Das Böse beginnt im Gehirn_22_Juni_2015

Hirnforschung mit Straftätern
Das Böse beginnt im Gehirn
Verbrecherhirne haben mit Managerhirnen oft erstaunlich viel gemeinsam. Solche Psychopathen
sind auch behandelbar. Es kommt nur darauf an, die Formbarkeit des Geistes zu verstehen.
22.06.2015, von NIELS BIRBAUMER
© LAIF Ein Häftling in der Todeszelle in einem texanischen Gefängnis
Wer glaubt, Gewalt, Mord und Totschlag neurobiologisch besser erklären zu können, als dies
Geisteswissenschaften, Philosophie, Sozialwissenschaften und Psychologie und der „Common
Sense“ über Jahrhunderte versuchten, irrt. Hirnforschung und Kriminologie benötigen sich
gegenseitig. Ich komme darauf zurück.
Wer glaubt, Gewalt, Schuld und Reue seien ausschließlich vom Hirn determiniert und
Willensfreiheit sei daher eine Illusion, irrt. Ich komme auch darauf zurück.
Wer glaubt, wie mir oft unterstellt wird und ich manchmal selbst zu glauben genötigt werde, dass
meine eigene pubertäre Kriminalität das Interesse an unserem Thema motiviert hat, irrt. Ich komme
darauf nicht zurück.
Ursachen aufdecken
Neurobiologische Ursachenforschung zu den immerwährenden Gewaltorgien des
Menschengeschlechts (vor allem der Männer) stellt keine grundsätzlich neuen, aber doch Ursachen
aufdeckende Beiträge zu den bisherigen Bemühungen um Aufklärung zur Verfügung. Sie fügen
einige wichtige Determinanten zu den bekannten sozialen und genetischen Faktoren hinzu.
Gewalt erleiden, Opfer zu sein, ist offensichtlich emotional und physiologisch
belastend, oft lebenslang traumatisierend, aber häufig nicht gut dokumentierbar, weil durch Tod
oder schwere Pathologie (beispielsweise Hirnschaden) der Opfer verunmöglicht. Wohl aber die
Hirnzustände und Psychologie des Täters, der Täterin, die ja in der Regel überleben. Allerdings sind
wissenschaftliche Daten nur nach, selten oder nie während der Tat verfügbar. Eine Ausnahme sind
gestellte sozialpsychologische Experimente wie das von Stanley Milgram aus den sechziger Jahren,
aber auch in diesen wegweisenden Untersuchungen wurden die Opfer nicht systematisch beobachtet,
weil sie eingeweihte Mitarbeiter des Experimentators waren.
Das Milgram-Experiment
Wir haben das Milgram-Experiment in einem Kernspinresonanzscanner nachgestellt und die „Opfer“ und
„Täter“ untersucht. Zur Erinnerung: Stanley Milgram erlaubte seinen Versuchspersonen, eine unbekannte
Person, die nur durch eine Glasscheibe beobachtbar war, für fehlerhafte Antworten in verschiedenen
Denkaufgaben mit zunehmend schmerzhaften und schließlich tödlichen Elektroschocks zu bestrafen. Wenn
die Versuchspersonen zögerten, sagte der Versuchsleiter nur: „Machen Sie weiter.“ 60 bis 70 Prozent der
Versuchspersonen in allen Nationen, in denen dieses Experiment wiederholt wurde, von Harvard (Stanley
Milgrams Heimatuniversität) über Deutschland bis Indien, töten die Personen für ihre vermeintlichen Fehler,
angeregt durch die relativ wenig Druck ausübende Autorität eines Versuchsleiters, der zum „Weitermachen“
auffordert. Alles gesunde, unauffällige Bürger. Männliche und weibliche Versuchsteilnehmer gleich, keine
Persönlichkeitsunterschiede zwischen Verweigerern und „Tätern“, keine Intelligenzunterschiede, keine
psychologischen Störungen bei den Tätern. Kein psychologisches Experiment zur Gewalt, immer wieder mit
identischen Resultaten wiederholt, war je aufschlussreicher als dieses.
Das Milgram-Experiment wirft ungeheure Fragen auf und stellt viele der Binsenweisheiten über
Gewalt in Frage. Zunächst Mann und Frau: Physische Gewalt und Kriminalität scheinen
Männersache, Sache junger Männer vor allem mit hohem Androgenspiegel. Männliche
Sexualhormone werden in deutlich geringerer Menge in das Gehirn von Frauen transportiert, im
männlichen Gehirn aber führen sie zu anatomisch und neurochemisch unterscheidbaren
Reorganisationen der für aggressives Verhalten verantwortlichen Hirnregionen. Ist es also der
(junge) heterosexuelle Mann nach der Pubertät mit hohem Androgenspiegel, von dem primär
Gewalt ausgeht? Milgram fand keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Beide töten gleich
und aus den gleichen Motiven: Unterwürfigkeit, Autoritätsglaube, Gehorsom. Fakt ist, dass vor
allem psychopathische Männer bevorzugt Frauen töten, eine überdurchschnittlich hohe Zahl von
diesen Männern wurde von ihren Müttern vernachlässigt oder erlitt bereits vor und bei der Geburt
Hirnschäden, welche mit physischer und psychischer Vernachlässigung des Fötus und Kleinkindes
einhergingen.
Ein kulturelles Phänomen?
Lassen Sie mich den trostlosen Geschlechterkampf verlassen und zur Realität unseres Experiments
zurückkehren. Könnte die „Überlegenheit“ der jungen Männer als Verbrecher und Täter ein
kulturelles Phänomen sein? Wir haben das Privileg des Mordens aus der Tradition überlegener
Muskelkraft über Jahrtausende dem jungen Mann überlassen. Muss es dabei bleiben? Jene Gehirne,
die nach dem Experiment Schuldgefühle und Gewissensbisse angaben, und jene Gehirne, die
äußerten, doch nur der Aufforderung des Versuchsleiters gefolgt zu sein, weiter das Opfer intensiv
zu bestrafen, unterschieden sich in ihren Aktivitäten deutlich. Schuld und Reue aktivierte eine
Hirnregion im sogenannten medialen Präfrontalkortex (mPFC). Genau diese Region ist bei
psychopathischen Gewalttätern nicht aktiviert oder bei oder kurz nach der Geburt geschädigt. Jene
Gewalttäter, welche eine diagnostizierbare Schädigung des mPFC erlitten hatten, wurden auch dann
gewalttätig, wenn sie keine Vernachlässigung in der Jugend erlebt hatten, aus „guten“ Familien
kamen. In diesem Fall triumphiert das Gehirn über die sozialen Umstände.
Die psychologische Untersuchung der „Reuigen“ gegenüber den Tätern und Täterinnen ergab einen
weiteren interessanten Unterschied. Die Schamlosen - mit geringer präfrontaler Aktivierung - waren
psychopathischer. Was bedeutet Psychopathie, und wie kann man sie messen, und was hat dies mit
Gewalt zu tun?
Der Begriff „Psychopathie“ ist belastet, weil er früher als allgemeiner Sammelbegriff für alle Arten von
Verhaltensstörungen verwendet wurde. In den Verhaltens- und Neurowissenschaften handelt es sich dabei
um ein relativ eindeutiges und definiertes Profil von Verhaltensweisen und Hirnreaktionen, in dessen
Zentrum das Fehlen emotionaler antizipatorischer Angst steht: Unsere Ergebnisse dazu gehören heute zu
den „Klassikern“ der Neurobiologie der Psychopathie. Untersucht wurden Schwerverbrecher. Es handelte
sich aber nicht um „gewöhnliche“ Schwerverbrecher, sondern um Männer, die laut einem verlässlichen
psychologischen Messinstrument sehr hohe Werte für Psychopathie aufwiesen. Dies bedeutet: keinerlei
emotionale Angst, also kein Angstgefühl vor den negativen Konsequenzen des eigenen Handelns, trotz
vollständig klarer kognitiv-gedanklicher Einsicht in die Folgen für die Person selbst und die Opfer; häufige
Rückfälle in dieselben rücksichtslosen oder kriminellen Verhaltensmuster; lernen nur schlecht aus negativen
emotionalen Erfahrungen; sind daher oft draufgängerisch, werden oft als kaltblütig oder im positiven Sinn
als „mutig“ erlebt; ertragen Langeweile und Eintönigkeit schlecht, sind daher häufig auf der Suche nach
exzessiver Reizung und „sensationellen“ Erlebnissen. Robert Musil hat im „Mann ohne Eigenschaften“ den
Prostituiertenmörder Moosbrugger in unnachahmlicher Präzision beschrieben und auch bei ihm als
zentralen Defekt die Emotionslosigkeit bei „sonst klarem Verstand“ identifiziert.
Erfolgreiche Führungskräfte
Am erfolglosen Ende der Psychopathieskalen stehen Gefängnisinsassen, am erfolgreichen Ende erfolgreiche
Führungskräfte mit exakt denselben Eigenschaften. Ob jemand bei derselben Ausprägung an Psychopathie
zum Verbrecher oder zur erfolgreichen Führungskraft wird, entscheiden Elternhaus, frühe Erfahrung und
Ernährung, Intelligenz, ökonomische Ausstattung des Elternhauses, Ausmaß extremer
Einkommensunterschiede und Schulbildung und je entspannter (gemessen an der Herzfrequenz in Ruhe) ein
Psychopath ist. Aber je besser sein autonomes System, zum Beispiel das Herz, aktivierbar ist, umso eher
wird er erfolgreich. Frauen sind genauso häufig psychopathisch, sind aber - wie oben schon ausgeführt deutlich seltener kriminell und physisch gewalttätig.
In Gefängnissen mit Schwerverbrechern schwankt ihr Prozentsatz zwischen 25 und 50 Prozent der Insassen,
wobei besonders oft rückfällige und besonders gewalttätige Täter in vielen Fällen einen hohen
Psychopathiewert aufweisen. Weitere Risikofaktoren für erfolglose Psychopathen sind: Geburtstrauma,
keine Belohnung und Zuwendung für aggressionsloses Verhalten in der Entwicklung, armes Elternhaus mit
junger, alleinerziehender Mutter, Fehl- oder Unterernährung, chaotische Erziehung, sexueller und
physischer Missbrauch als Kind und Jugendlicher, keine Vorbilder für Selbstkontrolle, geringe Intelligenz,
schlechte Schulbildung, Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung, exzessive Benutzung aggressiver Spiele
und Videos, Sensationssucht und Langeweile, Alkohol- und Drogenmissbrauch.
Schwache Schutzreflexe
Die Entstehungsursachen für Psychopathie und Verbrechen sind vielfältig, ein circa 50-prozentiger
genetischer Anteil existiert wie bei allen relativ stabilen Verhaltensmerkmalen, aber viele der betroffenen
Gene und ihre Metaboliten sind unbekannt. Risikofaktoren und protektive Faktoren für aggressiv kriminelles
Verhalten sind aber bekannt und gelten wohl auch zum großen Teil für das erfolgreiche Ende der Skala.
Bei Psychopathen springen Schutzreflexe schwach an, so als wäre „alles in Ordnung“. Ihr vegetatives System
ist besonders ausgeglichen, die aktivierenden Schwankungen der Schweißdrüsen unter Belastung und auch
in Ruhe sind deutlich geringer. Die Körpersignale von Angst und Stress treten weniger auf und/oder
gelangen nicht ins Gehirn oder/und werden dort nicht als „emotionale“ Zeichen verarbeitet. Bei
erfolgreichen Psychopathen gelangen die körperlichen Signale bei Stress ins Gehirn und warnen sie vor
Gefahren.
Wir kommen wieder auf unseren Ausgangspunkt zurück, das Milgram-Experiment: Wir töten und foltern
fast alle, wenn es von der Autorität befohlen und in einem scheinbar alltäglichen, aber kriminellen Kontext
wie dem Nationalsozialismus erfolgt. Dabei empfindet die psychopathische Minderheit von etwa fünf
Prozent der Bevölkerung weder Angst noch Reue, noch Scham und zeichnet sich wohl durch besondere
Kontinuität von abstoßender Gewalt und häufig auch Freude daran aus. Im Kontext eines demokratischen
Umfeldes wie des europäischen zur Zeit fallen der soziale Druck und Gehorsam meist weg, und
Psychopathen dominieren die negativen sozialen Extreme, sowohl die Erfolglosen mit kriminellem Verhalten
wie die Erfolgreichen, etwa in der Banken- und Börsenkrise der letzten Jahre, mit völliger Missachtung der
katastrophalen wirtschaftlichen Konsequenzen, fokussiert auf den nahen Gewinn - wie dies für
Psychopathie charakteristisch ist.
Lebenslang stabile Eigenschaften
Eigenschaften wie Psychopathie, aber auch solche wie Impulsivität und instrumentelle Aggression bei
schweren Straftätern und die damit verbundenen rücksichtslosen Verhaltensweisen gelten als lebenslang
stabil, sie sind bereits vor der Pubertät vorhanden und messbar, weisen einen beträchtlichen genetischen
Anteil auf und gehen oft mit Schäden des Frontalhirns und der limbischen Furchtareale einher und erfüllen
damit die Erwartung der Mehrheit, dass sie unveränderbar seien. Dies scheint auch die Neurobiologie zu
bestätigen.
Misstrauisch gegenüber Unveränderbarkeit und Stabilität machte uns allerdings die Tatsache, dass die von
uns identifizierten verantwortlichen Hirnregionen zur Steuerung der Angsterwartung und Angstantizipation
zu den am besten untersuchten und besonders neuroplastischen Hirnregionen gehören, die eng mit Lernund Gedächtnisprozessen verbunden sind. Die Zellgebiete der Amygdala und des eng damit verbundenen
Hippokampus gehören zu den wichtigsten „Lernmaschinen“ unseres Gehirns. Die vordere Inselregion, ihre
Verbindungen, müssen bei jedem neuen negativen Gefühlszustand, mit jeder neuen Konfrontation und
Lernen der Wahrnehmung der körperlichen Veränderungen, vor allem bei Angst, aktiv sein - sonst
empfinden wir Angst bewusst nicht. Wahrnehmung körperlicher Veränderungen ist durch Lernen
modifizierbar und steuert auch ohne Mitwirkung des Bewusstseins unbewusst unser emotionales Verhalten.
Wie kann also das Gehirn des Psychopathen unbeeindruckbar sein? Angst wird äußerst leicht und schnell
erlernt, und die erfolgreichen Konfrontations-Verhaltenstherapien demonstrieren, wie leicht sie wieder
verlernt werden kann.
Die deutlich verringerten Rückfallquoten und die in allen demokratischen Ländern mit „humanem“
Strafvollzug (nicht etwa die Vereinigten Staaten) sinkende Schwerstkriminalität korreliert mit der
Wirksamkeit von Lern-, Trainings- und Rehabilitationsmaßnahmen im Strafvollzug. Leider gilt dies
nicht für die erfolgreichen Psychopathen in Freiheit im Zentrum der Gesellschaft, die ja in der Regel
für ihr Verhalten kontinuierlich materiell und sozial belohnt werden.
Ohne Änderung der Hirnaktivitäten im Furchtsystem in jenen sozialen Situationen, die eine
angepasste Sozialisation und Vermeidungsverhalten steuern („tu das nicht, sonst ...“), können
psychopathisches Verhalten und Gewalt und Rücksichtslosigkeit nicht dauerhaft beeinflusst werden.
Bisherige Versuche, dies durch Psychopharmaka oder Hirnstimulation oder klassische
Psychotherapie zu erreichen, schlugen weitgehend fehl. Wohl aber zeigten Präventionsstudien, etwa
auf der Insel Mauritius, dass die frühzeitige Auswahl (hier im 3. Lebensjahr) der Risikogruppe mit
niedriger Hautleitfähigkeit und Herzrate und intensiver sozialer Betreuung und Omega-3-reicher
(Fisch) Ernährung die Kriminalitätsrate und auch die Auftrittswahrscheinlichkeit schwerer geistiger
Erkrankungen (zum Beispiel Schizophrenie) dramatisch reduziert.
Dauerhafte Veränderung?
Wie lässt sich nachweisen, dass die beteiligten kritischen Hirnregionen durch Lernen dauerhaft
verändert werden können? Dies war die Frage, die wir uns gemeinsam mit dem Strafvollzug stellten.
Die Versuche, auch erfolgreiche Psychopathen zu untersuchen, funktionieren fast nie. Der
„Leidensdruck“ (durch den Freiheitsentzug) fehlt, und die Absicht der Forscher wird durchschaut.
Auch hohe Geldsummen können erfolgreiche Psychopathen nicht zur Mitarbeit bewegen. Sie haben
in der Regel genug davon.
In mehreren therapeutischen Untersuchungen unseres Instituts trainierten Schwerstverbrecher in
Hochsicherheitsgefängnissen jene Hirnregionen, welche für Selbstregulation und
Aggressionssteuerung und Angstentstehung verantwortlich sind, zu verstärken, und/oder jene
Regionen, die instrumentelle Aggression vermitteln, zu unterdrücken. Dazu wurde Neurofeedback
der Hirndurchblutung und Neurofeedback sogenannter frontaler langsamer Hirnpotentiale
eingesetzt. Die Kriminellen beobachten dabei auf einem Bildschirm ihre eigene Hirnaktivität aus
jenen gestörten Hirnregionen in Form beispielsweise eines stärker oder schwächer leuchtenden
Thermometers, und sie haben die Aufgabe, dieses Rückmeldesignal aus ihrem Gehirn zu verstärken
oder abzuschwächen. Sie erhalten keinerlei Hilfe, welche mentalen oder sonstigen Strategien sie für
die Kontrolle des Signals einsetzen, da jede Person eine eigene, individuelle Strategie der
Selbstkontrolle entwickelt und vom Computer für die „richtige“ Hirnveränderung unmittelbar
belohnt wird. Alle, auch die schwersten Fälle, erlernten die Hirnkontrolle im Laufe von 10 bis 25
Stunden Training, und je nach Lernerfolg änderte sich ihr Verhalten: Die Ängstlichkeit stieg an wie
beabsichtigt, die kognitiv-mentale Selbstkontrolle der Aggressivität sank.
Ob dies für die Konfrontation mit der Freiheit und ihren „Versuchungen“ nach Ende der Strafe
ausreicht, muss geprüft und kann nicht allein aufgrund dieses Ergebnisses im Gefängnis entschieden
werden. Diese Hirn-Trainingsergebnisse bestätigen aber klar die neuroplastische Veränderbarkeit
der Hirnveränderungen von psychopathischen Schwerverbrechern. Wir gehen davon aus, dass die
gelernte Veränderung der Hirnaktivierungen durch Neurofeedback, in Kombination mit intensivem
Antiaggressionstraining, zu einer deutlichen Reduktion der Rückfallgefahr und der Straftaten
beiträgt. Erfolgversprechend sind vor allem auch präventive Maßnahmen wie frühe soziale
Betreuung und prosoziales Training, ausgeglichene Ernährung, Entfernung aus chaotisch
psychopathischem Milieu, aber auch frühe genetische Risikoidentifikation und anschließende
Therapie.
FAZ.NET-Stream Hirnforschung
Das so genannte Böse
Handeln Verbrecher aus freiem Willen? Fragen Sie nicht die Hirnforschung, meint der Tübinger
Neurowissenschaftler Niels Birbaumer. In der Frankfurter Vortragsreihe „Hirnforschung, was
kannst du?“ erklärt der Psychologe, wie dennoch Hirnvorgänge zu Aggressionen führen.
17.06.2015
Prof. Dr. Niels Birbaumer ist nach seinem Studium der Psychologie, Statistik und Physiologie in Wien
und abschließender Promotion und Habilitation in Physiologie, an die Universität Tübingen berufen worden
Von 1975 an war er in Tübingen zuerst Professor in der Abteilung für Klinische und Physiologische
Psychologie, von 1993-2013 als Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und
Verhaltensneurobiologie, seit 2013 ist er weiterhin am gleichen Institut als Seniorprofessor tätig. Prof.
Birbaumer ist Autor von mehr als 600 Veröffentlichungen, Mitglied der Deutschen Nationalakademie
Leopoldina und erhielt zahlreiche Ehrendoktorwürden, u.a. von der Universität Jena, Madrid und Salzburg.
2014 wurde ihm der Eva-Luise-Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen verliehen.
Niels Birbaumer untersucht die neurobiologischen Grundlagen von Lernen und Verhaltensmodifikation bei
gesunden und neurologisch kranken Menschen. Die Anwendung der neuronalen Prinzipien von Lernen auf
die Rehabilitation von medizinisch schwer zu behandelnden und chronischen Erkrankungen führte zur
Entwicklung neuer Behandlungsmaßnahmen für Epilepsien, Schlaganfall, Chronische Schmerzen,
Amyotrophe Lateralsklerose und Hirnschädigungen sowie Aufmerksamkeitsstörungen und Ängste.
Professor Birbaumers Vortrag im Campus Westend der Frankfurter Goethe-Universität wurde in
Kooperation mit dem Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtstheorie
des Fachbereichs Rechtswissenschaft veranstaltet.