Pluto – der Zwergplanet 134340 Lothar Monshausen, Juli 2015 Pluto ist der größte bekannte Zwergplanet und ein prominentes Objekt des Kuipergürtels. Er ist nach dem römischen Gott der Unterwelt benannt. Pluto hat etwa ein Drittel des Volumens des Erdmondes und bewegt sich auf einer noch exzentrischeren Bahn als Merkur um die Sonne. Von seiner Entdeckung am 18. Februar 1930 bis zur Neudefinition des Begriffs „Planet“ am 24. August 2006 durch die Internationale Astronomische Union (IAU) galt er als der neunte und äußerste Planet des Sonnensystems. Als immer neue, ähnlich große Körper im Kuipergürtel gefunden wurden, wurde Pluto der Planetenstatus aberkannt und den Zwergplaneten zugeordnet. In der Folge wurde Pluto von der IAU mit der Kleinplanetennummer 134340 versehen, sodass seine vollständige offizielle Bezeichnung nunmehr (134340) Pluto ist. Ferner wurden nach Pluto die neudefinierten Klassen der Plutoiden und der Plutinos benannt. Der Start der Atlas-V (551)-Trägerrakete mit der Pluto-Sonde New Horizons an Bord erfolgte im Januar 2006. Die Sonde wurde am 19. Januar 2006 um 19:00 Uhr UTC an Bord einer Atlas-V(551)-Trägerrakete gestartet. Nach einem Swing-by-Manöver vorbei am Jupiter, das am 28. Februar 2007 erfolgte, hat sie ihr Ziel am 14. Juli 2015 erreicht und dringt seitdem weiter in den Kuipergürtel vor. Das Projekt wird vom Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland, USA geleitet. Die Kosten, einschließlich der Entwicklung und des Baus der Raumsonde sowie ihrer Instrumente, der Trägerrakete und der Missionsdurchführung bis zum Jahr 2016 betragen etwa 700 Millionen Dollar. New Horizons ist eine Raumsonde der NASA, die im Rahmen des New-FrontiersProgrammes den Zwergplaneten Pluto, seinen Mond Charon sowie nach Möglichkeit zwei weitere 2005 neu entdeckte kleinere Monde namens Nix und Hydra erforschen soll. In den Jahren 2011 und 2012 wurden die noch kleineren Monde Kerberos und Styx entdeckt, die eventuell ebenfalls untersucht werden sollen. New Horizons ist die erste Raumsonde überhaupt, die es Astronomen ermöglichen wird, Pluto aus der Nähe zu erforschen. Die Sonde flog am 14. Juli 2015 in 12.500 km Entfernung an Pluto und in 28.800 km Entfernung am Mond Charon vorbei. 1 Offizielles Emblem der Mission New Horizons der NASA und anderen Institutionen Start der Atlas-V(551)-Trägerrakete mit der Pluto-Sonde New Horizons an Bord. Foto: NASA Umlaufbahn und Rotation Pluto benötigt für eine Sonnenumrundung 247,68 Jahre. Im Vergleich zu den Planeten ist die Umlaufbahn von Pluto deutlich exzentrischer, mit einer numerischen Exzentrizität von 0,2488. Das heißt, der Abstand zur Sonne ist bis zu 24,88 % kleiner oder größer als die große Halbachse. Der sonnenfernste Punkt der PlutoUmlaufbahn, das Aphel, liegt bei 49,305 AE, während der sonnennächste Punkt, das Perihel, mit 29,658 AE näher an der Sonne liegt als die sehr wenig exzentrische Bahn Neptuns. Zum letzten Mal durchlief Pluto diesen Bereich, in dem er der Sonne näher ist als die Neptunbahn, vom 7. Februar 1979 bis zum 11. Februar 1999. Das Perihel passierte Pluto 1989. Sein Aphel wird er im Jahr 2113 erreichen. Dort beträgt die Sonnenstrahlung nur etwa 0,563 W/m². Auf der Erde ist sie 2430-mal so hoch. Für einen Beobachter auf Pluto wäre der scheinbare Durchmesser der Sonne nur etwa 1/50 des scheinbaren Sonnendurchmessers, den wir auf der Erde gewohnt sind. Die Sonne sähe für unseren Beobachter wie ein extrem heller Stern aus, der Pluto 164-mal so hell wie der Vollmond die Erde beleuchtet. Aufgrund der großen Entfernung zur Erde unterscheidet sich die scheinbare Helligkeit zwischen Opposition und Konjunktion nur um 0,1 mag. Hingegen verändert die exzentrische Bahn die 2 scheinbare Helligkeit zwischen 13,65 mag und 16,3 mag, was 2,65 mag Differenz entspricht. Die Bahn von Pluto (rot) im Vergleich zu der von Neptun (blau); Objektgrößen nicht maßstabsgerecht. Die hellen Bahnbereiche liegen oberhalb der Ekliptik, die dunklen unterhalb. Die gelbe Strecke verbindet die Sonne mit dem Frühlingspunkt. Computeranimation: NASA Auffällig ist, dass Pluto in der Zeit, in der sich Neptun dreimal um die Sonne bewegt, genau zweimal um die Sonne läuft. Man spricht daher von einer 3:2-Bahnresonanz. Pluto galt aufgrund seiner geringen Größe und seiner ausgeprägt exzentrischen, mit 17° stark gegen die Ekliptik geneigten Bahn lange Zeit – bis zu der Entdeckung vieler anderer, ähnlicher Objekte – als ein entwichener Mond des Neptuns. Der große Neptunmond Triton soll von Neptun eingefangen worden sein und dabei das ursprüngliche Mondsystem beträchtlich gestört haben: Pluto sei hierdurch aus dem Neptunsystem herauskatapultiert worden und die erhebliche Bahnexzentrizität des Neptunmondes Nereid sei entstanden. Für das Einfangen des Triton spricht dessen rückläufiger Umlaufsinn. Die Entdeckung zahlreicher weiterer transneptunischer Objekte am Rande des Planetensystems hat erwiesen, dass Pluto einer der größten und jedenfalls der hellste Vertreter des Kuipergürtels ist, einer Anhäufung Tausender Asteroiden und Kometenkerne in einer scheibenförmigen Region hinter der Neptunbahn. Triton soll vor seinem vermuteten Einfang ein Mitglied dieses Gürtels gewesen sein. Viele der Kuipergürtelobjekte befinden sich wie Pluto in einer 3:2-Bahnresonanz mit Neptun und werden als Plutinos bezeichnet. Mit Methoden der Himmelsmechanik kann man zeigen, dass deren typischerweise sehr exzentrische Umlaufbahnen über Jahrmillionen stabil sind. Physikalischer Aufbau Über Pluto selbst ist noch wenig bekannt. Mit einem Durchmesser von lediglich 2370 km ist er deutlich kleiner als die sieben größten Monde im Sonnensystem. Seine mittlere Dichte von rund 2 g/cm³ spricht für eine Zusammensetzung aus zirka 3 70 % Gestein und 30 % Wassereis. Pluto ist dem größeren und noch kälteren Triton vom Aufbau her vermutlich sehr ähnlich. Er ist von gleicher Dichte, besitzt eine sehr dünne Atmosphäre aus Stickstoff, ist ebenso von einer eher rötlichen Färbung, hat wahrscheinlich Polkappen, und in Richtung des Äquators herrschen dunklere Gebiete vor. Seine Oberfläche zeigt nach der des Saturnmondes Iapetus unter allen übrigen Körpern des Sonnensystems die größten Kontraste. Das erklärt die ausgeprägten Helligkeitsschwankungen, die schon von 1985 bis 1990 bei Verfinsterungen durch seinen großen Mond Charon gemessen wurden. Die äußeren Schichten bestehen vermutlich aus lockerem Gestein mit einem hohen Anteil an Eis. Im Inneren hat Pluto wahrscheinlich einen von einem Eismantel umgebenen Gesteinskern, der etwa 70 % der Gesamtmasse ausmacht. Im Juli 2005 konnte erstmals die thermische Emission von Pluto und seinem großen und nahen Mond getrennt gemessen werden. Dabei hat sich gezeigt, dass die Oberfläche von Pluto mit −230 °C um 10 °C kälter ist, als es einem reinen Strahlungsgleichgewicht entsprechen würde. Der Grund dafür ist die Ausbildung der Atmosphäre, durch deren Sublimation Verdunstungskälte entsteht. Größenvergleich zwischen Pluto mit Charon und der Erde. Computeranimation: NASA Atmosphäre Plutos sehr dünne Atmosphäre besteht zum größten Teil aus Stickstoff, zum zweitgrößten Teil aus etwas Kohlenmonoxid und zirka 0,5 % Methan. Nach Messungen am James Clerk Maxwell Telescope ist die Atmosphäre im Jahr 2011 3000 km hoch und das in ihr enthaltene Kohlenstoffmonoxid −220 C kalt. Zuvor nahm man an, die Atmosphäre sei 100 km hoch. Ihr Druck an Plutos Oberfläche beträgt laut der US4 Weltraumbehörde NASA etwa 0,3 Pascal und laut der Europäischen Südsternwarte (ESO) um 1,5 Pascal. Die Annahme, dass die Atmosphäre nach der Passage des sonnennäheren Bahnbereiches bald ausfrieren würde, konnte bislang nicht bestätigt werden. Aus dem Vergleich spektroskopischer Messungen von 1988 und 2002 ist sogar eine geringe Ausdehnung der Gashülle abzuleiten. Wie die ESO am 2. März 2009 mitteilte, herrscht auf Pluto größtenteils eine durch das Methan in der Atmosphäre verursachte Inversionswetterlage, wodurch die Temperatur um 3 Grad bis 15 Grad je Höhenkilometer zunimmt. In der unteren Atmosphäre beträgt die Temperatur −180 C und in der oberen Atmosphäre −170 C, während sie am Boden nur zirka −220 C beträgt. Es wird vermutet, dass zu diesem niedrigen Wert der Bodentemperatur Verdunstungskälte durch Methan beiträgt, das vom festen in den gasförmigen Zustand übergeht. Die vereiste Oberfläche des Plutino Zwergplaneten 134340 (ehemals Planet Pluto) Foto: New Horizons, NASA vom 14.07.2015: Image Credit: NASA/JHUAPL/SwRI Vier Bilder von New Horizons „Long Range Reconnaissance Imager ( LORRI )“ wurden mit Farbdaten des „Ralph- Instruments“ kombiniert, um diese schärfere globale Sicht auf Pluto zu erstellen. Beim unteren rechten Rand des Pluto in dieser Ansicht fehlt noch die hochauflösende Farbdeckung. Die Bilder wurde von der Raumsonde aus 450.000 Kilometer Entfernung von Pluto aufgenommen. Unterdessen arbeiten Wissenschaftler an verbesserten hochaufgelösten Farbbildern, um die Unterschiede in der Zusammensetzung und Beschaffenheit von Plutos Oberfläche zu erkennen. Die Nahaufnahmen sind mit Farbdaten vom „Ralph-Instrument“ kombiniert worden und zeigen das neue und überraschende Porträt des Pluto, in dem globale Muster der Zonen je nach Breite variieren. Die dunkelsten Gebiete be5 finden sich am Äquator. Die Areale mit Mitteltönen in den mittleren Breiten und die Nordpolarregion ist von eisigen Weiten beherrscht. Flache Ebenen und 100 Millionen Jahre alte, bis 3000m hohe Eisberge bestimmen die Oberfläche von Pluto: Foto: New Horizons, NASA vom 15.07.2015; Image Credit: NASA-JHUAPL-SwRI Eine neue Detailaufnahme vom 15.07.2015 von einer Region in der Nähe von Plutos Äquator zeigt eine Überraschung: eine Reihe von jüngeren Bergen von etwa 3.500 Meter Höhe über der Oberfläche des eisigen Kleinplaneten. Das Detailfoto wurde etwa 1,5 Stunden vor New Horizons größter Annäherung an Pluto erstellt. Die Entfernung betrug 77.000 Kilometer von der Raumsonde zur Oberfläche des Planeten. Die Berge sind vermutlich nicht mehr als 100 Millionen Jahren alt in Bezug auf die 4,56 Milliarden Jahre alten Sonnensystems. „Möglicherweise ist hier die Oberfläche noch im Entstehungsprozess“, sagte der Geologe, Geophysiker und Imaging (GGI) Team Führer Jeff Moore von NASA Ames Research Center in Moffett Field, Kalifornien. Naheliegend ist, dass diese Region, die weniger als ein Prozent des Plutos Oberfläche bedeckt, auch heute noch geologisch aktiv ist. Moore und seine Kollegen stützen die geologisch junge Altersschätzung auf das Fehlen von Kratern in diesem Areal, ähnlich wie der Rest des Pluto, der seit Milliarden von Jahren mit Meteoriten getroffen wurde und diesen einst mit Kratern übersät. „Dies ist einer der jüngsten Flächen, die wir je im Sonnensystem gesehen haben“, sagt Moore. Im Gegensatz zu den eisigen Monden der Riesenplaneten Saturn und Jupiter, kann Pluto nicht durch gravitative Wechselwirkung mit einem viel größeren planetaren Körper erwärmt werden. Ein bislang unbekannter Prozess muss die Entstehung der bergigen Landschaft hervorgerufen haben. Die Berge sind wahrscheinlich aus Was6 sereis zusammengesetzt. Obwohl Methan- und Stickstoffeis große Teile der Oberfläche von Pluto bedeckt, sind diese Materialien nicht stark genug, um die Berge zu erschaffen. Stattdessen existiert hier ein steiferes Material, wahrscheinlich Wassereis, welches die Gipfel gebildet hatte. Bei Plutos tiefen Temperaturen verhält sich Wasser-Eis ähnlich wie Gestein. Die Aufnahmen zeigen detaillierte Ausschnitte der nördlichen Region von Pluto. Dieses Gebiet wurde aktuell in „Sputnik Planum“ benannt. Man erkennt wirbelförmige Muster aus hellen- und dunklen Materialen. Es ist naheliegend, dass einige Oberflächenschichten aus exotischem Eis um Hindernisse herum in Vertiefungen flossen, ähnlich wie die Gletscher auf der Erde. Credits: NASA/JHUAPL/SwRI 7 Diese kommentierte Aufnahme der südlichen Region von „Sputnik Planum“ zeigt die Komplexität einschließlich der polygonalen Formen von Plutos eisigen Ebenen und seine zwei Bergketten. Des Weiteren eine geologisch alte Region, die stark mit Kratern übersät ist und von neueren eisigen Ablagerungen überzogen wurde. Der große Krater (in der Bildmitte) ist etwa 50 Kilometer breit. Credits: NASA/JHUAPL/SwRI Die neu entdeckte Bergkette steigt etwa 1.600 Meter über die umliegenden Ebenen empor, ähnlich wie das „Appalachengebirge“ in den Vereinigten Staaten. Das Bergmassiv wurde offiziell neu benannt in: „Hillary Montes“ (Hillary Mountains) für Sir Edmund Hillary, der als erster den Gipfel des Mount Everest mit Tenzing Norgay 1953 bezwang. Alan Stern vom Southwest Research Institute, Boulder, Colorado sagte: „Es ist angemessen, dass die beiden Bergsteiger Edmund Hillary und Tenzing Norgay, die als erste den höchsten Berg der Erde bezwangen, ihre Namen auf diesem neuen Everest haben.“ 8 Diese Detailaufnahme zeigt eine Gebirgskette in der Nähe des südwestlichen Randes des Pluto. Die Region wurde jetzt „Tombaugh Regio“ benannt. Die Oberflächenstruktur variiert zwischen hellen vereisten Ebenen und dunklen, mit Kratern übersäten Regionen. Dieses Bild wurde von New Horizons „Long Range Reconnaissance Imager ( LORRI )“ am 14. Juli 2015 aus einer Entfernung von 77.000 Kilometer aufgenommen, wobei Objekte von etwa 1 km Größe erkennbar sind. 9 Pluto (rechts) und sein Mond Charon. Aufgenommen beim Vorbeiflug der Raumsonde „New Horizons“. Foto: New Horizons, NASA vom 16.07.2015 Hochaufgelöste Detailaufnahme zeigt zahlreiche Krater auf der Oberfläche von Charon. Foto: New Horizons, NASA vom 16.07.2015 10 Die Gegenlichtaufnahme von der Sonne mit Pluto im Vordergrund zeigt als hellen Ring Plutos Atmosphäre. Die Silhouette erscheint wie ein leuchtender Halo. Das Foto wurde von der NASA New Horizons Raumsonde gegen Mitternacht am 15. Juli 2015 aufgenommen, als das Raumschiff etwa 2 Millionen Kilometer von Pluto entfernt war. Erst am 23. Juli waren die Daten auf der Erde angekommen. Credits: NASA / JHUAPL / SwRI Nur sieben Stunden nach der größten Annäherung, richtet die Raumsonde „New Horizons“ seine Long Range Reconnaissance Imager (LORRI) zurück auf Pluto zur Erfassung des Sonnenlichts, das die Atmosphäre bis 130 Kilometer über Plutos Oberfläche zeigt. Eine vorläufige Analyse des Bildes zeigt, zwei unterschiedliche Schichten von Trübung - einer etwa 80 km über der Oberfläche und die andere auf einer Höhe von etwa 50 km. Die in diesem Bild erkannt Trübungen sind ein Schlüsselelement bei der Schaffung der komplexen Kohlenwasserstoffverbindungen, die Plutos Oberfläche seinen rötlichen Farbton gibt. 11
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