Die Vier-Säfte Lehre nach Schilling

Die VierVier-Säftelehre
Zusammengefasst und aus dem Griechischen Übersetzt von Greta Schilling
Dies ist eine Zusammenfassung aller erreichbarer Texte und Schriften von
Gelehrten aus vorrangegangenen Zeiten. Vor hunderten von Jahren lebten Heiler,
welche Beobachtungen und Erkenntnisse niederschrieben die selbst heute noch von
Bedeutung sind. Diese Schriften sind jedoch schwer zugänglich und wurden in
verschiedenen Sprachen verfasst, was das Studium der Säftelehre wesentlich
erschwert. Wegen diesen Gründen soll diese Arbeit offen zugänglich sein für alle
Studierenden der Medizin.
Die Vier Säfte (humores)
Im Wesentlichen besteht jeder Körper aus vier verschiedenen Säften.
Blut(Sanguis), Schleim(Flegma), der gelben Galle(Cholera) und der schwarzen
Galle(Melancholia). Sind diese Säfte im Gleichgewicht (Dyskrasie) so sind Körper
und Geist gesund. Sollte der Körper Merkmale einer Krankheit anzeigen, so wurde
dies nicht durch übernatürliche Ursachen hervorgerufen. Diese Symptome
bekunden lediglich das Bestreben des Körpers, kranke Säfte unschädlich zu
machen und auszustoßen.
Wenn ein Mensch krank wird, so muss der Heiler die natürliche Heilkraft des
Körpers anregen. Die Säfte müssen wieder zu ihrem Gleichgewicht kommen. Da es
keinen Zustand zwischen Gesund und Krank gibt, ist die Aufgabe des Heilers die
Möglichkeit einer Heilung und die Gefährdung der Gesundheit zu erkennen. Die
Erkenntnis von Erhaltung und Wiedergewinnung der Gesundheit basiert auf der
Lehre der vier Säfte. Daher muss ein Heiler alle Eigenschaften der Säfte kennen
um Krankheiten bestimmen zu können und vor allem um diese auch behandeln
zu können.
Jeder Saft ist einem Element zugeteilt. Rotes Blut zu Luft, Gelbe Galle zu Feuer,
Schwarze Galle zu Erde und Weißer Schleim zu Wasser.
Die Elemente sind die Grundbausteine des Menschlichen Körpers. Man
unterscheidet zwischen leichten und schweren Elementen. Leichte Elemente sind
Feuer und Luft. Sie unterstützen die Entstehung und Bewegung der Lebensgeister.
Schwere Elemente sind Erde und Wasser. Sie unterstützen die Ruhe und
Gelassenheit des Körpers.
Das süße Blut wird durch die „Kochung“ des Speisebreis in der Leber gebildet und
dient als Ernährung für den Körper. Das Blut beherrscht das Organ Herz. Die bittre
Gelbgalle beherrscht die Leber, die saure oder scharfe Schwarze Galle die Milz und
der salzige Schleim das Gehirn. Bei Krankheiten geht es um die Harmonie bzw.
Störung von Gegensatzpaaren wie warm/kalt, feucht/trocken und süß/sauer.
Weitere Gegensatzpaare sind weiblich/männlich, rechts/links, gerade/ungerade,
ruhig/bewegt und hell/dunkel.
Die Gegensatzpaare warm/kalt – auch
thermische Achse genannt - und
feucht/trocken – hygrische Achse - haben
eine besondere Bedeutung und werden auch
oft als Primär Qualitäten bezeichnet. Diese
treten immer paarweise auf, nie allein. Das
Blut ist warm und feucht, der Schleim ist
kalt und feucht, die Gelbe Galle ist heiß und
trocken und die Schwarze Galle ist kalt und
trocken. Diese Beziehungen werden oft durch zwei gekreuzte Vierecke dargestellt.
Diese Darstellung ist erweiterbar durch Jahreszeiten, Lebensalter und
Temperament.
Es gibt die Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter und die
dazugehörigen Lebensalter Kindheit, Jugend, Mannesalter und Greistum.
Dabei versteht man unter Kindheit das Lebensalter bis zum 15 Lenzen. Die Jugend
beginnt mit dem 15 und endet mit dem 40. Lebensjahr. Mit 60 Lenzen beendet man
das Mannesalter und beginnt das Greistum.
Die Temperamente sind Heiter
(Sanguis), Schwerfällig
(Phelgma), Reizbar (Cholera)
und Traurig (Melancholia). Je
nach dem welches Element
dominiert ändert sich das
Temperament des Kranken.
Zudem besteht ein
Zusammenhang
zwischenKörperbau und
Charakter.
Jeder Körpersaft kann eine andere Art von Fieber ausbrechen lassen. Bei Blut
kann kontinuierliches Fieber, bei Gelber Galle Tertiana, bei Schwarzer Galle
Quartana und bei Schleim Quotidiana entstehen.
Tertiana bricht in drei Schüben aus. Zuerst klagt der Kranke mehrere Tage über eine
Erkältung. Ein Fieberrhythmus mit seltsamen Fieberschüben taucht auf.
Der erste Schub ist Frost. Er zeichnet sich durch starken Schüttelfrost aus. Zudem steigt
die Körpertemperatur rasant an.
Der zweite Schub ist die Hitze. Der Kranke klagt über Hitze, Übelkeit, Erbrachen und
Magen-Darm-Grippe.
Im dritten Schub endet das Fieber mit Scheißphasen, welche die Temperatur sinken lässt.
Das Fieber Quartana hat die gleichen Anzeichen wie Tertiana, wiederholt sich jedoch alle
3-4 Tage. Dieses Fieber verursacht Erkrankungen an der Niere. Es können Ödeme in der
Bauchhöhle und der Niere entstehen.
Quotidiana zeichnet sich durch tägliche Fieberschübe aus.
Der Gelben Galle ist dem männliche Geschlecht zugeteilt und dem Schleim das
weibliche sowie Säuglinge. Säuglinge und Frauen gelten im allgemeinen als kalt
und feucht und daher sind es Phlegmatiker. Die Tageszeiten Morgen, Mittag,
Abend und Nacht sind den Säften so zugeteilt wie das Lebensalter. Blut ist der
Morgen, Gelbgalle der Mittag, Schwarzgalle der Abend und der Schleim der Abend.
In mach älteren Schriften wurde auch Sternzeichen und Töne erwähnt. Genauere
Aufzeichnungen bestehen hierzu jedoch nicht mehr.
Ursachen von Krankheiten
Da ein Heiler den Menschlichen Körper zur Gesundheit führen soll, muss er über die
Ursachen von Gesundheit und Krankheit Bescheid wissen. Von diesen Ursachen
gibt es vier Arten: stoffliche, bewirkende, formgebende und zweckdienliche.
Mit den stofflichen Ursachen (causae materiales) sind zunächst die Glieder des
Körpers, dann die Körpersäfte und schließlich, als sehr entfernte Ursachen, die
Elemente selbst gemeint. Zu den Körpergliedern zählt auch der
Lebensgeist(spiritus), der auch manchmal als Körpersaft gesehen wird. Lebensgeist
meint nicht die Seele des Kranken, sondern eine Kraft die noch zur Natur, den
materiellen Dingen gehört. Die Wirkungskräfte (virtutes) der Lebensgeister
befinden sich in den Nerven und verteilen von dort aus das Leben im Körper.
Bewirkende Ursachen (causae efficientes) verändern oder erhalten den Körper von
außen her. Diese wären Luft, Speise, Trank und Wasser, Entleerung und
Zurückhaltung(der aufgenommenen Speise), Länder(geographische
Bedingungen), Völker und Wohnorte(Klima und Wohnlage), Bewegung und
Ruhe von Körper und Seele, Schlafen und Wachen, Verschiedenheit im Alter und
Geschlecht wie auch Fähigkeiten und Gepflogenheiten und Umstände die auf den
menschlichen Körper hereinbrechen und auf ihn einwirken.
Zu den bewirkenden Ursachen zählen auch sogenannte nicht natürliche, also
durch den Menschen veränderbare Bedingungen für Leben und Gesundheit (sex res
non naturales).
Die formgebenden Ursachen (causae formales) sind die Mischungen der Elemente
und der Körpersäfte
Die vierte Gruppe sind die zweckdienlichen Ursaschen (causae finales) oder
Wirkungstätigkeiten (operationes). Dazu zählen die Wirkungskräfte (virtutes)
sowie die Lebensgeister (spiritus). Die Lebensgeister sind es, die die Wirkungskräfte
auslösen und steuern. In der Ausführung wird aber zwischen spiritus und virtus
nicht konsequent unterschieden.
Harnschau
Von diesen vier Ursachen aus untersucht der Heiler den menschlichen Körper um
zu erfahren, wie es zu der Krankheit kommt und wie er den Körper zur Gesundheit
zurückführen kann.
Die meist verwendete Methode zur Abklärung der Krankheit ist das messen des
Pulses und die Harnschau. Der Harn entsteht aus überflüssiger Feuchtigkeit und
Stoffen die nicht zur Blutbildung geeignet sind. Die Leber ist der Endstehungsort
des Harns, denn die Nieren dienen aufgrund der ihnen Innewohnender
Anziehungskraft nur zur Ausscheidung. Die Sichtbare Veränderung des Urins ist
durch viele Krankheiten möglich, selten aber durch Nierenkrankheiten. Bei der
Harnschau werden fünf gleiche Glasgefäße zu ein Drittel mit Harn gefüllt und
jedes Gefäß mit der entsprechenden Reagenz gefüllt.
Diese Reagenzien sind Wasser,
Silbernitrat(Lapis internalis),
Salpetersäure, Quecksilber und
Kupfervitrol.
Nun wird der Urin im „kalten“ Zustand
auf Farbe, Geruch, Geschmack,
Flockung(Contenta), Schaumbildung und
Niederschlag beurteilt. Dann wird der Urin
gekocht und noch einmal beurteilt.
Anhand des Harnrads kann nun die Krankheit bestimmt werden und
entsprechend behandelt werden.
Die Konsistenz des Harns kann von dünn über mittelmäßig bis zu dickflüssig
gehen. Der Harn kann 20 verschiedene Farben annehmen. Von Kristallklar über
Kamelhaarweiß, Brombeerrot, Fahl grün bis Schwarz.
Brauner Harn weißt auf ein Leberleiden hin. Roter und Schaumiger Harn auf
eine Nierenerkrankung. Der weiße Harn steht für eine Infektion. Blut kann auf
Tumore und ein Süßer Geschmack auf Diabetes mellitus hinweisen.
Behandlung
Wenn man die Krankheit festgestellt hat, an dem der Kranke leidet muss man
diese behandeln. Mittel zur Behandlung sind Ordnung von Speis und Trank,
Wahl von guter Luft, rechtes Maß an Bewegung und Ruhe, Beräucherung,
Arznei und Chirurgie. Zur Chirurgie gehören nicht nur Operationen am Körper,
sondern auch zur Ader lassen und Schröpfköpfe setzen.
Krankheiten müssen mit entgegengesetzten (allopathischen) Arzneimitteln, so
genannten Galenika therapiert werden. Arznei wird in drei Gruppen unterteilt.
Elementar Arznei beheben bzw. besitzen nur eine der vier Qualitäten.
Kombinierte Arznei haben zwei Qualitäten. Das Mittel ist ein
Kombinationspräparat mit Haupt- und Nebenwirkung. Die dritte Gruppe sind
spezifische Arznei. Sie werden für spezielle Fälle benutzt wie Abführ-, Brech- und
Entwässerungsmittel.
Die angewendete Arznei kann vier Wirkungsgrade haben. Sie kann kaum
merklich wirken, mit Sinnen deutlich wahrnehmbar sein, heftig und leicht
schädigend sein oder heftig und zerstörend sein. Bei letzterem sollte man die Arznei
sofort aus dem Körper entfernen. Am einfachsten geschieht dies über spezifische
Arznei.
Behandlung von Entzündungen
Entzündungen treten sehr häufig auf und kommen in den unterschiedlichsten
Formen vor. Um eine Entzündung rechtzeitig zu erkennen gibt es die
Kardinalzeichen der Entzündung.
Diese wären Rötung (rubor), Überwärmung (calor), Schwellung (tumor),
Schmerz (dolor) und Einschränkungen in Funktion und Bewegung (functio).
Um Rötungen zu heilen muss der Heiler die Art der Entzündung erkennen und
dementsprechend behandeln. Auf jeden Fall muss die Rötung desinfiziert werden.
Bei Überwärmung muss der Körper gekühlt werden. Dies kann durch
Wadenwickel und Arznei geschehen. Schwellungen müssen gekühlt werden,
außer der Kranke empfindet es als unangenehm. Schmerzen können behandelt
werden mit Arznei. Kühlung kann unter Umständen auch helfen.
Einschränkungen in Funktion und Bewegung kann zum Beispiel eine
Gelenkentzündung sein. In diesem Falle muss das Gelenk geschient werden und
ruhig gestellt werden. Es muss geschont werden und darf nur langsam wieder an
Belastung herangeführt werden.
Wenn eine Entzündung früh erkannt wird, kann entzündungshemmende Arznei
zur Genesung verwendet werden. Diese Wirkung haben Kamille, Blutwurz,
Lindenblüten und die Ringelblume. Zur Behandlung einer vollen Entzündung
wird Kümmel, Myrrhe und Weihrauch empfohlen.
Sollte sich an einer entzündeten Stelle Eiter bilden muss dieser entfernt werden.
Die Behandlung mit Jod verhindert die Neubildung von Eiter.
Je nach Ausprägung der Entzündung kann es zu folgenden begleitenden
Krankheitszeichen kommen. Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Fieber und
Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen,
Atemnot durch Zuschwellen des Halses, Haut- und Schleimhautentzündungen,
Juckreiz.
Gleichgewicht
Es wurde schon öfter das Gleichgewicht der Säfte erwähnt. Dies Bedeutet, dass der
Körper gesund ist, wenn alle „Eigenschaften“ sich in der Mitte befinden. Die Mitte
ist jedoch nicht mit dem gleichen Abstand gleich zu setzen! Die Mitte ist gefunden,
wenn das richtige Verhältnis der Körpersäfte herrscht. Dieses Verhältnis ist bei
jedem Menschen unterschiedlich und muss nicht den ganzen Körper betreffen,
sondern kann auch nur Körperteile betreffen. Daher ist kein Kranker gleich zu
behandeln. Wahre Ausgeglichenheit ist ein Zustand der vollkommenen
Gesundheit und wird selten erreicht.
Da der Mensch zum Leben Wärme und Feuchtigkeit benötigt, wird der Körper
immer vom absoluten Gleichgewicht abweichen und in Richtung Feuchtigkeit
und Wärme neigen. Der Menschliche Körper passt sich jedoch seiner Heimat an.
Das bedeutet, dass wenn ein Mensch in seiner Heimat gesund ist, es nicht
unvermeidlich bedeutet, dass er in einer anderen Region auch gesund ist. Selbst
wenn sich nichts an seinem restlichen Leben ändern sollte. Wenn zum Beispiel ein
Bewohner von Irland nach Aturien reißt, so wird er sicherlich krank werden. Vor
allem wenn er sich länger dort aufhält. Umgekehrt würde es dem Aturianer nicht
anders geschehen in Irland.
Ergebnis
Das Studium der Körpersäfte muss ernst genommen werden und genauestens
studiert werden. Sonst könnte bei der Behandlung von Kranken schreckliches
passieren. Zudem muss jeder Heiler Körperlich und Seelisch gereinigt sein und
persönliche Integrität besitzen. Im Umgang mit Patienten muss der Heiler
Vorsichtig handeln und auf den Kranken eingehen. Er muss den Kranken
sorgfältig Beobachten, Befragen und Untersuchen bevor er ihn behandelt.
Als Heiler sollte man sein Handwerk nie vernachlässigen oder ungeübt sein. Auch
der Geist braucht Nahrung, sonst geht er ein. Man sollte daher ein Studium nie als
Abgeschlossen betrachten und seine Notizen öfters durchlesen.