 Prozent-Kontrolle seiner fertig
bearbeiteten Bauteile, die für Anwendungen in der Automobilindustrie
bestimmt sind.
Es besteht großes Interesse an der schnellen Inline-3D-Vermessung.
Vor allem im Bereich Automotive sehen wir großes Potential für weitere
Einsatzszenarien des HoloTop-Sensors.
Danke für das Interview.
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