LUST 6 2015 Magazin zu Lehre und Studium Johannes GutenberG-Universität Mainz Den Hochschulen fehlt ein Konzept: Wo wollen sie hin mit den neuen Medien? Prof. Dr. Stefan Aufenanger Schwerpunkt: Medien in der Hochschullehre Porträt: Prof. Dr. Stefan Aufenanger Lupe: Was ist eigentlich ein MOOC? Steckbrief: ZDV – der unsichtbare Riese LUST 6_2015 Inhalt Impressum L|u|ST Magazin zu Lehre und Studium Ausgabe: #6 2015 Herausgeber: Die Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Prof. Dr. Mechthild Dreyer Redaktionsleitung: Martina Stöppel, Kommunikation und Presse Redaktion: Gerd Blase, Kommunikation und Presse Mitarbeit: Dr. Bernhard Einig, Abteilung Studium und Lehre; Dr. Uwe Schmidt, Zentrum für Qualitätssicherung und -entwicklung; Petra Giegerich, Kommunikation und Presse Anschrift Herausgeber und Redaktion: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 55099 Mainz Grafik: Beate Moser, Ralf Moser, Moser.Design Bildnachweis: S.1 Peter Pulkowski, S.2 Thomas Hartmann (l, r), S.4 ©DragonImages-fotolia.com (o), Stefan F. Sämmer (ul), ©Tran-Photo graphy-fotolia.com (r), ©bevangoldswain-fotolia.com (ur), S.5 ©mejnfotolia.com (or), Stefan F. 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ZDV – der unsichtbare Riese LUST 6_2015 Universität verleiht JGU-Leadership Team Award Erstmals hat die Universität den JGU-Leadership Team Award vergeben: Neben Prof. Dr. Matthias Schott aus der Arbeitsgruppe Experimentelle Teilchen- und Astroteilchenphysik und seinem Team wurde das Referat „Integriertes Campus Management System“ der Abteilung Studium und Lehre ausgezeichnet. Dieses Team besteht aus 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Leitung von Anke Kamrath. „Es hat das Ziel, das Campus Management System erfolgreich und professionell zu betreuen sowie neue Veränderungen und Herausforderungen auch als großes Team konfliktfrei zu bewältigen“, meinte die Jury und war davon überzeugt, dass in dieser Gruppe alle an einem Strang ziehen. 04_ 05 Lange Nacht der Hausarbeiten Job-Speed-Dating für Studierende Zur dritten „Langen Nacht der Hausarbeiten“ hatte die Universitätsbibliothek der JGU einiges zu bieten: Zwischen 16 und 23 Uhr erwartete alle Studierenden und Lehrenden ein breites Programm rund ums wissenschaftliche Schreiben. Es gab Tipps zur Literatursuche, Hilfe bei Schreibblockaden und Kurse zum Umgang mit Computerprogrammen. Doch damit nicht genug: Entspannungsübungen gehörten ebenfalls zum Angebot, die Psychotherapeutische Beratungsstelle lud zu Tutorials oder individuellen Gesprächen, und erstmals gab es einen Programmblock mit Workshops zur Themenfindung oder Beurteilung von Hausarbeiten, der sich speziell an die Lehrenden richtete. Der Career Service der JGU und die Agentur für Arbeit Mainz luden 75 Studierende zur Karriereveranstaltung „Job-Speed-Dating – in 10 Minuten überzeugen“ auf den Campus ein. Sie boten damit bereits zum vierten Mal die Möglichkeit, über kurze Vorstellungsgespräche in Kontakt mit Arbeitgebern aus der Region zu treten, die nach qualifiziertem Personal suchen. Zur Vorbereitung auf das Job-Speed-Dating hatten Career Service und Agentur für Arbeit die potenziellen Bewerberinnen und Bewerber zu einem besonderen Workshop mit Hilfestellungen und konkreten Anregungen für eine überzeugende Präsentation eingeladen. LUST 6_2015 Highlights Deutschlandstipendium für 420 Studierende Die JGU hat sich als eine der ersten Hochschulen am Stipendienprogramm der Bundesregierung beteiligt. Seit der Einführung im Sommersemester 2011 konnten 420 Studierende mit einem Deutschlandstipendium gefördert werden. Allein zum Wintersemester 2014/2015 wurden 130 Stipendien vergeben. Bei einem feierlichen Treffen hatten die Stipendiatinnen und Stipendiaten die Möglichkeit, ihre Förderinnen und Förderer kennenzulernen. „Wir freuen uns über das große Interesse der Förderinnen und Förderer und Stipendiaten, einander zu begegnen und sich auszutauschen. So wird das Netzwerk von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft weiter gestärkt“, erklärte der Präsident der JGU, Prof. Dr. Georg Krausch. Wertsachen im Rathaus „Wertsachen“ – das sind die rund 30 Sammlungen der JGU in mehrfacher Hinsicht: In Büros, Kellern und Magazinen schlummern Objekte von hohem Wert für Forschung und Lehre, aber auch von historischem, kulturellem und ästhetischem Wert. Für die Öffentlichkeit sind sie nur selten zugänglich. Nun gab die Ausstellung „Wertsachen. Die Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz“ im Rathaus einen Einblick in die Vielfalt der Sammlungsstücke: Jahrmillionen alte Fossilien und Handschriften der Romantik waren zu bewundern, Pflanzenpräparate, Urmenschenschädel und Schallplatten mit moderner afrikanischer Musik. 06_ 07 Rundgang durch junge Kunst Einmal im Jahr wird die Kunsthochschule Mainz zum riesigen Atelier, zum Ausstellungsraum für ihre Studierenden – und Jahr für Jahr kommen mehr Besucherinnen und Besucher zu diesem Rundgang, um sich die Werke anzusehen und mit jungen Künstlern zu sprechen. Diesmal zeigten 171 Studierende Malerei, Fotografie, Film und vieles mehr. „Dies ist für uns ein wichtiges Ereignis“, meinte Prof. Dieter Kiessling, „gerade in einer Zeit, in der wir uns in einer Veränderung befinden.“ Der Rektor sieht seine Schule im Aufbau. Beides – Veränderung und Aufbau – sei nötig, um national und international auf dem aktuellen Stand zu bleiben. LUST 6_2015 Editorial Klassische Medien – neue Medien: ein Plädoyer für die Vielfalt 08_ 09 K ann man lehren ohne Medien? Wer diese Frage bejaht und dabei auf den griechischen Philosophen Sokrates und seine Lehrform des Dialogs verweist, verkennt, dass selbst das lehrende Gespräch ein Medium nutzt, nämlich die Sprache. Schaut man sich frühe bildliche Darstellungen universitären Unterrichts an, so tritt zur Sprache ein weiteres Medium hinzu, der Text. Die Vorlesung, das Herzstück universitärer Lehre, bestand seit den Anfängen der Universität im europäischen Mittelalter bis weit in die Neuzeit hinein im Vorlesen und Kommentieren eines dem Lehrenden vorliegenden Textes. Heute steht der Lehre eine Vielzahl von Medien zur Verfügung und ihr Einsatz hängt nicht selten von der Experimentierfreudigkeit der Lehrenden ab. LuST 6 zeigt anhand von Beispielen aus verschiedenen Fachkulturen unserer Universität, welche Medien in der Lehre genutzt werden und was sie zu leisten vermögen. Vielleicht nicht ganz überraschend: Auch wenn der Einsatz moderner Medien immer mehr zu einer Selbstverständlichkeit wird, hat das eher traditionelle Medium Tafel und Kreide nicht ausgedient. Im Gegenteil: Gerade das Wissen um die Möglichkeiten des Neuen zeigt zugleich auch, was das Alte zu leisten vermag. Und noch eines machen die Beiträge deutlich, und darauf weist auch Stefan Aufenanger im Gespräch mit Gerd Blase hin: Die Medienvielfalt verlangt geradezu danach, die Frage nach den Aufgaben und Zielen universitärer Lehre neu zu stellen und bei ihrer Beantwortung insbesondere die Lebens- und Lernbedingungen der Studierenden zu berücksichtigen. In der neuen LuST finden Sie darüber hinaus Beiträge zu interessanten Lehrprojekten, in denen der Umgang mit Medien im Vordergrund steht. Passend zum Schwerpunktthema des Heftes nehmen wird den Begriff MOOC unter die Lupe und im Steckbrief stellen wir das Zentrum für Datenverarbeitung vor. Wie immer wünsche ich Ihnen für diese und auch für alle anderen Beiträge eine anregende und zugleich auch unterhaltsame Lektüre. Prof. Dr. Mechthild Dreyer Vizepräsidentin für Studium und Lehre LUST 6_2015 Nachrichten Neues aus Studium und +++ Ausstellung zu den Armeniergräueln im Ersten Weltkrieg Im Frühsommer 2015 jähren sich die Armeniergräuel im Osmanischen Reich zum 100. Mal. Zu jener Zeit war das Deutsche Kaiserreich eng mit dem im Ersten Weltkrieg kollaborierenden Osmanischen Reich verbündet und hätte in der Armenierfrage Einfluss nehmen können. Diese vielschichtige Verflechtungsgeschichte hat in der Vergangenheit nur wenig Beachtung gefunden. Mit der Posterausstellung „Eine ,innertürkische Verwaltungsangelegenheit‘? Osmanisch-deutsche Verflechtungen und die Armeniergräuel im Ersten Weltkrieg“ rekonstruierte das Historische Seminar der JGU die militärischen, ökonomischen und diplomatischen Verstrickungen des Deutschen Reichs sowohl auf persönlicher als auch auf institutioneller Ebene. Elf Studierende erarbeiteten die Poster in einem Projektseminar. Eine öffentliche Vortragsreihe ergänzte die Ausstellung. > www.blogs.uni-mainz.de/fb07-armeniergreuel +++ AG Medienpädagogik mit Code Week Award ausgezeichnet Die AG Medienpädagogik des Instituts für Erziehungswissenschaft der JGU hat mit „CoKomp – Computerkompetenz für Schülerinnen und Schüler“ als eines von zehn Projekten den Code Week Award 2015 gewonnen. Der Preis zeichnet zum ersten Mal nachhaltige Projekte aus, die jungen Menschen den Umgang mit digitalen Technologien und den Spaß am Programmieren näherbringen. Die AG Medienpädagogik möchte Schülerinnen und Schülern von Haupt- und Realschulen sowie Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Workshops Grundlagen des Programmierens und der Informationskompetenz vermitteln. Der Code Week Award unterstützt das Projekt mit 10.000 Euro. Ausgeschrieben wurde der Preis von der Technologiestiftung Berlin in Kooperation mit dem Design Research Lab der Universität der Künste Berlin. Die Gewinner stellen ihre Projekte bei der Konferenz re:publica in Berlin und bei der „EU Code Week“ vor. > www.award.codeweek.de 10_ 11 lehre +++ Virtual-Reality-Experimente sind Finalist bei „TELL US“Contest Das Konzept der Virtual-Reality-Experimente wurde als Finalist für die „TELL US“-Awards für innovatives, technologiegestütztes Lernen ausgewählt. 16 Projekte aus vier europäischen Regionen werden ihre Innovationen auf dem Festival „Futur en Seine“ in Paris präsentieren. Anschließend prämiert eine Jury vier Sieger. Das von der Arbeitsgruppe Larissa an der JGU entwickelte Konzept der Virtual-Reality-Experimente bietet die Möglichkeit zum Einsatz moderner Medien im Physikunterricht. Die von dem Team um William Lindlahr und Prof. Dr. Klaus Wendt entwickelten Experimente simulieren anspruchsvolle Versuche in einer virtuellen Laborumgebung, die in der Realität zu gefährlich, aufwändig oder kostspielig wären. Die Virtual-Reality-Experimente waren bereits unter den ersten drei Nominierten des Deutschen E-Learning Innovations- und NachwuchsAwards (d-elina) 2015 und gehören zu den 100 Preisträgern des bundesweiten Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ 2015. > www.vre.uni-mainz.de +++ Mainzer mögen ihre Stadt Sensationell hohe Zustimmungswerte verbucht die Stadt Mainz als Wohnort bei ihren Bürgerinnen und Bürgern. Auf die Frage „Wohnen Sie gerne in Mainz, ja oder nein?“ antworteten 97 Prozent der Befragten mit „ja“. Dies ergab eine telefonische Bevölkerungsumfrage des Instituts für Soziologie der JGU zum Thema „Leben und Lebensqualität in Mainz“. Es gibt aber auch Kritik: Die Parkplatzsituation im Stadtgebiet, Staus und Fluglärm machen den Menschen zu schaffen. Befragt wurden 532 Mainzerinnen und Mainzer. Der Fragebogen wurde in einem Lehrforschungsprojekt gemeinsam von Studierenden und Dozierenden des Instituts für Soziologie entworfen. Die Studierenden führten alle Interviews. Mit besonderen Fragetechniken wurden auch heikle oder brisantere Themen angesprochen, auf die viele Befragte in Umfragen nicht gern Antwort geben. Eine Publikation der Umfrageergebnisse ist in Vorbereitung. LUST 6_2015 Nachrichten +++ Eröffnung des Gutenberg Nachwuchskollegs Die Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses ist eine der Kernaufgaben der JGU, denn er prägt die Entwicklung der Universität mit. Er ist in Forschung und Lehre mit hohem Engagement präsent und trägt damit wesentlich zur Reputation bei. Mit der Einrichtung des Gutenberg Nachwuchskollegs (GNK) beschreitet die JGU einen innovativen Weg zur Förderung dieses Nachwuchses und verfolgt konsequent ihren neuen Ansatz der Hochschulsteuerung. Aktuell hat das GNK die Bildung von sechs neuen Doktorandengruppen bewilligt und wird hierfür 520.000 Euro zur Verfügung stellen. Die Gruppen sind unter anderem in den Wirtschaftswissenschaften, der Psychologie und der Soziologie angesiedelt. Es sind sogenannte Minigraduiertenkollegs, Kleingruppen von drei bis fünf exzellenten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die sich mit interdisziplinären Forschungsfragen beschäftigen. > www.gnk.uni-mainz.de +++ Kommunikation praxisnah Studierende des Masterstudiengangs Unternehmenskommunikation/PR entwickeln im Sommersemester ein umfassendes strategisches Kommunikationskonzept für den Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP). Das Ziel: die Identifizierung der Mitglieder mit ihrem Verband zu erhöhen und dabei auch das Bewusstsein für die Vorteile der Verbandsmitgliedschaft zu stärken. Von der strategischen Analyse über die Planung bis zur Entwicklung von Maßnahmen und der Evaluation – die Studierenden arbeiten praxisnah, in gleicher Weise wie ein Agenturteam. Im Fokus steht u. a.: Wie können kommunikative Ziele erreicht werden? Welche Botschaften greifen bei den Zielgruppen? Die Studierenden üben zudem den professionellen Auftritt, indem sie am Ende des Semesters ihre Arbeit und Ergebnisse dem VDP präsentieren. Begleitend zum Kurs, evaluiert das Zentrum für Qualitätssicherung und -entwicklung (ZQ) die Lehrveranstaltung. > www.unternehmenskommunikation.uni-mainz.de 12_ 13 +++ Strategien fürs Medizinstudium: gut gerüstet ins neue Semester +++ Forschung in der Lehre Mit der Veranstaltung „Forschung in der Lehre“ machte das Gutenberg Lehrkolleg (GLK) im April 2015 auf ein besonderes Profilmerkmal von Universitäten aufmerksam: eine Verschränkung von Lehre und Lernen mit der Forschung. Neben inneruniversitären Projektbeispielen aus den Bereichen Physiologie und Psychologie stellte Prof. Dr. Martin Blum, Ars-legendi-Preisträger 2014 für Forschendes Lernen, sein Projekt „Humboldt reloaded“ vor. Bei diesem erhalten Studierende aller Fakultäten der Universität Hohenheim die Chance, bereits im Grundstudium freiwillig an Forschungsprojekten teilzunehmen. Darüber hinaus tauschten sich die Lehrenden über Methoden forschungsorientierter Lehre und forschungsorientierten Lernens aus und entwickelten diese gemeinsam weiter. In einer abschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Studierende und Lehrende vor dem Hintergrund der Bologna-Reform kritisch über Möglichkeiten von Forschung in der Lehre. Eine umfassende Dokumentation mit Videos der Vorträge ist in Kürze auf der GLK-Homepage abrufbar. > www.glk.uni-mainz.de Medizinstudierende auf die vielfältigen Anforderungen des Studiums vorzubereiten, ist das Ziel des vorklinischen Wahlfachs „Strategien fürs Medizinstudium: gut gerüstet ins neue Semester“. Unter Leitung des Prodekans für Studium und Lehre, Prof. Dr. Stephan Letzel, hat die Universitätsmedizin dieses neue Angebot eingeführt, das von einem interdisziplinären Referentinnen-Team um die Lehrbeauftragte Kadra Amara umgesetzt wird. Im Mittelpunkt stehen aktuelle ganzheitliche Techniken und Methoden des Selbst- und Zeitmanagements sowie bewährte Lerntechniken, die an die Anforderungen des ersten Studienabschnitts angepasst werden. So können die Studierenden im Kurs praxisorientiert Wissen erwerben und Methoden kennenlernen, die zu einer gezielten Planung des weiteren Studienverlaufs beitragen. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden insbesondere die hohe Praxisorientierung und die medizinspezifische Ausrichtung positiv bewertet. Medien LUST 6_2015 Schwerpunkt 14_ 15 in der Hochschullehre An der JGU geht es nicht darum, alte Medien einfach durch neue zu ersetzen. Es wäre falsch, blindlings der Mode hinterher zu hasten und alte Zöpfe einfach abzuschneiden. Alles hat seinen Platz in den Sälen und Seminarräumen: das komplexe Tafelbild ebenso wie die Lernplattform im Internet. An der Universität geht es darum, die verschiedensten Medien gezielt und gekonnt einzusetzen, um so die Lehre zu bereichern. LUST 6_2015 Schwerpunkt Das Erdbeben im Hörsaal Tafel und Kreide D as fertige Tafelbild wirkt wie ein wildes Durcheinander. Doch die Studentin hat damit keinerlei Probleme. Schließlich war sie bei der Entstehung dabei – und irgendwie sogar beteiligt. „Da sehen Sie das Kloster, das in Flammen aufgeht“, erklärt sie hilfsbereit, „und diese Kringel, das ist das Erdbeben.“ Auf dem Grün der Tafel entfaltet sich eine Welt. Ein Herr mit Hut ist zu erkennen, viele Geistliche, eine Schwangere, alles Figuren aus wenigen Strichen und Kreisen. „Diesmal ist die Zeichnung besonders wirr“, räumt Dr. Johannes Ullmaier vom Deutschen Institut der JGU lächelnd ein. Jegliche künstlerische Ambition weist er angesichts dieses Panoramas in Kreide weit von sich. Ihm geht es um etwas völlig anderes. „Ich habe zwei Doppelstunden Zeit, um meinen Studierenden die grundlegenden Kategorien der modernen Erzähltheorie zu vermitteln. Das ist nicht viel.“ Ein berühmter Novellen-Text hilft, den umfangreichen Stoff zu vermitteln: Heinrich von Kleists „Das Erdbeben in Chili“. „Die Studierenden haben den Text vorher gelesen. Im Seminar rekonstruieren wir dann zusammen den Plot. Das ist wie beim Drehbuchschreiben. Ich lasse mir die Details zurufen, und daraus entwickle ich nach und nach das Tafelbild. Das Entscheidende dabei ist die Evolution. Der didaktische Sinn liegt im allmählichen Entstehen des Bildes an der Tafel. Der Vorgang ist sehr interaktiv. Das Prozesshafte ist mir dabei sehr wichtig, es bringt viele Vorteile, sachlich wie didaktisch.“ Aus den Zurufen entsteht die Zeichnung zum „Erdbeben in Chili“ mit all ihrem Personal, mit allerlei Gebäuden und Erzählsträngen. An der Basis des Bildes finden sich die Kategorien des Literaturwissenschaftlers Gérard Genettes dazu. Ullmaier nimmt auch falsche Einwürfe auf, verfolgt mit der Kreide gern mal eine Sackgasse. Schließlich lässt sich das mit einem Wisch schnell wieder korrigieren, und solche korrigierten Irrtümer bringen den Kurs ebenfalls voran. 16_ 17 Das ist ein Zusammenspiel von Stimme, Körper und Tafel. Dr. Johannes Ullmaier ZUR PERSON „Sicher können Sie mit Powerpoint ganz tolle Sachen machen. Aber es ist zumindest mir kaum möglich, so dynamisch wie hier zu reagieren. Mein Ansatz ist mittlerweile gut erprobt. Das ist ein Zusammenspiel von Stimme, Körper und Tafel. Es wäre für mich ungeheuer viel Aufwand, einen solchen Effekt mit anderen Medien zu erzielen.“ Computer, Lernplattformen im Netz, digitale Medien, das alles habe seinen Platz, meint Ullmaier. Er selbst arbeitete schon in dieser Richtung. „Für viele Fächer ist das sicher super. Aber es besteht doch immer die Gefahr, dass man an der Technik hängen bleibt, dass man sich zu sehr an die Prothese gewöhnt.“ Diese Gewöhnung sieht er auch bei Studierenden. „Es gibt eine allgemeine Konditionierung zu Powerpoint-Präsentationen. Die Studierenden finden irgendwelche Bilder im Netz und bauen sie gemäß der nahegelegten Dramaturgie in ihr Referat ein. So werden sie den ästhetischen und visuellen Anforderungen des Mediums gerecht. Aber wenn man dann fragt: Was ist Ihre These? Was ist Ihre Fragestellung?, dann stößt man auf bedenkliche Hilflosigkeit.“ Die eigentliche Diskursform in der germanistischen Lehre bleibe letztlich die Rede. „An manchen Stellen, wo es sinnvoll ist, bebildere ich diesen Diskurs. Aber ich brauche keineswegs zu allem ein Tafelbild. Im Kern geht es darum, jemanden mit der Stimme, mit Texten, mit Rhetorik zu erreichen und ihn zu bewegen, sich selbst zu artikulieren. Damit sind wir in einem sehr substanziellen Sinn an unserem Fach dran.“ Dr. Johannes Ullmaier studierte an der JGU Deutsche Philologie, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Buchwesen und Philosophie. Nach einem Stipendiatsaufenthalt in Zagreb 1990/91 kehrte er nach Mainz zurück, wo er unter anderem das Magazin „testcard“ mitbegründete. Seit 2001 ist er Akademischer Rat am Deutschen Institut. Er forscht zur Literatur des 20. Jahrhunderts und zu Akustischer Literatur. Dieser Umgang mit Sprache sei mittlerweile alles andere als selbstverständlich, sagt Ullmaier. „Je mehr ich es schaffe, ihn als Standard zu erhalten und zu vermitteln, umso eher können aus meinen Studierenden bessere Germanisten, bessere Lehrer, bessere Journalisten werden.“ LUST 6_2015 Schwerpunkt Keine gute Lehre ohne moderne Medien MOPSI und die Freitagskonferenz D ie Position könnte klarer nicht sein. „Wir müssen mit modernen Medien und moderner Technik arbeiten, sonst würden wir unserem Ausbildungsauftrag nicht gerecht“, sagt Dr. Maren Dingfelder Stone vom Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft (FTSK) der JGU. Wer sich hier zur Dolmetscherin oder zum Dolmetscher ausbilden lässt, soll in möglichst praxisnaher Umgebung lernen können. „Das lässt sich nicht theoretisch machen.“ Standards entsprechen. Moderne Technik ist allgegenwärtig, und auch das Notebook ist als Unterstützung in der Kabine bei vielen längst unentbehrlich. Die meisten Freitagskonferenzen können per Livestream verfolgt werden und sind als Aufzeichnung verfügbar, so dass die Studierenden sich über die Konferenz hinaus mit dem Material beschäftigen können. Selbst andere Universitäten nutzen es für ihre Lehre. Für diese Praxisnähe und den Einsatz steht seit Jahren die Freitagskonferenz, ein Projekt, das 2008, damals noch unter der Leitung von Prof. Dr. Dörte Andres, mit dem Preis für exzellente Lehre des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet wurde. „Hier erleben die Studierenden all das, was ihnen später im Beruf geschehen kann“, sagt Dingfelder Stone, „aber sie erleben es in geschützter Umgebung.“ Referenten von außen sind eingeladen, auf der Freitagskonferenz zu verschiedensten Themen zu sprechen. Mal bekommen es die Studierenden mit fachsprachlichem Vokabular zu tun, dann wieder müssen sie sich auf Umgangssprache einstellen oder auf einen Teilnehmer, der nicht in seiner Muttersprache referiert. Sie sitzen dabei in Dolmetschkabinen, die den offiziellen Sie sind ein Gewinn für unsere Studierenden, in jeder Hinsicht. Dr. Maren Dingfelder Stone 18_ 19 „Ein weiteres Angebot sind die Virtual Classes, die die Generaldirektion Dolmetschen für unsere Studierenden anbietet.“ Konferenzdolmetscher des EU-Parlaments werden per Live-Schaltung nach Germersheim durchgestellt. „Sie halten Reden speziell für uns. Jeweils zwei Studierende dolmetschen und bekommen dann Rückmeldung von den Dolmetschern des Parlaments. Unsere Studierenden erfahren also, wie potenzielle Arbeitgeber ihre Leistung einschätzen.“ Jahr mit Unterstützung des Gutenberg Lehrkollegs (GLK) in einem Forschungsfreisemester entwickeln. ZUR PERSON Dr. Maren Dingfelder Stone Dingfelder Stone erinnert sich an ihre eigene Studienzeit. „Wir haben vor allem mit abgelesenen Reden gearbeitet. Das begann fast immer mit ,Sehr verehrte Damen und Herren ...‘ Nach vier Semestern konnten Sie dieses ,Sehr verehrte Damen und Herren‘ nicht mehr hören.“ Für viele Übungen ging es ins Sprachlabor. „Aber das hatte seine begrenzten Kapazitäten und Öffnungszeiten. Heute können wir auf einen ungeheuren Reichtum an Material zurückgreifen, und wir können unsere Studierenden sehr viel realitätsnäher vorbereiten.“ leitet die Fachgruppe Dol„Während die Freitagskonferenz oder die Virtual Classes praxisnahes Lernen als Gesamtpaket vermit- metschen und die Freitagskonferenz am Fachbereich teln, können die Studierenden mit MOPSI an Details Translations-, Sprach- und arbeiten. Sie können individuelle Schwächen auf indi- Kulturwissenschaft der JGU. viduellen Stufen beheben. MOPSI kann Studierenden Die akademische Oberrätin ist als Dozentin für Konhelfen, ihr Selbststudium besser zu organisieren.“ ferenzdolmetschen in der Das sei gerade im Bereich des Dolmetschens wichtig, Abteilung Anglistik, Amerikanistik und Anglophonie wo Rückmeldungen wie „Sie brauchen noch mehr tätig. Sie forscht unter Energie in der Stimme“ oder „sprachlich haben Sie anderem zur Imagologie, zur Konsekutivnotation und noch Defizite“ an der Tagesordnung seien. „Früher hingen unsere Studierenden mit solch einer Kritik oft zum Selbststudium in der Dolmetschausbildung. ein wenig in der Luft. Nun können sie auf die Lernplattform gehen und sich zum Beispiel ein Lernvideo mit einer Logopädin zum Thema Atmung anschauen. Mit MOPSI können sie allein arbeiten, aber auch zu zweit oder in der Gruppe.“ Ganz neu im Angebot für die Konferenzdolmetschausbildung ist MOPSI (Moodle Online Platform for Self-Study in Interpreting). Dingfelder Stone konnte diese Online-Lernplattform voriges Moderne Medien und moderne Technik haben das Dolmetschstudium nachhaltig verändert am FTSK. „Sie sind ein Gewinn für unsere Studierenden, in jeder Hinsicht.“ LUST 6_2015 Schwerpunkt Diese Plattform wird nie fertig ILKUM I n der Medizin landet man sehr schnell in der digitalen Welt“, sagt Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas. „Wir haben von Haus aus ständig mit Röntgenbildern und mit Computertomografien zu tun. Außerdem ist die Welt unserer Studierenden von den digitalen Medien geprägt.“ Da sei der Schritt zur digitalen Lehrplattform nicht besonders groß, meint der Leitende Oberarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz. Bereits vor rund fünf Jahren ging ILKUM, der interaktive Lernzielkatalog der Universitätsmedizin Mainz, online. „Mein Chef meinte damals: Versuchen wir es doch einfach.“ Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner, der Klinikdirektor, sei immer offen für Neues – und diese Neuerung habe sich mittlerweile vielfach bewährt. Der Name ILKUM täuscht, er stapelt tief. Aus dem Online-Lernzielkatalog ist längst viel mehr geworden als nur eine Festsetzung und Aufreihung von Lernzielen. „Es wäre auch sehr dröge, wenn das alles wäre“, meint Al-Nawas, „auch wenn es wichtig für uns ist, Lernziele einheitlich festzulegen.“ An seinem PC zeigt er, was ILKUM vor allem zu bieten hat. „Wir zeichnen viele unserer Vorlesungen auf.“ Ein Hörsaal ist zu sehen, ein Professor referiert über Notfallmedizin. „Sie können diese Ansicht hier wählen oder sich die Powerpoint-Präsentation dazu anschauen.“ Verschiedenste Bereiche der Universitätsmedizin Mainz sind mit Vorlesungsangeboten und Unterrichtsmaterialien vertreten, ob Anatomie, Hämatologie oder Pathologie. Und natürlich ist reichlich Material aus der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie dabei. Schließlich nahm alles dort seinen Anfang. „Wir haben die technische Brücke geliefert, die Kliniken liefern die Inhalte.“ Zu Beginn gab es durchaus Befürchtungen. „Wir dachten, die Studierenden würden nicht mehr in die Vorlesung kommen, wenn sie sich die Aufzeichnungen anschauen können. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Sie schätzen die Vorlesung noch mehr. Ich habe das Gefühl, wir verlieren weniger Studierende.“ Das mag auch daran liegen, dass die Aufzeichnung Einfluss auf die Qualität jener Vorlesungen hat. „Sie überlegen sich einfach genauer, was sie sagen, wenn die Studierenden es nachher noch mal online anschauen und nachprüfen können. Alles muss Hand und Fuß haben.“ 20_ 21 ... online können wir viel schneller auf neue Entwicklungen reagieren. Prof. Dr. Bilal Al-Nawas Die Studierenden nutzen ILKUM intensiv. „Die Zugriffszahlen steigen natürlich vor Prüfungen, aber wir registrieren auch andere Peaks. Viele Studierende schauen unsere Aufzeichnungen mitten in der Nacht, so um 23.30 Uhr, an.“ Bei den Vorlesungsaufzeichnungen bleibt es nicht. ILKUM bietet Rubriken wie den „Fall der Woche“, die angehenden Mediziner können sich in Multiple-Choice-Tests selbst prüfen und sie können Feedback geben. Darüber hinaus findet man im Online-Lernzielkatalog die einschlägigen Lehrbuchtexte, Verweise auf weitere Forschungsliteratur sowie auch anonymisierte Befunde und Röntgenaufnahmen. So verbinden sich in ILKUM verschiedenste Medien, Formate und Inhalte zu einem Ganzen, zu einem Kosmos, in dem sich der Lernende bewegen kann. „In der Medizin müssen wir sehr viele Fakten vermitteln“, erzählt Al-Nawas. „Dabei hilft uns ILKUM sehr. Außerdem können wir online viel schneller auf neue Entwicklungen reagieren.“ Aktuelle Forschungsergebnisse fänden viel schneller ihren Weg ins Lehrmaterial. „Wir arbeiten ständig an ILKUM. Gerade sind wir dabei, unsere Aufzeichnungen über ein Programm durchsuchbar zu machen.“ Denn 45 Minuten bleibe kaum jemand beim Video, die meisten schauten sich eher fünf, sechs Minuten an. Deswegen wäre es gut, wenn Studierende per Stichwort zielgerichtet nach Antworten suchen könnten. ZUR PERSON Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas studierte Medizin und Zahnmedizin in Frankfurt, Saarbrücken und Zürich. 1993 wurde er in Medizin, 1997 dann in Zahnmedizin promoviert. Im selben Jahr kam er an die Universitätsklinik Mainz, wo er 2004 seine Habilitation und die Venia legendi im Fach Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie erhielt. Seit 2008 ist er leitender Oberarzt der Klinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie, plastische Operationen, an der Universitätsmedizin Mainz. „Wir sollten uns mit den Lehrenden und Studierenden zusammensetzen und fragen: Wie soll ILKUM in fünf Jahren aussehen? Wir wissen zum Beispiel, dass viele sich eine Art Chatroom wünschen, wo sie sich austauschen können.“ Al-Nawas skizziert weitere Ideen. „Wir könnten unseren ehemaligen Studierenden über ILKUM neueste Erkenntnisse vermitteln. Das wäre ein Schritt hin zum Lifelong learning, das gerade für niedergelassene Ärzte sehr wichtig ist. So ein Angebot würde außerdem die Bindung an die Alma Mater stärken.“ Vieles kann sich der Mediziner vorstellen. „Ein Kollege arbeitet an einem virtuellen Mikroskop.“ Auch Lernspiele wären denkbar. „Eine Plattform wie ILKUM ist eben nie fertig“, sagt Al-Nawas, „und das ist auch gut so.“ alte Lehre – neue medien LUST 6_2015 22_ 23 Porträt Wir diskutieren nicht über Lehre – oder nur über digitale Lehre. Prof. Dr. Stefan Aufenanger Die Diskussion um den Einsatz digitaler Medien an den Hochschulen ist in vollem Gange: Haben Tafel und Kreide in der Lehre ausgedient, sind E-Klausuren und Online-Kurse die Formate der Zukunft? Für Prof. Dr. Stefan Aufenanger ist das die falsche Frage. „Es wäre fatal, digitale und analoge Medien gegeneinander auszuspielen“, sagt er – und stellt die Lehre ganz grundsätzlich auf den Prüfstand. LUST 6_2015 Porträt E r ist viel unterwegs. Gestern erst hat Prof. Dr. Stefan Aufenanger Schülerinnen und Schülern Tipps für den Umgang mit dem Internet gegeben. „Das war an einer Realschule plus“, erzählt er. Als er ausführlicher davon berichtet, drängt sich schnell der Eindruck auf, dass er selbst ebenso viel von diesem Termin profitiert hat wie die Schülerinnen und Schüler. „Es war interessant, etwas über ihre Lebenswelt zu erfahren.“ Mit diesem einen Satz hat er ein Thema angeschnitten, das ihm in jedem Bereich wichtig ist: der Lebensbereich, die Lebensbedingungen von Lernenden. Darauf wird der Leiter der AG Medienpädagogik noch zurückkommen. Wir müssen auf die veränderten Lebensbedingungen der Studierenden reagieren. Prof. Dr. Stefan Aufenanger Aufenangers Büro am Institut für Erziehungswissenschaft im neuen Georg-Forster-Gebäude der JGU spiegelt viel von seiner Tätigkeit. Unterm Fenster stapeln sich digitale Lernspiele. Die nimmt er als Stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Digitale Spielkultur unter die Lupe. Auf dem Schreibtisch steht ein LegoRoboter, programmiert von seinen Studierenden. Daneben liegt ein Brettspiel. „Robot Turtles“ steht auf dem bunten Karton. „Damit können schon Vierjährige einen Eindruck davon bekommen, was Programmieren ist.“ Der Einsatz von Medien in der Lehre ist ein Thema, mit dem sich Aufenanger ausführlich beschäftigt. Die Diskussion um E-Learning und MOOCs an den Hochschulen oder um Tablets in Klassenzimmern verfolgt er interessiert, doch sie geht ihm nicht tief genug. 24_ 25 Wir sollten die Studierenden endlich wie Erwachsene behandeln. Prof. Dr. Stefan Aufenanger „Wir diskutieren nicht über Lehre – oder nur über digitale Lehre. Wir machen uns gar keine Gedanken über die Formen der Lehre. Sind zum Beispiel Unterrichtseinheiten von 45 oder 90 Minuten noch sinnvoll? An der Universität wird das Referatsseminar noch immer als normal angesehen. Man denkt wenig darüber nach, ob es den heutigen Bedürfnissen gerecht wird.“ Aufenanger meint: „Wir müssen auf die veränderten Lebensbedingungen unserer Studierenden reagieren.“ Der Bologna-Prozess habe hier eine Chance geboten. „Aber die Hochschule hat diese Chance verschlafen. Sie hat das Alte einfach in neue Inhalte gegossen.“ Dabei sei fraglich, ob das Alte noch tauge. Früher sei ein Studium oft Selbstzweck gewesen, schiere Wissensbereicherung. „Heute fragen sich die Studierenden: Was kann ich gebrauchen für meinen späteren Beruf? Außerdem müssen sie nebenher jobben, sie haben Kinder, planen ein Auslandssemester oder ein Praktikum.“ Darauf müsse die Lehre reagieren, ob analog oder digital – wobei gerade der digitale Sektor neue Möglichkeiten biete. „Seit 15 Jahren nehme ich meine Vorlesungen auf MP3 auf und stelle sie ins Netz“, nennt Aufenanger ein einfaches Beispiel. Das gebe ausländischen Studierenden, die im Deutschen noch nicht so firm sind, die Möglichkeit, den Stoff nachzubereiten. Junge Eltern könnten sich einteilen, wann sie was hören, und als Vorbereitung für Klausuren seien die Aufzeichnungen ebenfalls nützlich. Diesen Ansatz spinnt der Professor weiter. Das führt ihn zu den MOOCs, zu Online-Kursen mit der Möglichkeit zu vielfältiger Interaktion, zu Videoclips und Podcasts. Auch hier schaut Aufenanger auf die Lebenswirklichkeit der Lernenden: „Die Digitalisierung ihrer Alltagswelt ist längst Realität. Es gilt nur noch, sie dort abzuholen.“ Allerdings dürfe man nicht in die Falle tappen und traditionelle Formate im Digitalen aufwärmen. „Wir haben statt E-Learning immer noch zu viel E-Teaching. Wir müssen die digitalen Medien zum Selbstlernen benutzen. Wir muten unseren Studierenden zu wenig zu. Wir steuern sie zu sehr.“ Die Universität müsse universitär handeln. „Den Hochschulen fehlt ein Konzept: Wo wollen sie hin mit den neuen Medien?“ Erste Ansätze sieht Aufenanger an der JGU, aber sie sollten konsequent fortgeführt werden. „Die Universitäten müssen sich auf eine Reise begeben“, fordert er. „Sie müssen sich fragen: Was ist das Gute, was wollen wir mitnehmen und was lassen wir zurück? Was schaffen wir neu?“ ZUR PERSON Prof. Dr. Stefan Aufenanger studierte Erziehungswissenschaft, Soziologie, Psychologie und Kunstgeschichte an der JGU. 1991 wurde er in Erziehungswissenschaft habilitiert. Er arbeitete an verschiedenen Universitäten in Deutschland und der Schweiz, bevor er 1993 einen Ruf auf eine Professur für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik an der Universität Hamburg erhielt. Seit 2005 ist er Professor für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik an der JGU. Unter anderem war er Dekan des Fachbereichs 02, Wissenschaftlicher Direktor der Stiftung Lesen und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören „Multimedia in pädagogischen Kontexten“ und „Medienethik“. Weitere Infos > www.blogs.uni-mainz.de/medienpaedagogik „Otnit Projekt“ Prof. Dr. Stephan Jolie „JGU Team Sport Day“ Dr. Thomas Könecke Mathias Schubert LUST 6_2015 26_ 27 S E „Mediziner im Netz“ Tobias Hartz Innovative Lehre nutzt eine Vielzahl an Medien – und sie lehrt, mit Medien umzugehen. Studierende an der JGU machen ihre Erfahrungen, ob im Internet oder im Theater. Über Videos lernen sie die Grundlagen effektiven Projektmanagements, sie bringen ein mittelalterliches Epos auf die Bühne oder stellen sich den Herausforderungen und Chancen, die das Internet für die Medizin mit sich bringt. LUST 6_2015 Impulse Frischer Look für erfolgreiche Lehre JGU SportsDay S tudierende des Instituts für Sportwissenschaft laden zum JGU SportsDay ein. Das überwiegend im JGU-Rot gehaltene Logo des Events zeigt, worum es geht: Je ein Fußball-, ein Basketball- und ein Volleyballspieler sowie ein Läufer in Startposition weisen auf die drei Mannschaftssportturniere und die Laufveranstaltung hin, an denen neben Studierenden auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der JGU teilnehmen können. Der SportsDay ist der Höhepunkt der Lehrveranstaltung „Projektmanagement und -kontrolle“, die Dr. Thomas Könecke und Mathias Schubert zusammen mit einem weiteren Kollegen vom Institut für Sportwissenschaft der JGU seit zwei Jahren anbieten – und das mit großem Erfolg. „Wir hatten jeweils bis zu 100 Teilnehmer in unserem Kurs“, erzählt Könecke. „Auch gibt es immer wieder Anfragen bezüglich Kooperationen oder der Ausrichtung ähnlicher Veranstaltungen.“ Jahr für Jahr bekommen Studierende im Sommersemester die Aufgabe, die Sportveranstaltung zu organisieren. „Sie kümmern sich um Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, die Sportanlagen, die Ablauf- planung und die Sponsorenakquise, einfach um alles. Dabei kann durchaus etwas schief gehen. Die Studierenden sollen auch aus ihren Fehlern lernen.“ Natürlich werden sie nicht allein gelassen. In einem Blockseminar vermitteln Könecke, Schubert und ihre Kollegen zu Beginn die Grundlagen und Methoden des Projektmanagements. „Das ist der ‚Werkzeugkasten‘, den die Studierenden brauchen.“ Dann geht es in kleinen Gruppen an die Vorbereitung des SportsDays. Bisher hat das hervorragend funktioniert, auch die Rückmeldungen der Studierenden bestätigen das. Dennoch soll das Lehrprojekt nun einen frischen Schub bekommen. Könecke und Schubert haben sich gemeinsam mit Prof. Dr. Holger Preuß bei „LOOK – Lehre mit Offenen Online Kursen“ beworben. Mit dieser Ausschreibung des Projekts lernenmedial@jgu möchte das Medienzentrum der JGU ausloten, wo und inwieweit MOOCs in die Lehre integriert werden können, was sie für Chancen bieten und wo Schwierigkeiten liegen könnten (mehr dazu auf Seite 36 in diesem Heft). 28_ 29 Dr. Thomas Könecke Mathias Schubert 1 Konkret schweben Könecke kurze Videos von fünf bis acht Minuten vor. „Es ist wichtig, dass alle mit denselben Methoden arbeiten, deswegen stellen wir unseren ‚Werkzeugkasten‘ ja zu Beginn ausführlich vor. Aber in den verschiedenen Arbeitsgruppen werden die Werkzeuge zu ganz unterschiedlichen Zeiten eingesetzt.“ Da wäre eine Auffrischung des Stoffs aus dem Blockseminar zu Themen wie „Zeitmanagement“, „Stakeholder“ oder „Kommunikation und Konflikte in Projekten“ nützlich. „Schwierigkeiten in Projekten resultieren meist aus sozialen Problemen oder Kommunikationsschwierigkeiten“, nennt Könecke Hürden, die die Studierenden gemeinsam nehmen müssen. Passende Bewältigungsstrategien können da helfen. Z U R P ER S ON Z U R P ER S ON Dr. Thomas Könecke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Habilitand am Institut für Sportwissenschaft der JGU, wo er z. Zt. die interdisziplinäre Forschungsgruppe „Menschen – Medien – Management“ aufbaut. Nach seinem Studium der Wirtschafts- und Sportwissenschaften wurde er mit einer Arbeit zur medial vermittelten Kommunikation und Wahrnehmung von Personen promoviert. Mathias Schubert studierte Englisch, Sport und Bildungswissenschaften (Staatsexamen) sowie Sportwissenschaft (Diplom) an der JGU. Derzeit arbeitet er am Institut für Sportwissenschaft als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets Sportökonomie und Sportsoziologie. 2014 verbrachte er einen längeren Lehr- und Forschungsaufenthalt am Molde University College in Norwegen. Eines allerdings stellt Könecke mit Blick auf die neuen Möglichkeiten klar: „Wir wollen keinen medialen Overkill. Denn wir wollen unsere Studierenden nicht unterhalten, sondern zum Lernen motivieren.“ „Außerdem hätten wir mehr Zeit, uns um die einzelnen Gruppen zu kümmern, wenn ein Teil der Wissensvermittlung über die Videos liefe. Es ist bei rund 25 Kleingruppen mit je vier Personen schwer, mit diesen intensiv zu arbeiten, wenn auch noch inhaltlicher Input nötig ist.“ Für die Zukunft kann er sich gut vorstellen, dass MOOCs zum Projektmanagement über das Institut für Sportwissenschaft und über die Organisation von Sport-Events hinaus Anwendung finden. Projektmanagement ist schließlich in vielen Bereichen gefragt. Mittelfristig denken Könecke und Schubert daher an Kooperationen mit JGU-Institutionen wie dem Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW). Aber ihr Blick reicht auch über den Campus hinaus. Fürs Fernstudium etwa könnte das Material nützlich sein. In den Videos möchte Könecke nicht nur mit Folien oder Aufzeichnungen von Lehrveranstaltungen arbeiten. „Im Unterricht entwickle ich Dinge zum Beispiel gern auch mal an der Tafel. So etwas Ähnliches wird auch in den Videos stattfinden.“ Wie genau sich das umsetzen lässt, weiß er noch nicht. „Hier brauchen wir technische Unterstützung.“ Genau dafür ist LOOK gedacht. Im Moment ist das allerdings noch Zukunftsmusik. Jetzt geht es erst mal um die Studierenden vor Ort. „Wir stehen noch am Anfang“, räumt Könecke ein. Die Ideen, mit denen er ein erfolgreiches Lehrprojekt noch erfolgreicher machen will, klingen allerdings schon recht konkret. LUST 6_2015 Impulse Vom Hörsaal ins Staatstheater Otnit-Projekt K önig Otnit hastet desorientiert über die Bühne. Ein großer Held soll er sein. Doch sieht so ein Held aus? Zierlich wirkt er, von Selbstbewusstsein keine Spur. Er will nach Hause. Endlich angekommen vor dem heimischen Hof, trifft er seine Minister und flötet höchst unköniglich: „Ich will herein zu Mutter. Ist sie da?“ Prof. Dr. Stephan Jolie vom Deutschen Institut der JGU hat dem Herrscher ohne Plan sehr planvoll auf die Theaterbühne geholfen – nicht nur in der Rolle jenes Bänkelsängers, sondern vor allem als Initiator: 2013 rief der Dekan des Fachbereichs Philosophie und Philologie „Das Otnit-Projekt“ ins Leben. Ende 2014 trat es mit der Aufführung im Mainzer Staatstheater in die letzte Phase. Eigentlich war zu ahnen, dass dieser König anders ist. Der Bänkelsänger hatte ihn ja entsprechend eingeführt: „Nicht immer scheint Otnit zweifelsfrei ein Held zu sein. / Mit fremder Hilfe siegt er und schläft zuweilen ein.“ Das klang wenig schmeichelhaft. „Wir sehen einen schwachen Ritter, einen Herrscher ohne Plan.“ Der Bänkelsänger zog den Vorhang beiseite, das Spiel begann. Kern des Projekts war ein auf zwei Semester angelegtes Seminar. Hier ging es nicht nur darum, den Text wissenschaftlich zu erarbeiten. Die Studierenden sollten all das erledigen, was nötig sein würde, um „Otnit“ bühnenreif zu machen. „Sie sollten praktische Erfahrung in verschiedensten Bereichen sammeln“, meint Jolie, „ob beim Schreiben des Theaterstücks, bei der Arbeit am Bühnenbild oder an den Kostümen.“ Um jedes Detail sollten sie sich kümmern: um die Kommunikation mit der Presse, um ein passendes Programmheft. Sie schlüpften sogar selbst in die verschiedenen Rollen. 30_ 31 Prof. Dr. Stephan Jolie Jolie reichte sein Otnit-Seminar als „Innovatives Lehrprojekt“ beim Gutenberg Lehrkolleg (GLK) der JGU ein. „Ich bekam die höchstmögliche Fördersumme.“ Er holte die Musikhochschule der JGU und Prof. Dr. Birger Petersen mit ins Boot. Studierende komponierten in dessen Seminar die Musik zum Stück. Auch die Kommunikationsdesigner der Hochschule Mainz halfen: Prof. Dr. Anna-Lisa Schöneckers Studierende konzipierten Plakate, das Layout des Programmhefts und sogar Getränkedosen. Erfahrung hat Jolie bereits mit Projekten ähnlicher Art. Als Mainz 2011 zur Stadt der Wissenschaft gekürt wurde, traten er und seine Studierenden mit dem Minnesang-Projekt „mainz1184 – Ein Traum von Liebe und Ritterschaft“ ins Rampenlicht. Einige Akteure aus dieser Zeit halfen auch bei der Umsetzung des Projekts „Otnit“ mit. So übernahmen Thomas Elben und Dominik Schuh die Regie. Elbens Arbeit begann sogar einen Schritt früher: Er stellte das Skriptteam aus Studierenden zusammen und fügte deren Beiträge zu einem einheitlichen Ganzen. 2 Z U R P ER S ON Prof. Dr. Stephan Jolie studierte Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft in Frankfurt am Main und München. Unter anderem war er als Lehrbeauftragter an den Universitäten Mainz und Frankfurt tätig, bevor er 2004 habilitiert wurde. Nach Stationen in Berlin und Erlangen kam er 2007 als Professor für die Literatur der älteren Epochen ans Deutsche Institut der JGU. Seit 2011 ist er Dekan des Fachbereichs Philosophie und Philologie der JGU. Grundsätzlich war improvisieren angesagt. Die Studierenden sahen sich all den Problemen gegenüber, die in solch einem vielgestaltigen Projekt vorkommen können. Vor der allerersten Aufführung im Hörsaal P1 des Philosophicums etwa funktionierte die Beleuchtung noch nicht. Da musste schnell Abhilfe geschaffen werden. Kleinigkeiten wurden zu Stolpersteinen: Die Tüten, die als Hüllen für die Programmhefte angeliefert wurden, waren zu klein. Und das Bühnenbild, ein Metallgestell, das wie ein Berg aufragte, wurde noch bis zum letzten Moment mit Papierbahnen, die mit „Otnit“Originaltext bedruckt waren, beklebt: „Otnit“ sollte aus dem Text springen“, erklärt Jolie, „buchstäblich.“ Am Ende standen die Studierenden auf der Bühne des Staatstheaters. Die Aufführung wurde zum großen Erfolg. „Wirklich jeder hatte sich als Teil des Projekts begriffen“, sagt Jolie. Aus den vielen Teilen wurde ein stimmiges Ganzes – so stimmig, dass Regisseur Elben selbstbewusst meint: „Wenn wir noch zwei Monate Zeit gehabt hätten, hätten wir mit dem Stück auf Tournee gehen können. Wir hätten uns nicht verstecken müssen vor den Profis.“ Weitere Infos > www.otnitprojekt.uni-mainz.de LUST 6_2015 Impulse Neue Medien Mediziner im Netz T witter, Facebook und soziale Netzwerke sind längst vorgedrungen in die Sphäre der Medizin. Sie spielen ihre Rolle in der Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten, im Austausch von Medizinern untereinander oder schlicht als Informationsquelle. „Es gibt allerdings viele Fallstricke“, warnt Tobias Hartz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin als Herausforderung und Chance Mainz. Er sagt aber auch: „Es gibt viele Chancen. Auf beides wollten wir aufmerksam machen, und das jenseits aller Schwarzweißmalerei.“ Zusammen mit Anke Hollinderbäumer und Prof. Dr. Frank Ückert vom IMBEI startete der Diplommathematiker das Lehrprojekt „Neue Medien – Herausforderung und Chance für den Mediziner der Zukunft“, ein Projekt, das ebenfalls mit Fallstricken zu kämpfen hatte. „Wenn man Medizinstudierende fragt, finden sie das Thema zwar spannend, aber auf den ersten Blick nicht sehr relevant für die Praxis. Facebook und andere Internet-Dienste sind für sie nicht der richtige Kanal, um zum Beispiel mit Patienten zu kommunizieren. Das ist im Grunde auch richtig. Rein datenschutzrechtlich geht das 32_ 33 Tobias Hartz Z U R P ER S ON Tobias Hartz studierte Mathematik mit Nebenfach Informatik an der Westfälischen Wilhelms Universität Münster. In Münster arbeitete er drei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Medizininfomatik. Seit Sommer 2011 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMBEI der Universitätsmedizin Mainz und leitet dort die Arbeitsgruppe „eHealth“. über Facebook einen Arzttermin ausmachen. „Beim Allgemeinmediziner mag das noch unproblematisch sein, da geht jeder mal hin. Aber wie ist das, wenn ich über Facebook einen Psychotherapeuten oder einen Onkologen kontaktiere? Diese Verbindung kann für Dritte schon einiges über mich aussagen.“ Es eröffnen sich aber auch weitere Möglichkeiten: „Sie können etwa über Twitter-Hashtags an neueste Informationen zu verschiedensten Krankheiten kommen. In Amerika wird das bereits sehr stark genutzt. Bei uns ist das noch nicht so bekannt.“ nicht.“ Aber in der Praxis passiere es eben doch. „Stellen Sie sich vor, ein Patient kommt nicht zur Nachsorge. Da kann man schon auf die Idee kommen, ihn zum Beispiel über WhatsApp zu kontaktieren.“ Das Seminar wurde zum Erfolg. Nun schauen Hollinderbäumer, Ückert und Hartz, dass sie die Früchte ihres Lehrprojekts über die neuen Medien an die Mainzer Studierenden bringen. Darum und um einiges mehr ging es in dem vom Gutenberg Lehrkolleg (GLK) der JGU als „Innovatives Lehrprojekt“ geförderten Vorhaben. „Wir konzipierten einen Kurs mit Übungen und Diskussionen zu diesem Thema, das wir im Wahlpflichtbereich anboten.“ Dieser Versuch scheiterte, denn im Bereich der Wahlpflichtfächer gibt es eine Riesenauswahl an der Mainzer Universitätsmedizin. Man konkurriert mit sehr vielen praktischen Kursen, die bevorzugt von den Studierenden gewählt werden. „Wir schrieben daraufhin alle Studiendekane an medizinischen Fakultäten in Deutschland an.“ Das wirkte. Studierende aus der gesamten Republik kamen für ein eintägiges Seminar zusammen. „Wir simulierten einen Facebook-Austausch zwischen Ärzten und Patienten. Wir ließen die Studierenden im Internet nach bestimmten Ärztinnen und Ärzten suchen. Und sie konnten eine Facebook-Seite für eine fiktive Praxis erstellen.“ „Wir haben eine Förderung durch die Universitätsmedizin Mainz erhalten“, erzählt Hartz. „Sie wird es uns ermöglichen, ein E-Learning-Programm zu erstellen und über die in der Universitätsmedizin genutzte Plattform ILKUM (siehe Seite 20 in diesem Heft) anzubieten.“ Auf diese Weise werden die Lehrenden erreicht. Sie können die entsprechenden Materialien in ihre Lehrangebote einbauen. Studierende haben die Möglichkeit, auf diese Materialien zuzugreifen, wenn sie merken, dass sie doch Informationsbedarf zu der Thematik haben. Brandaktuelle Fragen schlossen sich an. „Wenn ich als Arzt eine Facebook-Page habe, und es kommen konkrete Anfragen zu einer Krankheit: Wie reagiere ich da?“ Oder viel einfacher: Jemand will „Wir finden, dass dieses Thema wichtig ist. Mit unserem Projekt haben wir es vorangebracht und nach außen getragen.“ Auf den Mainzer Vorstoß folgte nicht nur ein vielstimmiges Medienecho. Hartz selbst wurde von der Bundesärztekammer als Experte eingeladen. Er soll helfen, eine Checkliste zum Umgang mit Social Media zu erstellen. Er zieht eine positive Bilanz: „Die Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken haben registriert: In Mainz passiert etwas. Sie sind neugierig, was wir machen.“ LUST 6_2015 Aus dem Studienangebot Wissenschaft trifft auf Praxis Bachelor Audiovisuelles Publizieren vereint Filmhandwerk mit Medientheorie 1 S elbst einen Beitrag drehen, die Kamera führen, den Ton aufnehmen, den Schnitt gestalten, die gesamte Produktion: Das ist die praktische Seite. Hinzu kommen das Wissen um Methoden und erzähltheoretische Ansätze sowie die analytische Auseinandersetzung mit audiovisuellen Medienbeiträgen. All dies bietet das Bachelor-Beifach Audiovisuelles Publizieren (AVP). Gestalterisch-praktische Fähigkeiten werden ergänzt durch wissenschaftliche Kenntnisse. AVP kann mit jedem Kernfach, das im Kernfach-Beifach-Bachelorstudiengang an der JGU angeboten wird, kombiniert werden. Es wird vom Journalistischen Seminar am Institut für Publizistik angeboten und bietet pro Jahrgang 16 Studienplätze. Das Studium kann nur zum Wintersemester aufgenommen werden. Die ersten beiden Semester vermitteln Grundkenntnisse für eine Auseinandersetzung mit Medienbeiträgen und bieten eine praktische Einführung in den Videojournalismus. Die theoretischen Studieninhalte der weiteren Semester konzentrieren sich auf Fachgebiete der Kommunikations- und der Filmwissenschaft. Im Mittelpunkt der praktischen Ausbildung steht die Mitarbeit beim Universitätsfernsehen CampusTV Mainz. Hier können die Studierenden unter der Anleitung erfahrener Fernsehjournalistinnen und -journalisten eigenständig Filmbeiträge produzieren. Sie nehmen an Workshops zu Themen wie Medienethik, Dramaturgie oder Recherche teil. AVP ist in die Partnerschaften des Journalistischen Seminars eingebunden, daher können Studienleistungen auch an den Universitäten in Memphis (USA) und Turin (Italien) erbracht werden. Weitere Infos > www.journalistik.uni-mainz.de/1258.php > www.campus-tv.uni-mainz.de S te c kbrief : Was muss ich mitbringen? Allgemeine oder fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung, Interesse an der Reflexion audiovisueller Medien und am Umgang mit Technik, empfehlenswert sind gute Englisch-Kenntnisse Wie lange dauert’s? Regelstudienzeit sind sechs Semester Was kann ich danach tun? Nach einem Volontariat im Fernsehjournalismus arbeiten, als Producer von Filmproduktionen, in der PR- und Öffentlichkeitsarbeit, in der Unternehmenskommunikation oder der Kulturarbeit 34_ 35 A ngesichts der modernen Medienlandschaft, des Internets und vielfältiger digitaler Kommunikationsformen erscheint das Theater auf den ersten Blick als ein kulturelles Erbe vergangener Zeiten. Das Studienfach Theaterwissenschaft rückt dieses Bild zurecht. Es begreift das Theater als Kunstform und als kulturwissenschaftliches Denkmodell, das in besonderem Maße geeignet ist, die ästhetischen Wechselspiele zwischen Medien und Künsten zu reflektieren. Angesiedelt im Fächerverbund mit Filmwissenschaft und Kulturanthropologie untersucht die Theaterwissenschaft Theater in seinen vielfältigen künstlerischen Erscheinungsformen wie Schauspiel, Oper, Tanz oder Performance, aber auch rituelle Phänomene und theatrale Aspekte von Fest- und Alltagskultur. Theater als Denkmodell Bachelor Theaterwissenschaft bietet Blick hinter die Kulissen 2 Im Bachelorstudium besuchen die Studierenden Module zur Kulturanalyse, zu Theorie und Ästhetik des Gegenwartstheaters, zur Aufführungsanalyse, zur Theatergeschichte und zur S te c kbrief : Theatralität von Kultur. Ergänzt wird das primär Was muss ich mitbringen? theoretische Studienangebot durch Kurse mit prakAllgemeine oder fachgetischer Ausrichtung wie etwa das szenische Projekt, bundene Hochschulzugangsberechtigung in dem die Studierenden unter Anleitung von TheWie lange dauert’s? aterpraktikern eine Theaterinszenierung oder eine Regelstudienzeit: sechs Performance erarbeiten. Theaterwissenschaft kann Semester mit allen an der JGU im Kern-Beifach-Bachelorstudi- Was kann ich danach tun? In vielfältigen Positionen engang angebotenen Fächern außer Kulturanthropoam Theater arbeiten, in logie und Filmwissenschaft kombiniert werden. den Bereichen Film, FernWeitere Infos > www.theaterwissenschaft.uni-mainz.de sehen, Hörfunk, in den Printmedien oder als Kultur- und Eventmanager LUST 6_2015 LUPE Was ist eigentlich ein Mooc? D ie Abkürzung MOOC steht für Massive Open Online Course. MOOCs sind Kurse, an denen viele Menschen teilnehmen können – mitunter sind es Tausende –, daher die Bezeichnung „massive“. MOOCs werden offen online angeboten, die Inhalte sind allgemein zugänglich. MOOCs laufen im Gegensatz zu diversen anderen Angeboten im Internet nur über eine bestimmte Zeit. Sie sind auf einige Tage, Wochen oder vielleicht auf ein Semester befristet. In der Hochschullandschaft haben diese offenen Online-Kurse einiges in Bewegung gebracht. Es begann an amerikanischen Elite-Universitäten wie Harvard. Sie zeichneten Vorlesungen auf, reicherten sie mit einem Quiz oder der Möglichkeit zu einem Feedback an und stellten sie ins Netz. Diese xMOOCs boten im Prinzip erweiterte traditionelle Lehrveranstaltungen. In den Verzeichnissen der Universitäten waren sie mit einem x für „extension“ gekennzeichnet. 36_ 37 ZUR PERSON Dr. Nicole Labitzke leitet das Medienzentrum der JGU. Sie ist Mitglied des Forschungsschwerpunkts Medienkonvergenz mit den Schwerpunkten Transmediale Erzählformen und audiovisueller Wissenschaftstransfer. Labitzke arbeitet und forscht zu audiovisuellen Medien im Kontext von Forschung und Lehre sowie zu partizipativen und transmedialen Erzählformen. Ein ganzes Stück weiter gehen die cMOOCs. Das c steht für „Connectivism“, also für die Lerntheorie des Konnektivismus, die den Menschen als vernetztes Individuum in den Mittelpunkt rückt. cMOOCs ähneln Seminaren. Viel Interaktion ist möglich. Die MOOCPlattform bietet Raum für Austausch und Diskussionen oder für eigene Beiträge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Über das Video oder den Quiz hinaus werden hier weitere Elemente genutzt. „Wir wollen MOOCs in Mainz erproben“, sagt Dr. Nicole Labitzke, Leiterin des Medienzentrums der JGU. „Wir wollen schauen: Wie kommen die Lehrenden damit klar? Wie können wir sie als zentrale Einrichtung unterstützen?“ Dafür wurde das Projekt lernenmedial@jgu mit Unterstützung des Wissenschaftsministeriums ins Leben gerufen, das Labitzke gemeinsam mit Dr. Malte Persike vom Psychologischen Institut der JGU leitet und das von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet wird. Hier geht es allerdings nicht nur um MOOCs, sondern um alle Formen des E-Learning, des elektronischen Lernens. „Eines unserer Teilprojekte beschäftigt sich damit, eine Infrastruktur für E-Lectures auf dem Campus zu installieren“, erzählt Nina Oehler, die sich am Medienzentrum besonders um den Bereich E-Learning kümmert. Einige Hörsäle sollen mit einer Technik ausgestattet werden, die es ermöglicht, Vorlesungen auf-zuzeichnen und mit möglichst geringem Aufwand online verfügbar zu machen. Begleitend dazu bietet lernenmedial@jgu ein Beratungskonzept, das Lehrende in Workshops und Kursen an die Möglichkeiten und Chancen des E-Learning heranführt. „E-Lectures sind eine relativ einfache Form, MOOCs dagegen sind sehr aufwändig“, meint Oehler. „Wir erproben beide Enden des Spektrums.“ Zudem lotet lernenmedial@jgu mit der Ausschreibung „LOOK – Lehre mit Offenen Online Kursen“ die Möglichkeiten und Chancen von MOOCs an der JGU aus: Fünf MOOC-Lehrprojekte werden mit je 20.000 Euro gefördert. „Wir hatten beim ersten Auswahlverfahren elf Bewerberinnen und Bewerber“, erzählt Labitzke. „Mit so viel Zuspruch hatten wir nicht gerechnet.“ Der Aufwand für die Lehrenden ist schließlich immens. Dennoch ist Labitzke überzeugt: „LOOK wird Aufmerksamkeit erregen, im kommenden Jahr werden wir noch mehr Bewerbungen bekommen.“ Dabei ist das Ergebnis offen: „Wir glauben nicht, dass MOOCs unbedingt das Nonplusultra darstellen. Aber wir haben die Hoffnung, dass wir mit unserem Projekt zu mehr Medieneinsatz an der Universität anregen können.“ Am Ende muss nicht unbedingt der ausgewachsene MOOC stehen, auch eine E-Lecture mit ergänzenden Materialien wäre denkbar. ZUR PERSON Nina Oehler ist seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Medienzentrum. Sie ist dort zuständig für Medienkonzepte und E-Learning. Vorher arbeitete sie freiberuflich als TVund PR-Autorin im Bereich Wissenschaft und Technik. Oehler studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie. Auf jeden Fall aber kommt viel Bewegung in die Medienlandschaft der Hochschule, und lernenmedial@jgu wird diesen Prozess begleiten. Infos zu E-Learning, MOOCs und LOOK-Ausschreibung an der JGU unter > www.medienzentrum.uni-mainz.de/lernenmedial > www.medienzentrum.uni-mainz.de/look LUST 6_2015 Kennen Sie...? Institutionen der JGU stellen sich vor Der unsichtbare Riese D er Weg führt durch niedrige Flure, unter deren Decken Handwerker Kabel verlegen. Es geht vorbei an einem Kursraum auf der einen und einer Glasfront auf der anderen Seite: „Kopieren, Drucken, Scannen“, „DTP-Studio“ und „Beratung/Hotline“ ist dort nacheinander zu lesen. Hinterm Glas sind geschäftige Menschen und technische Geräte auszumachen. Ein Schwenk nach rechts bringt den Besucher direkt vor das Büro des Leiters des Zentrums für Datenverarbeitung der JGU – und erlaubt zugleich einen Blick in die Vergangenheit: Ein nicht mehr ganz neues Plakat erinnert mit einer Fotoserie an „30 Jahre ZDV“. Es zeigt Computer und Geräte, die aus einer anderen Epoche zu stammen scheinen. Unter anderem ist ein CDC-Kernspeichermodul abgelichtet. Seine Leistung wird aufgeführt mit „16 K Worte à 28 bit: 24 bit Daten + 4 bit Parity“. Das war einmal. In Prof. Dr.-Ing. André Brinkmanns Büro selbst wartet eine kleine Überraschung. Es dominiert mitnichten die Computertechnik. „Mein Vorgänger hatte hier vier PC stehen“, erinnert sich der Elektroingenieur. Brinkmann reicht ein Gerät aus. Dafür hat er sich einen großen Besprechungstisch in das Zimmer gestellt, an dem er nun Platz nimmt, um vom ZDV zu erzählen. Ob Studierende, Lehrende oder Angestellte der JGU: Viele kennen dieses Zentrum nicht, sie haben es nie betreten. Doch ohne seine Arbeit wären sie über weite Strecken verloren. „Wir sind in vielen Bereichen sogar happy, wenn wir unsichtbar bleiben“, meint Brinkmann dazu. „Das betrifft vor allem die technischen Dienste. Denn da nehmen uns die Leute nur wahr, wenn etwas nicht funktioniert.“ Das ZDV zeichnet für die rund 7.000 PCs auf dem Campus verantwortlich, für ihre Wartung, für Neuanschaffungen und Reparaturen. „Wir haben 55.000 Kunden in unserem E-Mail-System“, erzählt Brinkmann. Demnächst wird das ZDV eine eigene Dropbox-Alternative, also einen Cloud-Webdienst, anbieten. „Da rechnen wir mit 100.000 Kunden.“ Mit solchen Zahlen könnte er ewig weiter machen, doch er hält sich zurück und wählt bemerkenswerte Details: „Weniger bekannt ist, dass wir 13 Millionen Seiten pro Jahr ausdrucken. Bei solchen Kapazitäten ist schon die Lagerung des Papiers eine Herausforderung.“ 38_ 39 Dies alles betrifft die Grundversorgung der JGU, jenen Bereich, in dem Brinkmann sich sehr zufrieden zeigt über die Unsichtbarkeit. „Es gibt aber auch Dinge, die bekannter werden sollten.“ Immer mal wieder käme jemand mit Anregungen wie: „Es wäre doch toll, wenn ihr Kurse zu Word oder Excel anbieten würdet“. „Das alles und noch mehr machen wir“, stellt Brinkmann klar. „Bei uns gibt es zum Beispiel eine Grundausbildung für Studierende auf dem Gebiet IT. Wir erklären, wie man ein Template für die Bacheloroder Masterarbeit erstellt. Wir haben viele Themen rund um die Informatik in unserem Kursprogramm.“ Nur wenigen sind die Forschungsaktivitäten des ZDV bekannt. „Wir gehen vielen Fragen nach, die sehr nah an der Praxis sind.“ Manch ein Projekt wird von der EU unterstützt, und bei vielen Vorhaben arbeitet das Zentrum mit der Industrie und anderen Institutionen wie der Carl-Zeiss-Stiftung oder den Rechenzentren fremder Universitäten zusammen. Überhaupt findet Vernetzung hier nicht nur im technischen Sinn statt. Das ZDV ist Ansprechpartner für alle Fachbereiche der JGU, wenn es darum geht, computerunterstützt Wissenschaft und Lehre zu betreiben. „Früher waren es vor allem die Naturwissenschaften, die sich an uns wandten, mittlerweile haben wir auch viel mit den geisteswissenschaftlichen Fächern zu tun. Sie alle sehen das Potenzial. Das freut uns.“ Für große Projekte steht der Superrechner Mogon bereit. „Er hat 36.000 Kerne“, erklärt Brinkmann zur Kapazität. Ein anspruchs- voller PC kommt mit gerade mal vier Kernen aus. „Mitte 2012 waren wir mit Mogon auf Rang 81 weltweit.“ Beim schnellen Fortschritt auf dem Gebiet dürfte sich das inzwischen geändert haben, deswegen rüstet das ZDV auf: 2016 kommt ein neuer, größerer Superrechner. Auch an der Einführung neuer Medien in der Lehre war und ist das ZDV beteiligt. So liefen bereits eine Viertelmillion E-Klausuren über die Rechner des Zentrums. „Gerade sind wir dabei, Hörsäle umzurüsten.“ In Kooperation mit dem Projekt lernenmedial@jgu (siehe Seite 36 in diesem Heft) werden sechs bis acht Räume in einem ersten Schritt mit Technik ausgestattet, die es erlaubt, Vorlesungen ohne viel Aufwand aufzuzeichnen. „Ebenso bieten das Medienzentrum und wir tragbare Komponenten zum selben Zweck.“ Brinkmann erzählt noch einiges. Von Portalen ist die Rede, die auf die Studierenden zugeschnitten sind, von der riesigen Telefonanlage auf dem Campus oder von Datensicherheit auf höchstem Niveau. „All das schaffen wir mit gerade mal 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern plus elf Forschern“, erzählt Brinkmann. „Unsere Leute sind ungeheuer engagiert, sonst könnten sie diese Arbeit gar nicht bewältigen.“ Schon deswegen wäre es schade, wenn das ZDV unsichtbar bliebe. Dieses Zentrum ist viel mehr als eine PC-Feuerwehr. Das hat Brinkmann mühelos klar gemacht in seinem Büro mit dem bescheiden wirkenden Computer in der Ecke. ZUR PERSON Prof. Dr.-Ing. André Brinkmann studierte Elektrotechnik an der Universität Paderborn, wo er 2004 promoviert wurde. Bis 2011 war er dort als Juniorprofessor am Institut für Informatik und als Direktor des „Paderborn Centre for Parallel Computing“ tätig, bevor er 2011 an die JGU kam, wo er einerseits das ZDV leitet, andererseits als Professor des Instituts für Informatik forscht und lehrt. Kontakt ZDV: www.zdv.uni-mainz.de CampusTV Mainz Fernsehen von Studierenden für Studierende und alle darüber hinaus Neue Sendungen: Fr 18:30 Uhr im Web-TV Di 19:30 Uhr bei OK:TV Mainz www.campus-tv.uni-mainz.de CampusTV geht in der Vorlesungszeit alle zwei Wochen mit einem neuen Programm auf Sendung. Das Format CampusTV Magazin zeigt bunt gemischte Beiträge rund um Forschung, Studium und Leben auf dem Campus. CampusTV Spezial bietet eine Plattform für Filmproduktionen der Lehrveranstaltungen aller Medienfächer. Gemacht wird CampusTV von den Studierenden des BA-Beifachs Audiovisuelles Publizieren. Zusätzlich arbeiten Studierende aller Fächer der JGU als freie Autoren mit. Themenfindung, Recherche und Produktion erledigen die Studierenden eigenständig im Team. Unterstützt werden sie dabei durch das Medienzentrum der JGU sowie durch Lehrbeauftragte aus der journalistischen Praxis.
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