Pressemeldung Osterland Sonntag zur

Sommerschau weckt Lust auf Rom
Altenburger Lindenau-Museum entreißt in seiner neuen Ausstellung Angelo
Uggeri dem Vergessen
Von Frank Engelmann
Altenburg. Lange Zeit war er dem Vergessen anheim gefallen, jetzt feiert er im LindenauMuseum mit der Präsentation einiger seiner bemerkenswertesten Exponate seine
"Wiederauferstehung": Angelo Uggeri (1754-1837). Am Sonnabendnachmittag wurde unter
großem Publikumszuspruch im Haus an der Gabelentzstraße die ihm gewidmete, jüngste
Sonderausstellung des Hauses eröffnet. Und die weckt Fernweh.
Die einen haben ihre Urlaubsreise bereits hinter sich, andere rüsten sich derzeit gerade für den
Start zu einer Ferientour. Wer zum Nachklang in Erinnerungen schwelgen möchte, seine
Vorfreude steigern will oder auch nur auf imaginäre Weise nach Entdeckungen in der
geschichtsträchtigen Vergangenheit von Italiens Hauptstadt lechzt - ein jeder dürfte bei diesen
"Souvenir de Rome", wie die Exposition übertitelt ist, auf seine Kosten kommen. "Es ist
unsere Sommerausstellung", sagt beziehungsreich und einladend Julia M. Nauhaus.
Die Direktorin des Lindenau-Museums hat die Ausstellung gemeinsam mit Kunsthistorikerin
Daniela Roberts von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg konzipiert und gestaltet.
Doch während ein Rundgang durch die Schau bei den Besuchern neben den anregenden
Reizen durch visuelle Attraktivität durchaus mediterrane Gefühle von südländischer
Leichtigkeit zu wecken versteht, erwies sich die Arbeit an der Wiederentdeckung Angelo
Uggeris für die beiden Damen keineswegs als unbeschwertes Sommervergnügen. Ganz im
Gegenteil.
Ihrem seit Amtsantritt vor drei Jahren konsequent verfolgten Ziel, die bislang weniger
bekannten Schätze aus Bernhard August von Lindenaus Sammlungen in den Fokus zu rücken,
blieb Julia M. Nauhaus auch diesmal treu.
Die Ansichten aus Rom und Umgebung von Angelo Uggeri gehören zu jenen Perlen, die seit
Langem in den Schränken der gehaltvollen Lindenauschen Kunstbibliothek schlummern. "Mit
Uggeris Journées Pittoresque in 14 Teilbänden befindet sich eine der wichtigsten
Publikationen zu den römischen Altertümern aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts während
der napoleonischen Besatzung in unserem Bestand", umreißt Julia Nauhaus den Stellenwert
dieser Sammlung. Der Meister, der sie schuf, stand lange Zeit im Schatten von Giovanni
Piranesi (1720-1778) und Giuseppe Vasis (1710-1782), deren Publikationen die
Wahrnehmung der Stadt Rom und ihrer Monumente bis weit ins 19. Jahrhundert prägten.
"Was wohl der Geschäftstüchtigkeit ihrer Erben und Nachfolger zu verdanken war", wie die
Kuratorinnen der aktuellen Schau vermuten.
Dabei war der heute so wenig wahrgenommene Angelo Uggeri zu seinen Lebzeiten ein
bekannter, vor allem ein gefragter Mann. Der aus der Lombardei Stammende hatte zunächst
Theologie in Cremona und anschließend Architektur in Mailand studiert und lebte seit 1788 in
Rom. Als Architekt gelang ihm nie Verwirklichung, stattdessen galt er als geachteter Antiquar
und Archäologe, der oft als Berater für die antiken Bauwerke zurate gezogen wurde und teils
auch an Ausgrabungen beteiligt war. Bereits in seinen ersten Rom-Jahren hatte er zwischen
1793 und 1798 den gewichtigsten Bestand an bedeutsamen Rom-Bauten und Ruinen
gezeichnet, die er zunächst als Einzelblätter herausgab. Der sich rasch einstellende Erfolg
inspirierte ihn zu Plänen für ein umfangreiches Werk, eben jene "Journées Pittoresque". Seine
akribisch erarbeiteten Veröffentlichungen richteten sich dabei nicht nur an Reisende und
Touristen, sondern an Antikenforscher und professionelle Architekten.
"Es ist die einzige, derart großangelegte Ausgabe mit Rom-Ansichten, die eine so
ausführliche Beschreibung der Stadt mit Kartenwerk und fachlichen Erörterungen mit einem
umfassenden Bildband großformatiger Veduten kombiniert", hebt Julia Nauhaus die
Besonderheit von Uggeris Werk hervor.
Ungewöhnlich dabei sei zudem, dass Uggeri die Ansichten nicht als reine Stiche
veröffentlichte, sondern diese mit Tusche braun in braun überarbeitete.
Die Ausstellung zeigt rund 80 der 249 lavierten Radierungen, die das Museum besitzt und
ermöglicht damit jenen eingangs erwähnten virtuellen Rundgang durch die Ewige Stadt, wie
sie sich dem Betrachter zu Beginn des 19. Jahrhunderts darbot. Manches - wie das Kolosseum
oder das Pantheon - wird der Betrachter ad hoc erkennen, anderes gibt Rätsel auf. Selbst den
erfahrenen Kunsthistorikerinnen, denen das Fehlen von 47 Bildunterschriften unter jenen 249
Uggeri-Blättern in Lindenaus Bänden aufwendige Recherchen aufzwangen.
Die entsprechend ganz und gar nicht sommerlich leichten Vorbereitungsmühen indes haben
sich gelohnt, denn nunmehr ist ein weiterer Bestand des Hauses wissenschaftlich
aufgearbeitet. Ein umfangreicher Katalog, der die überaus reizvollen Rom-Ansichten Uggeris
und die gewonnenen Erkenntnisse zusammenfasst, erscheint in den nächsten Tagen.
Die Ausstellung ist bis zum 25. Oktober zu sehen.