FH- Nachwuchsprofessur - HS-OWL

FH- Nachwuchsprofessur
Einführung
Das deutsche Wissenschaftssystem hat sich in den vergangenen Jahren aufgrund von
gesellschaftlichen Prozessen (Globalisierung, Ökonomisierung), rechtlicher und politischer
Rahmenbedingungen (Wissenschaftszeitgesetz, Bologna Prozess) signifikant verändert. So
stehen Hochschulen zunehmend im Wettbewerb um Drittmittel, Forschung, Personal und
sogar Studierende miteinander. Dieser Wettbewerb hat es gleichzeitig Fachhochschulen
durch ihre inhaltliche Nähe zu potentiellen Drittmittelgebern ermöglicht neben der Lehre,
Forschung auf hohem Niveau zu betreiben. Dadurch wird jedoch ein bereits bekanntes,
fachhochschulspezifisches Problem akut: Während Fachhochschulen inzwischen
wissenschaftliche Abschlüsse vergeben und an kooperativen Promotionen beteiligt sind,
bilden sie bis dato keinen eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs aus und sind somit
komplett auf die Rekrutierung des wissenschaftlichen Personals von außen angewiesen.
Traditionell wird der Fachhochschulnachwuchs an Universitäten (Promotion) ausgebildet,
sammelt dann hochschulexterne Berufspraxis und kehrt ggfs. im Rahmen einer Professur an
die Hochschule zurück. Damit verfügen Fachhochschulen nicht nur über keine Möglichkeit
den Nachwuchs aus „eigenen Reihen“ zu rekrutieren, sondern haben einen erheblichen
Wettbewerbsnachteil durch den weitreichenden Verlust an potentiellen Nachwuchskräften an
Universitäten und hochschulexterne Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Die Zunahme an
kooperativen Promotionen trägt diesem Umstand Rechnung, hinterlässt jedoch weiterhin
eine Lücke in der „Postdoc – Phase“.
Die FH-Nachwuchsprofessur zielt darauf ab diese Lücke zu schließen. Sie soll somit, analog
zur universitären „Juniorprofessur“, qualifizierten Postdocs die Möglichkeit bieten, die für
eine Tätigkeit als Fachhochschulprofessorin/Fachhochschulprofessor notwendigen
Qualifikationsvoraussetzungen im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 5 Hochschulgesetz NRW
(Berufspraxis) im Rahmen einer dreijährigen berufspraktischen Tätigkeit an der Hochschule
(LfbA 1: 50%) und außerhalb (50%) zu erwerben um dann bereits nach drei Jahren in eine
Zeitprofessur überführt zu werden.
FH Nachwuchsprofessur – Übersicht
Die Maßnahme ist als zweistufiges „Drei–Plus-Fünf Modell“ konzipiert. Dabei hat die bisherige
Praxis der Nachwuchsqualifizierung und Rekrutierung an Fachhochschulen, die ein
Ausscheiden des Nachwuchstalentes aus dem Wissenschaftsbetrieb voraussetzt, bevor eine
Berufung erfolgen kann, a.) wenig Planungssicherheit im Hinblick auf eine
Wissenschaftskarriere
und b.) einen weitreichenden Verlust von potentiellen
Nachwuchskräften für den Wissenschaftsbetrieb an externe Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen
zur Folge. Damit haben Fachhochschulen erheblichen Wettbewerbsnachteil in der Kategorie
wissenschaftliches Personal gegenüber Universitäten und externen Arbeitgebern. Im
Unterschied dazu ermöglicht die FH Nachwuchsprofessur (a) Planungssicherung durch eine
frühzeitige Berufung direkt im Anschluss an die Promotion und (b) eine Bindung der
Nachwuchstalente an den Hochschul – und Wissenschaftsbetrieb. Während Fachhochschulen
demnach traditionell komplett auf externe Kandidatinnen und Kandidaten für die
Nachwuchsrekrutierung zurückgreifen mussten, ermöglicht das Modell der FH
Nachwuchsprofessur eine nachhaltige Qualifizierung und Rekrutierung des eigenen
Nachwuchses.
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Lehrkraft für besondere Aufgaben
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Phase 1 – Qualifizierungsphase (3 Jahre)
Die dreijährige Qualifizierungsphase dient dem Erwerb der nach von § 36 Abs. 1
Hochschulgesetz NRW notwendigen Einstellungsvoraussetzungen für eine Professur,
insbesondere der berufspraktischen Komponenten (Abs. 5). In einem ordentlichen
Berufungsverfahren mit externen Gutachtern in der Berufungskommission wird bereits vor
der Einstellung als LfbA die Berufungsentscheidung getroffen, also zu einem ähnlich frühen
Zeitpunkt wie bei einer Juniorprofessur. Ein verbindlicher Qualifizierungsplan für Phase 1
wird festgelegt. Während dieser Phase arbeitet die Nachwuchskraft für die Dauer von drei
Jahren zunächst als Lehrkraft für besondere Aufgaben (LfbA) im Rahmen einer
Teilzeitbeschäftigung (50 %) nach EG 13 TV-L. Parallel dazu wird im Rahmen eines
Beschäftigungsverhältnisses (50 %) in einer hochschulexternen, einschlägigen Einrichtung,
z.B. einem Unternehmen oder einem der Fraunhofer Anwendungszentrum, die fehlende
außerhochschulische
Berufserfahrung
erworben.
Dabei
übernimmt
die
Nachwuchswissenschaftlerin / der Nachwuchswissenschaftler während ihrer Tätigkeit an der
Hochschule wissenschaftliche Dienstleistungen, so dass eine Reduktion der Lehrtätigkeit auf
fünf Semesterwochenstunden erfolgt.
Phase 2: W2 – Zeitprofessur (bis zu 5 Jahren)
Mit dem Abschluss der Qualifizierungsphase erfüllt das Nachwuchstalent alle nach § 36 Abs.
1 Hochschulgesetz NRW notwendigen Voraussetzungen für eine Professur. Damit gilt die zu
Beginn der Qualifizierungsphase getroffene Qualifizierungsvereinbarung, nach einer
Überprüfung durch externe Gutachter/Gutachterinnen und einer Lehrevaluation, als erfüllt
und das Dienstverhältnis wird in eine W2-Professur auf Zeit überführt.
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Einbindung
Die FH Nachwuchsprofessur wird von Beginn an in die Strukturen Infrastrukturen des
entsprechenden Fachbereichs sowie der Hochschule eingebunden. Dazu zählen der Zugang
zu den Laboren und Einrichtungen der Hochschule, ein Grundbudget und als Fachbereichsund Hochschulmitglied wird die Einbindung in interne Gremien gewährleistet. Die
Hochschule vermittelt und unterstützt beim Ausbau des beruflichen Netzwerks und fördert
die berufliche Weiterbildung durch interne und externe Maßnahmen. Ferner wird jeder FH
Nachwuchsprofessur eine bereits etablierte Kollegin/ etablierter Kollege als ‚Mentorin‘ oder
‚Mentor‘ zur Seite gestellt. Die/Der FH Nachwuchsprofessorin/ FH Nachwuchsprofessor
kann entweder einen eigenen kooperierenden externen Partner/Partnerin in die Maßnahmen
einbinden oder die Hochschule vermittelt einen externen Arbeitgeber/Arbeitgeberin für die
Dauer der Phase 1.
Der „akademische Mittelbau“ an Fachhochschulen
Während Fachhochschulen traditionell über keinen „akademischen Mittelbau“ verfügen,
entsteht durch den Ausbau von Forschungsaktivitäten sowie durch die Angleichung der
akademischen Abschlüsse in Folge der Einführung des Bachelor/Mastersystems eine Lücke,
die gefüllt werden muss. Um die Konkurrenzfähigkeit der Forschung an Fachhochschulen zu
gewährleisten und die Qualität der vergebenen wissenschaftlichen Abschlüsse halten und
ausbauen zu können, bedarf des nicht nur des Ausbaus der wissenschaftlichen
Stellenvolumens im Bereich Mittelbau, sondern die Bindung dieser Stellen an
wissenschaftliche Qualifizierungsmaßnahmen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben für
eine mögliche spätere Berufung zur Fachhochschulprofessur. Die FH-Nachwuchsprofessur
zielt darauf ab, diese Lücke ein weiteres Stück zu schließen. Dennoch bedarf es weiterer
Maßnahmen, damit das System Fachhochschule erfolgreich funktionieren kann.
a.) Einführung
und
Förderung
von
strukturierten
Graduiertenprogrammen für kooperative Promotionen:
und
teilstruktierten
Während der klassische „Laboringenieur“ an Fachhochschulen weitgehend durch einen
„wissenschaftlichen Mitarbeitenden“ ersetzt wird, ist die Weiterqualifizierung mit der
Zielsetzung des Erwerbs der Qualifikationsvoraussetzungen einer Professur für diese
Personengruppe bisher nicht geregelt. Zwar promovieren einige dieser Mitarbeitenden im
Rahmen von kooperativen Promotionsverfahren, dennoch bedarf es des Ausbaus eines
transparenten
und
strukturierten
Systems
auf
der
Basis
von
Qualitätssicherungsmechanismen um den Qualifikationsbaustein „Promotion“ zu
ermöglichen und konkurrenzfähig zu machen. Der Aufbau von strukturierten und
teilstrukturierten Promotionsprogrammen durch den Aufbau von Graduiertenzentren an
Fachhochschulen kann die Möglichkeit bieten, a.) die an Fachhochschulen durchgeführte
Forschung an transparente Qualitätskriterien zu binden und b.) einen höheren
Bewerberpool
an
möglichen
zukünftigen
Fachhochschulprofessoren
und
Fachhochschulprofessorinnen aufzubauen.
b.) Fachhochschulspezifische Postdocphase
Daneben bedarf es die Einführung von Programmen mit der Zielsetzung des Erwerbs der
fachhochschulspezifischen Qualifikationsvoraussetzung „Berufspraxis“ für die erfolgreiche
Berufung zur Professur im Anschluss an die Promotionsphase. Die „FH
Nachwuchsprofessur“ stellt ein solches Programm dar und zielt auf die besonders
exzellenten Nachwuchskräfte ab. Ferner sollten Überlegungen angestellt werden, wie
eine fachhochschulspezifische Postdocphase mit dem Erwerb von „Berufspraxis“, analog
zum universitären Weg der Habilitation ausgestaltet werden kann.
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